TE OGH 2003/4/29 4Ob61/03d

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Veröffentlicht am 29.04.2003
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Valentin F*****, vertreten durch Dr. Günther Fornara, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei L***** AG, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 5. November 2002, GZ 21 R 273/02z-41, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 23. Mai 2002, GZ 2 C 1559/00k-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger entschied sich 1992 für eine Dacheindeckung mit „E*****", weil die Beklagte als Herstellerin mit einer 30-jährigen Garantie für ihr Produkt warb. Er erwarb bei einem Dachdeckerunternehmen 5.514 Rechteckplatten im Ausmaß von 40 x 30, 100 Quadratplatten im Ausmaß von 40 x 40, 454 Faltplatten im Ausmaß von 60 x 30 sowie 65 Lüftungssteine im Ausmaß von 40 x 30. Der Gesamtpreis betrug netto 86.625,91 S, brutto 103.951,09 S.

Ob dem Kläger oder dessen Ehegattin beim Kauf oder zusammen mit der Rechnung eine von der Beklagten firmenmäßig unterfertigte Garantieurkunde ausgefolgt wurde, steht nicht fest. Die Beklagte gewährte - zum Zeitpunkt der gegenständlichen Bestellung - üblicherweise für die von ihr erzeugten Produkte 30 Jahre Garantie. In der Regel gab der Händler der Beklagten den Namen des Kunden bekannt und forderte eine Garantieurkunde unter Angabe der Rechnungsnummer, des Eindeckungszeitraums sowie von Namen und Anschrift des Bauherrn an. Die Beklagte übermittelte die firmenmäßig gezeichnete Garantieurkunde dem Dachdecker oder, auf Wunsch des Dachdeckers, auch direkt dem Bauherrn. Zum Zeitpunkt der gegenständlichen Bestellung kam es auch vor, dass die Beklagte Blankourkunden Dachdeckern zur Ausfolgung an deren Kunden überließ.

Im Sommer 2000 stellte der Kläger im Kinderzimmer entlang des Kamins leichte Wasserspuren fest. Er setzte sich mit seiner Hausversicherung und mit dem Dachdeckerunternehmen in Verbindung. Bei der Besichtigung weigerte sich der Dachdecker, das Dach zu betreten, weil er fürchtete, dass die Platten brechen würden. Das Dachdeckerunternehmen verlangte vom Kläger die Originalrechnung, nicht jedoch die Garantieurkunde, und leitete die Reklamation des Klägers an die Beklagte weiter. Die Beklagte schrieb dem Kläger am 15. 6. 2000 wie folgt:

„Eingangs möchten wir Sie darüber informieren, dass Serviceleistungen der E*****-Werke L*****, soferne sie nicht auf eine Garantieurkunde zurückgehen, ausschließlich auf freiwilliger Basis erfolgen.

Ihr erster Ansprechpartner für Materialbeschwerden bleibt grundsätzlich das Unternehmen, bei dem Sie das E*****-Produkt erworben haben. Allfällige Verarbeitungsfehler mindern unsere Serviceleistungen, grobe Verstöße gegen Anarbeitungsregeln können zum gänzlichen Ausschluss führen. Dies gilt insbesondere, wenn das Dach nicht von einem befugten Gewerbeunternehmen eingedeckt wurde.

Was wir zunächst für Sie tun können, ist mit Ihnen einen Besichtigungstermin vereinbaren. Dazu werden wir uns gesondert mit Ihnen in Verbindung setzen und bitten Sie noch um etwas Geduld.

..."

Der für die Bearbeitung von Reklamationsfällen zuständige Mitarbeiter der Beklagten stellte fest, dass ein Großteil der Platten bombiert war und ein Teil der Platten Risse aufwies. Dabei handelte es sich um Mängel, die von der in der Garantieurkunde verbrieften Garantie der Beklagten umfasst waren. Am 14. 7. 2000 unterbreitete die Beklagte dem Kläger folgendes Angebot:

„Wir nehmen Bezug auf die Besichtigung durch unseren Servicemitarbeiter ... vom 10. Juli 2000 und bieten im Kulanzweg folgende Ersatzleistung an:

Kostenlose Beistellung des Dachmaterials (Ausmaß lt. Rechnung vom 16. September 1992)

...

