Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Tom A*****, vertreten durch Dr. Georg Freimüller, Univ. Doz. Dr. Alfred J. Noll, Dr. Alois Obereder, Mag. Michael Pilz und Dr. Erwin Senoner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Richard H*****, vertreten durch Dr. Erich Hermann und Dr. Markus Ludvik, Rechtsanwälte in Wien, wegen Zustimmung zur Ausfolgung (Streitwert EUR 21.801,85) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 2. Mai 2002, GZ 12 R 210/01t-11, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 2. November 2001, GZ 27 Cg 101/01y-6, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
De klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte mit seiner am 11. 9. 2001 beim Erstgericht eingebrachten Klage, den Beklagten schuldig zu erkennen, der Ausfolgung der gemäß § 1425 ABGB hinterlegten und bei einem Notar verwahrten Autographenpartitur des Liedes "Ich bin der Welt abhanden gekommen" nach Friedrich Rückert für Gesang und Orchester von Gustav Mahler an den Kläger zuzustimmen.
Der Beklagte verband mit seiner das Begehren bestreitenden Klagebeantwortung den Antrag, dem Kläger, einem US-amerikanischen Staatsangehörigen, eine aktorische Kaution in der Höhe von ATS 120.000 aufzuerlegen, weil zwischen Österreich und den USA kein Vollstreckungsabkommen bestehe.
Der Kläger replizierte, in Kalifornien werde jedes fremde Urteil, und zwar auch, wenn es sich um ein Versäumungsurteil handle, ohne weiteres vollstreckt. Gemäß § 57 Abs 2 Z 1a ZPO sei der Kläger daher vom Erlag einer Sicherheitsleistung befreit.
Das Erstgericht trug dem Kläger auf, binnen vier Wochen eine aktorische Kaution von ATS 120.000 zu hinterlegen, widrigenfalls die Klage über Antrag des Beklagten als zurückgenommen erklärt werden würde. Der Kläger habe nicht mit ausreichender Sicherheit nachweisen können, dass Kostenentscheidungen von amerikanischen Gerichten auch dann vollstreckt werden, wenn sie in einem Verfahren ergangen sind, dem ein nicht auf Geldleistung zielendes Klagebegehren zu Grunde liege.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Klägers Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung über das Kautionsbegehren an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 4.000, nicht aber EUR 20.000 übersteige und dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Derzeit lägen dem Rekursgericht keine ausreichenden Verfahrensergebnisse vor, die die Frage der Vollstreckbarkeit von österreichischen Kostenentscheidungen in den USA - und hier insbesondere in Kalifornien - überprüfbar machten. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren, allenfalls unter Einholung von Auskünften des Max Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg oder des Instituts für Rechtsvergleichung in Lausanne von Amts wegen zu klären haben, ob nach dem Recht des Bundesstaates Kalifornien mit der Vollstreckung eines Ausspruchs über den Kostenersatz in einer klagsabweisenden Sachentscheidung über den geltend gemachten Anspruch zu rechnen sei. Dabei werde auch der besondere Charakter des dem Klagsanspruch zu Grunde liegenden Sachverhalts zu berücksichtigen sein.
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Beklagten ist verspätet.
Rechtliche Beurteilung
Die Entscheidung des Rekursgerichts wurde dem Beklagtenvertreter laut dem im Akt erliegenden Rückschein am 21. 5. 2002 zugestellt. Der mit 18. 6. 2002 datierte Revisionsrekurs wurde an diesem Tag - somit dem letzten Tag einer ab Zustellung berechneten vierwöchigen Frist - zur Post gegeben.
