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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §124b Z53 idF 2000/I/142;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des KP in F, vertreten durch Dr. Pfeifer, Dr. Keckeis, Dr. Fiel OEG, Rechtsanwälte in 6832 Sulz, Müsinenstraße 31, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom 21. Dezember 2004, GZ. RV/0044-F/03, betreffend Einkommensteuer 2001, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war bis 31. August 2001 als Grenzgänger in der Schweiz bei der W-AG beschäftigt. Die Beendigung dieses Dienstverhältnisses erfolgte wegen der Aufnahme einer Tätigkeit in Österreich. Infolge Beendigung des Dienstverhältnisses in der Schweiz und dem damit verbundenen "endgültigen Verlassen der Schweiz" wurde das dem Beschwerdeführer im Rahmen seiner Grenzgängertätigkeit bei der betrieblichen Pensionskasse seines Dienstgebers erworbene Altersguthaben ausbezahlt.
Strittig ist, ob dieser Betrag - nach Auffassung des Beschwerdeführers - nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 oder wie die belangte Behörde und das Finanzamt meinen, nach "§ 67 Abs. 8 lit. e i.V.m. § 124b Z. 53 EStG 1988" zu versteuern ist.
Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dazu im Erwägungsteil ausgeführt, die begünstigte Besteuerung nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 erfasse nur solche Bezüge, deren unmittelbare Ursache die Beendigung des Dienstverhältnisses sei; sie müssten für die Beendigung typisch sein.
Die berufliche bzw. betriebliche Vorsorge in der Schweiz sei weitgehend gesetzlich geregelt. Gemäß dem Schweizer Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge würden für jeden Versicherten jährliche Altersgutschriften vorgenommen, die dem Aufbau des Altersguthabens dienten. Nach Vollendung des 65. Lebensjahres (Männer) bzw. des 62. Lebensjahres (Frauen) werde eine Altersrente ausgerichtet. Auf Wunsch des Versicherten werde, sofern das Reglement der Pensionskasse dies vorsehe, das Altersguthaben als Kapital ausbezahlt. Neben der Altersvorsorge erbringe die berufliche Vorsorge auch Leistungen für die Risken "Tod" und "Invalidität". Das Gesetz sehe auch volle Freizügigkeit bei Dienstaustritt vor. Das Altersguthaben werde auf die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers übertragen, oder, falls dies nicht möglich sei, in eine Freizügigkeitspolice oder in ein Freizügigkeitskonto eingebracht. Eine Barauszahlung sei bei Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit, beim endgültigen Verlassen der Schweiz oder bei Geringfügigkeit möglich. Das Freizügigkeitsguthaben könne maximal fünf Jahre vor oder spätestens fünf Jahre nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters bezogen werden. Die seit dem 1. Jänner 1995 in Kraft stehende Verordnung über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge schaffe die Möglichkeit, Vorsorgegelder oder auch nur Vorsorgeansprüche aus dem gesamten Bereich der beruflichen Vorsorge für die Finanzierung von selbst genutztem Wohneigentum zu verwenden. Die Pensionskassenansprüche könnten auch als Sicherheit für Hypothekargläubiger eingesetzt werden, indem die Ansprüche auf Vorsorgeleistungen oder einen Betrag bis zur Höhe der Freizügigkeitsleistung verpfändet werden. Im Falle der Pfandverwertung wirke dies wie ein Vorbezug. Das Vorsorgeguthaben könne bis zum 50. Lebensjahr bis zur Höhe der Freizügigkeitsleistung in bar bezogen oder verpfändet werden. Ab dem 50. Lebensjahr könne das Vorsorgeguthaben nur bis zu einem bestimmten Betrag vorbezogen oder verpfändet werden.
Daraus sei erkennbar, dass eine Pensionsabfindung, welche anlässlich des Austrittes bezahlt werde, nicht als unmittelbar durch die Beendigung des Dienstverhältnisses veranlasst anzusehen sei. Die Pensionskassenauszahlung könne während des aufrechten Dienstverhältnisses, bei Beendigung des Dienstverhältnisses und zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Dementsprechend könne die Pensionskassenauszahlung bei aufrechtem Dienstverhältnis bei Bedarf früher gewährt werden. Die Pensionskassenauszahlung könne z. B. bis zum Erreichen des 50. Lebensjahres bei aufrechtem Dienstverhältnis in gleicher Höhe erfolgen, wie bei Beendigung des Dienstverhältnisses vor Erreichen des 50. Lebensjahres. Ebenso sei es aber möglich, das Pensionsguthaben erst nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters zu beziehen. Die Pensionskassenauszahlung stehe grundsätzlich unabhängig von der Beendigung des Dienstverhältnisses zu.
Für den Beschwerdefall bedeute dies, dass das anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausbezahlte Pensionskassenguthaben nicht als unmittelbar durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst anzusehen sei und daher keinen begünstigten beendigungskausalen Bezug darstelle. Der Anspruch auf das Pensionskassenguthaben entstehe unabhängig von der Beendigung des Dienstverhältnisses. Da Pensionskassenauszahlungen nicht nur im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses vereinbart werden könnten, könne nicht davon gesprochen werden, dass Pensionskassenauszahlungen typischerweise nur bei Beendigung des Dienstverhältnisses anfielen. Im vorliegenden Fall stünde die Pensionskassenauszahlung des Beschwerdeführers unabhängig von der Beendigung des Dienstverhältnisses zu; nur der Stichtag der Auszahlung sei auf den Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses gelegt worden. Hätte der Beschwerdeführer z.B. seine Vorsorgegelder oder auch nur Vorsorgeansprüche für die Finanzierung von selbst benutztem Wohneigentum oder zur Abdeckung von Hypothekarverbindlichkeiten verwendet, so wären diese zweifelsfrei nicht nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 zu versteuern.
