TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/23 2004/10/0030

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.04.2007
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
72/02 Studienrecht allgemein;

Norm

ABGB §2;
UniStG 1997 §69 Abs1 Z3;
UniStG 1997 §69 Abs2 Z3;
UniStG 1997 §69 Abs2;
VStG §19 Abs1;
VStG §19 Abs2;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Köhler und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der BB in W, vertreten durch Mag. Jürgen Payer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 15. Dezember 2003, Zl. UVS- 06/29/5586/2002/15/Mil, betreffend Übertretung des Universitäts-Studiengesetzes 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin wurde mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 3. Juni 2002 schuldig gesprochen, sie habe es zu verantworten, dass sie im Zeitraum vom 5. November 2001 bis zum 4. Februar 2002 in Wien vorsätzlich und ohne dazu berechtigt zu sein den akademischen Grad "Dr." geführt habe, indem sie zum Beispiel seit 5. November 2001 in der Personalkartei der Firma M unter dem Namen Dr. B geführt werde, in der vom 4. Februar 2002 datierten Drittschuldnererklärung der Firma M ausdrücklich unter dieser Bezeichnung genannt werde und am 4. Dezember 2001 bei einer Niederschrift beim Finanzamt Großbetriebsprüfung Wien, Vordere Zollamtsstraße 3, 1031 Wien, über ihre Vernehmung als Beschuldigte im gerichtlichen Strafverfahren zur Zahl x, Landesgericht für Strafsachen, befragt zu ihren persönlichen Daten einen Doktortitel geführt habe. Sie habe dadurch § 69 Abs. 1 Z 3 Universitäts-Studiengesetz 1997 (in der Folge: UniStG 1997) verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über sie gemäß § 69 Abs. 1 UniStG 1997 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 4.550,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Wochen) verhängt.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, in der sie sich im Wesentlichen darauf berief, dass sie kein Verschulden treffe, da sie sich vor Studienbeginn bei der Freien Universität Teufen erkundigt habe und man ihr dort erklärt habe, dass sie berechtigt sei, den dort erworbenen Titel in der Schweiz und in Österreich sowie in Europa zu führen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.

Die belangte Behörde führte aus, dass der im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses umschriebene Sachverhalt von der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden sei. Es sei eine Drittschuldnererklärung der Firma M aktenkundig, auf der die Beschwerdeführerin als "B.B. R. Dr." angeführt sei, weiters eine Niederschrift des Finanzamtes - Großbetriebsprüfung Wien im Namen und Auftrag des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 4. Dezember 2001, in der die Beschwerdeführerin als Beschuldigte mit Vor- und Zunamen: "B. B. Dr." angeführt sei. Diese Niederschrift sei augenscheinlich auch von der Beschwerdeführerin unterfertigt worden.

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung wegen des gegenständlichen Tatvorwurfs habe sich die Beschwerdeführerin schon in erster Instanz ausschließlich zur subjektiven Tatseite geäußert. Sie habe an der Freien Universität Teufen in der Schweiz eine Dissertation eingereicht, diese betreffe die Thematik "Frau in der Wirtschaft und Kräuterheilkunde". Laut Mitteilung der Freien Universität Teufen habe diese den Status einer Fernuniversität und habe diese ihr den akademischen Grad "Dr. der Wirtschaftswissenschaften, Dr. rer. oec." verliehen. Der Rechtfertigung liege eine an die Beschwerdeführerin gerichtete und mit 27. Oktober 1994 datierte Urkunde mit dem Briefkopf "Freie Universität Teufen Schweiz" bei, wonach der Beschwerdeführerin zur Erreichung ihres Studienziels gratuliert und ihr mitgeteilt werde, dass die eingereichte Dissertation von Dozenten der genannten Universität begutachtet worden sei und den gestellten Anforderungen entspräche. Es würde der Beschwerdeführerin daher auf Grund dieser Arbeit der akademische Grad "Doktor der Wirtschafts-Wissenschaften (Dr. rer. oec.)" verliehen. Da die Einrichtung dem Status einer Fernuniversität gleichgesetzt und sehr praxisorientiert sei, würde auf die Disputation verzichtet.

