Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Berta L*****, vertreten durch Dr. Walter Scharinger, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Anita B***** (geborene K*****), geboren am ***** vertreten durch Dr. Andrea König, Rechtsanwältin in Salzburg, wegen Feststellung der Nichtvaterschaft (Streitwert EUR 7.200), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Berufungsgericht vom 24. September 2002, GZ 6 R 222/02t-10, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom 9. Juli 2002, GZ 1 C 27/02z-4, aufgehoben wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der am 24. 12. 2001 verstorbene Adolf H***** hat am 23. 2. 1963 in einer Niederschrift vor der Bezirkshauptmannschaft B*****, Jugend- und Gesundheitsfürsorge, Außenstelle W*****, die Vaterschaft zur Beklagten anerkannt und ihr in der Folge Unterhalt geleistet. Er widerrief dieses Vaterschaftsanerkenntnis zu Lebzeiten nicht. Der von der Mutter der Beklagten als ebenfalls möglicher Vater genannte Georg Z***** anerkannte die Vaterschaft zur Beklagten nicht. Die Beklagte meldete im Verlassenschaftsverfahren nach Adolf H***** ihren Pflichtteilsanspruch als uneheliche Tochter des Verstorbenen an. Der Nachlass wurde der Klägerin eingeantwortet.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass Adolf H***** nicht der leibliche Vater der Beklagten gewesen sei. Sowohl der Verstorbene als auch Georg Z***** hätten mit der Mutter der Beklagten innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt, wovon der Verstorbene nichts gewusst habe. Die Klägerin sei die leibliche Mutter von drei Kindern des Verstorbenen. Sie sei als Erbin verpflichtet, die Pflichtteilsansprüche aller Nachkommen des Verstorbenen zu erfüllen. Die Beklagte sei tatsächlich aber kein leibliches Kind des Verstorbenen. Die Klägerin widerrufe als Erbin das Vaterschaftsanerkenntnis des Verstorbenen und bestreite dessen Vaterschaft zur Beklagten.
Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung im Wesentlichen mit der Begründung, dass Adolf H***** ihr leiblicher Vater sei. Die Klage auf Feststellung der Nichtvaterschaft sei im Übrigen verjährt und die Klägerin zur Erhebung der vorliegenden Klage nicht aktiv legitimiert. Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, dass der Klägerin die aktive Klagslegitimation fehle. Da Adolf H***** die Vaterschaft zur Beklagten vor dem 1. 7. 1971 anerkannt habe, seien die Voraussetzungen für die Anfechtung des Anerkenntnisses gemäß Art X § 2 Abs 2 UeKindG, BGBl 342/1970, nach dem bis dahin geltenden Recht zu prüfen. Das Klagerecht sei zwar nicht befristet, sei aber ein höchstpersönliches und daher unvererbliches Recht des Anerkennenden, das nur von ihm, nicht aber von seinen Erben ausgeübt werden könne. Dies ergebe sich daraus, dass der Gesetzgeber im UeKindG ausdrücklich das Klagerecht des Rechtsnachfolgers normiert habe. Die vor Inkrafttreten des UeKindG bestehende planwidrige Gesetzeslücke - die negative Feststellungsklage des Anerkennenden sei überhaupt nicht gesetzlich geregelt gewesen - sei in der Form zu schließen, dass das Klagerecht zwar grundsätzlich unbefristet sei, aber nur vom Anerkennenden zu Lebzeiten ausgeübt werden könne. Das Berufungsgericht hob das erstinstanzliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Nach der hier anzuwendenden Rechtslage vor Inkrafttreten des UeKindG sei die Anfechtung des Anerkenntnisses der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind im ABGB nicht geregelt gewesen. Nach Lehre und Rechtsprechung sei aber die Klage auf Feststellung, dass der Mann nicht der uneheliche Vater des Kindes sei, für zulässig erachtet worden. Dass die Klage auf Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind auch gegenüber den Erben des natürlichen Vaters zulässig sei, sei anerkannt gewesen. Es