Index
10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §33Leitsatz
Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages zur Einbringung eines Antrags auf Ergänzung des Kostenspruches mangels Vorliegens eines unabwendbaren oder unvorhergesehenen Ereignisses bei Änderung der Ansicht über die Höhe des zu beantragenden Kostenersatzes seitens des Rechtsvertreters nach Gesprächen mit einem Mitarbeiter des VerfassungsgerichtshofesSpruch
I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
II. Der Antrag auf Ergänzung eines Erkenntnisses wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit beim Verfassungsgerichtshof am 5. März 2002 eingelangtem Schriftsatz beantragen die Einschreiter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Antragstellung über die Ergänzung des hg. Erkenntnisses vom 12. Dezember 2001 (zugestellt am 28. Jänner 2002), B1798/00 ua., hinsichtlich der Kostenentscheidung und verbinden damit den versäumten Antrag auf Ergänzung des Erkenntnisses. Mit diesem Erkenntnis waren die von den 23 Beschwerdeführern - in einer (gemeinsamen) Beschwerde - bekämpften Bescheide des Bundesministers für Inneres (über Anträge auf Feststellung der ab 1. Juni 2000 während des ordentlichen Zivildienstes gebührenden Pauschalvergütung und ob bzw. inwieweit Anspruch auf unentgeltliche Verpflegung besteht) infolge Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes aufgehoben und die in der Beschwerde verzeichneten Kosten - in der Höhe des Pauschalsatzes für eine Beschwerde plus Streitgenossenzuschlag und Umsatzsteuer für alle Beschwerdeführer gemeinsam - in Entsprechung des Antrags zugesprochen worden.
Nach den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag waren die Kosten nur deshalb in dieser Höhe beantragt worden, weil dies telefonisch mit einem Mitarbeiter des für den konkreten Fall zuständigen Referates sowie der Rechtsanwaltskanzlei Dr. J., die ebenfalls eine Reihe von Beschwerdeführern in der gleichen Angelegenheit vertreten hatte, in diesem Sinne besprochen worden sei.
Im Antrag wird wörtlich ausgeführt:
"Im Vertrauen auf die seinerzeitige Aussage durch den Mitarbeiter des Verfassungsgerichtshofes und die Rücksprache mit der Kanzlei Rechtsanwalt Dr. J. wurde diese Vorgehensweise gewählt, nicht zuletzt auch deshalb, um die Verfahrenskosten nicht in eine beträchtliche Höhe anwachsen zu lassen."
Am 20. Februar 2002 habe der Beschwerdevertreter aber in einem Telefonat mit dem Mitarbeiter des Verfassungsgerichtshofs erfahren, dass die Kanzlei Dr. J. "für jede einzelne Bescheidbeschwerde" den vollen Kostenersatz beantragt und daher auch zugesprochen bekommen hatte. Es habe sich sohin am 20. Februar 2002 herausgestellt, dass "entgegen den ursprünglichen Besprechungen Kosten nicht einheitlich verzeichnet wurden". Diese Mitteilung sei für ihn "völlig unvorhergesehen" gewesen. Er sei daher auch nicht mehr in der Lage gewesen, binnen der nach Zustellung des Erkenntnisses gesetzten Frist von 14 Tagen iSd §423 ZPO iVm §35 VfGG den Antrag auf Ergänzung des Erkenntnisses hinsichtlich der Kostenentscheidung zu stellen.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Wiedereinsetzungsantrag erwogen:
2.1. Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983, 11.706/1988).
2.2. Im vorliegenden Fall lag jedoch kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vor, das die Beschwerdeführer an der rechtzeitigen Stellung eines Ergänzungsantrags iSd §423 ZPO gehindert hätte. Vielmehr ist aufgrund eines am 20. Februar 2002 geführten Gesprächs des Rechtsvertreters der nunmehrigen Antragsteller mit einem Mitarbeiter des Verfassungsgerichtshofs lediglich eine Änderung seiner Meinung über die Höhe der von ihm zu beantragenden Kosten insofern eingetreten, als statt der Kosten für die Einbringung einer Beschwerde zuzüglich des Streitgenossenzuschlags für alle Beschwerdeführer gemeinsam der volle Kostenersatz für jeden einzelnen Beschwerdeführer beantragt hätte werden sollen.
Der Umstand, dass der Gerichtshof im Fall der von der Rechtsanwaltskanzlei Dr. J. eingebrachten Beschwerden in Entsprechung des dortigen - anders lautenden - Antrages auch einen anderen Kostenspruch gefällt hat, wiewohl die zugrunde liegenden Beschwerdeverfahren gleichartig waren, vermag daran nichts zu ändern.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist daher abzuweisen.
3. Der unter einem eingebrachte Antrag auf Ergänzung des Erkenntnisses ist infolge dessen gemäß §423 Abs2 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG wegen Versäumung der vierzehntägigen Antragsfrist als verspätet zurückzuweisen.
4. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz VfGG sowie gemäß §423 Abs3 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.
Schlagworte
VfGH / Kosten, VfGH / Wiedereinsetzung, ZivildienstEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B484.2002Dokumentnummer
JFT_09978993_02B00484_00