Seitens der Behörde erster Instanz sei eine fachliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur eingeholt worden. Das Ministerium habe mit Schreiben vom 21. März 2002 mitgeteilt, dass es sich bei der sogenannten "Freien Universität Teufen" (Schweiz) um keine von der Schweiz anerkannte Hochschule oder Bildungseinrichtung handle. Die genannte Institution stehe im Verdacht, mit Titeln und sogenannten "akademischen Graden", die weder in der Schweiz noch in anderen Staaten in irgendeiner Form anerkannt seien, zu handeln. Die sogenannte "Freie Universität Teufen" sei somit keine anerkannte ausländische Hochschule oder sonstige Bildungseinrichtung im Sinne der österreichischen Rechtsvorschriften. Aus den genannten Gründen sei auch keine Anerkennung von "Zeugnissen", "Graden" oder sonstigen Qualifikationen dieser Institution für ein österreichisches Universitätsstudium möglich.

Von diesem Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt habe der damalige Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin für diese vorgebracht, dass sich die Stellungnahme des Bundesministeriums nur auf die objektive Tatseite beziehe, jedoch die subjektive Tatseite zu prüfen sei. Die Freie Universität Teufen in der Schweiz habe auf die Beschwerdeführerin einen seriösen und kompetenten Eindruck gemacht und ihr mitgeteilt, den Titel auch in Österreich führen zu können. Die Beschwerdeführerin habe keinen Anlass gehabt, an der Integrität der Freien Universität Teufen zu zweifeln. Bezüglich des - schon in erster Instanz geäußerten - Vorbringens, es sei auch ein Verfahren wegen eines gleichartigen Sachverhalts bei der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg anhängig, sei von dort der entsprechende Verwaltungsstrafakt (in Kopie) beigeschafft worden. Daraus ergebe sich, dass dort das Führen des akademischen Grades "Dr." durch die Beschwerdeführerin in einem in erster Instanz vor dem Bezirksgericht Mattersburg anhängigen Strafverfahren verfahrensgegenständlich gewesen sei.

Aus der unbedenklichen Stellungnahme des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, der auch die Beschwerdeführerin inhaltlich nicht entgegen getreten sei, ergebe sich, dass die Freie Universität Teufen keine in der Schweiz anerkannte postsekundäre Bildungseinrichtung sei. Die Beschwerdeführerin sei daher objektiv nicht berechtigt, den ihr von der Freien Universität Teufen verliehenen Grad/Titel "Dr. der Wirtschaftswissenschaften" (in Österreich) zu führen. Der objektive Tatbestand der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Verwaltungsübertretung sei daher - was auch von der Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren nie bestritten worden sei - erfüllt.

Bezüglich des von der Beschwerdeführerin in Frage gestellten Verschuldens ergebe sich:

Die Beschwerdeführerin habe im Verfahren immer wieder darauf verwiesen, sich bei jener Einrichtung, bei welcher sie den (in der Folge unberechtigt geführten) Doktortitel erworben habe, erkundigt zu haben, ob sie diese Bezeichnung auch in Österreich führen dürfe. Dies wäre seitens der Einrichtung bejaht worden. Die Beschwerdeführerin habe keinen Anlass gehabt, an der Richtigkeit dieser Auskunft zu zweifeln.

Hiezu falle zunächst auf, dass die Beschwerdeführerin Zweifel an der Berechtigung, den bei der Freien Universität Teufen in der Schweiz erworbenen Titel als akademischen Grad zu führen, offenbar sehr wohl gehegt habe, zumal sie sich offenkundig extra danach erkundigt habe, ob sie auch berechtigt wäre, den dort erworbenen Titel zu führen. Ein derartiges Auskunftsbegehren scheine nur dann schlüssig, wenn - auf Grund welcher Anhaltspunkte auch immer - Zweifel an der Berechtigung bestünden. Diese Bedenken mögen von der in Frage stehenden staatlichen Anerkennung der betreffenden Einrichtung oder der einem Universitätsstudium (sei es in qualitativer oder in quantitativer Hinsicht) augenscheinlich nicht vergleichbaren Studieninhalte beziehungsweise auch in Relation zur Höhe der an die Einrichtung als Gegenleistung zu entrichtenden Entgelte herrühren.