sei kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum das Klagerecht hinsichtlich einer "negativen" Vaterschaftsklage nicht vererblich sein sollte. Seit dem UeKindG sei die Vererblichkeit der aktiven und passiven Klagslegitimation zur Erhebung einer Klage sowohl auf Feststellung der Vaterschaft als auch auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses gesetzlich festgeschrieben. Da aber vor dem UeKindG auch eine gesetzliche Regelung für die Klage auf Feststellung der Vaterschaft gefehlt habe, könnte aus der Regelung der Vererblichkeit kein Umkehrschluss gezogen werden. Das Berufungsgericht trug dem Erstgericht die Durchführung des Beweisverfahrens auf.Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung im Wesentlichen mit der Begründung, dass Adolf H***** ihr leiblicher Vater sei. Die Klage auf Feststellung der Nichtvaterschaft sei im Übrigen verjährt und die Klägerin zur Erhebung der vorliegenden Klage nicht aktiv legitimiert. Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, dass der Klägerin die aktive Klagslegitimation fehle. Da Adolf H***** die Vaterschaft zur Beklagten vor dem 1. 7. 1971 anerkannt habe, seien die Voraussetzungen für die Anfechtung des Anerkenntnisses gemäß Art römisch zehn Paragraph 2, Absatz 2, UeKindG, Bundesgesetzblatt 342 aus 1970,, nach dem bis dahin geltenden Recht zu prüfen. Das Klagerecht sei zwar nicht befristet, sei aber ein höchstpersönliches und daher unvererbliches Recht des Anerkennenden, das nur von ihm, nicht aber von seinen Erben ausgeübt werden könne. Dies ergebe sich daraus, dass der Gesetzgeber im UeKindG ausdrücklich das Klagerecht des Rechtsnachfolgers normiert habe. Die vor Inkrafttreten des UeKindG bestehende planwidrige Gesetzeslücke - die negative Feststellungsklage des Anerkennenden sei überhaupt nicht gesetzlich geregelt gewesen - sei in der Form zu schließen, dass das Klagerecht zwar grundsätzlich unbefristet sei, aber nur vom Anerkennenden zu Lebzeiten ausgeübt werden könne. Das Berufungsgericht hob das erstinstanzliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Nach der hier anzuwendenden Rechtslage vor Inkrafttreten des UeKindG sei die Anfechtung des Anerkenntnisses der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind im ABGB nicht geregelt gewesen. Nach Lehre und Rechtsprechung sei aber die Klage auf Feststellung, dass der Mann nicht der uneheliche Vater des Kindes sei, für zulässig erachtet worden. Dass die Klage auf Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind auch gegenüber den Erben des natürlichen Vaters zulässig sei, sei anerkannt gewesen. Es sei kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum das Klagerecht hinsichtlich einer "negativen" Vaterschaftsklage nicht vererblich sein sollte. Seit dem UeKindG sei die Vererblichkeit der aktiven und passiven Klagslegitimation zur Erhebung einer Klage sowohl auf Feststellung der Vaterschaft als auch auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses gesetzlich festgeschrieben. Da aber vor dem UeKindG auch eine gesetzliche Regelung für die Klage auf Feststellung der Vaterschaft gefehlt habe, könnte aus der Regelung der Vererblichkeit kein Umkehrschluss gezogen werden. Das Berufungsgericht trug dem Erstgericht die Durchführung des Beweisverfahrens auf.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage, ob auch Rechtsnachfolger die Klage auf Feststellung der Nichtvaterschaft erheben könnten, oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den erstinstanzlichen Beschluss wiederherzustellen, in eventu die Entscheidung des Berufungsgerichtes aufzuheben und an dieses die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes, BGBl 342/1970 (UeKindG), die mit 1. 7. 