Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Wolf (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Leopold Smrcka (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Barbara L*****, vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. September 2002, GZ 8 Rs 296/02m-25, womit infolge Rekurses der beklagten Partei der Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19. August 2002, GZ 24 Cgs 123/01f-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit Bescheid vom 5. 6. 2001 hat die beklagte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt die Erkrankung, die sich die Klägerin als freiwillige Blutplasmaspenderin zugezogen hat, gemäß § 176 Abs 1 Z 2 iVm § 176 Abs 2 und § 177 ASVG als Berufskrankheit Nr 38 anerkannt und als Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles gemäß § 174 Z 2 ASVG den 20. 10. 1999 festgestellt. Die Gewährung einer Rente wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die vorliegende Infektionskrankheit (Hepatitis C) keine Minderung der Erwerbsfähigkeit im entschädigungspflichtigen Ausmaß bedinge. Gegen diesen Bescheid erhob der Klägerin eine gegen die Ablehnung der Gewährung einer Rentenleistung gerichtete Klage mit dem Begehren auf Zuspruch einer Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß. Mit Urteil vom 10. 4. 2002 wies das Erstgericht das "Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei für die Folgen der Hepatitis C-Erkrankung als Berufskrankheit eine Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß ab dem 17. 5. 2000 zu gewähren", ab. Auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts sei davon auszugehen, dass eine durch die Hepatitis C-Infektion verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin ab dem Antragstag sowie ab Eintritt des Versicherungsfalles nicht vorliege, weshalb des Klagebegehren auf Zuerkennung einer Versehrtenrente abzuweisen gewesen sei. Das Vorliegen einer Hepatitis C-Infektion als Berufskrankheit sei von der beklagten Partei bereits mit dem Bescheid vom 6. 5. 2001 anerkannt worden, und es sei der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls ausgesprochen worden. Dieser Teil des Bescheides sei nicht angefochten worden und sei insoweit durch die Klagsführung nicht außer Kraft getreten. Aus diesem Grund sei eine urteilsmäßige Feststellung der Hepatitis C-Erkrankung als Berufskrankheit im Sinne des § 82 Abs 5 ASGG nicht erforderlich.Mit Bescheid vom 5. 6. 2001 hat die beklagte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt die Erkrankung, die sich die Klägerin als freiwillige Blutplasmaspenderin zugezogen hat, gemäß Paragraph 176, Absatz eins, Ziffer 2, in Verbindung mit Paragraph 176, Absatz 2 und Paragraph 177, ASVG als Berufskrankheit Nr 38 anerkannt und als Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles gemäß Paragraph 174, Ziffer 2, ASVG den 20. 10. 1999 festgestellt. Die Gewährung einer Rente wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die vorliegende Infektionskrankheit (Hepatitis C) keine Minderung der Erwerbsfähigkeit im entschädigungspflichtigen Ausmaß bedinge. Gegen diesen Bescheid erhob der Klägerin eine gegen die Ablehnung der Gewährung einer Rentenleistung gerichtete Klage mit dem Begehren auf Zuspruch einer Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß. Mit Urteil vom 10. 4. 2002 wies das Erstgericht das "Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei für die Folgen der Hepatitis C-Erkrankung als Berufskrankheit eine Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß ab dem 17. 5. 2000 zu gewähren", ab. Auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts sei davon auszugehen, dass eine durch die Hepatitis C-Infektion verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin ab dem Antragstag sowie ab Eintritt des Versicherungsfalles nicht vorliege, weshalb des Klagebegehren auf Zuerkennung einer Versehrtenrente abzuweisen gewesen sei. Das Vorliegen einer Hepatitis C-Infektion als Berufskrankheit sei von der beklagten Partei bereits mit dem Bescheid vom 6. 5. 2001 anerkannt worden, und es sei der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls ausgesprochen worden. Dieser Teil des Bescheides sei nicht angefochten worden und sei insoweit durch die Klagsführung nicht außer Kraft getreten. Aus diesem Grund sei eine urteilsmäßige Feststellung der Hepatitis C-Erkrankung als Berufskrankheit im Sinne des Paragraph 82, Absatz 5, ASGG nicht erforderlich.
