Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Martha und Bernhard G*****, 2. Dr. Rudolf P*****, 3. Dr. Christa S*****, 4. Mag. Petra E*****, 5. Edith P*****, und 6. Dr. Wolfgang und Elisabeth S*****, sämtliche vertreten durch Mory & Schellhorn, Rechtsanwälte OEG in Salzburg, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde B*****, vertreten durch Dr. Peter Mair und Mag. Thomas Leitner, Rechtsanwälte in Bad Ischl, wegen 5.087,10 EUR (erstklagende Parteien) bzw je 363,36 EUR (alle anderen klagenden Parteien) sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 22. März 2002, GZ 4 R 32/02g-17, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom 20. November 2001, GZ 3 Cg 194/01s-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
I. Der Revision wird, soweit sie von den erstklagenden Parteien erhoben wurde, nicht Folge gegeben.römisch eins. Der Revision wird, soweit sie von den erstklagenden Parteien erhoben wurde, nicht Folge gegeben.
Die erstklagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die anteilig mit 515,14 EUR (darin 85,87 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu zahlen.
II. Die Revision wird, soweit sie von den übrigen klagenden Parteien erhoben wurde, zurückgewiesen.römisch II. Die Revision wird, soweit sie von den übrigen klagenden Parteien erhoben wurde, zurückgewiesen.
Diese klagenden Parteien - davon die sechstklagenden Parteien zur ungeteilten Hand - sind schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die anteilig mit je 36,80 EUR (darin 6,13 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu zahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei ist Eigentümerin einer Liegenschaft mit einer Gesamtfläche von 84.743 m2. Auf dieser Liegenschaft ist zugunsten des Landes Oberösterreich die Dienstbarkeit der Unterlassung von Bauführungen jeder Art eingetragen. Diese Dienstbarkeit beruht auf einem zwischen dem Land Oberösterreich und der beklagten Partei im Jahre 1971 geschlossenen Vertrag, dessen hier maßgebliche Bestimmungen wie folgt lauten:
"III.
Die Stadtgemeinde ... räumt dem Land Oberösterreich die Dienstbarkeit ein, Bauführungen jeder Art auf der Liegenschaft ... zu unterlassen.
IV.römisch IV.
Die Stadtgemeinde ... übernimmt die unwiderrufliche Verpflichtung, die Liegenschaft ... ausschließlich für Parkzwecke zu verwenden und vor einer allfälligen anderen Verwendung oder Verwertung die schriftliche Zustimmung des Landes Oberösterreich einzuholen."
Am 12. 7. 2001 beschloss der Gemeinderat der beklagten Partei eine Abänderung des bestehenden Flächenwidmungsplans und widmete eine Teilfläche von 8143 m2 aus der Liegenschaft von Grünland-Erholungsgebiet in Bauland-Kurgebiet und eine ca 5 m breite Teilfläche entlang einer Straße von Grünland-Parkfläche in Verkehrsfläche um.
Die Kläger sind Eigentümer bebauter Grundstücke, die der Liegenschaft der beklagten Partei benachbart sind; diese liegen weniger als 50 m von ihr entfernt. Diese Liegenschaften sind von den Abänderungen des Flächenwidmungsplans nicht betroffen: Ihre Baulandwidmung blieb unverändert.