1971 in Kraft getreten sind, auf den vorliegenden Rechtsfall nicht anzuwenden sind. Nach Art X § 2 Abs 2 leg cit bestimmen sich nämlich die Voraussetzungen und das Verfahren für die Anerkennung der Vaterschaft bei einem unehelichen Kind und für die Anfechtung des Anerkenntnisses nach dem bisher geltenden Recht, wenn die Vaterschaft vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anerkannt worden ist, hier der 23. 2. 1963. Dies bedeutet, dass die Bestimmung des § 164d ABGB nicht zur Anwendung gelangen kann, nach dem die in den §§ 163c bis 164c (hier von Bedeutung: Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses nach § 164b ABGB) angeführten Rechtshandlungen auch von den Rechtsnachfolgern, d.h. den Erben als Gesamtrechtsnachfolger, der dort genannten Personen oder gegen diese gesetzt werden können (5 Ob 543/95, 9 Ob 79/99d, RIS-Justiz RS0048402). Der Oberste Gerichtshof hat (auch konkret zum vorliegenden Gesetz) bereits mehrfach ausgesprochen, dass jeder Grund fehle, bei der Auslegung der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen in der Fassung vor der Novelle das neue Gesetz zu berücksichtigen, das auf den vorliegenden Fall noch nicht zur Anwendung zu kommen hat. Dies käme einer Rückwirkung entgegen der Bestimmung des § 5 ABGB gleich (1 Ob 185/01i, RIS-Justiz RS0008716). In der Regierungsvorlage zum UeKindG wurde aber ausdrücklich festgehalten, dass zwar der schon bisher geltende Grundsatz der biologischen Vaterschaft nicht ausdrücklich im vorliegenden Gesetzesentwurf verankert worden sei, dass aber die Geltung dieses Grundsatzes nicht zweifelhaft sei (6 BlgNR XII. GP, S 12). Es ist also hier auf Grund der ausdrücklichen Bestimmung des § 164d nicht jedenfalls e contrario zu schließen, dass die jetzt normierten Grundsätze nicht bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gegolten hätten.Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes, Bundesgesetzblatt 342 aus 1970, (UeKindG), die mit 1. 7. 1971 in Kraft getreten sind, auf den vorliegenden Rechtsfall nicht anzuwenden sind. Nach Art römisch zehn Paragraph 2, Absatz 2, leg cit bestimmen sich nämlich die Voraussetzungen und das Verfahren für die Anerkennung der Vaterschaft bei einem unehelichen Kind und für die Anfechtung des Anerkenntnisses nach dem bisher geltenden Recht, wenn die Vaterschaft vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anerkannt worden ist, hier der 23. 2. 1963. Dies bedeutet, dass die Bestimmung des Paragraph 164 d, ABGB nicht zur Anwendung gelangen kann, nach dem die in den Paragraphen 163 c bis 164c (hier von Bedeutung: Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses nach Paragraph 164 b, ABGB) angeführten Rechtshandlungen auch von den Rechtsnachfolgern, d.h. den Erben als Gesamtrechtsnachfolger, der dort genannten Personen oder gegen diese gesetzt werden können (5 Ob 543/95, 9 Ob 79/99d, RIS-Justiz RS0048402). Der Oberste Gerichtshof hat (auch konkret zum vorliegenden Gesetz) bereits mehrfach ausgesprochen, dass jeder Grund fehle, bei der Auslegung der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen in der Fassung vor der Novelle das neue Gesetz zu berücksichtigen, das auf den vorliegenden Fall noch nicht zur Anwendung zu kommen hat. Dies käme einer Rückwirkung entgegen der Bestimmung des Paragraph 5, ABGB gleich (1 Ob 185/01i, RIS-Justiz RS0008716). In der Regierungsvorlage zum UeKindG wurde aber ausdrücklich festgehalten, dass zwar der schon bisher geltende Grundsatz der biologischen Vaterschaft nicht ausdrücklich im vorliegenden Gesetzesentwurf verankert worden sei, dass aber die Geltung dieses Grundsatzes nicht zweifelhaft sei (6 BlgNR römisch XII. GP, S 12). Es ist also hier auf Grund der ausdrücklichen Bestimmung des Paragraph 164 d, nicht jedenfalls e contrario zu schließen, dass die jetzt normierten Grundsätze nicht bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gegolten hätten.