Die beklagte Partei stellte daraufhin beim Erstgericht den Antrag, das Urteil dahin zu ergänzen, dass es zu lauten habe:
"1. Es wird festgestellt, dass die Hepatitis C-Erkrankung der Klägerin Folge der Berufskrankheit gemäß § 176 Abs 1 Z 2 ASVG in Verbindung mit § 176 Abs 2 und § 177 ASVG Anlage 1 laufende Nummer 38 (Infektionskrankheiten - Hepatitis C) ist."1. Es wird festgestellt, dass die Hepatitis C-Erkrankung der Klägerin Folge der Berufskrankheit gemäß Paragraph 176, Absatz eins, Ziffer 2, ASVG in Verbindung mit Paragraph 176, Absatz 2 und Paragraph 177, ASVG Anlage 1 laufende Nummer 38 (Infektionskrankheiten - Hepatitis C) ist.
2. Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei für die Folgen der Hepatitis C-Erkrankung als Berufskrankheit eine Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, wird abgewiesen."
Das Erstgericht wies diesen Antrag auf Urteilsergänzung ab. Gemäß § 71 Abs 1 ASGG trete ein angefochtener Bescheid "im Umfang des Klagebegehrens" außer Kraft. Der Bescheid der beklagten Partei vom 5. 6. 2001 enthalte eindeutig drei selbständig beurteilbare normative Aussagen, nämlich das Anerkenntnis der Berufskrankheit Nr 38, die Feststellung des Zeitpunkts des Eintritts des Versicherungsfalles und die Ablehnung der Gewährung einer Versehrtenrente. Ebenso eindeutig habe die klagende Partei in ihrem Klagsvorbringen und Klagebegehren ausschließlich die Ablehnung der Versehrtenrente bekämpft, sodass die weiteren Inhalte des Bescheides nicht außer Kraft getreten seien. Aus diesem Grund sei der Antrag auf Urteilsergänzung abzuweisen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beklagten Partei nicht Folge. Eine Urteilsergänzung komme nur bei versehentlichem Übergehen eines Anspruchs, nicht aber dann in Betracht, wenn das Gericht die Entscheidung über einen Anspruch abgelehnt habe. Im konkreten Fall habe das Gericht "keinen Anspruch, über den zu entscheiden war, irrtümlich übergangen, sondern in seinem angefochtenen Beschluss ausdrücklich begründet, weshalb das Urteil vom 10. 4. 2002 den von der Rekurswerberin begehrten Ausspruch nicht enthält". Die Voraussetzungen für eine Urteilsergänzung lägen daher nicht vor. Abgesehen davon habe sich die klagende Partei in ihrer Klage ausdrücklich nur gegen die Nichtgewährung der Versehrtenrente durch die beklagte Partei gewandt. Da sich die Frage, ob eine bestimmte Krankheit als Berufskrankheit gelte, ungeachtet der Anordnung des § 82 Abs 5 ASGG inhaltlich eindeutig von der Frage trennen lasse, welche Minderung der Erwerbsfähigkeit sich aus einer derartigen (festgestellten) Berufskrankheit ergebe, sei der Bescheid nur insoweit außer Kraft getreten, als er vom Klagebegehren berührt worden sei.Das Erstgericht wies diesen Antrag auf Urteilsergänzung ab. Gemäß Paragraph 71, Absatz eins, ASGG trete ein angefochtener Bescheid "im Umfang des Klagebegehrens" außer Kraft. Der Bescheid der beklagten Partei vom 5. 6. 2001 enthalte eindeutig drei selbständig beurteilbare normative Aussagen, nämlich das Anerkenntnis der Berufskrankheit Nr 38, die Feststellung des Zeitpunkts des Eintritts des Versicherungsfalles und die Ablehnung der Gewährung einer Versehrtenrente. Ebenso eindeutig habe die klagende Partei in ihrem Klagsvorbringen und Klagebegehren ausschließlich die Ablehnung der Versehrtenrente bekämpft, sodass die weiteren Inhalte des Bescheides nicht außer Kraft getreten seien. Aus diesem Grund sei der Antrag auf Urteilsergänzung abzuweisen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beklagten Partei nicht Folge. Eine Urteilsergänzung komme nur bei versehentlichem Übergehen eines Anspruchs, nicht aber dann in Betracht, wenn das Gericht die Entscheidung über einen Anspruch abgelehnt habe. Im konkreten Fall habe das Gericht "keinen Anspruch, über den zu entscheiden war, irrtümlich übergangen, sondern in seinem angefochtenen Beschluss ausdrücklich begründet, weshalb das Urteil vom 10. 