TE OGH 2003/3/18 11Os22/03

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.2003
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. März 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Miklau als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang Z***** wegen Vergehens des versuchten Landzwangs nach §§ 15, 275 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft Wien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. November 2002, GZ 014 HV 142/02f-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 18. März 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Miklau als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang Z***** wegen Vergehens des versuchten Landzwangs nach Paragraphen 15,, 275 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft Wien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. November 2002, GZ 014 HV 142/02f-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang Z***** des Vergehens des versuchten Landzwangs nach §§ 15, 275 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 19. Dezember 2001 in Wien dadurch, dass er um 9.05 Uhr beim Polizeinotruf 133 anrief und ankündigte, im "Zentrum Simmering" werde in einer Stunde eine Bombe losgehen, einen großen Personenkreis durch eine Drohung mit einem Angriff auf Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit in Furcht und Unruhe zu versetzen versucht.Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang Z***** des Vergehens des versuchten Landzwangs nach Paragraphen 15,, 275 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 19. Dezember 2001 in Wien dadurch, dass er um 9.05 Uhr beim Polizeinotruf 133 anrief und ankündigte, im "Zentrum Simmering" werde in einer Stunde eine Bombe losgehen, einen großen Personenkreis durch eine Drohung mit einem Angriff auf Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit in Furcht und Unruhe zu versetzen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt. Wie die Subsumtionsrüge der Sache nach zutreffend ausführt, sind dem Schöffenurteil keine tauglichen Feststellungen zu entnehmen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob es vom Vorsatz des Angeklagten erfasst war, einen großer Personenkreis in Furcht und Unruhe zu versetzen (Steininger, WK2 § 275 Rz 10). Zum einen wird mit den - erst in der Beweiswürdigung des Urteils enthaltenen - Konstatierungen, der Angeklagte habe es "riskiert, dass ein unbestimmt großer Personenkreis in Furcht und Unruhe versetzt wird", sowie es sei erwiesen, "dass er auch zumindest ernsthaft mit der Möglichkeit rechnen musste, dass ein unbestimmt großer Personenkreis in Furcht und Unruhe versetzt wird" (jeweils US 6), lediglich bewusste Fahrlässigkeit, nicht aber bedingter Vorsatz dargetan. Letzterer erfordert nämlich, dass der Täter die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbilds ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (§ 5 Abs 1 StGB). Zum anderen bedarf es auch einer - hier nicht erfolgten - zahlenmäßigen Erfassung des vom Vorsatz des Angeklagten umfassten Personenkreises, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob dieser als groß iSd § 275 StGB zu werten ist.Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 10, StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt. Wie die Subsumtionsrüge der Sache nach zutreffend ausführt, sind dem Schöffenurteil keine tauglichen Feststellungen zu entnehmen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob es vom Vorsatz des Angeklagten erfasst war, einen großer Personenkreis in Furcht und Unruhe zu versetzen (Steininger, WK2 Paragraph 275, Rz 10). Zum einen wird mit den - erst in der Beweiswürdigung des Urteils enthaltenen - Konstatierungen, der Angeklagte habe es "riskiert, dass ein unbestimmt großer Personenkreis in Furcht und Unruhe versetzt wird", sowie es sei erwiesen, "dass er auch zumindest ernsthaft mit der Möglichkeit rechnen musste, dass ein unbestimmt großer Personenkreis in Furcht und Unruhe versetzt wird" (jeweils US 6), lediglich bewusste Fahrlässigkeit, nicht aber bedingter Vorsatz dargetan. Letzterer erfordert nämlich, dass der Täter die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbilds ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (Paragraph 5, Absatz eins, StGB). Zum anderen bedarf es auch einer - hier nicht erfolgten - zahlenmäßigen Erfassung des vom Vorsatz des Angeklagten umfassten Personenkreises, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob dieser als groß iSd Paragraph 275, StGB zu werten ist.

