TE OGH 2003/3/6 15Os10/03

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Veröffentlicht am 06.03.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zucker als Schriftführer, in der Strafsache gegen Harald S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde, die Berufung und die implizierte Beschwerde des Angeklagten gegen das Urteil und den gleichzeitig gefassten Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 24. September 2002, GZ 5 Hv 48/02d-49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Harald S***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (1.), des schweren, gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 (erster Fall) und Abs 2, 148 erster Fall StGB (2.) und gesondert auch des schweren, gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB (3.) sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB in zwei Fällen (4. A, B) und des Diebstahls nach § 127 StGB (5.) schuldig erkannt.

Danach hat er, soweit im Zusammenhang mit der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung,

1. am 22. Jänner 2002 in Graz außer dem Fall des (§ 201) Abs 1 (StGB) Sonja T***** mit Gewalt und durch Entziehung der persönlichen Freiheit, indem er sie mit der Hand am Arm erfasste, sie ins Badezimmer zerrte, die Tür von innen verschloss, sie zu Boden stieß und am Boden festhielt, sie in der Folge entkleidete und mit seinem erigierten Glied in ihre Scheide eindrang, zur Duldung des Beischlafes genötigt;

2. vom 19. Februar 2001 bis zum 30. Juli 2002 in Graz in fünf im Urteil näher bezeichneten Fällen (A bis E) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Vertragspartner der Firma M***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und -williger Kunde zu sein, zur Anmeldung und Freischaltung von insgesamt sieben "M*****telefonen" verleitet, welche die Firma M***** um insgesamt 2.884,45 Euro an ihrem Vermögen schädigte, wobei er in zwei Fällen "eine auf den Namen Harald S***** gefälschte Gleichschrift der BH Oberwart" vorlegte und "mit dem gefälschten Namenszug des Harald S***** unterfertigte";

3. am 15. und 18. April 2002 in Graz in vier im Urteil näher bezeichneten Fällen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Berechtigte von Videotheken "unter der" (gemeint: durch die) Vorspiegelung, ein zahlungsfähiger und -williger Kunde zu sein, sowie durch die weitere Vorgabe, die entlehnten Sachen vereinbarungsgemäß zurückzustellen und die Leihgebühren zu entrichten, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur Ausfolgung von Videofilmen und Spielen verleitet, welche die Firma K***** M***** GmbH um insgesamt (richtig:) 2.680,23 Euro an ihrem Vermögen schädigte, wobei er die Betrügereien in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;

4. fremde Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr von Berechtigten zum Beweis der sich daraus ergebenden Rechte und Tatsachen gebraucht werden, und zwar (A) im September 2001 an einem im Urteil nicht genannten Ort zwei Kennzeichentafeln und (B) im September 2000 in Graz einen Reisepass.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch laut Punkt 1 und den Strafausspruch (obwohl er formal die Aufhebung des gesamten Urteils beantragt, ohne hiezu Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt zu bezeichnen) mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) konnte als unerheblich (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 409) unerörtert bleiben, ob der Angeklagte mit Sonja T***** in der Wohnung noch Kaffee trank und am Küchentisch saß, bevor er sie ins Badezimmer zerrte, ob sie sich auf Grund ärztlicher Empfehlung für vier oder sechs Wochen des Geschlechtsverkehrs enthalten sollte und ob sie ihn am 23. Jänner 2002 in Begleitung einer ihr fremden Frau sah, ehe sie Anzeige erstattete.Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) konnte als unerheblich vergleiche Ratz, WK-StPO § 281 Rz 409) unerörtert bleiben, ob der Angeklagte mit Sonja T***** in der Wohnung noch Kaffee trank und am Küchentisch saß, bevor er sie ins Badezimmer zerrte, ob sie sich auf Grund ärztlicher Empfehlung für vier oder sechs Wochen des Geschlechtsverkehrs enthalten sollte und ob sie ihn am 23. Jänner 2002 in Begleitung einer ihr fremden Frau sah, ehe sie Anzeige erstattete.

