TE OGH 2003/3/25 1Ob153/02k

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Veröffentlicht am 25.03.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton R*****, vertreten durch Dr. Kristina Köck, Rechtsanwältin in Laa an der Thaya, wider die beklagte Partei T***** Gesellschaft mbH in Liqu., ***** vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in Linz, wegen Wiederherstellung (Streitwert EUR 4.360,37) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 14. März 2002, GZ 36 R 44/02t-86, womit aus Anlass der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Herzogenburg vom 4. Oktober 2001, GZ 1 C 748/95k-79, und das diesem vorangegangene Verfahren für nichtig erklärt und die Klage "insoweit" zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird ersatzlos aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die Entscheidung über die Berufung des Klägers unter Abstandnahme vom gebrauchten Nichtigkeitsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Text

Begründung:

Mit seiner am 12. 6. 1995 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger - soweit hier noch entscheidungswesentlich -, die Beklagte schuldig zu erkennen, eine bestimmt bezeichnete Überfallwasserleitung wieder herzustellen. Der Kläger sei Wasserbezugsberechtigter und Erhalter einer Haupt- und Überfallwasserleitung. Durch die von der Beklagten zu verantwortenden, nicht ordnungsgemäß durchgeführten Grabungsarbeiten anlässlich der Errichtung einer Wohnanlage sei diese Wasserleitung über eine Länge von ca 170 m weggerissen worden. Die Beklagte habe dem Kläger die Wiederinstandsetzung der Leitung zugesagt.

Die Beklagte wendete ein, sie habe die von der Wasserleitung betroffenen Grundstücke gutgläubig lastenfrei erworben. Eine Vereinbarung über die Wiederherstellung habe es nicht gegeben.

Das Erstgericht wies - im dritten Rechtsgang - das Klagebegehren ab. Es vertrat die Auffassung, die Beklagte habe die Liegenschaft, über die die strittige Wasserleitung verlief, frei von Dienstbarkeiten erworben. Eine Verpflichtung der Beklagten, die Wasserleitung zu verlegen, habe nicht bestanden. Dem Kläger sei es auch nach Ergänzung des Beweisverfahrens nicht gelungen, eine Instandsetzungsvereinbarung mit der Beklagten unter Beweis zu stellen.

Nach Einlangen der dagegen erhobenen Berufung des Klägers übermittelte das Berufungsgericht beiden Parteien folgenden Beschluss:

"Den Parteien wird mitgeteilt, dass nach dem in Kopie beiliegenden Firmenbuchausdruck die Beklagte seit 6. 3. 2001 im Firmenbuch gelöscht und daher nicht mehr parteifähig ist. Der Kläger wird daher im Sinn der Entscheidung des OGH 8 ObA 2344/96f, JBl 1999, 126, aufgefordert, binnen 14 Tagen dem Berufungsgericht mitzuteilen, ob er ungeachtet der Löschung der Beklagten das Verfahren fortsetzen will oder nicht. Im letzteren Fall wird das Verfahren für nichtig erklärt und die Klage bei Kostenaufhebung zurückgewiesen werden."

Eine Äußerung des Klägers langte nicht ein.

Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Gericht zweiter Instanz aus Anlass der Berufung des Klägers das Ersturteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es sprach aus, dass die Kosten erster und zweiter Instanz gegeneinander aufgehoben werden. Die fristgerecht mittels Telefax eingebrachte Berufung des Klägers sei rechtzeitig, weil der Kläger innerhalb der ihm gesetzten Verbesserungsfrist einen anwaltlich gefertigten Rechtsmittelschriftsatz nachgereicht habe. Auch die Einbringung eines "Bestätigungsschriftsatzes" auf Grund eines Verbesserungsauftrags sei fristwahrend. Allerdings sei aus Anlass der Berufung der Umstand wahrzunehmen, dass die Beklagte seit 6. 3. 2001 im Firmenbuch gemäß § 40 FBG gelöscht sei. Damit sei grundsätzlich die Parteifähigkeit der Beklagten weggefallen, die nur dann weiter bejaht werden könnte, wenn verwertbares Vermögen vorhanden wäre. Dies sei nach der Aktenlage nicht der Fall. Nach der Entscheidung des verstärkten Senats vom 22. 10. 1998, 8 ObA 2344/96f, sei dann, wenn der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens gegen die gelöschte Gesellschaft nicht anstrebe, das Verfahren für nichtig zu erklären und die Klage zurückzuweisen. Der Kläger habe auf die Aufforderung des Berufungsgerichts zur Äußerung, ob er das Verfahren trotz Löschung der Beklagten fortsetzen wolle, nicht reagiert, woraus zu schließen sei, dass er an der Verfahrensfortsetzung kein Interesse mehr habe. Dem Umstand, dass der Kläger Berufung gegen das Ersturteil erhoben habe, komme deshalb keine wesentliche Bedeutung zu, weil der Kläger offensichtlich zu diesem Zeitpunkt von der mittlerweile erfolgten Löschung der Beklagten (noch) keine Kenntnis gehabt habe. Die Verfahrenskosten seien gemäß § 51 Abs 2 ZPO gegeneinander aufzuheben, weil keine der beiden Parteien an der Verfahrensfortführung trotz des gegebenen Nichtigkeitsgrundes ein Verschulden treffe.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs der Beklagten ist berechtigt.