Die Kläger begehrten aus dem Titel der Amtshaftung einen Teil der von ihnen mit 500.000 S bis 3 Mio S bezifferten Wertminderung ihrer Liegenschaften, nämlich jeweils 363,36 EUR (= S 5.000). Die Erstkläger begehrten überdies die Erstattung des von ihnen zur Abwendung der Änderung des Flächenwidmungsplans aufgewendeten Rechtsanwaltshonorars im Betrag von 4.360,37 EUR (= 60.000 S) und schließlich (nach Klagseinschränkung) weitere 363,36 EUR (= 5.000 S) an Schadenersatz für die zur Abwendung einer Änderung des Flächenwidmungsplans erforderlichen eigenen Aufwendungen. Die von den Organen der beklagten Partei getroffenen raumordungsbehördlichen Entscheidungen über eine Abänderung des Flächenwidmungsplans seien gesetz- und rechtswidrig und sachlich nicht begründbar. Die Umwidmungsentscheidung lasse die im betroffenen Landschaftsraum bestehenden landschaftsökologischen, siedlungsgeografischen und infrastrukturellen Gegebenheiten außer Acht. Es sei die gebotene Grundlagenforschung unterblieben. Die geplante Errichtung einer großen Hotelanlage (auf dem umgewidmeten Grundstück) wirke sich auf das Orts- und Stadtbild äußerst schädlich aus. Eine Prüfung der verkehrsmäßigen Voraussetzungen sei ebensowenig erfolgt wie eine sachliche Prüfung der von den Umwidmungsbefürwortern bzw -gegnern ins Treffen geführten Argumente. Die Organe der beklagten Partei hätten ihren Gestaltungsspielraum überschritten und gegen rechtsverbindliche Vorgaben des Oö Raumordnungsgesetzes 1994 (Oö ROG 1994) verstoßen, sodass ihnen ein Missbrauch des Planungsermessens und willkürliches Entscheidungshandeln zur Last falle. Angesichts des zwischen der beklagten Partei und dem Land Oberösterreich 1971 geschlossenen Vertrags hätten keine die bestehende Verwendung des umgewidmeten Areals verändernden Maßnahmen gesetzt werden dürfen. Dieser Vertrag sei als Schutznorm zugunsten der Öffentlichkeit - und somit auch zugunsten der Kläger - anzusehen. Die beklagte Partei hafte demzufolge für die den Klägern entstandenen Schäden in Form der Wertminderung ihrer Liegenschaften. Schon die Umwidmung und die dadurch ausgelöste Befürchtung, dass das von der beklagten Partei geplante Hotelprojekt realisiert werde, hätten sich verkehrswertmindernd ausgewirkt. Insbesondere der Zweitkläger habe seine Verkaufsabsicht infolge der Befürchtung der Kaufinteressenten, in räumlicher Nähe zu seiner Liegenschaft werde ein Großhotel errichtet werden, nicht realisieren können.
Die beklagte Partei wendete ein, sie habe alle gesetzlichen Vorgaben für die Änderung des Flächenwidmungsplans eingehalten. Sie habe Grundlagenforschung betrieben, sich mit den Einwendungen der Gemeindebürger auseinandergesetzt und die betroffenen Interessen gegeneinander abgewogen. Die Entscheidung sei gesetzeskonform, das ihr eingeräumte Ermessen sei nicht überschritten worden. Die Bestimmungen des Oö ROG 1994 bezweckten nicht den Schutz der Kläger vor einer Wertminderung ihrer Liegenschaften. Ein Schaden liege nicht vor, denn ein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre der Kläger sei nicht erfolgt. Der zwischen dem Land Oberösterreich und der beklagten Partei 1971 geschlossene Vertrag entfalte keine Schutzwirkung zugunsten Dritter. Im Übrigen sei dieser Vertrag auch nicht verletzt worden. Das Begehren auf Zahlung von Rechtsanwaltshonorar und Aufwandersatz richte sich auf Erstattung eines nicht ersatzfähigen bloßen Vermögensschadens.
Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Die Kläger seien als Anrainer der Liegenschaft der beklagten Partei vom Schutzzweck der Raumordnungsgesetze nicht umfasst. Die Abänderung des Flächenwidmungsplans habe die Kläger als Eigentümer ihrer Liegenschaften nicht betroffen. Nach dem zwischen der beklagten Partei und dem Land Oberösterreich 1971 geschlossenen Vertrag sei lediglich jegliche Bauführung auf der umgewidmeten Liegenschaft zu unterlassen. Eine Verletzung dieser Verpflichtung hätten die Kläger gar nicht behauptet. Zur Unterlassung einer Flächenumwidmung habe sich die beklagte Partei vertraglich nicht verbunden, es bestehe kein Verbot, die Liegenschaft der beklagten Partei (teilweise) in Bauland umzuwidmen. Das bloße Vermögen sei letztlich in den Schutzbereich eines Vertrags mit Wirkung zugunsten Dritter nicht einbezogen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass in Ansehung der Erstkläger die ordentliche Revision zulässig sei; in Ansehung der anderen Kläger sei die Revision gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Die subjektiv-öffentlichen Rechte der Liegenschaftseigentümer bzw deren Rechtsnachfolger seien vom Schutzzweck der von den Ländern erlassenen Raumordnungsgesetze umfasst. Die Rechte von Personen, die mit jenen in Vertragsbeziehungen stehen und behaupten, infolge eines durch die Änderung des Flächenwidmungsplans geschehenen Eingriffs in subjektiv-öffentliche Rechte des Liegenschaftseigentümers als ihres Vertragspartners gleichfalls geschädigt worden zu sein, seien dagegen nicht geschützt. Daraus folge, dass umso weniger von den Raumordnungsgesetzen Vermögensinteressen von Personen geschützt seien, die nicht einmal auf ein obligatorisches Recht verweisen könnten. Nun seien die Kläger zwar Nachbarn der (umgewidmeten) Liegenschaft der beklagten Partei, aber von den Widmungsänderungen selbst nicht betroffen und auch nicht Vertragspartner der von der Änderung des Flächenwidmungsplans betroffenen beklagten Partei als Liegenschaftseigentümerin. Es mangle ihnen auch an einer Parteistellung im Verordnungsverfahren zur Abänderung des Flächenwidmungsplans. Damit fehle es am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen den geltend gemachten Schäden und der als Klagegrund herangezogenen Umwidmungsverordnung, die nach den Klagebehauptungen auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhe. Die Frage, ob der Flächenwidmungsplan in rechtswidriger Weise geändert worden sei, müsse demnach nicht geprüft werden; gleichermaßen bedürfe es keiner Prüfung der Frage, ob die Änderung des Flächenwidmungsplans gesetzeskonform sei, und damit keiner Anrufung des Verfassungsgerichtshofs gemäß Art 89 B-VG. Der zwischen der beklagten Partei und dem Land Oberösterreich im Jahre 1971 geschlossene Vertrag entfalte keine Schutzwirkung zugunsten der Kläger. Schließlich sei aber auch die Pflicht, keine Änderungen des Flächenwidmungsplans vorzunehmen, vertraglich nicht übernommen worden, eine Bauführung durch die beklagte Partei werde gar nicht behauptet. Aus einer Vertragsverletzung könne daher der geltend gemachte Anspruch der Kläger nicht abgeleitet werden.
Die Revision der Erstkläger ist zulässig, aber nicht berechtigt; die Revision der übrigen Kläger ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Unzulässigkeit der Revision der übrigen Kläger:römisch eins. Zur Unzulässigkeit der Revision der übrigen Kläger:
Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), an Geld oder Geldeswert insgesamt 4.000 EUR nicht übersteigt. Die erwähnten Kläger begehrten jeweils den Zuspruch von 363,36 EUR, also einen jeweils unter der Wertgrenze des § 502 Abs 2 ZPO gelegenen Betrag. Die Bestimmung des § 55 Abs 1 Z 2 JN kann zur Begründung der Zusammenrechnung der von allen Klägern geltend gemachten Ansprüche nicht herangezogen werden, weil es an deren Streitgenosseneigenschaft nach § 11 Z 1 ZPO mangelt. Dass die Kläger ihre Ansprüche gegen die beklagte Partei aus dem gleichen Sachverhalt (behauptete rechtswidrige Umwidmung) ableiten, bedingt noch nicht die materiellen Streitgenossen eigene Rechtsgemeinschaft. Eine solche Rechtsgemeinschaft ist in Ansehung der von den Erstklägern allein geltend gemachten Klagsansprüche aus dem Titel des Ersatzes von Rechtsanwaltshonorar bzw Schadenersatzes für eigene Aufwendungen (4.360,37 und 363,36 EUR) überhaupt nicht zu erkennen. Aber auch die restlichen Klagsforderungen (sechsmal 363,36 EUR) begründen unter den Klägern keine materielle Streitgenossenschaft, weil sie untereinander weder in einer Rechtsgemeinschaft stehen noch aus demselben tatsächlichen Grund - also aus einem einheitlichen rechtserzeugenden Sachverhalt - berechtigt sind, macht doch jede klagende Partei die Wertminderung ihrer Liegenschaft geltend. Vielmehr sind sie ihren Behauptungen zufolge bloß aus einem bestimmten Ereignis Geschädigte, die als solche nur formelle Streitgenossen sind (ZVR 1986/20; Fucik in Rechberger, ZPO2 § 11 Rz 3), deren Ansprüche aber nicht zusammenzurechnen sind (vgl § 55 Abs 1 Z 2 JN).