Das von uns kostenlos beigestellte Material darf ausschließlich objektbezogen, dh nur auf dem reklamierten Dach verwendet werden. Nicht bzw nicht ordnungsgemäß belegten Anarbeitungsaufwand im Zuge der seinerzeitigen Eindeckung können wir nicht ersetzen; wir ersuchen um Verständnis dafür.

Mit dieser Leistung sind alle wie immer gearteten und gegen wen immer bestehenden Ansprüche aus diesem Reklamationsfall bereinigt und verglichen. Die Materiallieferung erfolgt sodann längstens innerhalb von 6 Monaten an obige Adresse...

An dieses Angebot halten wir uns bis 24. August 2000 gebunden. Senden Sie die beiliegende Zweitschrift daher unterfertigt und rechtzeitig vor dem oben genannten Termin zurück. Nach Fristablauf eintreffende Erklärungen können aus abwicklungstechnischen Gründen nicht mehr bearbeitet werden.

..."

Der Rechtsvertreter des Klägers lehnte das Angebot der Beklagten mit Schreiben vom 3. 7. 2000 ab. Er verwies darauf, dass der gleiche Schaden bei einem anderen Kunden aufgetreten und von der Beklagten fast vollständig gezahlt worden sei. Die Beklagte habe auch die Kosten des Abdeckens und neuerlichen Deckens des Daches zu übernehmen. Diese Kosten beliefen sich auf rund 100.000 S netto.

Der vom Rechtsvertreter des Klägers erwähnte Kunde hatte das Dachmaterial beim selben Dachdeckerunternehmen bezogen wie der Kläger. Auch bei diesem Dach traten Mängel auf, die seine Neueindeckung notwendig machten. Die Beklagte bot zuerst nur die Lieferung des notwendigen Materials an. Nach Einschaltung des „Konsumentenschutzes" übernahm die Beklagte in einem Vergleich den Großteil der Arbeitskosten. Auf Grund des vom Kunden geleisteten Kostenbeitrags stellte die Beklagte eine neue Garantieurkunde über die im Jahre 2000 geleisteten Arbeiten aus. Ob der Kunde bereits beim ersten Erwerb des Dachmaterials eine von der Beklagten firmenmäßig unterzeichnete Garantieurkunde erhalten hatte, steht nicht fest.

Anfang der 90-iger Jahre war die Beklagte gezwungen, ihre Produktion auf asbestfreies Material umzustellen, worauf es vermehrt zu Reklamationen kam. Die Bundesinnung der Dachdecker und Pflasterer strebte daher eine für alle tragbare einheitliche österreichweite Lösung an. Am 9. 10. 2001 kam es zu einem Arbeitsgespräch mit Vertretern der Beklagten, dessen Ergebnis die Beklagte wie folgt festhielt:

„1. E***** wird für Material aus der Umstellungsphase anfangs der 90-iger Jahre weiter Garantie- und freiwillige Ersatzleistungen erbringen.

2. Die allgemeine Marktentwicklung, von der auch der einzelne Dachdecker betroffen ist, hat uns gezwungen, unsere Reklamationspolitik wie folgt zu verändern:

- In uns nach dem 31. 3. 2001 gemeldeten Fällen ohne Garantieurkunde wird E***** freiwillig bis zu 100 % Materialersatz leisten, jedoch keine Arbeitskosten übernehmen.

3. Unverändert gelten folgende Regelungen weiter:

- In Fällen mit Garantieurkunde wird E***** - unabhängig vom Zeitpunkt der Meldung - vertragskonform so vorgehen wie bisher.

- In uns vor dem 31. 3. 2001 gemeldeten Fällen ohne Garantieurkunde wird E***** freiwillig die Leistungen laut Garantieurkunde mit 30stel-Regelung erbringen.

..."

Der Kläger begehrt 8.720,74 EUR sA. Die Beklagte habe eine 30-jährige Garantie für Frostbeständigkeit der von ihr erzeugten Dachplatten übernommen. Beim Kauf des Materials habe er eine Garantieurkunde der Beklagten erhalten, die in Verlust geraten sei. Darin habe sich die Beklagte verpflichtet, für nachweislich auf Materialmängel zurückzuführende Frostschäden die vollen aufgewendeten Selbstkosten abzüglich 1/30 des Werts für jedes volle Jahr bereits erreichter Lebensdauer des Daches zu ersetzen. Im Übrigen werbe die Beklagte für ihre Produkte insbesondere damit, dass sie 30 Jahre frostbeständig seien. Im Vertrauen auf die Garantieerklärung habe der Kläger das Dach neu eindecken lassen. Er mache die Aufwendungen aus dem Titel des Schadenersatzes geltend.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Zwischen ihr und dem Kläger bestünden keine vertraglichen Beziehungen. Mit dem Kläger sei auch kein Garantievertrag geschlossen worden. Materialersatz habe die Beklagte nur aus Kulanz angeboten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass die Beklagte eine Garantie im Sinne der Garantieurkunde abgegeben habe. Da der Kläger mit der Beklagten in keinem Vertragsverhältnis stehe, sei ihm die Beklagte auch nicht zur Gewährleistung verpflichtet. Eine Produkthaftung scheide aus, weil keine vom Produkt verschiedene körperliche Sache beschädigt worden sei. Ob es sich bei der Vereinbarung mit der Bundesinnung der Dachdecker und Pflasterer um einen Vertrag zugunsten Dritter handle, der unmittelbare Rechte des Klägers begründe, könne offen bleiben. Die Beklagte habe ausdrücklich darauf hingewiesen, in den vor dem 31. 3. 2001 gemeldeten Fällen ohne Garantieurkunde die Leistungen nur freiwillig zu erbringen. Eine Verpflichtungserklärung könne daraus nicht abgeleitet werden.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Eine vom Hersteller der Ware dem Endabnehmer gewährte Garantie müsse vom Endabnehmer angenommen werden, damit eine Schuld des Garanten gegenüber dem Endabnehmer entstehe. Das Garantieversprechen könne durch die Übernahme des Garantiescheins angenommen werden; einen derartigen Sachverhalt habe der Kläger nicht bewiesen. Ob der Kläger aufgrund der Vereinbarung der Beklagten mit der Bundesinnung der Dachdecker und Pflasterer die Kosten der Neueindeckung des Daches verlangen könne, könne offen bleiben, weil sich der Kläger im Verfahren erster Instanz nie „prozessordnungsgemäß" auf einen Vertrag zugunsten Dritter berufen habe. Die Schriftsätze ON 20 und ON 28 seien in der darauf folgenden mündlichen Streitverhandlung nicht vorgetragen worden. Es sei nur festgehalten worden, dass die damit vorgelegten Urkunden als verlesen gelten. Dies habe das fehlende Vorbringen nicht ersetzen können. Die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen über den Inhalt der Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Bundesinnung der Dachdecker und Pflasterer seien als überschießend nicht zu beachten. Die Feststellungen seien trotz Fehlens einer entsprechenden Rüge der Beklagten nicht zu verwerten, weil kein Verfahrensmangel vorliege, sondern das Erstgericht den Sachverhalt rechtlich unrichtig beurteilt habe. Es könne daher offen bleiben, ob es sich bei der Vereinbarung um einen Vertrag zugunsten Dritter oder um eine Gefälligkeitszusage handle. Als Anspruchsgrundlage verbleibe somit nur mehr die Werbung der Beklagten in den Medien. Darin liege noch kein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Garantievertrags, welches vom Letztverbraucher durch Erwerb der Ware vom Zwischenhändler angenommen werden könnte. Dem Angebot fehle der Bindungswille des Anbotstellers. Zweck der Werbung sei es, Kunden anzulocken. Dem Empfänger derartiger Ankündigungen müsse klar sein, dass sich ein Produzent nicht allein aufgrund von Anpreisungen in den Medien binden wolle, sondern die Garantie erfahrungsgemäß von zahlreichen weiteren Kriterien abhängig mache, die regelmäßig in den den Waren beigefügten Garantieurkunden festgeschrieben seien. Auch die Beklagte habe die Garantie von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Klägers ist zulässig und im Sinne ihres Aufhebungsantrags berechtigt.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für die Neueindeckung des Daches nur zu, wenn ihm die Beklagte aus einer von ihr übernommenen Garantieverpflichtung haftet. In seinem Rechtsmittel stützt sich der Kläger einerseits darauf, dass die Beklagte in ihrer Werbung den Abschluss eines Garantievertrags verbindlich angeboten habe, andererseits darauf, dass die Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Bundesinnung der Dachdecker und Pflasterer als Vertrag zugunsten Dritter zu werten sei.

Das Berufungsgericht hat diese Vereinbarung nicht berücksichtigt, weil es der Auffassung war, das Erstgericht habe mit der Feststellung des Inhalts der Vereinbarung eine überschießende Feststellung getroffen, die durch das Vorbringen des Klägers nicht gedeckt sei. Überschießende Feststellungen sind jedoch nur dann unbeachtlich, wenn sie nicht in den Rahmen des geltend gemachten Rechtsgrundes oder der Einwendungen fallen (4 Ob 2338/96v = ÖBl 1997, 172 - D-Schulen mwN; 6 Ob 277/00d uva).

Der Kläger macht als Rechtsgrund geltend, dass die Beklagte aufgrund einer von ihr übernommenen Garantie hafte. Mit dieser Garantie steht auch die festgestellte Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Bundesinnung der Dachdecker und Pflasterer im Zusammenhang. Die Beklagte erklärt darin (ua), dass sie in "für Material aus der Umstellungsphase anfangs der 90-iger Jahre weiter Garantie- und freiwillige Ersatzleistungen erbringen" und dass in "vor dem 31. 3. 2001 gemeldeten Fällen ohne Garantieurkunde ... freiwillig die Leistungen laut Garantieurkunde mit 30-stel Regelung erbringen" wird. Die Vereinbarung fällt daher in den Rahmen des geltend gemachten Rechtsgrundes, so dass die dazu getroffenen Feststellungen des Erstgerichts zu berücksichtigen sind, auch wenn ihnen - mangels Vortrags der Schriftsätze ON 20 und ON 28 in der mündlichen Streitverhandlung - kein entsprechendes Vorbringen des Klägers zugrunde liegt.

Der Kläger kann seinen Anspruch nur dann auf die Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Bundesinnung der Dachdecker und Pflasterer stützen, wenn diese als echter Vertrag zugunsten Dritter zu werten ist. Nach § 881 Abs 2 ABGB ist aus der Vereinbarung und der Natur und dem Zweck des Vertrags zu beurteilen, ob und in welchem Zeitpunkt auch der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt. Im Zweifel erwirbt der Dritte dieses Recht, wenn die Leistung hauptsächlich ihm zum Vorteile gereichen soll. Dabei genügt es, dass der Dritte bestimmbar ist (s 3 Ob 559/86 = SZ 61/55: Vertrag zwischen der Kreditkartengesellschaft und Vertragsunternehmen als Vertrag zugunsten Dritter [= Kreditkarteninhaber]). Ob ein Forderungsrecht des Dritten entsteht, ist eine Frage der Vertragsauslegung (7 Ob 536, 537/92 = SZ 65/72; 3 Ob 536/93 = SZ 66/121; Rummel in Rummel, ABGB³ § 881 Rz 2; Schwimann/Apathy, ABGB² § 881 Rz 2, jeweils mwN).Der Kläger kann seinen Anspruch nur dann auf die Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Bundesinnung der Dachdecker und Pflasterer stützen, wenn diese als echter Vertrag zugunsten Dritter zu werten ist. Nach Paragraph 881, Absatz 2, ABGB ist aus der Vereinbarung und der Natur und dem Zweck des Vertrags zu beurteilen, ob und in welchem Zeitpunkt auch der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt. Im Zweifel erwirbt der Dritte dieses Recht, wenn die Leistung hauptsächlich ihm zum Vorteile gereichen soll. Dabei genügt es, dass der Dritte bestimmbar ist (s 3 Ob 559/86 = SZ 61/55: Vertrag zwischen der Kreditkartengesellschaft und Vertragsunternehmen als Vertrag zugunsten Dritter [= Kreditkarteninhaber]). Ob ein Forderungsrecht des Dritten entsteht, ist eine Frage der Vertragsauslegung (7 Ob 536, 537/92 = SZ 65/72; 3 Ob 536/93 = SZ 66/121; Rummel in Rummel, ABGB³ Paragraph 881, Rz 2; Schwimann/Apathy, ABGB² Paragraph 881, Rz 2, jeweils mwN).