Dem Hinweis des Beschwerdeführers auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 2001, 2001/14/0130, sei zu entgegnen, dass dieses Erkenntnis zur Gesetzeslage vor dem Budgetbegleitgesetz 2001 ergangen sei. Andererseits habe sich der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis nicht konkret mit der Frage beschäftigt, ob eine Pensionsablöse den Tatbestand des § 67 Abs. 6 EStG 1988 erfülle oder nicht. Vielmehr habe er sich mit der Frage auseinander gesetzt, ob eine mit dem Hälftesteuersatz begünstigt zu versteuernde Pensionsabfindung im Sinn des § 67 Abs. 8 lit. b leg. cit. angenommen werden könne oder nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wiederholt seinen im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunkt, die Pensionsabfindung habe er wegen Beendigung seines Grenzgängerdienstverhältnisses und des endgültigen Verlassens der Schweiz erhalten; sie sei daher durch diese Umstände unmittelbar verursacht und entgegen der Auffassung der belangten Behörde typischerweise als durch die Beendigung des Dienstverhältnisses veranlasst anzusehen. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 27. November 2001, 2001/14/0130, die Auffassung vertreten, dass Pensionsablösen, die bei Beendigung des Dienstverhältnisses vor Entstehen des Pensionsanspruches geleistet werden, gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 zu versteuern seien. Diese Bestimmung habe auch im Streitjahr Anwendung zu finden.
§ 67 EStG 1988 sieht für sonstige Bezüge eine begünstigte Besteuerung vor. Abs. 6 dieser Bestimmung erfasst sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung von Dienstverhältnissen anfallen (wie z. B. freiwillige Abfertigungen und Abfindungen).
Die Besteuerung der Pensionsabfindungen findet jedoch ab 2001 in den Bestimmungen des § 67 Abs. 8 lit. e bzw. im § 124b Z. 53 eine spezielle Regelung.
Mit dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, wurden die Abs. 8 und 10 neu gefasst und in diesem Zusammenhang dem § 124b die Z. 53 angefügt; diese Bestimmungen lauten auszugsweise:
"(8) Für die nachstehend angeführten sonstigen Bezüge gilt Folgendes:
...
e) Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 1 des Pensionskassengesetzes nicht übersteigt, sind mit der Hälfte des Steuersatzes zu versteuern, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt."
"(10) Sonstige Bezüge, die nicht unter Abs. 1 bis 8 fallen, sind wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Diese Bezüge erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß Abs. 2."
"53. Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, sind gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beträge im Sinne des § 62 Z. 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen."
Mit dem Bundesgesetz vom 29. März 2002, BGBl. I Nr. 54/2002, wurde in § 124b Z. 53 folgender Satz angefügt:
"Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Fahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen."
Auf Pensionsabfindungen waren bis zum Budgetbegleitgesetz 2001 primär § 67 Abs. 6 und subsidiär § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2001, 98/14/0176). Mit Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes 2001 wurde für Pensionsabfindungen im Allgemeinen eine Übergangsregelung für das Jahr 2001 mit § 124b Z. 53 EStG 1988 getroffen, und mit Wirkung ab 2002 als Dauerrecht § 67 Abs. 10 EStG 1988 eingerichtet. Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 54/2002 wurde für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen ab 2001 die - von den Behörden des Verwaltungsverfahrens zutreffend angewendete - Bestimmung des § 124b Z. 53 letzter Satz EStG 1988 eingefügt. Diese ab dem Jahr 2001 anzuwendende Regelung enthält keinen Hinweis darauf, dass solche Pensionsabfindungen primär nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 zu versteuern wären. Die Formulierung, "soweit sie nicht nach Abs. 6 mit den Steuersätzen des Abs. 1 zu versteuern sind," in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988, findet sich in der neuen Regelung nicht mehr. Die vom Beschwerdeführer angestrebte Behandlung dieser Zahlungen als sonstige Bezüge im Sinn des § 67 Abs. 6 EStG 1988 scheidet damit aus. Da der Beschwerdeführer die Zahlung einer Pensionsabfindung, deren Barwert den im § 124b Z. 53 EStG 1988 genannten Betrag übersteigt, behauptete, hat die belangte Behörde zutreffend die Besteuerung dieses Betrages nach dieser Bestimmung vorgenommen. Dass ihr hiebei ein Fehler unterlaufen wäre, behauptet die Beschwerde nicht.
Der Hinweis des Beschwerdeführers, dass § 67 Abs. 6 EStG 1988 in diesem Zusammenhang durch das Budgetbegleitgesetz 2001 keine Änderung erfahren habe und daher die in Rede stehende Zahlung nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 zu versteuern wäre, verkennt die für das Streitjahr geltende neue Regelung für Pensionsabfindungen. Die belangte Behörde hat daher auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Berufung des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom 27. November 2001, 2001/14/0130, schon deshalb fehlgeht, weil dieses Erkenntnis zu einer anderen Rechtslage ergangen ist.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 19. April 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005150010.X00Im RIS seit
18.05.2007