Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** Verlagsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Karl Haas und andere Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Karl N*****, vertreten durch Dr. Evamaria Sluka-Grabner, Rechtsanwältin in Wiener Neustadt, wegen Unterlassung, Wiederruf und Veröffentlichung des Widerrufs (Streitwert im Sicherungsverfahren 21.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 10. Jänner 2003, GZ 2 R 130/02f-9, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß Paragraphen 78,, 402 EO in Verbindung mit Paragraph 526, Absatz 2, Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. zu § 1 UWG1. zu Paragraph eins, UWG
Politische Parteien werden weder rein privat noch amtlich tätig; daraus folgt aber noch nicht, dass sie im geschäftlichen Verkehr tätig würden. Neben rein privater, amtlicher und geschäftlicher Tätigkeit gibt es den Bereich politischer Tätigkeit, in der ebensowenig wie durch rein private und amtliche Tätigkeit eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt. Soweit politische Parteien daher im Bereich der politischen Auseinandersetzung bleiben, liegt keine zu wirtschaftlichen Zwecken ausgeübte Tätigkeit vor. Das gilt ungeachtet dessen, dass politische Parteien die Interessen bestimmter Bevölkerungsgruppen und damit auch wirtschaftliche Interessen vertreten (SZ 72/201 = EvBl 2000/107 = MR 2000, 107 <Korn> - L-Nachrichten).
Der Beklagte ist Vizebürgermeister und Ortsparteiobmann einer politischen Partei. In diesen Eigenschaft tritt er im Rahmen eines Mitteilungsblatts dieser Partei-Ortsorganisation auf, das über deren politische Arbeit informieren, Projekte vorstellen und die Leistungen ihrer Funktionäre gegenüber denjenigen anderer politischer Parteien herausstreichen soll. Die Äußerung des Beklagten in diesem Blatt ist damit Teil der politischen Auseinandersetzung und somit letztlich im Werben um Wählerstimmen gefallen. Schon deshalb - und nicht wegen eines fehlenden Wettbewerbsverhältnisses - hat das Rekursgerichtes im Ergebnis zutreffend ein Handeln im geschäftlichen Verkehr (§ 1 UWG) verneint.Der Beklagte ist Vizebürgermeister und Ortsparteiobmann einer politischen Partei. In diesen Eigenschaft tritt er im Rahmen eines Mitteilungsblatts dieser Partei-Ortsorganisation auf, das über deren politische Arbeit informieren, Projekte vorstellen und die Leistungen ihrer Funktionäre gegenüber denjenigen anderer politischer Parteien herausstreichen soll. Die Äußerung des Beklagten in diesem Blatt ist damit Teil der politischen Auseinandersetzung und somit letztlich im Werben um Wählerstimmen gefallen. Schon deshalb - und nicht wegen eines fehlenden Wettbewerbsverhältnisses - hat das Rekursgerichtes im Ergebnis zutreffend ein Handeln im geschäftlichen Verkehr (Paragraph eins, UWG) verneint.
2. zu § 1330 ABGB2. zu Paragraph 1330, ABGB
Tatsachen im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB sind Umstände, Ereignisse oder Eigenschaften mit einem greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm anhand bekannter oder zu ermittelnder Umstände auf seine Richtigkeit nachprüfbaren Inhalt (stRsp ua SZ 69/113 = MR 1996, 146 - Giftanschlag; MR 1999, 280 - 200-Millionen-Pleite uva). Bei der Beurteilung der Frage, ob Tatsachen verbreitet wurden oder ein Werturteil vorliegt, kommt es immer auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck an, den die beanstandeten Äußerungen hinterlassen; dabei ist auf das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers, nicht aber auf den subjektiven Willen des Erklärenden abzustellen (SZ 68/97 = MR 1995, 57 - Rösslwirtin; MR 1998, 269 - Schweine-KZ; MR 1998, 328 - Trivial Pursuit uva).Tatsachen im Sinn des Paragraph 1330, Absatz 2, ABGB sind Umstände, Ereignisse oder Eigenschaften mit einem greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm anhand bekannter oder zu ermittelnder Umstände auf seine Richtigkeit nachprüfbaren Inhalt (stRsp ua SZ 69/113 = MR 1996, 146 - Giftanschlag; MR 1999, 280 - 200-Millionen-Pleite uva). Bei der Beurteilung der Frage, ob Tatsachen verbreitet wurden oder ein Werturteil vorliegt, kommt es immer auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck an, den die beanstandeten Äußerungen hinterlassen; dabei ist auf das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers, nicht aber auf den subjektiven Willen des Erklärenden abzustellen (SZ 68/97 = MR 1995, 57 - Rösslwirtin; MR 1998, 269 - Schweine-KZ; MR 1998, 328 - Trivial Pursuit uva).