Nach einheitlicher Rechtsprechung zur hier anzuwendenden Rechtslage war die Klage auf Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind auch gegen die Erben des Vaters zu richten (SZ 14/60, SZ 18/233, RIS-Justiz RS0048500, RS0048459). Bei einer Statusklage, dazu gehört auch die Klage auf Feststellung der Nichtvaterschaft zu einem unehelichen Kind, entfällt der Nachweis des Interesses nach § 228 ZPO (SZ 14/60, SZ 18/233, SZ 20/128, JBl 1955, 276; RIS-Justiz RS0048406). Das Interesse ergibt sich schon aus der Art des geltend gemachten Rechtsschutzanspruches (SZ 14/60, SZ 18/233 ua). Die Klage auf Feststellung der Nichtvaterschaft kann ohne Beschränkung oder Befristung eingebracht werden (RIS-Justiz RS0048250). Geht man von den oben dargelegten Grundsätzen aus, so ergibt sich eindeutig, dass auch für die Rechtslage vor dem UeKindG der Grundsatz der biologischen Vaterschaft herrschte, weil man eben bei Klagen auf Feststellung (oder Nichtfeststellung) der Vaterschaft kein darüber hinausgehendes rechtliches Interesse (etwa Unterhaltsansprüche) forderte. Dieser Grundsatz wird aber nur dann voll verwirklicht, wenn auch ein bereits abgegebenes Vaterschaftsanerkenntnis mit einer Klage auf Feststellung der Nichtvaterschaft durch die Erben bekämpfbar ist. Dies hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt, sodass dem Rekurs ein Erfolg zu versagen war.Nach einheitlicher Rechtsprechung zur hier anzuwendenden Rechtslage war die Klage auf Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind auch gegen die Erben des Vaters zu richten (SZ 14/60, SZ 18/233, RIS-Justiz RS0048500, RS0048459). Bei einer Statusklage, dazu gehört auch die Klage auf Feststellung der Nichtvaterschaft zu einem unehelichen Kind, entfällt der Nachweis des Interesses nach Paragraph 228, ZPO (SZ 14/60, SZ 18/233, SZ 20/128, JBl 1955, 276; RIS-Justiz RS0048406). Das Interesse ergibt sich schon aus der Art des geltend gemachten Rechtsschutzanspruches (SZ 14/60, SZ 18/233 ua). Die Klage auf Feststellung der Nichtvaterschaft kann ohne Beschränkung oder Befristung eingebracht werden (RIS-Justiz RS0048250). Geht man von den oben dargelegten Grundsätzen aus, so ergibt sich eindeutig, dass auch für die Rechtslage vor dem UeKindG der Grundsatz der biologischen Vaterschaft herrschte, weil man eben bei Klagen auf Feststellung (oder Nichtfeststellung) der Vaterschaft kein darüber hinausgehendes rechtliches Interesse (etwa Unterhaltsansprüche) forderte. Dieser Grundsatz wird aber nur dann voll verwirklicht, wenn auch ein bereits abgegebenes Vaterschaftsanerkenntnis mit einer Klage auf Feststellung der Nichtvaterschaft durch die Erben bekämpfbar ist. Dies hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt, sodass dem Rekurs ein Erfolg zu versagen war.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 52, ZPO.
Anmerkung
E68618 7Ob288.02gEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0070OB00288.02G.0226.000Dokumentnummer
JJT_20030226_OGH0002_0070OB00288_02G0000_000