TE OGH 2003/2/26 9ObA221/02v

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Veröffentlicht am 26.02.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Franz Gansch als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Parteien

1.) Martin S*****, Angestellter, *****, 2.) Markus H*****, Angestellter, *****, 3.) Andreas F*****, Angestellter, *****, 4.) Michael B*****, Angestellter, *****, 5.) Wolfgang H*****, Angestellter, *****, 6.) Siegfried H*****, Angestellter, *****, 7.) Adolf K*****, Angestellter, *****, 8.) Michael P*****, Angestellter, *****, 9.) Roland S*****, Angestellter, *****, und 10.) Herbert W*****, Angestellter, *****, sämtliche vertreten durch Dr. Sebastian Mairhofer und Mag. Martha Gradl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung, über die Revision (Revisionsinteresse EUR 19.258,30) der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Juli 2002, GZ 11 Ra 161/02d-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 6. November 2001, GZ 31 Cga 115/01w-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den Klägern die mit EUR 1.595,70 (darin EUR 265,95 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Auf das Dienstverhältnis der Kläger finden der Rahmenkollektivvertrag für Angestellte der Industrie und die Zusatzkollektivverträge für die Angestellten des Metallbereichs Anwendung. Nach § 4 Abs 1 des hier anzuwendenden Zusatzkollektivvertrags beträgt die wöchentliche Normalarbeitszeit 38,5 Stunden. Alle Kläger sind bei der beklagten Partei als Angestellte im Bereich der Bandverzinkung tätig. Für diese Tätigkeit ist ein Mehrschichtbetrieb organisiert, wobei der Turnus vier Wochen beträgt. An zwei aufeinanderfolgenden Wochen ist Frühschicht mit jeweils 8 Arbeitsstunden an 6 aufeinanderfolgenden Tagen; in der dritten Woche wird an 7 Tagen je 8 Stunden täglich gearbeitet, die vierte Woche ist Freischicht. Bei Einhaltung dieses Schichtplanes ohne zusätzliche Arbeitsstunden ergibt sich eine Gesamtanzahl von 152 Stunden pro vier Wochen, gegenüber 154, welche sich aus 4 x 38,5 Stunden ergeben. Die Ableistung dieser 2,5 "Fehlstunden" wird den Klägern insbesondere während der Freischichtwoche angeboten. Wollten sie dies nicht, hatten sie die Möglichkeit, darüber eine schriftliche Urlaubsvereinbarung zu treffen. Ohne ihr Einverständnis wurden diese Stunden nie vom Urlaubsanspruch abgezogen. Der jährliche Urlaubsanspruch der Kläger wird von der beklagten Partei von 30 Werktagen auf 192,5 Stunden umgerechnet.Auf das Dienstverhältnis der Kläger finden der Rahmenkollektivvertrag für Angestellte der Industrie und die Zusatzkollektivverträge für die Angestellten des Metallbereichs Anwendung. Nach Paragraph 4, Absatz eins, des hier anzuwendenden Zusatzkollektivvertrags beträgt die wöchentliche Normalarbeitszeit 38,5 Stunden. Alle Kläger sind bei der beklagten Partei als Angestellte im Bereich der Bandverzinkung tätig. Für diese Tätigkeit ist ein Mehrschichtbetrieb organisiert, wobei der Turnus vier Wochen beträgt. An zwei aufeinanderfolgenden Wochen ist Frühschicht mit jeweils 8 Arbeitsstunden an 6 aufeinanderfolgenden Tagen; in der dritten Woche wird an 7 Tagen je 8 Stunden täglich gearbeitet, die vierte Woche ist Freischicht. Bei Einhaltung dieses Schichtplanes ohne zusätzliche Arbeitsstunden ergibt sich eine Gesamtanzahl von 152 Stunden pro vier Wochen, gegenüber 154, welche sich aus 4 x 38,5 Stunden ergeben. Die Ableistung dieser 2,5 "Fehlstunden" wird den Klägern insbesondere während der Freischichtwoche angeboten. Wollten sie dies nicht, hatten sie die Möglichkeit, darüber eine schriftliche Urlaubsvereinbarung zu treffen. Ohne ihr Einverständnis wurden diese Stunden nie vom Urlaubsanspruch abgezogen. Der jährliche Urlaubsanspruch der Kläger wird von der beklagten Partei von 30 Werktagen auf 192,5 Stunden umgerechnet.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehren die Kläger (- soweit im Revisionsverfahren noch relevant -) die Feststellung, dass der im Ausmaß von 152,5 Stunden jährlich gewährte Urlaub nicht dem gesetzlichen Urlaubsanspruch von 30 Werktagen entspreche. Durch diese Berechnungsweise würde der gesetzliche Urlaubsanspruch geschmälert. Schon die Aufteilung der 192,5 Stunden ergebe bei 30 Werktagen ein Stundenausmaß von je 6,4 Stunden; solche Arbeitstage gebe es aber überhaupt nicht. Durch diese Berechnung würden den Klägern jährlich 47,5 Stunden des gebührenden Urlaubsanspruches vorenthalten. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und berief sich zur Zulässigkeit ihrer Urlaubsberechnung auf folgende Überlegungen: Der Urlaubsanspruch betrage so viele Arbeitstage als der Arbeitnehmer durchschnittlich an Urlaub benötige, um sich einen durchgehenden Urlaub von 5 (bzw 6) Kalenderwochen zu verschaffen. Jeder der Kläger benötige, wenn der Urlaub mit der Früh- oder Mittagsschicht beginne, 25 Tage; wenn er mit der Nachtschicht beginne, 26 Tage und wenn er mit der Freischicht beginne, 19 Tage Urlaub. Dies ergebe im Durchschnitt 23,75 Arbeits- oder Urlaubstage. Die stundenweise Berechnung des Urlaubes führe zum gleichen Ergebnis. Um sich einen durchgehenden Urlaub von 5 Wochen zu verschaffen, benötige jeder Kläger bei einer 38,5 Stunden-Wochen durchschnittlich 192,5 Stunden. Von den Klägern werde übersehen, dass bei der Urlaubsberechnung in Werktagen nicht jeder konsumierte Urlaubs-Werktag auch ein Arbeitstag sei und die Berechnungen in Werktagen nur dann möglich sei, wenn entweder der gesamte Jahresurlaub in einem Stück konsumiert werde oder die Lage der Arbeitszeit so beschaffen sei, dass in jeder Kalenderwoche gleichbleibend viele Arbeitstage gelegen seien.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es hat dabei die Frage, ob eine - einseitig durch den Arbeitgeber vorgenommene - stundenweise Berechnung den §§ 2, 4 UrlG entspricht, zutreffend verneint. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es hat dabei die Frage, ob eine - einseitig durch den Arbeitgeber vorgenommene - stundenweise Berechnung den Paragraphen 2,, 4 UrlG entspricht, zutreffend verneint. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Mögen die Kläger in der Vergangenheit auch stundenweise Urlaubsvereinbarungen getroffen haben (insb, um die im 4-Wochenturnus angefallenen 1,5 "Fehlstunden" einzubringen), so ergibt sich daraus jedenfalls keine weitergehende Wirkung als für das jeweilige Urlaubsjahr, zumal der Urlaub immer für ein bestimmtes Urlaubsjahr zu vereinbaren ist. Mit ihrer Feststellungsklage bringen die Kläger jedenfalls unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie künftig nicht mehr bereit sind, derartigen Vereinbarungen über stundenweisen Verbrauch, denen eine Umrechnung von Werk- bzw Arbeitstagen in Arbeitsstunden zugrundeliegt, zuzustimmen. Damit sind aber die Hinweise der beklagten Partei auf die Lehrmeinungen, welche stundenweisen Urlaubskonsum grundsätzlich befürworten (Resch in seiner Glosse zu ZAS 1993/17 und in ecolex 1993, 840 f "Teilzeitbeschäftigung und Erholungsurlaub"; Schrank, "Aktuelle Rechtsfragen zum Ausmaß und Verbrauch des Urlaubes" in ZAS 1992, 181

f) nicht zielführend, weil dort neben einem spezifischen Interesse des Arbeitnehmers (Resch) bzw einer Günstigkeitsbetrachtung zu Gunsten des Arbeitnehmers (Schrank) jedenfalls eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber verlangt wird. Liegt aber dieses Einverständnis schon beim Arbeitnehmer nicht vor, wäre die Beibehaltung der stundenweisen Berechnung eine einseitige Maßnahme des Arbeitgebers, welcher das Vereinbarungsprinzip des § 4 Abs 1 UrlG entgegenstünde. Dazu kommt, dass sämtliche Kläger vollzeitig beschäftigt sind, sodass keine Veranlassung besteht, bei den Klägern, welche jeweils unter 25 Jahren Dienstzeit haben, die 30 Werktage an jährlich anfallendem Urlaubsausmaß (§ 2 Abs 1 UrlG) in Stunden umzurechnen. Der dem gesamten Urlaubsrecht primär zugrundeliegende Erholungszweck erfordert weiters, dass in den 30 als Urlaub konsumierten Werktagen für den Arbeitnehmer tatsächlich auch jenes Ausmaß an Arbeitszeit (bei gleichzeitiger Fortzahlung des Entgeltes) ausfällt, das einem durchschnittlichen Arbeitszeitverlauf durch 5 Arbeitswochen hindurch entspricht (Ch. Klein in seiner Glosse zu DRdA 1994/31). Würden beispielsweise auf den Urlaubszeitraum überdurchschnittlich viele Werktage entfallen, an denen auf Grund der Arbeitszeiteinteilung ohnedies keine Arbeitspflicht bestanden hätte, würde der Erholungszweck leiden, weil dann keine Reduktion der Gesamtarbeitsmenge in dem dem Erholungszweck entsprechenden Ausmaß, sondern bloß eine Verschiebung derselben stattgefunden hätte. Im vorliegenden Fall ergäbe sich im 5-wöchigen Durchschnitt eine Arbeitszeit von unter 25 Arbeitstagen nur dann, wenn man die Betrachtung mit einer Freischichtwoche beginnen lässt (19 Tage). Zieht man jedoch den Sinn der Freischichtwoche mit in Betracht, welcher neben dem Zeitausgleich zwecks Erreichung einer durchschnittlichen Normalarbeitszeit auch der Konsumation der vom Arbeitsruhegesetz vorgeschriebenen Ruhezeiten und damit der Regeneration nach der Arbeit dienen soll, scheint es sinnvoll, die Durchschnittsbetrachtung für 5 Wochen mit einer Arbeitswoche beginnen zu lassen. Dabei ergeben sich aber Werte zwischen 25 und 26 Arbeitstagen, welche wie bei einem Arbeitnehmer mit regelmäßiger 5 Tage-Woche dem gesetzlichen Urlaubsmaß von 30 Werktagen entsprechen. Zusammenfassend kann sich daher die beklagte Partei nicht auf eine rechtliche Grundlage für die einseitig vorgenommene Umrechnung des Urlaubsausmaßes von Werktagen in Stunden berufen.f) nicht zielführend, weil dort neben einem spezifischen Interesse des Arbeitnehmers (Resch) bzw einer Günstigkeitsbetrachtung zu Gunsten des Arbeitnehmers (Schrank) jedenfalls eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber verlangt wird. Liegt aber dieses Einverständnis schon beim Arbeitnehmer nicht vor, wäre die Beibehaltung der stundenweisen Berechnung eine einseitige Maßnahme des Arbeitgebers, welcher das Vereinbarungsprinzip des Paragraph 4, Absatz eins, UrlG entgegenstünde. Dazu kommt, dass sämtliche Kläger vollzeitig beschäftigt sind, sodass keine Veranlassung besteht, bei den Klägern, welche jeweils unter 25 Jahren Dienstzeit haben, die 30 Werktage an jährlich anfallendem Urlaubsausmaß (Paragraph 2, Absatz eins, UrlG) in Stunden umzurechnen. Der dem gesamten Urlaubsrecht primär zugrundeliegende Erholungszweck erfordert weiters, dass in den 30 als Urlaub konsumierten Werktagen für den Arbeitnehmer tatsächlich auch jenes Ausmaß an Arbeitszeit (bei gleichzeitiger Fortzahlung des Entgeltes) ausfällt, das einem durchschnittlichen Arbeitszeitverlauf durch 5 Arbeitswochen hindurch entspricht (Ch. Klein in seiner Glosse zu DRdA 1994/31). Würden beispielsweise auf den Urlaubszeitraum überdurchschnittlich viele Werktage entfallen, an denen auf Grund der Arbeitszeiteinteilung ohnedies keine Arbeitspflicht bestanden hätte, würde der Erholungszweck leiden, weil dann keine Reduktion der Gesamtarbeitsmenge in dem dem Erholungszweck entsprechenden Ausmaß, sondern bloß eine Verschiebung derselben stattgefunden hätte. Im vorliegenden Fall ergäbe sich im 5-wöchigen Durchschnitt eine Arbeitszeit von unter 25 Arbeitstagen nur dann, wenn man die Betrachtung mit einer Freischichtwoche beginnen lässt (19 Tage). Zieht man jedoch den Sinn der Freischichtwoche mit in Betracht, welcher neben dem Zeitausgleich zwecks Erreichung einer durchschnittlichen Normalarbeitszeit auch der Konsumation der vom Arbeitsruhegesetz vorgeschriebenen Ruhezeiten und damit der Regeneration nach der Arbeit dienen soll, scheint es sinnvoll, die Durchschnittsbetrachtung für 5 Wochen mit einer Arbeitswoche beginnen zu lassen. Dabei ergeben sich aber Werte zwischen 25 und 26 Arbeitstagen, welche wie bei einem Arbeitnehmer mit regelmäßiger 5 Tage-Woche dem gesetzlichen Urlaubsmaß von 30 Werktagen entsprechen. Zusammenfassend kann sich daher die beklagte Partei nicht auf eine rechtliche Grundlage für die einseitig vorgenommene Umrechnung des Urlaubsausmaßes von Werktagen in Stunden berufen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E68840 9ObA221.02v

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:009OBA00221.02V.0226.000

Dokumentnummer

JJT_20030226_OGH0002_009OBA00221_02V0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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