Bei der Entscheidung des Rekursgerichts handelt es sich um einen sogenannten "echten" Aufhebungsbeschluss im Sinn des § 527 Abs 2 ZPO, weil die Instanz eine bestimmte Frage, über die selbstständig zu entscheiden ist, noch nicht abschließend beurteilte, sondern hierüber eine neuerliche Entscheidung des Erstgerichts ergehen soll (1 Ob 73/99p mwH). Da die Sondervorschrift des § 519 ZPO nur für das Berufungsverfahren und nicht auch für das Rekursverfahren gilt (RIS-Justiz RS0043771) und § 521a Abs 1 Z 2 ZPO nur Rekurse gegen einen Aufhebungsbeschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO betrifft, wurde bislang die Ansicht vertreten, der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts sei ein einseitiges Rechtsmittel (RIS-Justiz RS0043999; Kodek in Rechberger, ZPO2 § 527 Rz 6). Auch kann das Verfahren über den Erlag einer aktorischen Kaution nicht einem solchen über die Klagszurückweisung nach Eintritt der Streitanhängigkeit im Sinn des § 521a Abs 1 Z 3 ZPO gleichgehalten werden, weil im Falle des Nichterlags der aufgetragenen Sicherheit gemäß § 60 Abs 3 ZPO die Klage auf Antrag des Beklagten nach Anhörung des Klägers mit Beschluss als ohne Verzicht auf den Anspruch zurückgenommen zu erklären und daher eine neuerliche Klage - wenngleich abermals unter Kautionspflicht - möglich ist (4 Ob 10/99w). Zudem steht dem Kläger die Möglichkeit des Paupertätseids gemäß § 60 Abs 1 letzter Halbsatz ZPO sowie des Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe offen (vgl Rkv 1/01).Bei der Entscheidung des Rekursgerichts handelt es sich um einen sogenannten "echten" Aufhebungsbeschluss im Sinn des § 527 Abs 2 ZPO, weil die Instanz eine bestimmte Frage, über die selbstständig zu entscheiden ist, noch nicht abschließend beurteilte, sondern hierüber eine neuerliche Entscheidung des Erstgerichts ergehen soll (1 Ob 73/99p mwH). Da die Sondervorschrift des § 519 ZPO nur für das Berufungsverfahren und nicht auch für das Rekursverfahren gilt (RIS-Justiz RS0043771) und § 521a Abs 1 Z 2 ZPO nur Rekurse gegen einen Aufhebungsbeschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO betrifft, wurde bislang die Ansicht vertreten, der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts sei ein einseitiges Rechtsmittel (RIS-Justiz RS0043999; Kodek in Rechberger, ZPO2 § 527 Rz 6). Auch kann das Verfahren über den Erlag einer aktorischen Kaution nicht einem solchen über die Klagszurückweisung nach Eintritt der Streitanhängigkeit im Sinn des § 521a Abs 1 Z 3 ZPO gleichgehalten werden, weil im Falle des Nichterlags der aufgetragenen Sicherheit gemäß § 60 Abs 3 ZPO die Klage auf Antrag des Beklagten nach Anhörung des Klägers mit Beschluss als ohne Verzicht auf den Anspruch zurückgenommen zu erklären und daher eine neuerliche Klage - wenngleich abermals unter Kautionspflicht - möglich ist (4 Ob 10/99w). Zudem steht dem Kläger die Möglichkeit des Paupertätseids gemäß § 60 Abs 1 letzter Halbsatz ZPO sowie des Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe offen vergleiche Rkv 1/01).
In ihrer den Erlag einer aktorischen Kaution betreffenden Entscheidung Rkv 1/01 hat die Oberste Rückstellungskommission beim Obersten Gerichtshof auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 6. 2. 2001 Beer gegen Österreich (ÖJZ 2001, 516) verwiesen, wonach der aus Art 6 Abs 1 EMRK herleitbare Grundsatz der Waffengleichheit in einem Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen eine angemessene Gelegenheit für jede Partei erfordere, ihren Fall unter Bedingungen zu präsentieren, die keinen wesentlichen Nachteil gegenüber dem Verfahrensgegner realisierten. Es sei in diesem Zusammenhang zwischen prozessleitenden Beschlüssen einerseits und Beschlüssen, mit denen über Rechtsschutzansprüche abgesprochen werde, andererseits zu unterscheiden. Sei über einen materiellen oder prozessualen Rechtsschutzanspruch erkannt worden, so sei das Rechtsmittelverfahren in konventionskonformer Anwendung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen zweiseitig zu gestalten. Dem Kautionsbegehren liege ein prozessualer Rechtsschutzanspruch zu Grunde, weshalb sich die Partei gegen den Kautionsantrag ihres Verfahrensgegners wegen des Grundsatzes der Waffengleichheit auch im Rechtsmittelverfahren mit angemessenen Mitteln zur Wehr setzen können müsse, um ihrem widerstreitenden prozessualen Rechtsschutzanspruch auf Antragsabweisung zum Durchbruch zu verhelfen. Dass Rechtsmittelverfahren über einen prozessualen Rechtsschutzanspruch nach der Zivilprozessordnung in Analogie zu § 521a ZPO auch dann zweiseitig seien, wenn das Gesetz deren Zweiseitigkeit nicht anordne, entspreche der allgemeinen Tendenz der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Jüngst hat der 4. Senat in seiner Entscheidung 4 Ob 133/02s (= EvBl 2002/199) die Anwendbarkeit dieser Beurteilung auch für den Bereich der ZPO bejaht (vgl auch zum Konkurseröffnungsverfahren 8 Ob 282/01f; 8 Ob 38/02z).In ihrer den Erlag einer aktorischen Kaution betreffenden Entscheidung Rkv 1/01 hat die Oberste Rückstellungskommission beim Obersten Gerichtshof auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 6. 2. 2001 Beer gegen Österreich (ÖJZ 2001, 516) verwiesen, wonach der aus Art 6 Abs 1 EMRK herleitbare Grundsatz der Waffengleichheit in einem Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen eine angemessene Gelegenheit für jede Partei erfordere, ihren Fall unter Bedingungen zu präsentieren, die keinen wesentlichen Nachteil gegenüber dem Verfahrensgegner realisierten. Es sei in diesem Zusammenhang zwischen prozessleitenden Beschlüssen einerseits und Beschlüssen, mit denen über Rechtsschutzansprüche abgesprochen werde, andererseits zu unterscheiden. Sei über einen materiellen oder prozessualen Rechtsschutzanspruch erkannt worden, so sei das Rechtsmittelverfahren in konventionskonformer Anwendung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen zweiseitig zu gestalten. Dem Kautionsbegehren liege ein prozessualer Rechtsschutzanspruch zu Grunde, weshalb sich die Partei gegen den Kautionsantrag ihres Verfahrensgegners wegen des Grundsatzes der Waffengleichheit auch im Rechtsmittelverfahren mit angemessenen Mitteln zur Wehr setzen können müsse, um ihrem widerstreitenden prozessualen Rechtsschutzanspruch auf Antragsabweisung zum Durchbruch zu verhelfen. Dass Rechtsmittelverfahren über einen prozessualen Rechtsschutzanspruch nach der Zivilprozessordnung in Analogie zu § 521a ZPO auch dann zweiseitig seien, wenn das Gesetz deren Zweiseitigkeit nicht anordne, entspreche der allgemeinen Tendenz der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Jüngst hat der 4. Senat in seiner Entscheidung 4 Ob 133/02s (= EvBl 2002/199) die Anwendbarkeit dieser Beurteilung auch für den Bereich der ZPO bejaht vergleiche auch zum Konkurseröffnungsverfahren 8 Ob 282/01f; 8 Ob 38/02z).
