TE OGH 2003/2/12 7Ob15/03m

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Veröffentlicht am 12.02.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gerhard L*****, gegen die beklagte Partei Freja M*****, vertreten durch Jean Jung, Rechtsanwalt in Antibes, Frankreich (Einvernehmensrechtsanwalt gemäß § 5 EuRAG und nunmehriger Zustellungsbevollmächtigter gemäß § 6 EuRAG: Dr. Franz Josef Rainer, Rechtsanwalt in Schladming), wegen S 67.000,-- (= EUR 4.869,08) sA, über den Rekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 13. September 2002, GZ 54 R 162/02s-59, womit der, ua die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 28. August 2001, GZ 12 C 135/00w-40, enthaltende, Schriftsatz der Beklagten vom 3. Dezember 2001, GZ 12 C 135/00w-49, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den BeschlussDer Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gerhard L*****, gegen die beklagte Partei Freja M*****, vertreten durch Jean Jung, Rechtsanwalt in Antibes, Frankreich (Einvernehmensrechtsanwalt gemäß Paragraph 5, EuRAG und nunmehriger Zustellungsbevollmächtigter gemäß Paragraph 6, EuRAG: Dr. Franz Josef Rainer, Rechtsanwalt in Schladming), wegen S 67.000,-- (= EUR 4.869,08) sA, über den Rekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 13. September 2002, GZ 54 R 162/02s-59, womit der, ua die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 28. August 2001, GZ 12 C 135/00w-40, enthaltende, Schriftsatz der Beklagten vom 3. Dezember 2001, GZ 12 C 135/00w-49, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Beklagten unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen. Die Kosten des Rekurses sind wie weitere Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.

Text

Begründung:

Mit Urteil vom 3. 12. 2001 (ON 40) gab das Erstgericht dem Klagebegehren - mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens - statt. Unter einem wurden die Einreden der örtlichen Unzuständigkeit und der entschiedenen Rechtssache mit in das Urteil aufgenommenem Beschluss verworfen.

Das Urteil wurde der Beklagten zu Handen ihrer (damaligen) Zustellungsbevollmächtigten Margit T***** am 1. 10. 2001 zugestellt.

Der am 15. 10. 2001 - demnach innerhalb der vierwöchigen Rechtsmittelfrist - zur Post gegebene, das Ersturteil bekämpfende und daher in Wahrheit eine Berufung darstellende, allein von der Beklagten unterfertigte "Rekurs" (ON 43) wurde der Rechtsmittelwerberin vom Erstgericht zur Verbesserung durch anwaltliche Unterfertigung unter Setzung einer Frist von zwei Wochen urschriftlich zurückgestellt. Wegen Ortsabwesenheit der Zustellungsbevollmächtigten erfolgte die Zustellung dieses - hinterlegten - Verbesserungsauftrages wirksam erst am 19. 11. 2001. Am 3. 12. 2001 (also innerhalb der zur Verbesserung gesetzten Frist) langte der als "Nachweis des Einvernehmens gemäß EWR - Rechtsanwaltsgesetz, Anzeige der Änderung der inländischen Zustelladresse, Verbesserung, Rekurs, Berufung und Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Widerspruch" bezeichnete, vom Anwalt der Beklagten verfasste und unterfertigte Schriftsatz der Beklagten (ON 49) als Telefax beim Erstgericht ein; das Original dieses Schriftsatzes wurde am 10. 12. 2001 nachgereicht. Das Original des zur Verbesserung zurückgestellten "Rekurses" ON 43 langte am 13. 12. 2001, nun versehen mit der Unterschrift des Anwaltes der Beklagten Jean Jung, beim Erstgericht ein; es war am 6. 12. 2001 (und damit erst nach Ablauf der 14-tägigen Verbesserungsfrist) in Antibes zur Post gegeben worden.

