Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Schenk und Mag. Gabriele Jarosch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei 1) Riva K*****, Hausfrau, 2) mj. Fidan K*****, Schüler, 3) mj. Hajdar K*****, Schüler, 4) mj. Hanumsha K*****, 5) mj. Ardijan K*****, alle vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei Stefan B*****, Baggerfahrer, *****, vertreten durch Dr. Wilfrid Raffaseder und Mag. Michael Raffaseder, Rechtsanwälte in Freistadt, wegen EUR 1.816,82 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Dezember 2002, GZ 12 Ra 194/02i-31, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508, a Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Ob die an einem Unfall Beteiligten ein Verschulden daran trifft bzw. wie ein allfälliges Verschulden zu gewichten ist, stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Allgemeinen keine die Zulässigkeit der Revision rechtfertigende Rechtsfrage iSd § 46 Abs 1 ASGG dar (RIS-Justiz RS0105331; zuletzt etwa 10 ObS 304/02g; 8 ObA 78/02g).Ob die an einem Unfall Beteiligten ein Verschulden daran trifft bzw. wie ein allfälliges Verschulden zu gewichten ist, stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Allgemeinen keine die Zulässigkeit der Revision rechtfertigende Rechtsfrage iSd Paragraph 46, Absatz eins, ASGG dar (RIS-Justiz RS0105331; zuletzt etwa 10 ObS 304/02g; 8 ObA 78/02g).
Die von den Revisionswerbern - erstmals im Rechtsmittelverfahren ins Treffen geführte - Bestimmung des § 144 Abs 1 Bauarbeiterschutzverordnung (BArbSchutzV) wurde durch BGBl II Nr. 164/2000 aufgehoben, war aber im Unfallszeitpunkt noch in Kraft. Es trifft zu, dass diese Bestimmung für den Fall der eingeschränkten Sicht des Lenkers einer Erdbaumaschine auf seinen Fahr- und Arbeitsbereich die Verwendung eines Einweisers oder die Sicherung des Arbeitsbereichs durch eine feste Absperrung normierte. Dies muss allerdings noch nicht zwangsläufig zur Annahme eines Verschuldens des Beklagten führen, weil nach der Rechtsprechung zu § 2 ABGB die Unkenntnis einer Norm zwar ihre Anwendung nicht hindert, aber noch nicht in jedem Fall ein Verschulden des Betroffenen bedeutet (RIS-Justiz RS0008652; zuletzt etwa 8 ObA 106/02z). Dies gilt gerade auch für die umfangreichen und schwer zu überblickenden Normen des Arbeitnehmerschutzes, die für einen Bauarbeiter aus Eigenem nur schwer zu überblicken bzw in Erfahrung zu bringen sind. Dass dies auch dem Gesetz- bzw Verordnungsgeber klar ist, zeigt, dass sowohl § 14 ASchG als auch § 154 der BArbSchutzV eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur speziellen Unterweisung des Arbeitnehmers normieren (deren Verletzung ein Verschulden des Verantwortlichen begründen kann [8 ObA 308/00b]) und etwa nach § 130 Abs 4 Z 1 ASchG ein Arbeitnehmer, der durch nicht ordnungsgemäße Benutzung eines Arbeitsmittels eine Gefahr für andere Arbeitnehmer herbeiführt, nur dann eine Verwaltungsübertretung begeht, wenn er "entgegen der Unterweisung und den Anweisungen des Arbeitgebers" handelt. Die Frage der Unterweisung des Beklagten im Hinblick auf die damals geltende Bestimmung des § 144 Abs 1 BArbSchutzV wurde aber bislang nicht erörtert, zumal sich die Kläger in erster Instanz nicht auf diese Bestimmung gestützt haben und daher für den insoweit behauptungs- und beweispflichtigen Beklagten kein Anlass zu entsprechendem Vorbringen bestand.Die von den Revisionswerbern - erstmals im Rechtsmittelverfahren ins Treffen geführte - Bestimmung des Paragraph 144, Absatz eins, Bauarbeiterschutzverordnung (BArbSchutzV) wurde durch Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 164 aus 2000, aufgehoben, war aber im Unfallszeitpunkt noch in Kraft. Es trifft zu, dass diese Bestimmung für den Fall der eingeschränkten Sicht des Lenkers einer Erdbaumaschine auf seinen Fahr- und Arbeitsbereich die Verwendung eines Einweisers oder die Sicherung des Arbeitsbereichs durch eine feste Absperrung normierte. Dies muss allerdings noch nicht zwangsläufig zur Annahme eines Verschuldens des Beklagten führen, weil nach der Rechtsprechung zu Paragraph 2, ABGB die Unkenntnis einer Norm zwar ihre Anwendung nicht hindert, aber noch nicht in jedem Fall ein Verschulden des Betroffenen bedeutet (RIS-Justiz RS0008652; zuletzt etwa 8 ObA 106/02z). Dies gilt gerade auch für die umfangreichen und schwer zu überblickenden Normen des Arbeitnehmerschutzes, die für einen Bauarbeiter aus Eigenem nur schwer zu überblicken bzw in Erfahrung zu bringen sind. Dass dies auch dem Gesetz- bzw Verordnungsgeber klar ist, zeigt, dass sowohl Paragraph 14, ASchG als auch Paragraph 154, der BArbSchutzV eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur speziellen Unterweisung des Arbeitnehmers normieren (deren Verletzung ein Verschulden des Verantwortlichen begründen kann [8 ObA 308/00b]) und etwa nach Paragraph 130, Absatz 4, Ziffer eins, ASchG ein Arbeitnehmer, der durch nicht ordnungsgemäße Benutzung eines Arbeitsmittels eine Gefahr für andere Arbeitnehmer herbeiführt, nur dann eine Verwaltungsübertretung begeht, wenn er "entgegen der Unterweisung und den Anweisungen des Arbeitgebers" handelt. Die Frage der Unterweisung des Beklagten im Hinblick auf die damals geltende Bestimmung des Paragraph 144, Absatz eins, BArbSchutzV wurde aber bislang nicht erörtert, zumal sich die Kläger in erster Instanz nicht auf diese Bestimmung gestützt haben und daher für den insoweit behauptungs- und beweispflichtigen Beklagten kein Anlass zu entsprechendem Vorbringen bestand.
Nähere Ausführungen und Klärungen dazu sind allerdings entbehrlich, weil aus den von der zweiten Instanz zu Recht hervorgehobenen Umständen des Einzelfalls selbst unter der Annahme eines schuldhaften Verstoßes des Beklagten gegen die BArbSchutzV gegen die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung keine Bedenken bestehen: Die 3-köfpige Arbeitspartie, der sowohl der Beklagte (als Baggerfahrer) als auch der beim Unfall am 1. 12. 1998 Getötete (als Rohrverleger) angehörten, führte seit dem Frühjahr 1997 vergleichbare Arbeiten durch und bildete ein eingespieltes und mit dem Arbeitsvorgang bestens vertrautes Team. Die aus dem arbeitsbedingten Rückwärtsfahren des Baggers resultierende Gefahr war dem Kläger daher hinreichend bekannt, wie auch der Beklagte um die Vertrautheit seiner beiden Kollegen mit dem Arbeitsvorgang und den daraus resultierenden Gefahren wusste. Dazu kommt, dass sich der Unfall in einer Phase des Geschehens ereignete, in der die beiden Kollegen des Beklagten - gerade weil der Bagger rückwärtsfahrend Grabarbeiten verrichteten - Pause hatten, sodass der Gatte bzw Vater der klagenden Parteien nur deshalb vom Bagger überrollt werden konnte, weil er die Pause nutzte, um Brennholz zu sammeln und dabei so unachtsam war, dass er unmittelbar in den - für den Beklagten nicht einsehbaren - Gefahrenbereich gelangte. Unter diesen Umständen tritt aber ein allfälliges Verschulden des Beklagten gegenüber der krassen Sorgfaltswidrigkeit des Klägers - die selbst von den Klägern als Mitverschulden im Ausmaß dreier Viertel gewertet wird - so in den Hintergrund, dass es - wenn es überhaupt vorliegen sollte - völlig zu vernachlässigen wäre.
Textnummer
E68914European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:008OBA00028.03F.0320.000Im RIS seit
19.04.2003Zuletzt aktualisiert am
26.11.2012