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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §45 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über den Antrag des AC in K, vertreten durch Dr. Alexander Riel, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Utzstraße 7, I. auf Wiederaufnahme des mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 2006, Zl. 2006/06/0252, eingestellten Beschwerdeverfahrens wegen nicht vollständiger Mängelbehebung im Beschwerdeverfahren Zl. 2006/06/0252, sowie II. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend das angeführte Beschwerdeverfahren, den Beschluss gefasst:
Spruch
Den Anträgen wird nicht stattgegeben.
Begründung
I.
Der Antragsteller hatte gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht W vom 16. Dezember 2005, 2Vk 82/05, betreffend eine Angelegenheit des StVG die zur hg. Zl. 2006/06/0252 protokollierte Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG vor dem Verwaltungsgerichtshof erhoben.
Mit hg. Verfügung vom 24. Oktober 2006, Zl. 2006/06/0252-2, wurde der Rechtsvertreter des Antragstellers gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zur Verbesserung der Beschwerde in näher bezeichneten Punkten (1. bis 4.) innerhalb einer vierwöchigen Frist aufgefordert.
Der Antragsteller kam dem Mängelbehebungsauftrag innerhalb der gesetzten Frist zwar in Bezug auf die Punkte 1.-3., nicht aber in Bezug auf Punkt 4. nach, wonach eine weitere Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde vorzulegen war. Somit wurde der Mängelbehebungsauftrag nicht vollständig erfüllt.
Da auch die nur teilweise Erfüllung eines Mängelbehebungsauftrages den Eintritt der im § 34 Abs. 2 VwGG aufgestellten Fiktion der Zurückziehung der Beschwerde nicht ausschließt, wurde das Beschwerdeverfahren mit hg. Beschluss vom 19. Dezember 2006, Zl. 2006/06/0252, gemäß § 34 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 1 VwGG eingestellt. Die Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses an den Vertreter des Beschwerdeführers erfolgte am 23. Jänner 2007.
Mit dem am 25. Jänner 2007 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz (zur Post gegeben am 24. Jänner 2007) stellte der Antragsteller den Antrag 1. auf Wiederaufnahme des mit Beschluss vom 19. Jänner 2007, Zl. 2006/06/0252, beendeten Beschwerdeverfahrens, in eventu 2. den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Beschwerdeergänzung in diesem Beschwerdeverfahren.
Als Grund für die begehrten Anträge wurde vorgebracht, dass die Nichtvorlage einer weiteren Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde gemäß Pkt. 4 der Verfügung vom 24. Dezember 2006 offensichtlich auf ein Versehen des Rechtsvertreters des Antragstellers bzw. seiner Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen zurückzuführen sei. Der Rechtsvertreter des Antragstellers hätte sich auf die "inhaltlichen Mängelbehebungsaufträge" konzentriert. Dies sei jedoch als ein "reiner Formalfehler" zu betrachten. "Inhaltlich" wäre dem Mängelbehebungsauftrag trotzdem "zur Gänze" entsprochen worden. Ein derartiger Fehler könne auch einem sorgfältigen Rechtsvertreter unterlaufen. Es werde darauf hingewiesen, dass die Hauptaufgabe eines Rechtsvertreters die inhaltliche Richtigkeit von Schriftsätzen beträfe, während Formalerfordernisse eines derartigen Schriftsatzes von den Kanzleimitarbeitern zu erledigen wären. Die Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen der Kanzlei des Rechtsvertreters des Antragstellers hätten in der Vergangenheit ihre diesbezüglichen Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt und nur im gegenständlichen Fall vernachlässigt.
II.
1. Gemäß § 45 Abs. 1 VwGG ist auf Antrag einer Partei die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens zu bewilligen, wenn auch nur einer der in § 45 Abs. 1 Z. 1 bis 5 VwGG enthaltenen Tatbestände vorliegt. Mit dem wiedergegebenen Vorbringen wird kein Wiederaufnahmegrund im Sinne dieser Gesetzesbestimmung aufgezeigt.
Dem Wiederaufnahmeantrag war daher gemäß § 45 VwGG nicht stattzugeben.
2. Mit dem vorliegenden Schriftsatz wird auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Mängelbehebung in dem angeführten Beschwerdeverfahren beantragt.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Ein minderer Grad des Versehens liegt dann vor, wenn der Wiedereinsetzungswerber oder sein Vertreter nicht auffallend sorglos gehandelt, somit nicht die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat (vgl. den hg. Beschluss vom 10. Oktober 1991, Zl. 91/06/0162). Ein Versehen eines Kanzleibediensteten für den Rechtsanwalt (und damit für die von ihm vertretende Partei) stellt nur dann ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Angestellten hinreichend nachgekommen ist, sowie überhaupt die Organisation des Kanzleibetriebes so eingerichtet ist, dass u.a. auch die vollständige und fristgerechte Erfüllung von Mängelbehebungsaufträgen gesichert erscheint.
Zunächst ist klarzustellen, dass die in Pkt. 4 des Mängelbehebungsauftrages vorgesehene Vorlagepflicht einer weiteren Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde ein Teil des Verbesserungsauftrages war, bei dessen Verletzung der Mängelbehebungsauftrag als nicht vollständig erfüllt gilt.
Abgesehen davon, dass der Rechtsvertreter des Antragstellers keine näheren Umstände darlegt, weshalb es durch ihn oder seine Mitarbeiter zu der mangelhaften Verbesserung überhaupt gekommen ist, ergibt sich allein aus seinem Vorbringen, dass er sich primär mit inhaltlichen Mängelbehebungsaufträgen befasst und für "Formalerfordernisse" von Schriftsätzen seine Mitarbeiter zuständig seien, wobei er weiters keinerlei Kontrollmaßnahmen diesen gegenüber ins Treffen führt, dass das Verschulden an der vorliegenden mangelnden Verbesserung nicht als bloß minderer Grad des Versehens qualifiziert werden kann. Die anwaltliche Sorgfaltspflicht umfasst bei Heranziehung von Mitarbeitern auch die geeignete Überwachung des Fertigmachens der Postsendung zur Abgabe, und die Überprüfung der Vollständigkeit der an den Verwaltungsgerichtshof in Befolgung des Verbesserungsauftrages übermittelten Aktenstücke (vgl. den bereits angeführten Beschluss vom 10. Oktober 1991 und die in diesem dazu angeführte hg. Vorjudikatur).
Somit war auch dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 VwGG nicht stattzugeben.
Wien, am 17. April 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007060047.X00Im RIS seit
04.07.2007