Mit Beschluss vom 1. 2. 2002 (ON 54) wies das Erstgericht die Rekursschrift ON 43 (wegen verspäteter Verbesserung) sowie die im Schriftsatz ON 49 enthaltenen Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und den Widerspruch zurück. Weiters sprach es aus, dass der Schriftsatz ON 49 als Verbesserung des Rekurses ON 43 zugelassen werde, soweit diese Verbesserung inhaltlich nicht über den Rekurs ON 43 hinausgehe, wobei eine allfällige Zurückweisung des darüber hinausgehenden Inhaltes dem Rechtsmittelgericht vorbehalten bleibe. Dieser Beschluss blieb unbekämpft; die darin ausgesprochenen Zurückweisungen sind daher in Rechtskraft erwachsen. Danach legte das Erstgericht das Rechtsmittel ON 49 dem Berufungsgericht vor. Dieses wies den Schriftsatz mit dem angefochtenen Beschluss zurück. Es sei an den betreffenden, gesetzlich nicht vorgesehenen "Zulassungsausspruch" des Erstgerichtes im Beschluss ON 54 nicht gebunden. Die mit dem "erweiterten" Schriftsatz ON 49 vorgenommene Verbesserung entspreche nicht dem Gesetz. Einen zu verbessernden Schriftsatz durch einen anderen zu ersetzen, verstoße gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels. Die Beklagte könne nicht zwei Rechtsmittel (ON 43 und ON 49) erheben.

