Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** verstorbenen Franz Walter D*****, zuletzt wohnhaft gewesen in ***** infolge Revisionsrekurses der Erben 1. Ilse D*****, 2. Brigitte D*****, und 3. Klaus Peter D*****, alle vertreten durch Dr. Hermann Aspöck, öffentlicher Notar in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 18. April 2002, GZ 21 R 41/02d-26, womit infolge Rekurses der Erben der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 10. Dezember 2001, GZ 21 A 12/01v-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:
"Auf Grund der Einantwortungsurkunde vom 18. 4. 2001, 21 A 12/01v-10, des Erbenübereinkommens vom 15. 3. 2001 und nach Vorliegen der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts Salzburg-Land vom 12. 6. 2001, ErfNr 100.835/2001 wird auf den Brigitte D*****, und Klaus Peter D*****, zugeschriebenen Einviertelanteilen an der Liegenschaft EZ ***** die Einverleibung
a) der Dienstbarkeit des Fruchtgenussrechtes und
b) der Beschränkung des Eigentumsrechtes durch das Belastungs- und Veräußerungsverbot
zugunsten und auf Lebenszeit der Ilse D*****, bewilligt.
Hievon werden verständigt:
1. Brigitte D*****
2. Klaus Peter D*****
3. Ilse D*****
4. Magistrat Salzburg,
5. Finanzamt Salzburg-Stadt, Salzburg, Aignerstraße 10."
Die Vollzugsanordnung wird dem Erstgericht vorbehalten.
Text
Begründung:
Der Erblasser verstarb unter Hinterlassung einer formungültigen letztwilligen Verfügung. Gesetzliche Erben sind die Ehegattin und die beiden Kinder des Verstorbenen, die jeweils auf Grund des Gesetzes zu je einem Drittel des Nachlasses bedingte Erbserklärungen abgegeben haben.
In den Nachlass fiel unter anderem die ideelle Hälfte einer Liegenschaft, über die die Erben am 15. 3. 2001 - somit vor der Einantwortung - das in der Niederschrift des Gerichtskommissärs ON 7 beurkundete Erbenübereinkommen folgenden Inhalts trafen:
"Den erbl. Hälfteanteil an der Liegenschaft ... übernehmen mit Last und Vorteil per Todestag je zur Hälfte, sohin in Ansehung der gesamten Liegenschaft je zu einem Viertel, die erbl. Kinder Frau Brigitte D***** und Herr Klaus Peter D*****.
Die Vorgenannten erklären, in Kenntnis des Grundbuchsstandes der Liegenschaft zu sein und diese in natura genauestens zu kennen und somit in genauer Kenntnis des Bauzustandes des Hauses ... zu sein.
Fruchtgenussrecht - Belastungs- und Veräußerungsverbot:
Die erbl. Kinder räumen der erbl. Witwe Frau Ilse D***** an den übernommenen Liegenschaftsanteilen
a) das Recht ein, diese zeitlebens wie ein Eigentümer unter Schonung der Substanz zu nutzen und räumen somit ein Fruchtgenussrecht im Sinne der §§ 509 ff ABGB an den Liegenschaftsanteilen ein und bestellen dieses Recht als Dienstbarkeit, und
b) verpflichten sich die erbl. Kinder, diese Liegenschaftsanteile zu Lebzeiten ihrer Mutter ohne deren Zustimmung weder zu belasten noch zu veräußern.
Brigitte D*****, und Klaus Peter D*****, erteilen somit ihre ausdrückliche Einwilligung, dass in Einlagezahl ... ob ihrer je Einviertelanteile je die Einverleibung der Dienstbarkeit des Fruchtgenussrechtes sowie der Beschränkung des Eigentumsrechtes durch das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten Ilse D*****, im Grundbuch vorgenommen werden kann."
Die Erben stellten weiters den Antrag, in die Einantwortungsurkunde die Verbücherungsanordnung zur Einverleibung des Eigentumsrechtes auf der Liegenschaftshälfte des Erblassers je zur Hälfte für die erbl. Kinder sowie der Rechte für die erbl. Witwe nach den Bestimmungen des Erbenübereinkommens aufzunehmen. Mit Einantwortungsurkunde vom 18. 4. 2001 (ON 10) wurde der Nachlass den Erben auf Grund des Gesetzes je zu einem Drittel eingeantwortet und verfügt, dass auf Grund des Abhandlungsergebnisses und des Erbenübereinkommens vom 15. 3. 2001 auf der Liegenschaftshälfte des Erblassers die Einverleibung des Eigentumsrechts für die beiden erbl. Kinder je zur Hälfte, somit in Ansehung der Gesamtliegenschaft je zu einem Viertel, zu erfolgen habe.
