TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/17 2006/06/0073

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Veröffentlicht am 17.04.2007
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Index

L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §14 Abs5;
RPG Vlbg 1996 §14 Abs6;
RPG Vlbg 1996 §2 Abs3 litb;
RPG Vlbg 1996 §2;
RPG Vlbg 1996 §23 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde der Gemeinde K, vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 17. Jänner 2006, Zl. VIIa-602.44, betreffend die Versagung der Genehmigung eines Flächenwidmungsplanes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Flächenwidmungsplan der beschwerdeführenden Gemeinde (Beschluss der Gemeindevertretung vom 26. März 2001 über die Gesamtüberarbeitung des Flächenwidmungsplanes, genehmigt von der Vorarlberger Landesregierung mit Bescheid vom 6. September 2001) sind verschiedene Grundflächen als Betriebsgebiet Kategorie II (BB II) gewidmet. Im Beschwerdefall geht es um die beabsichtigte Umwidmung eines Teiles dieser Flächen in Betriebsgebiet Kategorie I (BB I).

Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, teilte der Bürgermeister mit Erledigung vom 1. Dezember 2005 der belangten Behörde mit, ein bestimmtes Unternehmen (kurz: Z.) habe die Umwidmung des ehemaligen Betriebsareales bestimmter Unternehmen (Grundstücke Nr. xxxx/x und xxxx/x) von Betriebsgebiet der Kategorie II im Betriebsgebiet der Kategorie I beantragt. Die Gemeindeorgane hätten diesen Widmungswunsch rechtlich und sachlich geprüft und es sei beabsichtigt, diesem Ansuchen zu entsprechen. Im Zuge dieses Umwidmungsverfahrens und nach Absprache mit der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch (kurz: BH) beabsichtige die "Gemeinde", das gesamte derzeit als BB II gewidmete Areal in der "Parzelle" H. (Betriebsgebiet) zwischen der ÖBB-Trasse und der L 190, welches bereits teilweise als BB I gewidmet sei, in BB I umzuwidmen. Für die von der Umwidmung betroffenen Grundstücke handle es sich nach dem derzeitigen Stand um eine Anpassung der bestehenden Grundstücksnutzungen (Betriebsanlagen) an die Bestimmungen des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (RPG). Es sei in diesem Betriebsgebiet kein für die Kategorie II typischer Großbetrieb, der spezielle Anlagen betreibe oder spezielle Emissionen verursache, angesiedelt.

Der Amtssachverständige für Raumplanung und Baugestaltung der belangten Behörde erstattete zu diesem Vorhaben eine (ablehnende) gutachtliche Stellungnahme vom 6. Dezember 2005. Darin heißt es insbesondere, das gegenständliche Betriebsgebiet H. befinde sich zwischen der ÖBB-Trasse und der L 190. Aus raumplanerischer Sicht seien diese Flächen als bevorzugtes Gebiet für produzierende Betriebe zu bezeichnen. Dies deshalb, weil im engeren und erweiterten Umfeld kein Wohngebiet angesiedelt sei und auch der Grundgeräuschpegel auf Grund der Nähe zur Autobahn und zur Bahntrasse relativ hoch sei. Auch die Lage in zweiter bis dritter Bautiefe (Hinweis auf ein bestimmtes Gebäude) in Bezug zur Haupterschließungsstraße L 190 sei für etwaige Handelsbetriebe als weniger optimal zu bezeichnen, weil im Regelfall die Werbeauftrittsmöglichkeit als primäre Standortqualität bezeichnet werde.

Gemäß § 23 RPG dürfe der Flächenwidmungsplan nur aus wichtigen Gründen geändert werden. Ein solcher wichtiger Grund sei bei Änderung der maßgebenden Rechtslage oder bei wesentlicher Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse gegeben. Aus der Sicht des Sachverständigen könne aus den bislang vorgelegten Unterlagen kein wichtiger Grund abgelesen werden. Die Gemeinde bringe vor, dass im gegenständlichen Betriebsgebiet kein typischer Großbetrieb angesiedelt sei, der spezielle Anlagen betreibe oder entsprechende Emissionen verursache, weiters, dass es sich nach dem derzeitigen Stand um eine Anpassung der bestehenden Grundstücksnutzungen an die Bestimmungen des RPG handle. Diesbezüglich sei anzumerken, dass aus raumplanerischer Sicht die Anpassung an die bestehenden Nutzungen nur insofern sinnvoll sei, als die bestehende Nutzung nicht im Widerspruch zu den im RPG genannten Zielen stehe. Weiters finde sich im RPG keine Bestimmung, wonach die Flächenwidmung auf bestehende Nutzungen abgestimmt werden müsse. Die gemäß § 2 RPG angeführten Ziele seien "vielmehr als vorausschauende Leitsätze um das Gesamtwohl der Bevölkerung nachhaltig zu sichern". Insbesondere werde angestrebt, dass die nachhaltige Sicherung der räumlichen Existenzgrundlagen der Menschen, besonders für Wohnen und Arbeiten, gegeben sei. In diesem Zusammenhang werde im RPG angeführt, dass die unterschiedlichsten Nutzungen so anzuordnen seien, dass Belästigungen möglichst vermieden würden. Vor diesem Hintergrund erscheine das Betriebsgebiet H. als ausgesprochen wertvolle Fläche, welche sich hervorragend für Betriebsanlagen gemäß der Kategorie BB II eigne.