Inwiefern sich die Beschwerdeführerin nicht veranlasst gesehen hätte, an der Richtigkeit der Auskunft zu zweifeln, erscheine nicht nachvollziehbar und könne dies auch nicht mit der allgemein anerkannten Qualität des Schweizer Bildungssystems "als Ganzes" erklärt werden. Wenn die Beschwerdeführerin an einer privaten Einrichtung im Ausland einen mit nicht unbeträchtlichen Kosten verbundenen Ausbildungslehrgang absolviere, wäre es, um festzustellen, ob der Abschluss desselben zu einem auch in Österreich anerkannten akademischen Grad führe, nicht nur die praktisch zur Erlangung einer rechtlich fundierten unabhängigen Information zielführendste, sondern auch die rechtlich gebotene Vorgangsweise gewesen, eine Auskunft bei der hiefür in Österreich zuständigen Behörde einzuholen, nämlich dem damaligen Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, und nicht bei jener Einrichtung im Ausland, welche diese Ausbildungslehrgänge anbiete und nicht daran interessiert sein könne, potenziellen Kunden zu erklären, dass die dort erworbenen Titel weder in der Schweiz noch in Österreich oder sonst in Europa als akademische Grade anerkannt würden. Mit einer Anfrage beim zuständigen Bundesministerium hätte sich also die Beschwerdeführerin unschwer und binnen kürzester Frist Klarheit über die Rechtslage verschaffen können. Dies habe die Beschwerdeführerin offenkundig verabsäumt. Es sei im gesamten Verfahren nie ein solches Bemühen der Beschwerdeführerin behauptet worden. Davon ausgehend, erscheine es vielmehr durchaus naheliegend, dass die Beschwerdeführerin an einer Klärung der Rechtslage gar nicht ernsthaft interessiert gewesen sei.

Dass sie auf dieser Basis im Sinne des Tatvorwurfes vorsätzlich gehandelt habe, sei dem Vorbringen der Beschwerdeführerin schlüssig zu entnehmen. Danach habe sie nach Erhalt der Auskunft der Freien Universität Teufen, zur Führung des dort erworbenen Titels berechtigt zu sein, diesen Titel willentlich im Rechtsverkehr geführt und sich ganz offenkundig zumindest damit abgefunden, dadurch einen tatbestandsmäßigen Sachverhalt zu verwirklichen.

Die Beschwerdeführerin könne nicht mit Erfolg einen schuldbefreienden Rechtsirrtum geltend machen, zumal ihr Irrtum über die Berechtigung, den ihr von der Freien Universität Teufen verliehenen Titel zu führen, jedenfalls vorwerfbar sei. Sie habe doch, wie oben dargelegt, geeignete Erkundigungen (nämlich bei der zuständigen österreichischen Behörde) über die Rechtslage schuldhaft unterlassen. Sie habe daher - selbst bei Vorliegen des ins Treffen geführten Irrtums über das Bestehen der Berechtigung - für vorsätzliches Handeln einzustehen. Ein verschuldeter, d.h. fahrlässiger Rechtsirrtum schließe nämlich Vorsatz nicht aus.

Zum Einwand der Beschwerdeführerin, wonach es sich bei gegenständlicher Verwaltungsübertretung um ein Dauerdelikt handle, sei auszuführen, dass tatbestandsmäßige Einzeltathandlungen, welche im Führen eines akademischen Grades bestünden, zu einer Einheit zusammenzufassen seien. Es handle sich diesbezüglich nicht um ein Dauerdelikt, sondern um ein fortgesetztes Delikt. Dies unter der Voraussetzung, dass diese - im gegenständlichen Fall von einem einheitlichen Vorsatz umfassten - Einzelhandlungen in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang stehen würden und von der Begehungsform her gleichartig seien.

Mit dem Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien sei auch eine Mehrheit von in zeitlichem Naheverhältnis stehenden, tatbestandsmäßigen Handlungen zusammengefasst und mit einer Strafe belegt worden, welche in einen räumlichen Zusammenhang gestellt, in ihrer Gesamtheit das unberechtigte Führen des akademischen Grades "Doktor" im Bundesland Wien beträfen.

Ein solcher Zusammenhang fehle hingegen, wenn die Beschwerdeführerin einen Monat zuvor (auch) bei einer Zeugenaussage vor Gericht im Burgenland den akademischen Grad "Doktor" geführt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 69 Universitäts-Studiengesetz 1997, BGBl. I Nr. 48/1997 idF

BGBl. I Nr. 131/1998, lautete auszugsweise:

"Strafbestimmungen

§ 69. (1) Wer vorsätzlich

(...)