4. 2002 den von der Rekurswerberin begehrten Ausspruch nicht enthält". Die Voraussetzungen für eine Urteilsergänzung lägen daher nicht vor. Abgesehen davon habe sich die klagende Partei in ihrer Klage ausdrücklich nur gegen die Nichtgewährung der Versehrtenrente durch die beklagte Partei gewandt. Da sich die Frage, ob eine bestimmte Krankheit als Berufskrankheit gelte, ungeachtet der Anordnung des Paragraph 82, Absatz 5, ASGG inhaltlich eindeutig von der Frage trennen lasse, welche Minderung der Erwerbsfähigkeit sich aus einer derartigen (festgestellten) Berufskrankheit ergebe, sei der Bescheid nur insoweit außer Kraft getreten, als er vom Klagebegehren berührt worden sei.
Dagegen richtet sich der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene (Revisions)Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, "der Oberste Gerichtshof als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen wolle die Hepatitis C-Erkrankung der Klägerin als Folge eines Arbeitsunfalls (im Zuge einer freiwilligen Blutplasmaspendetätigkeit bei ....) feststellen".
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, da der angefochtene (bestätigende) Beschluss vor dem 1. 1. 2003 in einem Verfahren über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen erging; er ist jedoch nicht berechtigt.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt eine Urteilsergänzung nur im Falle eines versehentlichen Übergehens eines Anspruchs in Betracht (RIS-Justiz RS0041531 [T2]). Selbst wenn das Gericht die Entscheidung über ein Begehren (wie etwa auch über das nach § 82 Abs 5 ASGG als "automatisch" gestellt anzusehende Eventualbegehren auf Feststellung, dass eine geltend gemachte Gesundheitsstörung Folge eines Arbeits(Dienst)unfalls oder einer Berufskrankheit ist) zu Unrecht abgelehnt hat, aber diese Vorgangsweise in den Entscheidungsgründen begründet hat, muss ein Antrag auf Urteilsergänzung erfolglos bleiben, weil sich in diesem Fall Wille und Erklärung des Gerichts decken und daher keine versehentliche Unvollständigkeit vorliegt. Die Anfechtbarkeit der Entscheidung mit Berufung bleibt aber gewahrt (EvBl 1962/399). Der Revisionsrekurs muss somit erfolglos bleiben.Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt eine Urteilsergänzung nur im Falle eines versehentlichen Übergehens eines Anspruchs in Betracht (RIS-Justiz RS0041531 [T2]). Selbst wenn das Gericht die Entscheidung über ein Begehren (wie etwa auch über das nach Paragraph 82, Absatz 5, ASGG als "automatisch" gestellt anzusehende Eventualbegehren auf Feststellung, dass eine geltend gemachte Gesundheitsstörung Folge eines Arbeits(Dienst)unfalls oder einer Berufskrankheit ist) zu Unrecht abgelehnt hat, aber diese Vorgangsweise in den Entscheidungsgründen begründet hat, muss ein Antrag auf Urteilsergänzung erfolglos bleiben, weil sich in diesem Fall Wille und Erklärung des Gerichts decken und daher keine versehentliche Unvollständigkeit vorliegt. Die Anfechtbarkeit der Entscheidung mit Berufung bleibt aber gewahrt (EvBl 1962/399). Der Revisionsrekurs muss somit erfolglos bleiben.
Anmerkung
E68904 10ObS363.02hEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:010OBS00363.02H.0304.000Dokumentnummer
JJT_20030304_OGH0002_010OBS00363_02H0000_000