Bei der Abgrenzung zwischen übler Nachrede und Ehrenbeleidigung einerseits und zulässiger Kritik bzw Werturteil andererseits ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei auf das Recht der freien Meinungsäußerung (Art 10 MRK) Bedacht genommen werden muss (RIS-Justiz RS0031672). Das Recht auf freie Meinungsäußerung umfasst auch das Recht, jene Ideen auszusprechen, die verletzen, schockieren oder beunruhigen; dies verlangen Pluralismus, Toleranz und Weitsichtigkeit, ohne die es keine demokratische Gesellschaft geben kann (EGMR, MR 1986, H 4, 11 ua; RIS-Justiz RS0050067). Bei der vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung kommt es auf die Art des eingeschränkten Rechts, die Schwere des Eingriffs, die Verhältnismäßigkeit zum verfolgten Zweck, den Grad der Schutzwürdigkeit dieses Interesses, aber auch auf den Zweck der Meinungsäußerung an (SZ 61/210; MR 2000, 17 - Hinterbänkler). Von der Rechtsprechung wird insbesondere die Freiheit der politischen Debatte als einer der Pfeiler des Konzepts einer demokratischen Gesellschaft betont (SZ 67/114 ua; RIS-Justiz RS0075552).Bei der Abgrenzung zwischen übler Nachrede und Ehrenbeleidigung einerseits und zulässiger Kritik bzw Werturteil andererseits ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei auf das Recht der freien Meinungsäußerung (Artikel 10, MRK) Bedacht genommen werden muss (RIS-Justiz RS0031672). Das Recht auf freie Meinungsäußerung umfasst auch das Recht, jene Ideen auszusprechen, die verletzen, schockieren oder beunruhigen; dies verlangen Pluralismus, Toleranz und Weitsichtigkeit, ohne die es keine demokratische Gesellschaft geben kann (EGMR, MR 1986, H 4, 11 ua; RIS-Justiz RS0050067). Bei der vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung kommt es auf die Art des eingeschränkten Rechts, die Schwere des Eingriffs, die Verhältnismäßigkeit zum verfolgten Zweck, den Grad der Schutzwürdigkeit dieses Interesses, aber auch auf den Zweck der Meinungsäußerung an (SZ 61/210; MR 2000, 17 - Hinterbänkler). Von der Rechtsprechung wird insbesondere die Freiheit der politischen Debatte als einer der Pfeiler des Konzepts einer demokratischen Gesellschaft betont (SZ 67/114 ua; RIS-Justiz RS0075552).
Das Rekursgericht weicht von dieser Rechtsprechung nicht ab, wenn es die hier beanstandeten, auf die klagende Zeitung bezogenen Äußerungen ("Die schwarze Meinung wird in der NÖN gemacht, die rote Meinung wird totgeschwiegen" und "Die W***** werden - nach "mütterlicher Umarmung" durch die Klägerin - an Schwindsucht sterben") nach dem maßgeblichen Gesamtzusammenhang nicht als Tatsachenbehauptungen, sondern als Werturteile aufgefasst hat, zumal es sich dabei um politisch motivierte Äußerungen handelt, die erkennbar durch das Parteiprogramm jener Partei bestimmt sind, deren Funktionär der Beklagte ist, und politisch verbrämte Äußerungen im Zweifel weniger Tatsachen verbreiten als Wertungen abgebend meinungsbildend sein wollen (SZ 64/182; 6 Ob 2060/96a).
Eine zur Wahrung der Rechtssicherheit durch Sachentscheidung zu korrigierende grobe Fehlbeurteilung liegt nicht vor.
Textnummer
E69135European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0040OB00052.03F.0325.000Im RIS seit
24.04.2003Zuletzt aktualisiert am
17.09.2012