3. eine den inländischen oder ausländischen akademischen Graden oder Titeln gleiche oder ähnliche Bezeichnung

unberechtigt verleiht, vermittelt oder führt, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 700 bis 14 000 Euro zu bestrafen ist, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

(2) Unberechtigt ist die Verleihung, Vermittlung oder Führung insbesondere dann, wenn der akademische Grad oder die gleiche oder ähnliche Bezeichnung

1. von einer Einrichtung stammt, die einer postsekundären Bildungseinrichtung nicht gleichrangig ist,

2. von einer Einrichtung stammt, die vom Sitzstaat nicht als postsekundäre Bildungseinrichtung anerkannt ist,

3. nicht auf Grund entsprechender Studien- und Prüfungsleistungen oder wissenschaftlicher Leistungen erworben oder

4. nicht auf Grund des wegen wissenschaftlicher Leistungen hohen Ansehens in Fachkreisen oder wegen hervorragender Verdienste für die wissenschaftlichen oder kulturellen Aufgaben der postsekundären Bildungseinrichtung ehrenhalber verliehen wurde."

Die Beschwerdeführerin wendet sich insbesondere gegen die Annahme der belangten Behörde, dass sie vorsätzliches Handeln zu verantworten habe. Allenfalls könne ihr fahrlässiges Handeln angelastet werden, jedoch habe sie es nicht ernstlich für möglich gehalten und sich nicht damit abgefunden, einen gesetzlichen Tatbestand zu verwirklichen. Dies zeige der Umstand, dass sie bei der zuständigen Stelle in der Schweiz Informationen eingeholt habe.

Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Nach der hg. Rechtsprechung schließt ein verschuldeter Rechtsirrtum den Vorsatz nicht aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002, Zl. 98/21/0267, mit weiteren Nachweisen).

Das Einholen von Informationen gerade bei jener Einrichtung, an der der Titel erworben werden soll, kann die Beschwerdeführerin nicht entlasten. Wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, waren unter den von ihr hervorgehobenen Umständen des Beschwerdefalles Zweifel an der Objektivität der Auskunft der den Titel vergebenden Einrichtung, die ein wirtschaftliches Interesse verfolgt, angebracht. Auf Grund ihrer nicht unbegründeten Bedenken wäre die Beschwerdeführerin verpflichtet gewesen, wenn schon nicht bei der zuständigen (österreichischen) Behörde, so bei einer unabhängigen, fachlich kompetenten Stelle eine verlässliche Auskunft einzuholen (vgl. zum Erfordernis von geeigneten Erkundigungen zum Ausschluss des Verschuldens die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, E 244b zu § 5 VStG, zitierte Rechtsprechung und weiters die hg. Erkenntnisse vom 30. November 1981, Zl. 81/17/0126, oder vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/17/0195).

Es wäre der Beschwerdeführerin leicht möglich gewesen festzustellen, dass der in Rede stehende Titel von einer Einrichtung stammt, die vom Sitzstaat nicht als postsekundäre Einrichtung anerkannt ist (vgl. § 69 Abs. 2 Z 3 UniStG 1997). Der Hinweis der Beschwerde, dass sich die Beschwerdeführerin auf die Auskunft einer "Schweizer Bildungseinrichtung" hätte verlassen können, geht somit schon deshalb ins Leere, weil die gegenständliche "Universität" keine nach Schweizer Recht anerkannte Einrichtung ist. Es ist daher auch unzutreffend, dass sich die Beschwerdeführerin bei der "zuständigen Stelle" erkundigt habe.

Daher gehen auch die Ausführungen zu den der belangten Behörde angeblich unterlaufenen Verfahrensfehlern ins Leere, weil - wie dargelegt - der Umstand, dass sich die Beschwerdeführerin bei der Freien Universität Teufen erkundigt haben soll, nicht zu ihren Gunsten spricht. Selbst wenn sie dort die Auskunft erhalten haben sollte, dass sie zur Führung des gegenständlichen Titels berechtigt sei, könnte sie das nicht entlasten. Weitere Ermittlungen der Behörde in diese Richtung hätten nicht zu einem für die Beschwerdeführerin günstigeren Ergebnis führen können.