Weil das Urteil auch keine eine abweichende rechtliche Beurteilung zulassenden (s unten) Feststellungen zur inneren Tatseite enthält, war es in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben und die Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 285e StPO).Weil das Urteil auch keine eine abweichende rechtliche Beurteilung zulassenden (s unten) Feststellungen zur inneren Tatseite enthält, war es in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben und die Verfahrenserneuerung anzuordnen (Paragraph 285 e, StPO).

Im zweiten Rechtsgang wird das Erstgericht zu prüfen haben, wieviele Personen zur fraglichen Zeit im Einkaufszentrum Simmering waren und ob es vom (zumindest bedingten) Vorsatz des Angeklagten umfasst war, einen großen Personenkreis (der ab einer Zahl von rund 800 Personen anzunehmen ist; vgl Steininger, WK2 § 275 Rz 4 f), in Furcht und Unruhe zu versetzen. Beweiswürdigungsmäßig wird sich das Gericht - wie die Nichtigkeitsbeschwerde (der Sache nach aus Z 5) ebenfalls richtig aufzeigt - dabei mit der Verantwortung des Angeklagten zur subjektiven Tatseite eingehender als bisher auseinander zu setzen haben, zumal es - wie auch der konkrete Fall zeigt - keineswegs selbstverständlich ist, dass ein aufgrund einer Bombendrohung vorgenommener Polizeieinsatz zur Bekanntgabe des Einsatzgrundes oder des Grundes für die Räumung des gefährdeten Bereichs an einen großen Personenkreis führt.Im zweiten Rechtsgang wird das Erstgericht zu prüfen haben, wieviele Personen zur fraglichen Zeit im Einkaufszentrum Simmering waren und ob es vom (zumindest bedingten) Vorsatz des Angeklagten umfasst war, einen großen Personenkreis (der ab einer Zahl von rund 800 Personen anzunehmen ist; vergleiche Steininger, WK2 Paragraph 275, Rz 4 f), in Furcht und Unruhe zu versetzen. Beweiswürdigungsmäßig wird sich das Gericht - wie die Nichtigkeitsbeschwerde (der Sache nach aus Ziffer 5,) ebenfalls richtig aufzeigt - dabei mit der Verantwortung des Angeklagten zur subjektiven Tatseite eingehender als bisher auseinander zu setzen haben, zumal es - wie auch der konkrete Fall zeigt - keineswegs selbstverständlich ist, dass ein aufgrund einer Bombendrohung vorgenommener Polizeieinsatz zur Bekanntgabe des Einsatzgrundes oder des Grundes für die Räumung des gefährdeten Bereichs an einen großen Personenkreis führt.

Sollte der Tatbestand des § 275 StGB nicht verwirklicht worden sein, kommt - entsprechende Feststellungen vorausgesetzt - eine Beurteilung der Tat nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (Steininger aaO Rz 12; EvBl 1982/29) sowie (gegebenenfalls idealkonkurrierend) nach § 298 Abs 1 StGB (Leukauf/Steininger Komm3 § 298 RN 7) in Betracht.Sollte der Tatbestand des Paragraph 275, StGB nicht verwirklicht worden sein, kommt - entsprechende Feststellungen vorausgesetzt - eine Beurteilung der Tat nach Paragraph 107, Absatz eins und 2 StGB (Steininger aaO Rz 12; EvBl 1982/29) sowie (gegebenenfalls idealkonkurrierend) nach Paragraph 298, Absatz eins, StGB (Leukauf/Steininger Komm3 Paragraph 298, RN 7) in Betracht.

Anmerkung

E68794 11Os22.03

Schlagworte

Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in EvBl 2003/140 S 655 - EvBl 2003,655 = RZ 2003,233 = SSt 2003/23 XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0110OS00022.03.0318.000

Dokumentnummer

JJT_20030318_OGH0002_0110OS00022_0300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten