TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/19 2004/15/0042

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Veröffentlicht am 19.04.2007
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §303 Abs4;
EStG 1988 §27 Abs1 Z1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des H W in S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 28. Jänner 2004, Zl. RV/831-S/02, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 1991 bis 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war im Streitzeitraum 1991 bis 1993 zu 50 % an der W. GmbH beteiligt und deren Geschäftsführer. Die W. GmbH betrieb einen Nachtklub mit Separees.

Im Gefolge einer im Zuge eines gegen den Beschwerdeführer durchgeführten gerichtlichen Finanzstrafverfahrens bei der W. GmbH durchgeführten Hausdurchsuchung und einer anschließenden abgabenbehördlichen Prüfung bei der W. GmbH schrieb die belangte Behörde mit Bescheid vom 28. Jänner 2004 der W. GmbH im Instanzenzug u.a. Körperschaftsteuer für die Streitjahre vor und zog sie zur Haftung für Kapitalertragsteuer heran. Zufolge von Umsatzzuschätzungen gelangte die belangte Behörde zu verdeckten Ausschüttungen der W. GmbH, welche deren Gesellschaftern zugeflossen seien. Eine Beschwerde der W. GmbH gegen diesen Bescheid hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag, 2004/15/0037, als unbegründet abgewiesen. Zur näheren Darstellung des zu Grunde liegenden Sachverhaltes wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.

Mit Bescheiden vom 27. Februar 2002 nahm das Finanzamt das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer des Beschwerdeführers für die Streitjahre wieder auf und setzte die Einkommensteuer neu fest. Das Finanzamt verwies auf den Bericht über die abgabenbehördliche Prüfung bei der W. GmbH und betrachtete die Hälfte der verdeckten Ausschüttungen der W. GmbH als in den Streitjahren dem Beschwerdeführer zugeflossen. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer rechnete das Finanzamt die Kapitalertragsteuer ab, welche auf diese dem Beschwerdeführer zugeflossenen verdeckten Ausschüttungen entfiel und zu welcher das Finanzamt die W. GmbH zur Haftung herangezogen hatte.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit der Begründung, die Gewinnzuschätzung bei der W. GmbH stehe "weit außerhalb der Realität". Im Übrigen verwies er auf die Berufung der W. GmbH gegen "diese Bescheide".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung betreffend Wiederaufnahme als unbegründet ab.

Der Beschwerdeführer sei im Streitzeitraum zu 50 % an der W. GmbH beteiligt gewesen, welche einen Nachtklub betrieben habe. Gleichzeitig sei er in diesem Zeitraum deren Geschäftsführer gewesen. Das Finanzamt habe im Zuge einer bei der W. GmbH durchgeführten Betriebsprüfung erhebliche Mehrbeträge festgestellt, welche es dem Beschwerdeführer nach Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechend dem dargestellten Beteiligungsverhältnis als verdeckte Ausschüttung zugerechnet habe. Im Rahmen des Berichtes vom 28. Dezember 2001 hätten die Prüfer als Begründung für die Wiederaufnahme auf die Tz 18 ff verwiesen, welchen zahlreiche neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel entnommen werden könnten. So seien etwa Tagesabrechnungen, somit aufzubewahrende Grundaufzeichnungen, aus denen Gesamtumsatz, Zimmererlöse, Zahlungsart (Kreditkarten oder bar) oder an "die Mädchen" ausbezahlte Beträge erkennbar gewesen wären - sehe man vom Zeitraum 31. Juli bis 18. August 1997 ab - stets vernichtet worden. Anstelle der tatsächlich erzielten Getränkeumsätze habe die W. GmbH dem Finanzamt fiktive, aus den Einkaufsrechnungen errechnete Umsätze bekannt gegeben. Weiters sei festgestellt worden, dass Umsätze, welche im Zeitraum 1991 bis 1997 über Kreditkarten abgewickelt worden seien, in das Rechenwerk der W. GmbH nicht aufgenommen, sondern einem anonymen Sparbuch gutgeschrieben worden seien. Dies sei in einer Niederschrift mit dem Beschwerdeführer vom 18. August 1998 im Übrigen auch "als richtig" eingestanden worden. Zudem habe die W. GmbH die an die Prostituierten ausbezahlten Beträge als "Durchläufer" behandelt und der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer nicht hinzugerechnet. Die belangte Behörde teile die Schlussfolgerungen des Prüfers im erwähnten Bericht, dass der Beschwerdeführer seit Gründung der W. GmbH als Gesellschafter und Geschäftsführer entsprechenden Einfluss auf die Geschäfte des Bordellbetriebes habe nehmen und an den erwirtschafteten Gewinnen partizipieren können. Unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit führe die belangte Behörde ins Treffen, dass es im öffentlichen Interesse an der richtigen und gleichmäßigen Erhebung der Abgaben liege, materiell unrichtige durch materiell richtige Abgabenbescheide zu ersetzen. Der Beschwerdeführer habe keine Umstände vorgebracht, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens unbillig erscheinen ließen, auch der Akteninhalt biete keine diesbezüglichen Anhaltspunkte, weshalb die belangte Behörde die Ermessensentscheidung des Finanzamtes für rechtens ansehe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Den Feststellungen der belangten Behörde, bei der erwähnten abgabenbehördlichen Prüfung bei der W. GmbH seien neue Tatsachen hervorgekommen, insbesondere verdeckte Gewinnausschüttungen an den Beschwerdeführer, tritt der Beschwerdeführer nicht konkret entgegen.

Mit der bloßen Behauptung, die Wiederaufnahme sei nicht zulässig, weil keine Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen seien, die im Verfahren nicht "geltend gemacht" worden wären, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass die belangte Behörde nicht vom Vorliegen verdeckter Ausschüttungen hätte ausgehen dürfen. Ebenso bleibt der allgemeine Vorwurf ohne Erfolg, es seien nicht "materiell unrichtige Abgabenbescheide erlassen" worden, weshalb diese auch nicht durch "materiellrechtliche richtige Bescheide zu ersetzen" gewesen seien, wenn "diese darüber hinaus auf einer nicht den Tatsachen gegebenen Schätzung beruhen". Mit diesem unsubstanziierten Vorbringen legt der Beschwerdeführer nicht dar, worin konkret die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen sollte. Im Übrigen wird betreffend die verdeckte Ausschüttung der W. GmbH auf das erwähnte hg. Erkenntnis vom heutigen Tag verwiesen.

Soweit der Beschwerdeführer die Ausübung des Ermessens bekämpft, erschöpft er sich im allgemeinen Vorwurf, die belangte Behörde sei in ihrer Auffassung, das Finanzamt habe das Ermessen rechtens ausgeübt, "über die tatsächlichen Inhalte und gesetzlichen Erfordernisse hinweggegangen". Auch damit legt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dar.

Mit dem sprachlich unverständlichen Satz "der Beschwerdeführer war über den gesamten steuerlichen Zeitraum - wie er in gegenständlichem Beschwerdeverfahren zu behandeln, aber auch in weiterer Folge steuerlich vertreten - und hat die entsprechenden, von diesen geprüften Fachberatern angeratenen Aufzeichnungen geführt und buchhalterisch aufgenommen und die steuerliche Beurteilung dem zuständigen Finanzamt in Vorlage gebracht" zeigt der Beschwerdeführer schließlich ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. April 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004150042.X00

Im RIS seit

04.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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