Nach Verstreichen der sechswöchigen Frist seit Rechtskraft der Einantwortungsurkunde und Vorliegen der Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Finanzamts bewilligte das Erstgericht mit Beschluss vom 23. 10. 2001 (ON 14) auf Grund der Einantwortungsurkunde und des Erbenübereinkommens die Einverleibung des Eigentumsrechts auf dem dem Erblasser zugeschriebenen Hälfteanteil an der Liegenschaft für die beiden erbl. Kinder je zur Hälfte, somit in Ansehung der Gesamtliegenschaft je zu einem Viertel.
Mit Beschluss vom 10. 12. 2001 (ON 22) wies das Erstgericht den neuerlichen Antrag der Erben auf amtswegige Verbücherung des Erbenübereinkommens auch über die zugunsten der erbl. Witwe vereinbarten Rechte ab. Gemäß § 99 Abs 1 GBG ordnete es die Anmerkung dieser Abweisung im Lastenblatt der Liegenschaft an. Unter Hinweis auf die Textierung des § 177 AußStrG vertrat es die Rechtsansicht, das Abhandlungsgericht könne von Amts wegen nur Rechte verbüchern, die für den Erblasser grundbücherlich einverleibt gewesen oder letztwillig von ihm angeordnet worden seien. Durch das Erbenübereinkommen seien aber "völlig neue Rechte" begründet worden, deren Einverleibung nicht dem Verlassenschaftsgericht, sondern auf Grund gesonderten Gesuchs dem Grundbuchsgericht obliege.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Erben nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt EUR 20.000 übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 177 AußStrG sei durch das Verlassenschaftsgericht nur das Eigentum an einer zum Nachlass gehörigen Liegenschaft oder eine darauf haftende Forderung zu übertragen. Allfällige Erbteilungsübereinkommen seien zwar in der Einantwortungsurkunde zu berücksichtigen, doch sei zu beachten, dass Gegenstand der Erbteilung das in diesem Zeitpunkt vorhandene Aktivvermögen des ruhenden Nachlasses sei, wenn die Teilung noch vor Erwerb des Nachlassbesitzes erfolge. Daraus ergebe sich, dass im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens und der vom Abhandlungsgericht zu bewilligenden Verbücherung nur auf das "dem Erblasser gehörige Eigentum" an Liegenschaften Bedacht genommen werden könne. Die Verbücherung von Rechten oder Forderungen, die bisher an der Liegenschaft nicht bestanden, obliege hingegen nicht dem Abhandlungsgericht, dessen vornehmliche Aufgabe es sei, die Grundbuchsordnung insoweit herzustellen, als nicht eine verstorbene Person eingetragen bleibe.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Erben ist zulässig und berechtigt.
Die individuelle Zuständigkeit des Verlassenschaftsgerichts überdauert die rechtskräftige Einantwortung des Nachlasses, soweit danach Aufgaben zu besorgen sind, die noch zur Abhandlungspflege zu rechnen sind. Dazu gehört unter anderem auch die amtswegige Verbücherung der Ergebnisse der Verlassenschaftsabhandlung gemäß § 29 LiegTeilG (RIS-Justiz RS0013544). Gemäß dessen Abs 1 sind grundbücherliche Eintragungen, deren Grundlagen im Lauf einer Verlassenschaftsabhandlung in einer den Erfordernissen der Einverleibung entsprechenden Form festgestellt wurden, in Ermangelung eines entsprechenden Ansuchens der Beteiligten durch das Verlassenschaftsgericht nach Eintritt der Rechtskraft der Einantwortung von Amts wegen zu bewirken, wenn die für die Bewilligung der Eintragung erforderlichen Urkunden, soweit sie nicht Ausfertigungen der Entscheidungen des Verlassenschaftsgerichts sind, diesem Gerichte vorliegen. Dieser Bestimmung entspricht sinngemäß § 532 Abs 1 Geo, der allerdings darüber hinaus die im Lauf einer Verlassenschaftsabhandlung gewonnenen Grundlagen für eine grundbücherliche Eintragung beispielsweise aufzählt und unter anderem neben der Einantwortungsurkunde auch die Erbteilungsurkunde nennt. Es ist gesicherte Rechtsprechung, dass eine vor Einantwortung vereinbarte Erbteilung nicht nur in der Einantwortungsurkunde (§ 174 Abs 2 Z 2 AußStrG), sondern auch bei der nach § 29 Abs 1 LiegTeilG von Amts wegen zu verfügenden grundbücherlichen Eintragung zu beachten ist (RIS-Justiz RS0008279).
Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, dass der Wortlaut des § 177 AußStrG, wonach "die Eintragung der Einantwortungsverordnung in die öffentlichen Bücher zur Übertragung des Eigentumes der in denselben vorkommenden zur Verlassenschaft gehörigen unbeweglichen Güter oder auf unbeweglichen Gütern haftenden Forderungen ... von dem Erben nur bei der Abhandlungsbehörde angesucht werden" kann, enger ist als jener des § 29 Abs 1 LiegTeilG. Demelius ("Der Abhandlungsrichter als Grundbuchsrichter", NZ 1934, 96) führt dazu unter anderem aus, der Abhandlungsrichter komme häufig in die Lage, die durch die Erben während der Abhandlung zur Sicherstellung einer Erbteils-, Pflichtteils- oder Vermächtnisforderung bewirkte Verpfändung einer Nachlassliegenschaft von Amts wegen zur Verbücherung zu bringen. Vielfach erfolge die Verpfändung in einem vor dem Abhandlungsgerichte aufgenommenen Protokoll, das bei Einhaltung der Vorschriften des Grundbuchsgesetzes eine einverleibungsfähige Originalurkunde darstelle, auf Grund derer die Einverleibung der Hypothek vom Abhandlungsgericht auf Ansuchen oder von Amts wegen bewilligt werden könne. Oft solle die Eintragung des Pfandrechts für den Miterben, Noterben oder Vermächtnisnehmer gleichzeitig mit der des Eigentumsrechts für den Erben erfolgen; dann sei es willkommen, dass das Abhandlungsgericht derart alle Eintragungen mit einem Beschlusse zu bewilligen oder anzuordnen in der Lage sei (aaO 102). Durch die spätere Gesetzgebung sei die Entscheidung des OGH GlU 7155, das Abhandlungsgericht sei zur Bewilligung der Eintragung eines von dem Erben an einer Nachlassliegenschaft eingeräumten Pfandrechts nicht berufen, überholt (aaO 102 Fn 37). In der gleichen Richtung argumentieren Bubak ("Die Einantwortungsurkunde und ihre grundbücherlichen Verfügungen", NZ 1969, 3) sowie Wolf ("Über Probleme der Verbücherung des Abhandlungsergebnisses", NZ 1979, 6): Der erstgenannte Autor verweist auf die Anmerkung im Dienstbuch Geo5 zu dem bereits zitierten § 532, wonach das Verlassenschaftsgericht, wenn ein Erbe den Nachlass mit der Verpflichtung zur grundbücherlichen Sicherstellung von Erbteilen oder Vermächtnissen anderer Nachlassbeteiligter oder sonstiger Gegenverpflichtungen oder Beschränkungen übernehmen soll, bereits im Zuge der Abhandlung darauf hinzuwirken hat, dass die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 97 GBG über die gleichzeitige Eintragung der gegenseitigen Rechte geschaffen und dadurch die Eintragung von Amts wegen ermöglicht werde.
Gemäß § 97 GBG darf dann, wenn aus einer Urkunde hervorgeht, dass dem Erwerber eines dinglichen Rechtes die Bewilligung zur Einverleibung erteilt worden ist, dass ihm aber zugleich Beschränkungen in der Verfügung über das erworbene Recht oder Gegenverpflichtungen auferlegt worden sind, hinsichtlich deren die gleichzeitige Einverleibung für die daraus Berechtigten bedungen worden ist, die Eintragung jenes Rechtes nicht bewilligt werden, wenn nicht sogleich hinsichtlich der bedungenen Beschränkungen oder Gegenverpflichtungen die Einverleibung oder nach der Beschaffenheit der Urkunde doch die Vormerkung angesucht wird. Gerade diese Bestimmung ist ein zwingendes Argument dafür, dass § 177 AußStrG nur im Zusammenhalt mit § 29 LiegTeilG verstanden werden darf, zumal sich aus dem Wortlaut des § 177 AußStrG nicht der Wille des Gesetzgebers zu einer abschließenden Regelung der Befugnisse des Verlassenschaftsrichters entnehmen lässt.
Entgegen der von den Vorinstanzen vertretenen Rechtsansicht war daher das Erstgericht auch zur Verbücherung der im Erbteilungsübereinkommen vereinbarten Rechte der erbl. Witwe zuständig, stellten diese doch Beschränkungen des eingeräumten Liegenschaftseigentums dar, die ganz offenkundig - zumindest auch - als Sicherungsmittel dienen sollten.
Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben. Da die Verbücherung sowohl des Fruchtgenusses (vgl RIS-Justiz RS0011819) als auch des Veräußerungs- und Belastungsverbots (vgl RIS-Justiz RS0010786) auch an Miteigentumsanteilen zulässig ist und die Verbücherungsvoraussetzungen vorliegen, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen somit im Sinne der Stattgebung der Anträge der Rechtsmittelwerber abzuändern. Die Vollzugsanordnung ist dem Erstgericht vorzubehalten.Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben. Da die Verbücherung sowohl des Fruchtgenusses vergleiche RIS-Justiz RS0011819) als auch des Veräußerungs- und Belastungsverbots vergleiche RIS-Justiz RS0010786) auch an Miteigentumsanteilen zulässig ist und die Verbücherungsvoraussetzungen vorliegen, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen somit im Sinne der Stattgebung der Anträge der Rechtsmittelwerber abzuändern. Die Vollzugsanordnung ist dem Erstgericht vorzubehalten.
Textnummer
E69341European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0010OB00166.02X.0429.000Im RIS seit
29.05.2003Zuletzt aktualisiert am
14.02.2011