In der Sitzung der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde vom 19. Dezember 2005 berichtete der Bürgermeister über das Umwidmungsvorhaben und führte, wie sich aus der in den Akten befindlichen Niederschrift ergibt, aus, das Unternehmen Z. habe um die Umwidmung angesucht, weil die Flächenwidmung BB I für den Umbau und die Nutzung des fraglichen Gebäudes zum Betrieb von Handelsgeschäften (für Waren des täglichen und nicht täglichen Bedarfs - Vollsortiment) und eines Handwerkbetriebes notwendig sei. Eine entsprechende Nutzung sei im Betriebsgebiet Kategorie II nicht möglich. Nach Auskunft eines Referenten der BH wäre auf Grund der bestehenden Nutzung des Gebietes (Hinweis auf verschiedene angesiedelte Unternehmen) für das gesamte Areal zwischen der L 190 und der ÖBB-Trasse, welches bereits teilweise als BB I gewidmet sei, die Widmung BB I ausreichend und adäquat. Es sei in diesem Areal kein für die Kategorie II typischer Großbetrieb angesiedelt, der spezielle Anlagen betreibe oder spezielle Emissionen verursache. Die angesiedelten Betriebe entsprächen alle der Kategorie I. Die geplante Umwidmung führe auch für die Nachbargrundstücke (alle als BB I gewidmet) zu keinen nachteiligen Auswirkungen. Auch würde eine benachbarte "Wohnung" von der Rückwidmung profitieren. Für die unmittelbar betroffenen Grundstücke bedeute die beabsichtigte Umwidmung die Anpassung der bestehenden Grundstücksnutzungen bzw. betrieblichen Notwendigkeiten (Betriebsanlagen) an die Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes.

Für die Gemeinde sei es wichtig, dass das derzeit leerstehende Betriebsgebäude einer dem betrieblichen Umfeld angepassten Nutzung ("klassische BB I-Betriebe") zugeführt werde und die bestehenden Betriebe in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und betriebswirtschaftlichen Flexibilität unterstützt und gefördert würden. Der Bürgermeister, so heißt es in der Niederschrift über die Sitzung weiter, habe den beabsichtigten Umbau erläutert. Der Handwerks-, Handels- bzw. Dienstleistungsbetrieb (Vollsortiment) würde zur Bereicherung und Belebung der örtlichen Infrastruktur beitragen. Auf einem Nachbargrundstück befinde sich der H-Markt (BB I).

Wie im RPG vorgesehen, seien die von der geplanten Umwidmung betroffenen Grundeigentümer von der Gemeinde mit Schreiben vom 1. Dezember 2005 nachweislich informiert worden und es sei ihnen die Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt worden. Die eingelangten Stellungnahmen hätten keinen Einwand ergeben.

Allerdings habe der Amtssachverständige der Vorarlberger Landesregierung in einer Stellungnahme vom 6. Dezember 2005 die beabsichtigte Umwidmung negativ beurteilt (der Inhalt der Stellungnahme wurde dargelegt).

Im Zuge der Diskussion, so heißt es in der Niederschrift weiter, werde festgestellt, dass die Entwicklung der letzten 25 Jahre in diesem Betriebsgebiet "eine Wandlung vollzogen" habe. Die ursprünglich der Kategorie II zuzuordnenden Betriebe (es folgt eine Aufzählung) würden heute als kleine Handels-, Gewerbe- und Gastronomiebetriebe geführt bzw. seien aufgelassen worden. Verschiedene neue Handels-, Gewerbe- und Gastronomiebetriebe (es folgt eine Aufzählung) seien angesiedelt worden, die "raumplanerisch und rechtlich in das Betriebsgebiet BB I" gehörten. Heute sei (bis auf ein Grundstück, welches im Eigentum der Gemeinde stehe) das gesamte Betriebsgebiet verbaut. Es handle sich bei allen seit Jahren angesiedelten Betrieben um solche der Kategorie I. Es sei kein Betrieb der Kategorie II angesiedelt bzw. es würden solche Betriebe die heutige Struktur des Betriebsgebietes H. stören und negative Folgen für Betriebe und Anrainer mit sich bringen. Es sei auch davon auszugehen, dass die jetzigen Betriebe langfristige Perspektiven hätten, sodass die gegebene Widmung BB II "nicht mehr notwendig und nachvollziehbar" sei und die bestehenden Betriebe in ihrer Entwicklung eher einschränken und behindern würde.