Der Gesetzgeber hat infolge des schon referierten Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte durch Art 94 Z 19 und 20 des 1. Euro-Umstellungsgesetzes-Bund (BGBl I 2001/98, in Kraft getreten gemäß Art 96 Z 26 am 8. 8. 2001), die §§ 521 Abs 1 und 521a Abs 1 ZPO wie folgt novelliert: Zu den im § 521a Abs 1 Z 1 bis 3 genannten Entscheidungen, die in einem zweiseitigen Rechtsmittelverfahren bekämpft werden können, wurde mit der Z 4 auch die Entscheidung über die Prozesskosten hinzugefügt. Nach dem vorletzten Satz des § 521a Abs 1 ZPO beträgt die Frist für die Rekursbeantwortung nur in den Fällen der Z 1 bis 3 vier Wochen, im Fall der Z 4 jedoch 14 Tage. Demgemäß wurde § 521 Abs 1 ZPO dahin neu gefasst, dass er nunmehr lautet: "Die Rekursfrist beträgt 14 Tage, in den Fällen des § 521a Abs 1 Z 1 bis 3 jedoch vier Wochen; sie kann nicht verlängert werden."Der Gesetzgeber hat infolge des schon referierten Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte durch Art 94 Z 19 und 20 des 1. Euro-Umstellungsgesetzes-Bund (BGBl römisch eins 2001/98, in Kraft getreten gemäß Art 96 Z 26 am 8. 8. 2001), die §§ 521 Abs 1 und 521a Abs 1 ZPO wie folgt novelliert: Zu den im § 521a Abs 1 Z 1 bis 3 genannten Entscheidungen, die in einem zweiseitigen Rechtsmittelverfahren bekämpft werden können, wurde mit der Z 4 auch die Entscheidung über die Prozesskosten hinzugefügt. Nach dem vorletzten Satz des § 521a Abs 1 ZPO beträgt die Frist für die Rekursbeantwortung nur in den Fällen der Z 1 bis 3 vier Wochen, im Fall der Z 4 jedoch 14 Tage. Demgemäß wurde § 521 Abs 1 ZPO dahin neu gefasst, dass er nunmehr lautet: "Die Rekursfrist beträgt 14 Tage, in den Fällen des § 521a Abs 1 Z 1 bis 3 jedoch vier Wochen; sie kann nicht verlängert werden."
Wie bereits eingangs ausgeführt, kann das Verfahren über den Erlag einer Prozesskostensicherheit auch im Wege der Analogie nicht den Fällen der Z 1 bis 3 des § 521a Abs 1 ZPO zugeordnet werden. Dies gilt insbesondere auch für den in der Z 2 genannten Aufhebungsbeschluss nach § 519 Abs 1 Z 2, weil diese Bestimmung den Gleichlauf der Fristen im Revisionsverfahren bewirkt. Wollte man sie per analogiam auch auf das Rekursverfahren anwenden, hätte das den gerade gegenteiligen Effekt, dass zwar gegen die Entscheidung in der Sache selbst nur binnen 14 Tagen Rekurs erhoben werden könnte, für die Bekämpfung eines Aufhebungsbeschlusses jedoch vier Wochen zur Verfügung stünden. Ist aber ein Analogieschluss zu den Fällen der Z 1 bis 3 nicht möglich, hat es gemäß dem hier anzuwendenden § 521 Abs 1 ZPO idF BGBl I Nr 2001/98 bei der 14-tägigen Rekursfrist zu verbleiben.Wie bereits eingangs ausgeführt, kann das Verfahren über den Erlag einer Prozesskostensicherheit auch im Wege der Analogie nicht den Fällen der Z 1 bis 3 des § 521a Abs 1 ZPO zugeordnet werden. Dies gilt insbesondere auch für den in der Z 2 genannten Aufhebungsbeschluss nach § 519 Abs 1 Z 2, weil diese Bestimmung den Gleichlauf der Fristen im Revisionsverfahren bewirkt. Wollte man sie per analogiam auch auf das Rekursverfahren anwenden, hätte das den gerade gegenteiligen Effekt, dass zwar gegen die Entscheidung in der Sache selbst nur binnen 14 Tagen Rekurs erhoben werden könnte, für die Bekämpfung eines Aufhebungsbeschlusses jedoch vier Wochen zur Verfügung stünden. Ist aber ein Analogieschluss zu den Fällen der Z 1 bis 3 nicht möglich, hat es gemäß dem hier anzuwendenden § 521 Abs 1 ZPO in der Fassung BGBl römisch eins Nr 2001/98 bei der 14-tägigen Rekursfrist zu verbleiben.
Der am letzten Tag einer angenommenen vierwöchigen Frist zur Post gegebene Revisionsrekurs ist daher verspätet.
Da der Kläger in seiner - zulässigen - Revisionsrekursbeantwortung auf die Verspätung des gegnerischen Rechtsmittels nicht hingewiesen hat, hat er die auf seine Gegenschrift entfallenden Kosten, unbeschadet des Ausgangs des Zwischenstreits, endgültig selbst zu tragen.
Textnummer
E68641European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0010OB00189.02D.0224.000Im RIS seit
26.03.2003Zuletzt aktualisiert am
15.02.2011