Schließlich versagt aber auch der Hinweis der Kläger auf § 55 Abs 3 JN, denn für die Revisibilität ist der Wert des Entscheidungsgegenstands maßgebend, über den das Berufungsgericht tatsächlich entschieden hat. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach - zum Teil mit ausführlicher Begründung - ausgesprochen, dass § 55 Abs 3 JN auf den nicht eingeklagten Teil einer Forderung zur Bestimmung der Revisionszulässigkeit nicht anzuwenden ist (MR 2000, 317; 7 Ob 107/00m; 2 Ob 8/99m; 6 Ob 261/98w; SZ 64/150; siehe Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 1 zu § 502; Gitschthaler in Fasching I2 Rz 36 zu § 55 JN).
Die Revision dieser Kläger ist demnach gemäß § 502 Abs 2 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die von diesen Klägern zu tragenden Kosten beruht auf den §§ 41, 46 und 50 ZPO.
II. Zur Revision der Erstkläger:römisch II. Zur Revision der Erstkläger:
Die Erstkläger stützten ihre Behauptung, die Änderung des Flächenwidmungsplans sei in rechtswidriger Weise erfolgt, auf mehrere Bestimmungen des Oö ROG 1994, auf die zwischen der beklagten Partei und dem Land Oberösterreich 1971 getroffene Vereinbarung und auch auf Art 7 B-VG. Zu der zuletzt genannten Bestimmung ist festzuhalten, dass überhaupt nicht ersichtlich ist, inwiefern die von der beklagten Partei gewählte inkriminierte Vorgangsweise dem dort normierten Gleichheitsgrundsatz widersprechen sollte. Dafür besteht keinerlei Anhaltspunkt, und die Erstkläger haben in ihrer Revision diesen Rechtsgrund auch nicht mehr releviert.
Was die Vereinbarung aus dem Jahre 1971 betrifft, so hat die beklagte Partei die Verpflichtung übernommen, Bauführungen auf der umgewidmeten Liegenschaft (bzw Teilen dieser Liegenschaft) zu unterlassen, diese ausschließlich für Parkzwecke zu verwenden und vor einer allfälligen anderen Verwendung oder Verwertung die schriftliche Zustimmung des Landes Oberösterreich einzuholen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtungen liegt nicht vor. Eine Bauführung ist (noch) nicht erfolgt; zu einer Beibehaltung des Flächenwidmungsplans in der damals maßgeblichen Fassung hat sich die beklagte Partei nicht verpflichtet, wobei eine solcherart generelle Verpflichtung schon aus rechtlichen Überlegungen auch gar nicht möglich wäre, kann doch einer privatrechtlichen Vereinbarung über die Wahrnehmung einer hoheitlichen Zuständigkeit bzw die Ausübung hoheitlicher Befugnisse keine Rechtswirksamkeit zugebilligt werden. Mangels Verstoßes der beklagten Partei gegen die von ihr eingegangene vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Land Oberösterreich können die Erstkläger ihr Begehren nicht auf die Verletzung dieser Verpflichtung stützen, und es muss daher nicht weiter darauf eingegangen werden, ob dieser Vertrag überhaupt Schutzwirkungen zugunsten der Erstkläger entfalte.
Letztlich sind die von den Erstklägern relevierten Verstöße gegen verschiedene Bestimmungen des Oö ROG 1994 nicht geeignet, ihrem Begehren zum Durchbruch zu verhelfen:
Die Änderung eines Flächenwidmungsplans kann im Sinne des § 1 Abs 1 AHG haftungsbegründend sein, denn sie erfolgt in Vollziehung der Gesetze, und es handelt sich dabei um eine Maßnahme der Hoheitsverwaltung, deren Fehlerhaftigkeit bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs 1 AHG zu einer Haftung des Rechtsträgers führen kann (1 Ob 272/99b uva).