Dieser Strukturwandel der letzten 25 Jahre im fraglichen Betriebsgebiet sei auch von der Gemeinde bzw. der zuständigen Gewerbebehörde (BH) unterstützt und "gewerberechtlich zur Kenntnis genommen" worden. Was theoretisch an Autobahn und ÖBB möglich sei, entspreche nicht mehr der heutigen betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit und Wirklichkeit. Die Gemeinde habe im Bereich H. trotz Umwidmung dieser Flächen weitere Bereiche der Kategorie II, die für die Zukunft eine Ansiedlung entsprechender Betriebe möglich mache.

Im Verlaufe der weiteren Debatte werde festgestellt, dass ein Betriebsgebiet der Kategorie I für Betriebsanlagen bestimmt sei, die keine "wesentlichen Störungen" (im Original unter Anführungszeichen) für die Umgebung verursachten. Die Errichtung von Wohnungen für die in Betrieben des betreffenden Gebietes Beschäftigten sei erlaubt. Betriebe, die in der Kategorie I nicht errichtet werden dürften, gehörten in das Betriebsgebiet der Kategorie II. Es dürften lediglich betriebsnotwendige Wohnungen für das Aufsichts- und Wartungspersonal errichtet werden. Bauführungen in Betriebsgebieten, die der bestehenden Widmung widersprächen, seien grundsätzlich nicht gestattet ("Ausnahmebestandsregelung"). Dies könnte für die Zukunft insbesondere bei Betriebsübernahmen Probleme mit sich bringen.

Im Anschluss daran beschloss die Gemeindevertretung die in Aussicht genommene Umwidmung näher bezeichneter Grundstücke von Baufläche/Betriebsgebiet Kategorie II in Baufläche/Betriebsgebiet Kategorie I.

Mit Erledigung vom 22. Dezember 2005 legte der Bürgermeister die beschlossene Änderung des Flächenwidmungsplanes der belangten Behörde zur Genehmigung vor und verwies auf die Ausführungen in der Niederschrift über die Sitzung der Gemeindevertretung vom 19. Dezember 2005.

Am 27. Dezember 2005 (Datum des Eingangsvermerkes) langte bei der beschwerdeführenden Gemeinde ein Schreiben eines betroffenen Grundeigentümers (vom 23. Dezember 2005) ein, wonach sich dieser gegen die vorgesehene Umwidmung aussprach: Das fragliche Gebiet sei besonders für die bestehende Widmung geeignet und es würde selbst dann, wenn derzeit keine entsprechenden Betriebe dort angesiedelt seien, die geplante Umwidmung dennoch einen erheblichen Eingriff in seine Eigentumsrechte bedeuten. Es lägen auch keine ausreichenden Gründe für eine solche Umwidmung vor.

Dieses Schreiben wurde von der Gemeinde der belangten Behörde im Nachhang übermittelt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde (ohne weiteres Verfahren) der beschlossenen Änderung des Flächenwidmungsplanes die aufsichtsbehördliche Genehmigung versagt. Begründend führte sie zusammengefasst aus, die Gemeinde habe für die Änderung keine Gründe im Sinne des § 23 Ans. 1 RPG aufgezeigt. Nach Hinweis auf die ablehnende Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 6. Dezember 2005 heißt es ergänzend, Gebiete, die sich in ähnlichem Maß für die Widmung als Baufläche-Betriebsgebiet der Kategorie II eigneten, seien in Vorarlberg insgesamt und im südlichen Rheintal im Besonderen ausgesprochen selten. Die Erhaltung von Standorten (auch) für störende Betriebe liege daher im besonderen raumplanerischen Interesse. Die beschlossene Umwidmung stehe somit auch im Widerspruch zu den Raumplanungszielen des § 2 RPG.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Raumplanungsgesetz (RPG), LGBl. Nr. 39/1996, in der Fassung LGBl. Nr. 33/2005, anzuwenden.

§ 2 RPG umschreibt die Raumplanungsziele; diese Bestimmung lautet:

"§ 2

Raumplanungsziele

(1) Die Raumplanung hat eine dem allgemeinen Besten dienende Gesamtgestaltung des Landesgebiets anzustreben.

(2) Ziele der Raumplanung sind

a) die nachhaltige Sicherung der räumlichen Existenzgrundlagen der Menschen, besonders für Wohnen und Arbeiten,

b)

die Erhaltung der Vielfalt von Natur und Landschaft,

c)

der bestmögliche Ausgleich der sonstigen Anforderungen an das Gebiet.

(3) Bei der Planung sind insbesondere folgende weitere Ziele zu beachten:

a) Mit Grund und Boden ist haushälterisch umzugehen, insbesondere sind Bauflächen bodensparend zu nutzen.

b) Die verschiedenen Möglichkeiten der Raumnutzung sind möglichst lange offen zu halten.

c) Die natürlichen und naturnahen Landschaftsteile sowie die Trinkwasserreserven sollen erhalten bleiben.

d) Die für die Land- und Forstwirtschaft besonders geeigneten Flächen dürfen für andere Zwecke nur verwendet werden, wenn dafür ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht.

e) Die äußeren Siedlungsränder sollen nicht weiter ausgedehnt werden.

f) Gebiete und Flächen für Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen sind einander so zuzuordnen, dass Belästigungen möglichst vermieden werden.

g) Räumlichen Strukturen, die zu unnötigem motorisierten Individualverkehr führen, ist entgegenzuwirken.

h) Für Einrichtungen des Gemeinbedarfs sind geeignete Standorte festzulegen".

§ 14 Abs. 5 und 6 RPG lautet:

"(5) Betriebsgebiete Kategorie I sind Gebiete, die für Betriebsanlagen bestimmt sind, die keine wesentlichen Störungen für die Umgebung des Betriebsgebiets verursachen. Im Betriebsgebiet Kategorie I ist die Errichtung von Wohnungen für die in Betrieben des betreffenden Gebiets Beschäftigten sowie von Gebäuden und Anlagen zulässig, die der Versorgung und den sozialen Bedürfnissen der in solchen Gebieten arbeitenden Bevölkerung dienen. Im Betriebsgebiet Kategorie I können zum Zwecke der Sicherung geeigneter Flächen für Produktionsbetriebe Zonen festgelegt werden, in denen Gebäude und Anlagen nach Abs. 6 zweiter Satz lit. a bis c nicht zulässig sind.

(6) Betriebsgebiete Kategorie II sind Gebiete, die vornehmlich für Betriebsanlagen, die im Betriebsgebiet Kategorie I nicht errichtet werden dürfen, bestimmt sind. In Betriebsgebieten Kategorie II dürfen nicht errichtet werden

a) Wohnungen, ausgenommen betriebsnotwendige Wohnungen für das Aufsichts- und Wartungspersonal, wenn diese in den Betrieb integriert sind,

b)

Gebäude und Anlagen für Sport- und Freizeitzwecke und

c)

Gebäude und Anlagen für Zwecke des Handels, sofern der Handel nicht ausschließlich zum Weiterverkauf oder untergeordnet in Produktionsbetrieben zum Verkauf von Waren überwiegend eigener Produktion erfolgt."

§ 23 RPG betrifft die Änderung des Flächenwidmungsplanes; die Abs. 1 bis 3 lauten (der bezogene § 21a RPG ist im Beschwerdefall nicht von Bedeutung):

"(1) Der Flächenwidmungsplan darf nur aus wichtigen Gründen geändert werden. Er ist zu ändern

a)

bei Änderung der maßgebenden Rechtslage oder

b)

bei wesentlicher Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse.

(2) Für das Verfahren bei Änderung des Flächenwidmungsplanes gelten die Bestimmungen der §§ 21 und 21a sinngemäß.

(3) Eine Planauflage ist nicht erforderlich, wenn die betroffenen Grundeigentümer vor der Beschlussfassung nachweislich darüber in Kenntnis gesetzt werden und ihnen eine angemessene Frist zur Stellungnahme eingeräumt wird. Diesfalls gilt der § 8 Abs. 2 dritter Satz sinngemäß. Eine Planauflage ist auch nicht erforderlich, wenn die Widmung durch einen Landesraumplan vorgegeben ist. Die Anhörung öffentlicher Dienststellen kann auf jene, deren Belange durch die Änderung des Flächenwidmungsplanes wesentlich berührt werden, begrenzt werden."

§ 21 Abs. 6 und 7 RPG lautet:

"(6) Der Flächenwidmungsplan bedarf zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung. Die Landesregierung hat nach Prüfung der nach Abs. 5 vorgelegten Äußerungen, Änderungsvorschläge und Stellungnahmen die Genehmigung durch Bescheid zu versagen, wenn der Flächenwidmungsplan

a) den im § 2 genannten Zielen oder einem Landesraumplan widerspricht oder sonst rechtswidrig ist,

b) überörtliche Interessen, insbesondere solche des Umweltschutzes und des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes, verletzt,

c) einen finanziellen Aufwand zur Folge hätte, durch den die Erfüllung der gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen der Gemeinde gefährdet würde oder

d) auf Planungen des Bundes, des Landes oder anderer Gemeinden nicht Bedacht nimmt.

(7) Wenn keine Versagungsgründe nach Abs. 6 vorliegen, ist der Flächenwidmungsplan durch Bescheid zu genehmigen. Von der Landesregierung genehmigte Flächenwidmungspläne unterliegen nicht der Verordnungsprüfung gemäß § 84 des Gemeindegesetzes."

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 RPG für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes verneint und auch die Auffassung vertreten, die Änderung widerspreche den Zielen des §  2 RPG. Sie hat sich dabei, ohne Auseinandersetzung mit der Argumentation der Gemeinde in ihrem Antrag vom 22. Dezember 2005, allein auf die Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 6. Dezember 2005 gestützt (die aus chronologischen Gründen naturgemäß auf die spätere Argumentation der Gemeinde nicht eingehen konnte), ergänzt um das Argument, dass entsprechende Gebiete für eine Widmung BB II in Vorarlberg insgesamt und im südlichen Rheintal im Besonderen ausgesprochen selten seien und demnach die Erhaltung von solchen Standorten im besonderen raumplanerischen Interesse liege. Die belangte Behörde spricht damit (ohne die beschwerdeführende Gemeinde zuvor mit diesem Argument konfrontiert zu haben) einen überörtlichen Bedarf an. Warum die fragliche Umwidmung im Hinblick auf einen angenommenen überörtlichen Bedarf oder auch sonst gegen die Ziele des § 2 RPG verstoßen sollte, ist dem angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar zu entnehmen. Dass ein bestimmtes Gebiet besonders als Betriebsgebiet der Kategorie II geeignet ist, bedeutet für sich allein noch nicht, dass die fragliche Umwidmung gegen Ziele des § 2 RPG verstieße.

Dem Genehmigungsantrag der beschwerdeführenden Gemeinde ist zu entnehmen, dass diese den "wichtigen Grund" für eine Änderung insbesondere darin erblickt, dass im Hinblick auf die Entwicklung der letzten 25 Jahre der Bedarf an der Widmung BB II nicht mehr im ursprünglichen Ausmaß gegeben sei, im Falle eines entsprechenden Bedarfes gebe es ohnedies noch ausreichend andere Flächen der Widmung BB II. Mit Ausnahme eines Grundstückes, welches der Gemeinde gehöre, seien alle Flächen verbaut, wobei kein Betrieb der Kategorie II entspreche.

Vor diesem Hintergrund kann auch das Vorliegen eines "wichtigen Grundes" im Sinne des § 23 Abs. 1 RPG entgegen der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung nicht vorweg verneint werden. Zwar sind im Betriebsgebiet Kategorie II auch die meisten Anlagen zulässig, die auch im Betriebsgebiet Kategorie I errichtet werden dürften (wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ausführt). Allerdings vermag das daran nichts zu ändern, dass das Betriebsgebiet Kategorie II vornehmlich solchen Anlagen dient, die im Betriebsgebiet Kategorie I nicht errichtet werden dürfen. Es ist daher nicht dazu bestimmt, ausschließlich oder auch fast ausschließlich für Betriebe der Kategorie I genutzt zu werden. Zwar entspricht es auch einem Raumordnungsziel (§ 2 Abs. 3 lit. b RPG), verschiedene Möglichkeiten der Raumnutzung möglichst lang offen zu halten. Ergibt sich aber, wie vorgebracht, dass angesichts einer langjährigen Entwicklung bei den fraglichen Flächen kein Bedarf mehr nach einer Nutzung der Kategorie II im eigentlichen Sinn, vielmehr nur nach einer solchen der Kategorie I besteht (zumal im Übrigen für einen allfälligen Bedarf ohnedies weitere Flächen der Kategorie II gegeben seien), kann dies einen wichtigen Grund im Sinne des § 23 Abs. 1 RPG darstellen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. April 2007

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060073.X00

Im RIS seit

17.05.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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