Der dagegen von der Beklagten erhobene Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig; er ist auch berechtigt.Der dagegen von der Beklagten erhobene Rekurs ist gemäß Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer eins, ZPO zulässig; er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach stRsp haben die durch die Zivilverfahrensnovelle 1983 geschaffenen erweiterten Verbesserungsmöglichkeiten am Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels zwar nichts geändert (RIS-Justiz RS0036673). Allerdings hat der Oberste Gerichtshof in neuerer Rechtsprechung bereits mehrfach entschieden, dass ein Schriftsatz, der bei Bestehen der Rechtsanwaltspflicht von einer Partei selbst während der Rechtsmittelfrist eingebracht wurde und dem zu entnehmen ist, dass diese Partei eine Entscheidung bekämpft, wegen Postulationsunfähigkeit der Partei keinen wirksamen Rechtsmittelinhalt haben kann und daher der Partei zur Verbesserung zurückzustellen ist; weiters, dass dann, wenn innerhalb der Verbesserungsfrist ein anwaltlich gefertigtes Rechtsmittel eingebracht wird, der das Rechtsmittel verfassende Rechtsanwalt nicht an den den Verbesserungsauftrag auslösenden Schriftsatz der Partei gebunden ist (3 Ob 50/86, AnwBl 1987, 296 [P. Mayr]; 10 ObS 160/87, SSV-NF 2/19; 2 Ob 331/00s, RIS-Justiz RS0036392; 3 Ob 160/01b). Es muss daher grundsätzlich nicht geprüft werden, ob der vom Rechtsanwalt unterfertigte (neue) Schriftsatz inhaltlich mit dem dadurch "verbesserten" von der Partei selbst unterfertigten Schriftsatz übereinstimmt. Die "Wiederanbringung" im Sinne des § 85 Abs 2 ZPO liegt vielmehr in einem solchen Fall in der Einbringung des von einem Rechtsanwalt unterfertigten Schriftsatzes, mag es sich dabei um den nur verbesserten oder ergänzten ursprünglichen oder um einen neuen Schriftsatz handeln. Diese Auslegung der durch die Zivilverfahrensnovelle 1983 erweiterten Verbesserungsbestimmungen gewährleistet, dass die Zwecke, die durch die für schriftliche Rechtsmittel in der Regel bestehende Anwaltspflicht verfolgt werden, vor allem der Schutz des rechtsunkundigen Rechtsmittelwerbers, erreicht werden können (AnwBl 1987, 296; 10 ObS 9/88; Mayr, Die Einmaligkeit des Rechtsmittels nach der Zivilverfahrensnovelle 1983, RZ 1987, 265 f; 10 ObS 160/87).Nach stRsp haben die durch die Zivilverfahrensnovelle 1983 geschaffenen erweiterten Verbesserungsmöglichkeiten am Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels zwar nichts geändert (RIS-Justiz RS0036673). Allerdings hat der Oberste Gerichtshof in neuerer Rechtsprechung bereits mehrfach entschieden, dass ein Schriftsatz, der bei Bestehen der Rechtsanwaltspflicht von einer Partei selbst während der Rechtsmittelfrist eingebracht wurde und dem zu entnehmen ist, dass diese Partei eine Entscheidung bekämpft, wegen Postulationsunfähigkeit der Partei keinen wirksamen Rechtsmittelinhalt haben kann und daher der Partei zur Verbesserung zurückzustellen ist; weiters, dass dann, wenn innerhalb der Verbesserungsfrist ein anwaltlich gefertigtes Rechtsmittel eingebracht wird, der das Rechtsmittel verfassende Rechtsanwalt nicht an den den Verbesserungsauftrag auslösenden Schriftsatz der Partei gebunden ist (3 Ob 50/86, AnwBl 1987, 296 [P. Mayr]; 10 ObS 160/87, SSV-NF 2/19; 2 Ob 331/00s, RIS-Justiz RS0036392; 3 Ob 160/01b). Es muss daher grundsätzlich nicht geprüft werden, ob der vom Rechtsanwalt unterfertigte (neue) Schriftsatz inhaltlich mit dem dadurch "verbesserten" von der Partei selbst unterfertigten Schriftsatz übereinstimmt. Die "Wiederanbringung" im Sinne des Paragraph 85, Absatz 2, ZPO liegt vielmehr in einem solchen Fall in der Einbringung des von einem Rechtsanwalt unterfertigten Schriftsatzes, mag es sich dabei um den nur verbesserten oder ergänzten ursprünglichen oder um einen neuen Schriftsatz handeln. Diese Auslegung der durch die Zivilverfahrensnovelle 1983 erweiterten Verbesserungsbestimmungen gewährleistet, dass die Zwecke, die durch die für schriftliche Rechtsmittel in der Regel bestehende Anwaltspflicht verfolgt werden, vor allem der Schutz des rechtsunkundigen Rechtsmittelwerbers, erreicht werden können (AnwBl 1987, 296; 10 ObS 9/88; Mayr, Die Einmaligkeit des Rechtsmittels nach der Zivilverfahrensnovelle 1983, RZ 1987, 265 f; 10 ObS 160/87).

Die vom Berufungsgericht vorgenommene Zurückweisung des gegenständlichen Schriftsatzes erweist sich daher als rechtsirrig. Es fällt nun allerdings auf, dass der zur Verbesserung zurückgestellte "Rekurs" ON 43 zwar keinerlei schriftlichen Hinweis auf die Vertretung durch Jean Jung enthielt, aber doch in einem (im Akt erliegenden) Kuvert dieses Anwaltes versendet wurde und insbesondere auch das vom Anwalt unterfertigte, verbesserte Rechtsmittel ON 49 - abgesehen von einigen eher unwesentlichen Ergänzungen - inhaltsgleich, ja wortgleich ist. Anhaltspunkte dafür, dass dies missbräuchlich, nämlich um einen Verbesserungsauftrag zu provozieren und dadurch eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erreichen, erfolgt wäre, liegen aber nicht vor.

Der angefochtene Beschluss war demnach aufzuheben. Das Berufungsgericht wird im aufgezeigten Sinne über das Rechtsmittel der Beklagten unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden haben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E68648 7Ob15.03m

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0070OB00015.03M.0212.000

Dokumentnummer

JJT_20030212_OGH0002_0070OB00015_03M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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