Die Erstkläger machen zum Teil (Anwaltshonorar, eigene Aufwendungen) einen bloßen Vermögensschaden geltend. Es entspricht ständiger, auch von der Lehre gebilligter Rechtsprechung, dass die Verursachung eines solchen Vermögensschadens nur dann ersatzpflichtig macht, wenn dem geltend gemachten Anspruch die vorwerfbare Verletzung eines absoluten Rechts, die Übertretung eines Schutzgesetzes nach § 1311 ABGB oder ein sittenwidriges Verhalten des Schädigers zugrunde liegt. Wird die Haftung auf die Verletzung von Rechtsvorschriften gestützt, so muss die übertretene Bestimmung gerade (auch) den Zweck haben, den Geschädigten vor eintretenden Vermögensnachteilen zu schützen. Gehaftet wird demnach nur für Schäden, die gerade in Verwirklichung jener Gefahr verursacht wurden, um deren Vermeidung willen der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten fordert oder untersagt. Dabei ist der Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Verletzung einer öffentlich-rechtlichen Bestimmung und dem eingetretenen Schaden etwa schon dann anzunehmen, wenn die übertretene Norm die Verhinderung eines Schadens wie des später eingetretenen bloß mitbezweckte. Daraus allein, dass eine im öffentlichen Interesse vorgenommene Amtshandlung mittelbar auch die Interessen eines Dritten berührt, diesem zugutekommt oder zum Nachteil gereicht und damit als Reflexwirkung pflichtgemäßen Verhaltens einen Vorteil verschaffen kann, lässt sich noch nicht auf eine Rechtspflicht gerade einem solchen Dritten gegenüber schließen (1 Ob 313/01p; 1 Ob 272/99b; 1 Ob 2312/96y; SZ 69/145; SZ 68/191; JBl 1994, 695; SZ 66/77; SZ 60/177 uva). Bei jeder einzelnen Vorschrift ist der Normzweck zu erforschen, der sich aus der wertenden Beurteilung deren Sinnes ergibt. Wie weit der Normzweck (Rechtswidrigkeitszusammenhang) reicht, ist das Ergebnis der Auslegung im Einzelfall (1 Ob 313/01p mwN).
Zu den Raumordnungsgesetzen hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen, dass die subjektiv-öffentlichen Rechte der Liegenschaftseigentümer bzw ihrer Rechtsnachfolger von deren Schutzzweck umfasst sind. Die Rechte von Personen, die mit jenen in Vertragsbeziehungen stehen und behaupten, infolge eines durch die Änderung eines Flächenwidmungsplans geschehenen Eingriffs in subjektiv-öffentliche Rechte des Liegenschaftseigentümers als ihres Vertragspartners gleichfalls geschädigt worden zu sein, wurden dagegen nicht als geschützt erachtet (1 Ob 272/99b; 1 Ob 2312/96y; JBl 1994, 695; SZ 61/43; SZ 55/190). Nun kann Anrainern - jedenfalls in Ansehung von reinen Vermögensschäden - kein weitergehender Schutz zukommen als demjenigen, der mit dem Grundeigentümer in einer obligatorischen Rechtsbeziehung steht (JBl 1994, 695). Zweifelsohne und unbestrittenermaßen kam den Erstklägern im Verfahren zur Abänderung des Flächenwidmungsplans auch keine Parteistellung zu (VwGH 20. 9. 1994, 94/05/0209 uva), weshalb sie auch hieraus keine subjektiv-öffentlichen Rechte ableiten können. Der Verfassungsgerichtshof hat als Voraussetzung einer Individualbeschwerde nach Art 139 B-VG angesehen, dass die bekämpfte Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreifen und sie - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzen müsse; dies sei allein bei Abänderung eines Flächenwidmungs- und Bebauungsplans noch nicht der Fall, vielmehr käme es zu einem unmittelbaren Eingriff in die Rechtssphäre erst durch die - infolge Abänderung des Flächenwidmungsplans ermöglichte - Erteilung einer Baubewilligung (VfGH 28. 