Aktenwidrigkeit wird der Beschwerdeauffassung zuwider durch eine Gegenüberstellung verschiedener Aussagen nicht dargelegt (§ 281 Abs 1 Z 5 letzter Halbsatz StPO).

Die behauptete Undeutlichkeit und unvollständige Begründung (Z 5 erster oder zweiter Fall) „der zum Ablauf nach dem Sexualakt getroffenen Feststellungen" betrifft keine entscheidenden Tatsachen.

Soweit der Angeklagte Erwägungen des Erstgerichtes darüber vermisst, "dass nach dem sexuellen Kontakt die Zeugin T***** das Geschehene wieder bereut haben könnte", und vorbringt, es liege im Bereich der allgemeinen Lebenserfahrung, dass durch krankheitsbedingte sexuelle Abstinenz über einen Zeitraum von drei Wochen "gerade Sonja T***** selbst den sexuellen Kontakt wünschte", zeigt er keine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) auf. Ein solcher Fehler der Entscheidungsgründe läge vor, wenn das Erstgericht in der Hauptverhandlung vorgekommene, entscheidende Tatsachen betreffende Umstände, bei deren Berücksichtigung eine andere Lösung der Beweisfrage denkbar ist, ungewürdigt gelassen hätte (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 63, Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421 iVm 409). Vielmehr wird mit der spekulativen Erörterung, ob die Genannte "ein und denselben Sachverhalt zu verschiedenen Zeiten subjektiv verschieden empfunden hat", nur ein unzulässiger Angriff auf die erstrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer zur Anfechtung kollegialgerichtlicher Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung unternommen.Soweit der Angeklagte Erwägungen des Erstgerichtes darüber vermisst, "dass nach dem sexuellen Kontakt die Zeugin T***** das Geschehene wieder bereut haben könnte", und vorbringt, es liege im Bereich der allgemeinen Lebenserfahrung, dass durch krankheitsbedingte sexuelle Abstinenz über einen Zeitraum von drei Wochen "gerade Sonja T***** selbst den sexuellen Kontakt wünschte", zeigt er keine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) auf. Ein solcher Fehler der Entscheidungsgründe läge vor, wenn das Erstgericht in der Hauptverhandlung vorgekommene, entscheidende Tatsachen betreffende Umstände, bei deren Berücksichtigung eine andere Lösung der Beweisfrage denkbar ist, ungewürdigt gelassen hätte (MayerhoferStPO4 § 281 Z 5 E 63, Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421 in Verbindung mit 409). Vielmehr wird mit der spekulativen Erörterung, ob die Genannte "ein und denselben Sachverhalt zu verschiedenen Zeiten subjektiv verschieden empfunden hat", nur ein unzulässiger Angriff auf die erstrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer zur Anfechtung kollegialgerichtlicher Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung unternommen.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) ist prozessordnungswidrig darauf gerichtet, teils unter Verweis auf das Vorbringen zur Mängelrüge ohne Bezugnahme auf konkrete Beweismittel bloß aus Erwägungen der Tatrichter Bedenken abzuleiten (vgl Ratz aaO Rz 487), teils die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen in Form einer Schuldberufung zu bekämpfen. Der Einwand, das Erstgericht habe unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung "die ihm zugänglichen", in der Beschwerde nicht näher bezeichneten Beweismittel nicht oder in erheblichen Punkten unvollständig ausgeschöpft, lässt nicht erkennen, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher hätte belehrt werden müssen (§ 3), um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (Ratz aaO Rz 480). Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen werden demnach nicht aufgezeigt.Die Tatsachenrüge (Z 5 a) ist prozessordnungswidrig darauf gerichtet, teils unter Verweis auf das Vorbringen zur Mängelrüge ohne Bezugnahme auf konkrete Beweismittel bloß aus Erwägungen der Tatrichter Bedenken abzuleiten vergleiche Ratz aaO Rz 487), teils die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen in Form einer Schuldberufung zu bekämpfen. Der Einwand, das Erstgericht habe unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung "die ihm zugänglichen", in der Beschwerde nicht näher bezeichneten Beweismittel nicht oder in erheblichen Punkten unvollständig ausgeschöpft, lässt nicht erkennen, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher hätte belehrt werden müssen (§ 3), um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (Ratz aaO Rz 480). Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen werden demnach nicht aufgezeigt.

In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) wird statt des gebotenen Vergleichs von Urteilssachverhalt und angewendetem Gesetz (Ratz aaO Rz 581) prozessordnungswidrig das "Vorliegen einer Nötigungshandlung" bestritten.

Die Strafzumessungsrüge (Z 11) beruht mit dem Vorbringen, in Anbetracht einer rechtskräftigen Verurteilung des Angeklagten vom 30. Jänner 2002 im Verfahren AZ 4 Hv 1115/01g des Landesgerichtes für Strafsachen Graz und der davor gelegenen Tatzeiten laut den Schuldsprüchen 2 A und B sowie 4 A und B wäre "hinsichtlich dieser beiden genannten Urteilsfakten nur eine Zusatzstrafe zu verhängen gewesen", auf einer Fehlinterpretation der §§ 28 Abs 1 und 31 Abs 1 StGB. Der vom Beschwerdeführer im Ergebnis angestrebten Vornahme gesonderter Strafaussprüche steht schon das Gebot des § 28 Abs 1 StGB entgegen, unter den dort genannten und hier gegebenen Voraussetzungen nur auf eine einzige Freiheitsstrafe zu erkennen. Im Übrigen ist § 31 StGB nur dann anwendbar, wenn sämtliche der Verurteilung zugrunde liegenden Taten vor dem Vor-Urteil begangen wurden (Ratz in WK² § 31 Rz 2).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO).Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 in Verbindung mit § 285a Z 2 StPO).

Die vom Angeklagten nicht bekämpfte gesonderte rechtliche Beurteilung des unter 2. und 3. beschriebenen Verhaltens als zwei Verbrechen des schweren, gewerbsmäßigen Betruges war verfehlt, weil die einem Schuldspruch zugrunde liegenden Betrugstaten zufolge § 29 StGB eine Subsumtionseinheit bilden (Ratz in WK² § 29 Rz 1 und 4 bis 10, Kirchbacher/Presslauer aaO § 148 Rz 5). Deren irrige Aufspaltung war jedoch angesichts der Strafzumessungsgründe, nach denen neben der "mehrfachen Begehung der Taten" das Zusammentreffen von nur zwei Verbrechen mit zwei Vergehen als erschwerend in Rechnung gestellt wurde (US 16), nicht von Nachteil für den Angeklagten, sodass kein Anlass zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO bestand (vgl Ratz aaO § 290 Rz 24).Die vom Angeklagten nicht bekämpfte gesonderte rechtliche Beurteilung des unter 2. und 3. beschriebenen Verhaltens als zwei Verbrechen des schweren, gewerbsmäßigen Betruges war verfehlt, weil die einem Schuldspruch zugrunde liegenden Betrugstaten zufolge § 29 StGB eine Subsumtionseinheit bilden (Ratz in WK² § 29 Rz 1 und 4 bis 10, Kirchbacher/Presslauer aaO § 148 Rz 5). Deren irrige Aufspaltung war jedoch angesichts der Strafzumessungsgründe, nach denen neben der "mehrfachen Begehung der Taten" das Zusammentreffen von nur zwei Verbrechen mit zwei Vergehen als erschwerend in Rechnung gestellt wurde (US 16), nicht von Nachteil für den Angeklagten, sodass kein Anlass zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO bestand vergleiche RatzaaO § 290 Rz 24).

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde in nichtöffentlicher Sitzung hat die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung und die implizierte Beschwerde zur Folge (§ 285i StPO).

Textnummer

E68723

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0150OS00010.03.0306.000

Im RIS seit

05.04.2003

Zuletzt aktualisiert am

18.10.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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