Index
L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung der Umwidmung einer Liegenschaft von Grünland in Bauland mangels direkter Betroffenheit der AnrainerSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1.1. Die Antragsteller beantragen mit dem auf Art139 B-VG gestützten Individualantrag "die Verordnung der Stadtgemeinde Ried i. I., nämlich die vom Gemeinderat am 25.4.2002 zur Zahl Bau2-610-1/F3/02/Wei beschlossene (und mit Bescheid des Amtes der OÖ. Landesregierung BauR-P-2902 81/1-2002-Eis vom 28.5.2002 aufsichtsbehördlich genehmigte) Änderung Nr. 57 des Flächenwidmungsplanes Nr. 3 als gesetzwidrig aufzuheben".
Mit der genannten Verordnung (Änderung Nr. 57 des Flächenwidmungsplanes Nr. 3 der Stadtgemeinde Ried im Innkreis) sei das Grundstück Nr. 875/1 (an anderer Stelle im Antrag Nr. 857/1 genannt), KG Ried im Innkreis, zur Errichtung eines Gebäudes mit betrieblicher Nutzung (Facharztpraxis sowie Anwalts- und Vermessungskanzlei) von Wohngebiet in "eingeschränktes Kerngebiet unter Ausschluss von Versammlungs-Vergnügungsstätten, Gaststätten und Beherbergungsbetrieben" umgewidmet worden. Die Antragsteller sind nach ihren Angaben je zur Hälfte Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke Nr. 875/11 und Nr. 857/12, KG Ried im Innkreis.
1.2. Zur Antragslegitimation führen die Antragsteller aus, sie seien als unmittelbare Nachbarn des von der bekämpften Verordnung umfassten Grundstückes von der Umwidmung "in zweifacher Hinsicht betroffen". Durch die Änderung des Flächenwidmungsplanes solle die Grundlage geschaffen werden, um einem beabsichtigten Bauvorhaben, nämlich der Errichtung eines Gebäudes zur betrieblichen Nutzung, die rechtliche Grundlage zu geben. Im Hinblick auf die Belastung des Grundstückes Nr. 875/1 durch rund 20 Parkplätze und weitere 6 Parkplätze in der Tiefgarage entstehe eine "überdimensionale Lärm- und Geruchsbelastung", die "mit einem reinen Wohngebiet nicht vereinbar" sei. Weiters schaffe die Umwidmung einer einzelnen Parzelle auch eine Grundlage dafür, die für einen späteren Zeitpunkt geplante Umwidmung des gesamten Blockes in ein eingeschränktes Kerngebiet wesentlich zu erleichtern.
Der Verfassungsgerichtshof habe wiederholt Individualanträge "vom betroffenen Grundeigentümer" zugelassen und in einem näher zitierten Erkenntnis ausgesprochen, dass ein "Umweg nicht zumutbar" sei, weil "kostspielige Beilagen zu einem Bauansuchen angeschafft werden müssten".
Es sei auch unzumutbar, das Verwaltungsverfahren abzuwarten und im Wege des Instanzenzuges zum Verfassungsgerichtshof zu gelangen, weil die derzeitige Eigentümerin des von der bekämpften Umwidmung betroffenen Grundstückes das Gebäude gar nicht errichten wolle. Das Argument, dass die Umwidmung nur der Erzielung eines besseren Kaufpreises diene, könne "im weiteren Verfahren nicht mehr vorgebracht werden, wenn nach erfolgter Baubewilligung eine Veräußerung der Liegenschaft erfolgen sollte".
II. Der Antrag ist unzulässig.
1. Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985, 11.730/1988).
2. Die angefochtene Verordnung greift zwar in die Rechtssphäre der Antragsteller als Nachbarn ein, da nunmehr Bauführungen auf dem benachbarten Grundstück in größerem Umfang als aufgrund der früheren Rechtslage möglich sind. Zu einem unmittelbaren Eingriff in ihre Rechtssphäre kommt es aber erst durch die Erteilung der Baubewilligung (Eigentümern und Miteigentümern von Grundstücken, die unmittelbar an das zu bebauende Grundstück angrenzen, und darüber hinaus jenen Grundeigentümern, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind und die durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können, kommt nach §31 Abs1 OÖ Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66/1994 idF LGBl. Nr. 70/1998, Nachbarstellung im Baubewilligungsverfahren zu), nicht jedoch bereits durch die hier angefochtene Verordnung (vgl. VfSlg. 11.685/1988 mwN). Dies wäre aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine von mehreren unverzichtbaren Voraussetzungen für die Legitimation zur Stellung eines Antrages nach Art139 Abs1 erster Satz B-VG.
Der Antrag ist daher ohne Prüfung der weiteren Voraussetzungen schon aus diesem Grund mangels Legitimation der Antragsteller als unzulässig zurückzuweisen.
3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Nachbarrechte, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:V47.2002Dokumentnummer
JFT_09978993_02V00047_00