6. 2000, V 27/00 unter Hinweis auf die seit 1977 gegebene ständige Rechtsprechung). Damit können aber die Erstkläger keine subjektiv-öffentlichen Rechte für sich in Anspruch nehmen, derentwegen sie in den Schutzzweck des Oö ROG 1994 einbezogen wären. Sämtliche von ihnen angeführten Bestimmungen des eben zitierten Gesetzes (siehe hiezu S 45 ihrer Berufung) lassen keinen Hinweis darauf zu, dass dem Anrainer einer Liegenschaft, deren Umwidmung erfolgte, ein subjektiv-öffentliches Recht zur Geltendmachung von reinen Vermögensschäden eingeräumt wäre. Vielmehr spricht § 1 Abs 2 Oö ROG 1994 ausdrücklich von einer Sicherung des Lebensraums im Interesse des Gemeinwohls, wird programmatisch dem Schutz und der Erhaltung der Umwelt der Vorrang eingeräumt (§ 2 Abs 2 Oö ROG 1994) und soll durch die örtliche Raumplanung die nachhaltige und bestmögliche Nutzung und Sicherung des Lebensraums im Interesse des Gemeinwesens gesichert werden (Neuhofer, Oö Baurecht 20005 676). Wird aus der Pflicht der Gemeinde, einen Flächenwidmungsplan zu erlassen, für Dritte kein Rechtsanspruch auf Änderung eines solchen Plans begründet, so kann aus dem Eigentum kein Recht auf eine bestimmte Widmung eines Grundstückes abgeleitet werden (VfSlg 8.885/1980; VwGH 23. 3. 1999, 97/05/0025; Neuhofer aaO 687); die Eigentümer jener Grundstücke, an deren Flächenwidmung oder Bebaubarkeit sich Änderungen ergeben, sind lediglich von der Planauflage nachweislich zu verständigen (§ 36 Abs 4 Oö ROG 1994). Aus keiner Rechtsvorschrift des Oö ROG 1994 lässt sich ein subjektiv-öffentliches Recht eines anrainenden Nachbarn ableiten (siehe hiezu auch VwGH 19. 1. 1993, 90/05/0038). Die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben im Rahmen der Vollziehung des Oö ROG 1994 betrifft eine so große und unbestimmte Zahl von Personen, dass diese der Allgemeinheit gleichzusetzen sind. Der vermögensrechtliche Schutz einer bestimmten Person, deren Grundstück an eine umgewidmete Liegenschaft angrenzt, ist von den Vorschriften des zitierten Gesetzes nicht bezweckt, und im vorliegenden Fall bestand auch keine rechtliche Sonderverbindung zwischen den Erstklägern und dem beklagten Rechtsträger, dessen Verantwortlichkeit für eine Amtspflichtverletzung behauptet wurde (vgl SZ 68/191).
Erstreckt sich der Schutzzweck des Oö ROG 1994, insbesondere der Bestimmungen über die Änderung der Flächenwidmung, aber nur auf Interessen der Allgemeinheit, dann können Einflüsse des Verfahrensausgangs auf individuelle Interessenlagen nur als - die Amtshaftung des belangten Rechtsträgers nicht begründende - Reflexwirkung beurteilt werden (1 Ob 313/01p mwN). Dies gilt dann aber auch für den aus der behaupteten Wertminderung der Liegenschaften - der Sache nach ein Eingriff in das absolute Eigentumsrecht (1 Ob 313/01p mwN) - abgeleiteten Schadenersatzanspruch. Auch dieser ist vom Schutzzweck des Oö ROG 1994 nicht umfasst. Mangels Rechtswidrigkeitszusammenhangs zwischen den Bestimmungen des Oö ROG 1994 und den behaupteten Schäden der Erstkläger ist diesen der begehrte Ersatz nicht zuzubilligen.
Der Revision der Erstkläger ist ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die von den Erstklägern zu tragenden anteiligen Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 41, 46 und 50 ZPO.
Textnummer
E68939European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0010OB00148.02Z.0228.000Im RIS seit
30.03.2003Zuletzt aktualisiert am
14.02.2011