Im Rahmen des Beschwerdepunktes, nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bestraft zu werden, ist aber folgende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides von Amts wegen aufzugreifen:

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid, der insofern mit dem angefochtenen Bescheid (auch hinsichtlich der Strafhöhe) bestätigt wurde, wurde der Beschwerdeführerin vorgeworfen, sie habe im Zeitraum vom 5. November 2001 bis zum 4. Februar 2002 in Wien vorsätzlich und ohne dazu berechtigt zu sein den akademischen Grad "Dr." geführt, indem sie zum Beispiel seit 5. November 2001 in der Personalkartei der Firma M unter dem Namen Dr. B geführt werde, in der vom 4. Februar 2002 datierten Drittschuldnererklärung der Firma M ausdrücklich unter dieser Bezeichnung genannt werde und am 4. Dezember 2001 bei einer Niederschrift beim Finanzamt Großbetriebsprüfung Wien, Vordere Zollamtsstraße 3, 1031 Wien, über ihre Vernehmung als Beschuldigte in einem gerichtlichen Strafverfahren, befragt zu ihren persönlichen Daten, einen Doktortitel geführt habe. Es wurde über sie gemäß § 69 Abs. 1 UniStG 1997 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 4.550,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Wochen) verhängt.

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde neben dem Hinweis auf zwei rechtskräftige Bestrafungen wegen (nicht gleichartiger) Verwaltungsübertretungen aus, dass die Festsetzung der Strafe "im Ausmaß von in etwa einem Drittel der Höchststrafe ... in Anbetracht dessen, dass damit ein deliktisches Verhalten über Monate hinweg geahndet wurde", dem Unrechtsgehalt der Tat und dem Verschulden der Beschwerdeführerin angemessen erscheine.

Es ist nicht zweifelhaft, dass die Angabe des Doktorgrades bei der Vernehmung über die persönlichen Verhältnisse im Rahmen eines gerichtlichen Strafverfahrens, die der Beschwerdeführerin (als drittes Faktum) vorgeworfen wird, ein "Führen" des akademischen Grades im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 3 UniStG 1997 darstellt.

Die "beispielhaft" im Bescheidspruch des erstinstanzlichen Bescheides angeführten Tathandlungen des "In der Personalkartei der Firma M unter dem Namen Dr. B geführt zu werden" und der Nennung "in der vom 4. Februar 2002 datierten Drittschuldnererklärung der Firma M" stellen jedoch keine Handlungen der Beschwerdeführerin dar, mit denen sie einen akademischen Grad geführt hat. Der damit festgestellte Sachverhalt mag darauf hindeuten, dass die Beschwerdeführerin der Firma M gegenüber den akademischen Grad geführt hat; konkrete Feststellungen darüber, dass die Angabe des akademischen Grades in den angeführten Urkunden und Unterlagen - durch "Führen" des akademischen Grades im Sinne des gesetzlichen Tatbestandes - von der Beschwerdeführerin veranlasst wurde, hat die belangte Behörde jedoch nicht getroffen. Diese zum Teil unrichtige Subsumtion des festgestellten Sachverhalts ist im Beschwerdefall auch beachtlich, weil die Anzahl der der Beschwerdeführerin vorgeworfenen einzelnen Tathandlungen für die Annahme eines fortgesetzten Delikts ursächlich war und bei der Strafbemessung, in der auf die zeitliche Erstreckung des "deliktischen Verhaltens" Bedacht genommen wurde, eine wesentliche Rolle spielte. Wenn jedoch zwei der drei angeführten Handlungen nicht unter dem vorgeworfenen Straftatbestand subsumiert werden können und damit auch die zeitlich erste der Tathandlungen, die den Deliktszeitraum bestimmt, nicht als Übertretung der als verletzt angenommenen Vorschrift durch die Beschwerdeführerin zu werten ist, erweist sich die Verhängung einer Strafe in der Höhe von EUR 4.550,-- mit Hinweis auf einen länger dauernden Deliktszeitraum als inhaltlich rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 23. April 2007

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit fortgesetztes Delikt Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Diverses Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004100030.X00

Im RIS seit

20.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten