Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Betroffenen Friederike W*****, vertreten durch den Sachwalter DSA Bernhard Wiedner, p.A. Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft, Geschäftsstelle Deutschlandsberg, Deutschlandsberg, Schulgasse 27, infolge Revisionsrekurses der Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 24. Jänner 2002, GZ 1 R 21/02v-113, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10. Juni 2002, GZ 1 R 21/02v-127, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Eibiswald vom 17. Dezember 2001, GZ 1 P 1969/95a-105, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass dem Antrag der Betroffenen vom 5. Dezember 2001 ON 104 auf Freigabe des Betrags von 20.000 S = 1.453,46 EUR zwecks Schenkung an ihren Sohn Oskar W***** stattgegegeben wird.
Die nähere Durchführung obliegt dem Erstgericht.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom 13. Juli 2000 wurde der jetzt 57jährigen Betroffenen, die an den Folgen eines 1977 erlittenen Verkehrsunfalls leidet und zwei erwachsene Kinder (Sohn und Tochter) hat, gemäß § 273 Abs 3 Z 3 ABGB ein neuer Sachwalter zur Vertretung vor Ämtern und Behörden und zur Besorgung sämtlicher finanzieller Angelegenheiten einschließlich der Vermögensverwaltung bestellt. Die Betroffene wohnt in einem Zweifamilienhaus und ist Hälfteigentümerin der Liegenschaft, auf der sich das Haus befindet. Sie bezieht eine Witwenrente von 7.083,10 S sowie Pflegegeld der Stufe 2 der PVA der Arbeiter von 8.049,30 S und hat Vermögen im Wert von etwa 406.000 S und noch ausständige Forderungen (aus einem Schuldschein, einem Vergleich sowie Kosten aus diversen Exekutionsverfahren) von insgesamt etwa 440.000 S. Am 5. Dezember 2001 - zeitlich somit nach Inkrafttreten des Kindschaftsrechts-ÄnderungsG 2001, BGBl I 2000/135 (Art XVIII § 1 Abs 1 KindRÄG 2001) - beantragte der Sachwalter, einen Betrag von 20.000 S = 1.453,46 EUR von einem näher genannten gesperrten Sparbuch der Betroffenen als Geschenk an ihren Sohn freizugeben, weil ihm die Betroffene im Gespräch berichtet habe, ihr Sohn sei in finanziellen Nöten und habe sie gebeten, ihm den genannten Betrag zu schenken. Es sei ihr ein großes Anliegen, ihren Sohn in diesem Umfang finanziell zu unterstützen.Mit Beschluss vom 13. Juli 2000 wurde der jetzt 57jährigen Betroffenen, die an den Folgen eines 1977 erlittenen Verkehrsunfalls leidet und zwei erwachsene Kinder (Sohn und Tochter) hat, gemäß Paragraph 273, Absatz 3, Ziffer 3, ABGB ein neuer Sachwalter zur Vertretung vor Ämtern und Behörden und zur Besorgung sämtlicher finanzieller Angelegenheiten einschließlich der Vermögensverwaltung bestellt. Die Betroffene wohnt in einem Zweifamilienhaus und ist Hälfteigentümerin der Liegenschaft, auf der sich das Haus befindet. Sie bezieht eine Witwenrente von 7.083,10 S sowie Pflegegeld der Stufe 2 der PVA der Arbeiter von 8.049,30 S und hat Vermögen im Wert von etwa 406.000 S und noch ausständige Forderungen (aus einem Schuldschein, einem Vergleich sowie Kosten aus diversen Exekutionsverfahren) von insgesamt etwa 440.000 S. Am 5. Dezember 2001 - zeitlich somit nach Inkrafttreten des Kindschaftsrechts-ÄnderungsG 2001, BGBl römisch eins 2000/135 (Art römisch XVIII Paragraph eins, Absatz eins, KindRÄG 2001) - beantragte der Sachwalter, einen Betrag von 20.000 S = 1.453,46 EUR von einem näher genannten gesperrten Sparbuch der Betroffenen als Geschenk an ihren Sohn freizugeben, weil ihm die Betroffene im Gespräch berichtet habe, ihr Sohn sei in finanziellen Nöten und habe sie gebeten, ihm den genannten Betrag zu schenken. Es sei ihr ein großes Anliegen, ihren Sohn in diesem Umfang finanziell zu unterstützen.
Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil das Gesetz die Zuwendung von Vermögen der Betroffenen an eine dritte Person nicht vorsehe. Vielmehr sei das Geld sicher und möglichst fruchtbringend anzulegen und ausschließlich zum Wohl der Betroffenen zu verwenden. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach nach Aktenrückstellung durch den erkennenden Senat über Antrag gemäß § 14a AußStrG aus, der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG sei zulässig. Ein wesentlicher Grundsatz zur Verwaltung von Mündelvermögen bestehe - neben einer zweckmäßigen nützlichen Verwendung der Gelder für die Betroffene - darin, den Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren. Im vorliegenden Fall diene der auszuzahlende Geldbetrag von 20.000 S zweifellos nicht dem Wohl der Betroffenen, sondern offensichtlich dazu, die Schulden ihres Sohnes abzudecken. Ihre Argumentation, die Geldschenkung würde sich positiv auf ihren Gesundheitszustand auswirken, sei nicht geeignet, die Geldfreigabe zu erwirken, weil das Geld jedenfalls nicht zu ihrem Vorteil verwendet werden solle.Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil das Gesetz die Zuwendung von Vermögen der Betroffenen an eine dritte Person nicht vorsehe. Vielmehr sei das Geld sicher und möglichst fruchtbringend anzulegen und ausschließlich zum Wohl der Betroffenen zu verwenden. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach nach Aktenrückstellung durch den erkennenden Senat über Antrag gemäß Paragraph 14 a, AußStrG aus, der ordentliche Revisionsrekurs nach Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG sei zulässig. Ein wesentlicher Grundsatz zur Verwaltung von Mündelvermögen bestehe - neben einer zweckmäßigen nützlichen Verwendung der Gelder für die Betroffene - darin, den Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren. Im vorliegenden Fall diene der auszuzahlende Geldbetrag von 20.000 S zweifellos nicht dem Wohl der Betroffenen, sondern offensichtlich dazu, die Schulden ihres Sohnes abzudecken. Ihre Argumentation, die Geldschenkung würde sich positiv auf ihren Gesundheitszustand auswirken, sei nicht geeignet, die Geldfreigabe zu erwirken, weil das Geld jedenfalls nicht zu ihrem Vorteil verwendet werden solle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Betroffenen ist zulässig und berechtigt. Gemäß § 149 Abs 1 ABGB idFd KindRÄG 2001, welche Bestimmung gemäß § 282 Abs 1 ABGB idFd KindRÄG 2001 auch auf die Rechte und Pflichten des Sachwalters entsprechend anzuwenden ist, haben die Eltern das Vermögen eines minderjährigen Kindes mit der Sorgfalt ordentlicher Eltern zu verwalten. Sofern das Wohl des Kindes nicht anderes erfordert, haben sie es in seinem Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren ... Mit der mit dem KindRÄG 2001 eingefügten Einschränkung "sofern das Wohl des Kindes nicht anderes erfordert", sollte die Flexibilität der Vermögensverwendung zum Zweck der Befriedigung aktueller Bedürfnisse gesteigert werden. Zur Konkretisierung geben die Materialien (EB RV, 296 BlgNr 21. GP, 77 f) drei Beispiele an: 1. Verwendung von Versicherungs- oder Schadenersatzleistungen, die dem Kind aufgrund eines Verkehrsunfalls zukommen, zur Linderung der Folgen einer aus dem Verkehrsunfall resultierenden Behinderung; 2. Finanzierung besonderer, im Rahmen des Unterhalts nicht gedeckter Ausbildungen (z.B. Studienaufenthalte im Ausland); 3. Anschaffung eines hochwertigen Musikinstruments - insbesondere bei musikalischer Begabung. Zu besachwalterten Personen im Speziellen wird mit diesen Beispielen nicht Stellung bezogen. Der erkennende Senat billigt die Auffassung Fuciks (Die Vermögensverwaltung nach dem KindRÄG 2001 in Ferrari/Hopf, Reform des Kindschaftsrechts [2001] 36 f), die Beispiele zeigten, dass den Gesetzesverfassern keine allzu hohe Schwelle vorgeschwebt sei, ab der Kapital angegriffen werden dürfe. Auf unter Sachwalterschaft stehende Personen umgelegt werde die Schwelle noch niedriger anzusetzen sein. Bei einer besachwalterten Person ist ganz allgemein zu bedenken, dass die Vermögensvermehrung nicht denselben Stellenwert wie bei einem gesunden Kind haben kann. Während man bei Letzterem den Zweck, sein Vermögen so lange zu wahren, bis es selbst darüber verfügen kann - es somit bei Erreichen seiner Volljährigkeit ein möglichst hohes Startkapital zur Verfügung hat - , zwar relativieren, aber sicher nicht wegdiskutieren darf, fällt dieses Anliegen bei einem (absehbar irreversiblen) Sachwalterschaftsfall weg. Hier wird der Grundsatz Bedürfnisbefriedigung vor Vermögensmehrung nicht selten das dem Wohl des Pflegebefohlenen Förderlichste sein. Neben Fucik weist auch Schauer (Rechtssystematische Bemerkungen zum Sachwalterrecht idF KindRÄG 2001 in NZ 2001, 275 ff) zutreffend darauf hin, dass vor allem bei älteren Menschen auch ein vorsichtiger Verbrauch des Vermögens zum Zweck der Bedürfnisbefriedigung dem Wohl des Betroffenen besser dienen kann als eine weitere Vermehrung, wovon letztlich "nur die Erben profitieren". Die Erhaltung und Vermehrung des Vermögens eines Betroffenen ist nicht Selbstzweck, sondern am Wohl und Interesse des Betroffenen zu messen, es soll ihm somit eine möglichst hohe Lebensqualität und Lebensfreude ermöglicht werden. Wendet man den Grundsatz, dass bei einem älteren Pflegebefohlenen ein Verbrauch zur Bedürfnisbefriedigung dessen Wohl - ganz einzelfallbezogen - besser dienen kann als eine bloße weitere Vermehrung des Vermögens, an, stellt sich die weitere Frage, ob auch die Schenkung eines Geldbetrags an einen nahen Angehörigen dem Wohl der Betroffenen dienlich sein kann und daher dem grundsätzlichen Erfordernis, dessen Vermögen in seinem Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu mehren, vorgeht. Das "Wohl" der Betroffenen ist nach Auffassung des erkennenden Senats nicht allein von einem materiellen Gesichtspunkt aus zu beurteilen, sondern es ist auch auf die Befindlichkeit und den psychischen Zustand des Betroffenen abzustellen. Auch der unbestimmte Gesetzesbegriff des "Kindeswohls" hat mehrere Dimensionen und umfasst das körperliche, geistige und seelische Wohlergehen des Kindes (EFSlg 84.218). Der Ansicht der Vorinstanzen, eine von der Betroffenen gewünschte Schenkung an einen nahen Verwandten (hier: Sohn) könne grundsätzlich nicht geeignet sein, das Wohl der Betroffenen zu fördern, kann demnach nicht beigetreten werden. Die Vorinstanzen verstanden § 230 ABGB so, dass eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung über den Verwendungszweck der Mündelgelder vorhanden sein müsse und lehnten die Genehmigung ab, weil keine gesetzliche Bestimmung die ausdrückliche Möglichkeit eröffne, Mündelgelder an Dritte zu verschenken. Das Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ist indes kein Hindernis, kommt es doch nur auf das - auch psychische - Wohl des Betroffenen an. Unter Umständen muss auch das Bedürfnis, einem aus welchen Gründen immer in Not geratenen nahen Angehörigen (hier: Sohn) eine Geldzuwendung schenkungsweise zukommen zu lassen, befriedigt werden können, wenn dies dem Wohl der betroffenen Person zuträglich ist. Gerade bei Konstellationen wie im vorliegenden Fall erscheint es nachvollziehbar und lebensnah, dass die Betroffene als Mutter das dringende Bedürfnis hat, ihrem Sohn in einer finanziellen Notlage zu helfen, und dass die Erfüllung dieses Wunsches voll dem Wohl der Betroffenen zugute kommt. Es darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass das Gesetz (§ 785 Abs 3 ABGB) sogar ausdrücklich Schenkungen in Erfüllung einer sittlichen Pflicht oder aus Rücksicht des Anstands kennt, wobei auf den Anlass, das Verhältnis von Geschenkgeber und Geschenknehmer zueinander, ihre Lebensverhältnisse sowie auf die Vermögensverhältnisse der Beteiligten abzustellen ist (RIS-Justiz RS0012972; vgl. auch Umlauft, Anrechnung 2001, 191 ff). Geschenke von besachwalterten Personen jedenfalls an in Not geratene Kinder können dem Wohl des Betroffenen als Geschenkgeber dienen und damit sachwalterschaftsgerichtlich genehmigt werden, soweit weder derzeit noch absehbar zukünftig der angemessene Unterhalt des Betroffenen gefährdet ist. Selbst wenn die hier von der Betroffenen gewünschte Schenkung nicht so weit gehen mag - Feststellungen dazu fehlen ja - , um die Voraussetzungen des § 785 Abs 3 ABGB zu erfüllen, bestehen unter dem allein maßgeblichen Wohl der Betroffenen gegen die Bewilligung derselben keine rechtlichen Bedenken, zumal solche Schenkungen auch unter eigenberechtigten Personen üblich sind und sich auch das nicht unverhältnismäßige Ausmaß der Schenkung (weniger als 1/20 des Vermögens der Betroffenen, ihre noch offenen Forderungen außer acht lassend) sich in bescheidenem Rahmen hält und die sonstige Bedürfnisbefriedigung der Betroffenen durch diese Schenkung nicht als gefährdet beurteilt werden kann.Der Revisionsrekurs der Betroffenen ist zulässig und berechtigt. Gemäß Paragraph 149, Absatz eins, ABGB idFd KindRÄG 2001, welche Bestimmung gemäß Paragraph 282, Absatz eins, ABGB idFd KindRÄG 2001 auch auf die Rechte und Pflichten des Sachwalters entsprechend anzuwenden ist, haben die Eltern das Vermögen eines minderjährigen Kindes mit der Sorgfalt ordentlicher Eltern zu verwalten. Sofern das Wohl des Kindes nicht anderes erfordert, haben sie es in seinem Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren ... Mit der mit dem KindRÄG 2001 eingefügten Einschränkung "sofern das Wohl des Kindes nicht anderes erfordert", sollte die Flexibilität der Vermögensverwendung zum Zweck der Befriedigung aktueller Bedürfnisse gesteigert werden. Zur Konkretisierung geben die Materialien (EB RV, 296 BlgNr 21. GP, 77 f) drei Beispiele an: 1. Verwendung von Versicherungs- oder Schadenersatzleistungen, die dem Kind aufgrund eines Verkehrsunfalls zukommen, zur Linderung der Folgen einer aus dem Verkehrsunfall resultierenden Behinderung; 2. Finanzierung besonderer, im Rahmen des Unterhalts nicht gedeckter Ausbildungen (z.B. Studienaufenthalte im Ausland); 3. Anschaffung eines hochwertigen Musikinstruments - insbesondere bei musikalischer Begabung. Zu besachwalterten Personen im Speziellen wird mit diesen Beispielen nicht Stellung bezogen. Der erkennende Senat billigt die Auffassung Fuciks (Die Vermögensverwaltung nach dem KindRÄG 2001 in Ferrari/Hopf, Reform des Kindschaftsrechts [2001] 36 f), die Beispiele zeigten, dass den Gesetzesverfassern keine allzu hohe Schwelle vorgeschwebt sei, ab der Kapital angegriffen werden dürfe. Auf unter Sachwalterschaft stehende Personen umgelegt werde die Schwelle noch niedriger anzusetzen sein. Bei einer besachwalterten Person ist ganz allgemein zu bedenken, dass die Vermögensvermehrung nicht denselben Stellenwert wie bei einem gesunden Kind haben kann. Während man bei Letzterem den Zweck, sein Vermögen so lange zu wahren, bis es selbst darüber verfügen kann - es somit bei Erreichen seiner Volljährigkeit ein möglichst hohes Startkapital zur Verfügung hat - , zwar relativieren, aber sicher nicht wegdiskutieren darf, fällt dieses Anliegen bei einem (absehbar irreversiblen) Sachwalterschaftsfall weg. Hier wird der Grundsatz Bedürfnisbefriedigung vor Vermögensmehrung nicht selten das dem Wohl des Pflegebefohlenen Förderlichste sein. Neben Fucik weist auch Schauer (Rechtssystematische Bemerkungen zum Sachwalterrecht in der Fassung KindRÄG 2001 in NZ 2001, 275 ff) zutreffend darauf hin, dass vor allem bei älteren Menschen auch ein vorsichtiger Verbrauch des Vermögens zum Zweck der Bedürfnisbefriedigung dem Wohl des Betroffenen besser dienen kann als eine weitere Vermehrung, wovon letztlich "nur die Erben profitieren". Die Erhaltung und Vermehrung des Vermögens eines Betroffenen ist nicht Selbstzweck, sondern am Wohl und Interesse des Betroffenen zu messen, es