Die Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Bundesinnung der Dachdecker und Pflasterer wurde durch die zahlreichen Reklamationen ausgelöst, zu denen es wegen der Mängel kam, die bei den Anfang der 90-iger Jahre erzeugten Dachplatten der Beklagten wegen der Umstellung auf asbestfreies Material auftraten. Die Bundesinnung der Dachdecker und Pflasterer war an einer österreichweiten einheitlichen Lösung interessiert, weil ihre Mitglieder als Vertragspartner der Endabnehmer mit den Reklamationen konfrontiert waren. Ergebnis der zwischen Bundesinnung und Beklagter geführten Gespräche war die Zusicherung der Beklagten, in Fällen mit Garantieurkunde unabhängig vom Zeitpunkt der Meldung vertragskonform vorzugehen, in Fällen ohne Garantieurkunde "freiwillig" Leistungen zu erbringen, deren Umfang sie vom Zeitpunkt der Meldung abhängig machte. In - wie im vorliegenden Fall - vor dem 31. 3. 2001 gemeldeten Fällen werde sie "freiwillig" die Leistungen laut Garantieurkunde mit 30-stel Regelung erbringen.

"Freiwillig" kann nach Sinn und Zweck der Vereinbarung nicht als Vorbehalt verstanden werden, je nach Gutdünken in einzelnen Fällen Ersatz zu leisten, in anderen aber nicht. Sinn und Zweck des Vertrags war es, eine österreichweite einheitliche Lösung der zahlreichen Reklamationsfälle zu erzielen. Dieses Ziel konnte nur erreicht werden, wenn die Beklagte bereit war, gleich gelagerte Fälle gleich zu behandeln. Die Erklärung, die zugesicherten Leistungen "freiwillig" erbringen zu wollen, wird dadurch nicht überflüssig, stellte doch die Beklagte damit ihre Rechtsauffassung klar, dass sie in Fällen ohne Garantieurkunde nicht zur Leistung verpflichtet wäre, weil mangels Übergabe einer Garantieurkunde kein Garantievertrag zustande gekommen sei.

Die Beklagte hat demnach mit der festgestellten Vereinbarung "freiwillig" die Verpflichtung übernommen, in den vor dem 31. 3. 2001 gemeldeten Fällen Garantieleistungen auch dann zu erbringen, wenn der Käufer über keine Garantieurkunde verfügt. Begünstigt durch diese Vereinbarung ist weder die Bundesinnung der Dachdecker und Pflasterer noch sind es die Dachdecker als deren Mitglieder, sondern die Endabnehmer als Kunden der Dachdecker; sie erhalten den Aufwand ersetzt, der ihnen durch die durch die Mängel notwendig gewordene neue Dacheindeckung entsteht.

Nach der Zweifelsregel des § 881 Abs 2 Satz 2 ABGB haben die durch die Vereinbarung begünstigten Endabnehmer damit einen direkten Anspruch gegen die Beklagte erworben. Es kann daher offen bleiben, ob die Beklagte die Garantieleistungen auch aufgrund eines Garantievertrags zu erbringen hat, der - wie der Kläger geltend macht - durch ihre für seinen Kaufentschluss maßgebenden Werbeangaben zustandegekommen sein soll.Nach der Zweifelsregel des Paragraph 881, Absatz 2, Satz 2 ABGB haben die durch die Vereinbarung begünstigten Endabnehmer damit einen direkten Anspruch gegen die Beklagte erworben. Es kann daher offen bleiben, ob die Beklagte die Garantieleistungen auch aufgrund eines Garantievertrags zu erbringen hat, der - wie der Kläger geltend macht - durch ihre für seinen Kaufentschluss maßgebenden Werbeangaben zustandegekommen sein soll.

Das Erstgericht hat keine Feststellungen zur Höhe der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen getroffen. Feststellungen fehlen auch zur - von der Beklagten bestrittenen - Aktivlegitimation des Klägers für die gesamte Forderung. Das Verfahren wird in diesen Punkten zu ergänzen sein.

Der Revision war daher Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Textnummer

E69544

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0040OB00061.03D.0429.000

Im RIS seit

29.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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