Das Berufungsgericht hat eingangs des angefochtenen Beschlusses zutreffend die Rechtzeitigkeit der Berufung geprüft, weil es die von ihm angenommene Nichtigkeit nur auf Grund eines zulässigen Rechtsmittels wahrnehmen durfte. Die Rekurswerberin zieht insoweit die Ausführungen im angefochtenen Beschluss nicht mehr in Zweifel, sodass es ausreicht, zur zeitlichen Chronologie der Einbringung des Rechtsmittels auf die vom Akteninhalt gedeckte Darstellung im angefochtenen Beschluss zu verweisen. Die in der Berufungsbeantwortung vertretene Ansicht, das Verbesserungsverfahren könne die Rechtfertigung der Telefaxübermittlung "durch eine postalische Nachsendung" nicht ersetzen, wurde vom Gericht zweiter Instanz zu Recht nicht geteilt. Eingaben mittels Telefax sind in analoger Anwendung des § 89 Abs 3 GOG in Verbindung mit § 60 Geo zulässig und fristwahrend, wenn sie durch Beibringung einer gleichlautenden und mit der eigenhändigen Unterschrift des Einschreiters versehenen Ablichtung verbessert werden, weil selbst eine auf dem Telefax aufscheinende fernkopierte Unterschrift dem § 75 Z 3 ZPO nicht entspricht. Es ist daher die Partei, wie in jedem anderen Fall, in dem die Vorschriften der §§ 75 und 77 ZPO nicht beachtet werden, aufzufordern, das Formgebrechen gemäß § 84 Abs 1 ZPO zu beheben. Langt der Schriftsatz mit der eigenhändigen Anwaltsunterschrift innerhalb der gesetzten Frist ein, so ist das Rechtsmittel rechtzeitig, wobei es keinen Unterschied machen kann, ob die Verbesserung (innerhalb angemessener Frist) aus eigenem Antrieb der Partei oder auf Grund eines gerichtlichen Auftrags erfolgte (SZ 72/75; 5 Ob 288/01s).

Die divergente Rechtsprechung zur Frage, ob das einmal eingeleitete Verfahren auch mit einer voll beendeten Gesellschaft ohne Rücksicht darauf, ob noch Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, fortzusetzen sei (1 Ob 551, 552/89 = SZ 62/43 = GesRZ 1990, 153; RIS-Justiz RS0035195) oder ob in diesem Fall während des anhängigen Verfahrens auch das Prozessrechtsverhältnis mit dieser Gesellschaft beendet werde und eine Fortsetzung des Prozesses gegen die untergegangene Gesellschaft nicht möglich sei (8 Ob 652/88 = SZ 62/127 = GesRZ 1990, 156; RIS-Justiz RS0035204), wurde durch die Entscheidung eines verstärkten Senats des Obersten Gerichtshofs vom 22. 10. 1998, 8 ObA 2344/96f = SZ 71/175 = JBl 1999, 126 = RdW 1999, 143 = ecolex 1999, 176 = DRdA 1999, 147 = JBl 1999, 268 (Oberhammer) = GesRZ 1999, 34 (Dellinger) bereinigt.

Der verstärkte Senat vertrat darin in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre zwar die Auffassung, eine voll beendete Gesellschaft des Handelsrechts sei grundsätzlich nicht mehr parteifähig, erachtet es aber mit dem Grundrecht auf ein faires Verfahren nach Art 6 MRK - insbesondere deren Abs 1 Satz 1 - als unvereinbar, dass die beklagte Partei durch rechtliche Änderungen in ihrer Sphäre, auf die der Kläger keinen Einfluss hat und die er auch nicht durchschauen kann, eine Entscheidung über den vom Kläger rite geltend gemachten, mit erheblichem Aufwand an Geld, Zeit und Mühe vor Gericht verfolgten zivilrechtlichen Anspruch vereiteln könnte. Besonders schutzwürdig erscheine der Kläger dann, wenn ihm eine GmbH gegenüberstehe, weil er in diesem Fall der Gefahr des Abhandenkommens des Prozessgegners auch nicht dadurch begegnen könne, dass er daneben die als Gesellschafter persönlich haftenden natürlichen Personen klageweise in Anspruch nimmt. Da der Kläger bei Löschung der beklagten GmbH im Zuge des Prozesses dessen Fortsetzung weder durch Parteiwechsel auf die Gesellschafter noch durch Berufung auf einen möglichen Kostenersatzanspruch der beklagten Gesellschaft erreichen könne und ihm auch die Möglichkeit, im Zwischenverfahren über das Prozesshindernis des Mangels der Parteifähigkeit Vermögen der beklagten Partei zu behaupten und zu beweisen, oder die Löschung der GmbH im Firmenbuch mit Rekurs zu bekämpfen, keine ausreichende Abhilfe biete, andererseits aber aus Art 6 Abs 1 Satz 1 MRK ein Anspruch des Klägers auf Entscheidung über den im eingeleiteten Rechtsstreit geltend gemachten zivilrechtlichen Anspruch abzuleiten sei, bestehe ein Bedürfnis nach einer diesem Rechtsschutzgewährungsanspruch Rechnung tragenden Lösung. Die Möglichkeit eines Rekurses gegen die erfolgte Löschung biete dem Gläubiger kein ausreichendes Gehör. Sei die Entscheidung im Amtslöschungsverfahren ergangen, ohne dass dem Gläubiger ausreichendes Gehör gegeben worden wäre, so verstieße es gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens, in dem der Betroffene seine Rechte effektiv vertreten können müsse, wenn daraus eine Vermutung der Vermögenslosigkeit der GmbH auch gegenüber dem Gläubiger und Kläger in einem anhängigen Zivilprozess abgeleitet und damit sein aus Art 6 MRK abzuleitender Justizgewährungsanspruch auf Entscheidung des rite eingeleiteten Verfahrens erheblich beeinträchtigt würde. Im Falle eines vor Löschung der beklagten GmbH eingeleiteten Zivilprozesses sei daher gegenüber dem Kläger aus dieser Löschung nicht die Vermutung der Vermögenslosigkeit abzuleiten, sondern diesem die Fortsetzung dieses Prozesses ungeachtet der Löschung zuzugestehen, ohne ihn zu einer notwendigerweise "ins Blaue hinein" aufgestellten Behauptung eines Vermögens der Gesellschaft und zu einem Nachweis dieses Vermögens in einem dazu ungeeigneten Zwischenverfahren zu zwingen. Andererseits müsse dem Kläger zugebilligt werden, die aus der Löschung abzuleitende Vermutung der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft auch gegen sich gelten zu lassen und den Prozess nicht fortzusetzen. Man würde das Recht der existenten klagenden Partei auf ein chancengleiches faires Verfahren verletzen, wollte man gegen ihren Willen weitere Kosten verursachende Schritte fordern, wenn feststehe, dass bei einer wegen Vermögenslosigkeit gelöschten rechtsnachfolgelosen Gesellschaft nichts mehr zu holen sei. Von diesem Zeitpunkt an dürften keine neuen Kosten verursacht und der Kläger nicht genötigt werden, den Prozess fortzusetzen. Das österreichische Zivilprozessrecht sehe anders als § 91a dZPO eine Beendigung des Prozessrechtsverhältnises nur durch Klagsrücknahme, Vergleich, Urteil oder Klagszurückweisung vor. Die in den Entscheidungen RZ 1985, 42 und GesRZ 1995, 53 erwähnte Einstellung des Verfahrens bei Unvereinbarkeit der Fortführung des Zivilprozesses mit dem Zweiparteienprinzip sei in der ZPO nicht vorgesehen und verstoße gegen den Justizgewährungsanspruch des Klägers. Werde die Klage nachträglich wegen Wegfalls einer Prozessvoraussetzung unzulässig, so sei die Klage grundsätzlich zurückzuweisen, das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären und seien die Kosten gemäß § 51 Abs 2 ZPO gegenseitig aufzuheben. Durch diese Lösung werde auch die mit dem Grundsatz eines fairen Verfahrens wohl nicht vereinbare Fortsetzung des Prozesses durch die gelöschte beklagte Gesellschaft unter Berufung auf die mittlerweile eingetretene Verjährung und den ihr nunmehr erwachsenden Kostenersatzanspruch verhindert. Die Interessen der gelöschten beklagten Partei erschienen in diesem Zusammenhang nicht schützenswert, weil der Gesellschaft im Löschungsverfahren nach Verständigung gemäß § 18 FBG ausreichend Gelegenheit geboten sei, allfälliges Vermögen zu behaupten und zu bescheinigen und damit die Löschung hintanzuhalten. Der gelöschten Gesellschaft gegenüber sei daher die Vermutung der Vermögenslosigkeit gerechtfertigt. Strebe der Kläger daher nicht die Fortsetzung des Verfahrens gegen die gelöschte Gesellschaft an, so sei die Klage zurückzuweisen und das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären. Sonst sei das Verfahren auf Begehren des Klägers fortzusetzen.

Diese nach dem dort gegebenen Sachverhalt auf die amtswegige Löschung der vermögenslosen Gesellschaft beschränkte Entscheidung des verstärkten Senats wurde in der Folge in 8 Ob 197/02g auch auf jene Fälle ausgedehnt, in denen ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über die beklagte Gesellschaft mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wurde. Es mache keinen wesentlichen Unterschied, ob die Gesellschaft gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht oder gemäß § 39 FBG mit Rechtskraft des Beschlusses, durch den ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wurde, aufgelöst werde. Der Eintragung der Löschung der Firma komme nämlich nur deklarative Bedeutung zu. Die Liquidation der Gesellschaft könne erst dann als beendet angesehen werden, wenn das Gesellschaftsvermögen zur Gänze verteilt sei. Wesentlich sei vielmehr, dass in beiden Fällen die Gesellschaft als aufgelöst gelte und keine Liquidation stattfinde. Es sei daher sachgemäß, dem Kläger in beiden Fällen das Recht zu geben, das Verfahren fortzusetzen, ihn jedoch hiezu nicht zu zwingen. Für die Erwägungen des verstärkten Senats, dem Kläger ein Wahlrecht einzuräumen, sei nämlich entscheidend gewesen, dass einem Kläger, der gegen eine wegen Vermögenslosigkeit gelöschte Gesellschaft einen Prozess führe, zugebilligt werden müsse, sich auf die Vermutung der Vermögenslosigkeit der beklagten Partei zu berufen und daher von der Fortsetzung des für ihn sinnlos gewordenen Prozesses abzustehen. Dies gelte auch für den Fall des § 39 FBG. Es bestehe auf Grund der rechtskräftigen Abweisung des Antrags auf Konkurseröffnung die Vermutung der Vermögenslosigkeit. Zwar könnte eine solche Gesellschaft - anders als im Fall des § 40 FBG - fortgesetzt werden, jedoch nur dann, wenn der Nachweis gelinge, dass nunmehr kein Konkurseröffnungsgrund mehr vorliege. So wie im Fall des § 40 FBG seien auch im Fall des § 39 FBG die Interessen der beklagten Partei in diesem Zusammenhang nicht schützenswert, weil die beklagte Partei die Möglichkeit gehabt habe, die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Konkurses mangels kostendeckenden Vermögens durch Nachweis eines ausreichenden Vermögens zu verhindern bzw unter Bescheinigung neu hervorgekommenen Vermögens neuerlich Konkursantrag zu stellen oder - sollte ein Konkurseröffnungsgrund nicht mehr vorliegen - die Gesellschaft fortzusetzen. Gegenüber der beklagten Partei sei daher auch im Fall des § 39 FBG die Vermutung der Vermögenslosigkeit gerechtfertigt.

Der Wille des Klägers zur Verfahrensfortsetzung gegen die aufgelöste oder gelöschte Gesellschaft muss nicht ausdrücklich erklärt werden. Er kann sich vielmehr auch daraus ergeben, dass der Kläger trotz der ihm bekannten, den Verlust der Parteifähigkeit herbeiführenden Umstände das Verfahren durch Anträge oder Rechtsmittel fortsetzt (1 Ob 70/99x).

Prüft man nun das Verfahren unter letzterem Gesichtspunkt, so zeigt sich, dass die Beklagte erstmals in der Verhandlungstagsatzung vom 24. 9. 1997 (ON 27) vorgebracht hat, ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen sei mangels Deckung der Kosten abgewiesen worden, sie befinde sich nunmehr in Liquidation. Der daraufhin im ersten Rechtsgang ergangene Beschluss des Berufungsgerichts vom 17. 3. 1998 (ON 38), mit dem das Verfahren gegen die übrigen Beklagten wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs beendet und darüber hinaus das Urteil im Verfahren gegen die (nunmehr allein belangte Dritt-)Beklagte aufgehoben wurde, führt im Entscheidungskopf die Beklagte mit dem Zusatz "in Liquidation" an. Diese Bezeichnung der Beklagten wurde auch von deren Geschäftsführerin bei ihrer Vernehmung in der Verhandlungstagsatzung vom 25. 11. 1989 (ON 47, S 2) verwendet. Der Zusatz "in Liquidation" findet sich in der Folge in dem im zweiten Rechtsgang ergangenen Ersturteil, der Berufung des Klägers so wie der das Ersturteil abermals aufhebenden Entscheidung des Berufungsgerichts vom 23. 3. 1999 (ON 54). In der Folge kam es zu mehreren Verhandlungstagsatzungen und sonstigen Verfahrensschritten, in denen der Kläger jeweils Anträge stellte. Die letzte Verhandlungstagsatzung, in der die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, fand am 18. 9. 2001 (ON 78) statt. Das der Klagevertreterin am 7. 11. 2001 zugestellte Urteil bekämpfte diese mit ihrer am 4. 12. 2001 durch Telefax übermittelte Berufung.

Zwar lässt sich aus diesem Verhalten ohne weiteres der auf Verfahrensfortsetzung gerichtete Wille des Klägers ableiten, doch darf dieser Umstand angesichts des zeitlichen Bezugs zur Entscheidung des verstärkten Senats nicht ohne weiteres als Ausübung des dort postulierten Wahlrechts gesehen werden. Der Lösungsansatz des verstärkten Senats war nämlich völlig neu und eigenständig und bislang - soweit überblickbar - weder in der Lehre noch in der Judikatur vertreten worden (vgl Oberhammer, "Amtslöschung einer GmbH im anhängigen Passivprozess - Anmerkungen zur Entscheidung eines verstärkten Senats vom 22. 10. 1998, 8 ObA 2344/96f" JBl 1999, 268). Der Kläger bzw seine Vertreterin durfte vielmehr bis zu dem Zeitpunkt, in der dieser die Entscheidung des verstärkten Senats bekannt geworden sein musste, das Verfahren - etwa in Befolgung jener Judikaturlinie, die den Vermögensverlust der beklagten Gesellschaft für irrelevant ansah -, durchaus fortführen, ohne dass darin bereits die Ausübung eines zumutbarerweise noch gar nicht bekannten Wahlrechts gesehen werden könnte.Zwar lässt sich aus diesem Verhalten ohne weiteres der auf Verfahrensfortsetzung gerichtete Wille des Klägers ableiten, doch darf dieser Umstand angesichts des zeitlichen Bezugs zur Entscheidung des verstärkten Senats nicht ohne weiteres als Ausübung des dort postulierten Wahlrechts gesehen werden. Der Lösungsansatz des verstärkten Senats war nämlich völlig neu und eigenständig und bislang - soweit überblickbar - weder in der Lehre noch in der Judikatur vertreten worden vergleiche Oberhammer, "Amtslöschung einer GmbH im anhängigen Passivprozess - Anmerkungen zur Entscheidung eines verstärkten Senats vom 22. 10. 1998, 8 ObA 2344/96f" JBl 1999, 268). Der Kläger bzw seine Vertreterin durfte vielmehr bis zu dem Zeitpunkt, in der dieser die Entscheidung des verstärkten Senats bekannt geworden sein musste, das Verfahren - etwa in Befolgung jener Judikaturlinie, die den Vermögensverlust der beklagten Gesellschaft für irrelevant ansah -, durchaus fortführen, ohne dass darin bereits die Ausübung eines zumutbarerweise noch gar nicht bekannten Wahlrechts gesehen werden könnte.

Die zitierte Entscheidung des verstärkten Senats 8 ObA 2344/96f wurde in den bereits genannten Medien - ausgenommen die Veröffentlichung in der Sammlung der Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofs in Zivilsachen (SZ) Mitte des Jahres 2000 - in der Zeit von Februar bis April 1999 veröffentlicht. Bei Bedachtnahme auf die der Klagevertreterin zuzurechnende Diligenzpflicht ist daher davon auszugehen, dass ihr das Erkenntnis des verstärkten Senats spätestens in der zweiten Hälfte des Jahres 1999, somit etwa ab Beginn des dritten Rechtsgangs des Verfahrens, bekannt geworden war. Zumindest ab diesem Zeitpunkt ist die Gestion der Klagevertreterin, deren Verhalten sich der Kläger zurechnen lassen muss, unter dem Gesichtspunkt des vom verstärkten Senat dem Kläger eingeräumten Wahlrechts zu beurteilen und kann daher nur im Sinne des Willens zur Verfahrensfortsetzung gedeutet werden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Entscheidung des verstärkten Senats lediglich die Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG (früher § 2 ALöschG) behandelte, weil - wie in der bereits zitierten Entscheidung 8 Ob 197/02g dargelegt - der Fall der Auflösung der Gesellschaft zufolge Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse gemäß § 39 FBG (früher § 1 Abs 1 ALöschG) durchaus gleichgelagert ist. Dies ergibt sich schon aus der Tatsache, dass auch die wegen Vermögenslosigkeit gelöschte Gesellschaft gemäß § 40 Abs 1 zweiter Halbsatz FBG (§ 2 Abs 1, 2. Halbsatz ALöschG) mit ihrer Löschung als aufgelöst gilt, wodurch der Gleichklang mit § 39 Abs 1 FBG hergestellt ist.

Im bereits mehrfach zitierten Erkenntnis des verstärkten Senats wurde die Wahrung des Grundrechts auf ein faires Verfahren nach Art 6 MRK besonders betont. Bedenkt man, dass die Nichtfortsetzung des Verfahrens gegen die vermögenslose beklagte Gesellschaft unter anderem zur gegenseitigen Kostenaufhebung führt, so hieße es, dieses Grundrecht nunmehr zu Lasten der Beklagten zu verletzen, wollte man es dem Belieben des Klägers anheimstellen, in welchem Zeitpunkt er zu erkennen gibt, das Verfahren nicht fortsetzen zu wollen. Schon deshalb hat der Kläger, wird ihm die Tatsache der Auflösung der beklagten Kapitalgesellschaft, einerlei ob nach § 39 FBG oder nach § 40 FBG, im Verfahren bekannt, binnen angemessener Frist dem Gericht bekanntzugeben, dass er von der Verfahrensfortsetzung abstehe, widrigenfalls sein Fortsetzungswille unterstellt wird. Da der Kläger das Verfahren nach Bekanntwerden der Vermögenslosigkeit der beklagten Gesellschaft einerseits und der beschriebenen Judikaturänderung andererseits noch durch mehr als zwei Jahre betrieb, kann er sich nun einer meritorischen Verfahrenserledigung nicht mehr entziehen.

Dem Rekurs ist Folge zu geben.

Infolge des amtswegigen Vorgehens des Berufungsgerichts liegt ein Zwischenstreit nicht vor (vgl M. Bydlinski in Fasching ZPG2 § 48 ZPO Rz 14), weshalb die Kostenentscheidung gemäß § 52 Abs 1 ZPO vorzubehalten ist.Infolge des amtswegigen Vorgehens des Berufungsgerichts liegt ein Zwischenstreit nicht vor vergleiche M. Bydlinski in Fasching ZPG2 § 48 ZPO Rz 14), weshalb die Kostenentscheidung gemäß § 52 Abs 1 ZPO vorzubehalten ist.

Textnummer

E69033

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0010OB00153.02K.0325.000

Im RIS seit

24.04.2003

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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