soll ihm somit eine möglichst hohe Lebensqualität und Lebensfreude ermöglicht werden. Wendet man den Grundsatz, dass bei einem älteren Pflegebefohlenen ein Verbrauch zur Bedürfnisbefriedigung dessen Wohl - ganz einzelfallbezogen - besser dienen kann als eine bloße weitere Vermehrung des Vermögens, an, stellt sich die weitere Frage, ob auch die Schenkung eines Geldbetrags an einen nahen Angehörigen dem Wohl der Betroffenen dienlich sein kann und daher dem grundsätzlichen Erfordernis, dessen Vermögen in seinem Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu mehren, vorgeht. Das "Wohl" der Betroffenen ist nach Auffassung des erkennenden Senats nicht allein von einem materiellen Gesichtspunkt aus zu beurteilen, sondern es ist auch auf die Befindlichkeit und den psychischen Zustand des Betroffenen abzustellen. Auch der unbestimmte Gesetzesbegriff des "Kindeswohls" hat mehrere Dimensionen und umfasst das körperliche, geistige und seelische Wohlergehen des Kindes (EFSlg 84.218). Der Ansicht der Vorinstanzen, eine von der Betroffenen gewünschte Schenkung an einen nahen Verwandten (hier: Sohn) könne grundsätzlich nicht geeignet sein, das Wohl der Betroffenen zu fördern, kann demnach nicht beigetreten werden. Die Vorinstanzen verstanden Paragraph 230, ABGB so, dass eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung über den Verwendungszweck der Mündelgelder vorhanden sein müsse und lehnten die Genehmigung ab, weil keine gesetzliche Bestimmung die ausdrückliche Möglichkeit eröffne, Mündelgelder an Dritte zu verschenken. Das Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ist indes kein Hindernis, kommt es doch nur auf das - auch psychische - Wohl des Betroffenen an. Unter Umständen muss auch das Bedürfnis, einem aus welchen Gründen immer in Not geratenen nahen Angehörigen (hier: Sohn) eine Geldzuwendung schenkungsweise zukommen zu lassen, befriedigt werden können, wenn dies dem Wohl der betroffenen Person zuträglich ist. Gerade bei Konstellationen wie im vorliegenden Fall erscheint es nachvollziehbar und lebensnah, dass die Betroffene als Mutter das dringende Bedürfnis hat, ihrem Sohn in einer finanziellen Notlage zu helfen, und dass die Erfüllung dieses Wunsches voll dem Wohl der Betroffenen zugute kommt. Es darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass das Gesetz (Paragraph 785, Absatz 3, ABGB) sogar ausdrücklich Schenkungen in Erfüllung einer sittlichen Pflicht oder aus Rücksicht des Anstands kennt, wobei auf den Anlass, das Verhältnis von Geschenkgeber und Geschenknehmer zueinander, ihre Lebensverhältnisse sowie auf die Vermögensverhältnisse der Beteiligten abzustellen ist (RIS-Justiz RS0012972; vergleiche auch Umlauft, Anrechnung 2001, 191 ff). Geschenke von besachwalterten Personen jedenfalls an in Not geratene Kinder können dem Wohl des Betroffenen als Geschenkgeber dienen und damit sachwalterschaftsgerichtlich genehmigt werden, soweit weder derzeit noch absehbar zukünftig der angemessene Unterhalt des Betroffenen gefährdet ist. Selbst wenn die hier von der Betroffenen gewünschte Schenkung nicht so weit gehen mag - Feststellungen dazu fehlen ja - , um die Voraussetzungen des Paragraph 785, Absatz 3, ABGB zu erfüllen, bestehen unter dem allein maßgeblichen Wohl der Betroffenen gegen die Bewilligung derselben keine rechtlichen Bedenken, zumal solche Schenkungen auch unter eigenberechtigten Personen üblich sind und sich auch das nicht unverhältnismäßige Ausmaß der Schenkung (weniger als 1/20 des Vermögens der Betroffenen, ihre noch offenen Forderungen außer acht lassend) sich in bescheidenem Rahmen hält und die sonstige Bedürfnisbefriedigung der Betroffenen durch diese Schenkung nicht als gefährdet beurteilt werden kann.
Demnach ist spruchgemäß zu entscheiden.
Anmerkung
E68778 3Ob75.02d-2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0030OB00075.02D.0226.000Dokumentnummer
JJT_20030226_OGH0002_0030OB00075_02D0000_000