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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über den Antrag des N R in S, geboren 1969, vertreten durch Mory & Schellhorn OEG, Rechtsanwaltsgemeinschaft in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 23. November 2006, Zl. 314.741/3-III/4/06, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung und in der Beschwerdesache des Antragstellers gegen den genannten Bescheid, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 23. November 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zurückgewiesen.
In der dagegen gerichteten, zur hg. Zl. 2006/18/0511 protokollierten Beschwerde machte der Beschwerdeführer als Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) die Verletzung in den Rechten auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen, in eventu auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen und auf Feststellung des Vorliegens von humanitären Gründen geltend.
Mit hg. Beschluss vom 13. Februar 2007 wurde diese Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückgewiesen, weil der Beschwerdeführer durch den angefochtenen, ausschließlich verfahrensrechtlichen Bescheid, mit dem (nur) die Entscheidung in der Sache abgelehnt worden war, nicht in den ausdrücklich als Beschwerdepunkte geltend gemachten Rechten verletzt sein konnte.
2. Mit dem gegenständlichen Antrag begehrt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 23. November 2006.
Für den Beschwerdeführer stelle die Zurückweisung seiner Beschwerde aus formalen Gründen ein unvorhersehbares Ereignis dar. Die Versäumung der Frist zur Einbringung einer formalrichtigen Beschwerde beruhe auf einem bloß mindergradigen Versehen seines Rechtsvertreters. Die "Kritik" des Verwaltungsgerichtshofes an der Formulierung der Beschwerdepunkte möge zwar gerechtfertigt sein. Angesichts der Formulierung der Beschwerdepunkte, "die alle in sich die Intention der Geltendmachung des Rechtes auf Sachentscheidung beinhalten," sei es angemessen, dem die Beschwerde ausführenden Rechtsvertreter nur ein geringes Verschulden zur Last zu legen. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Intention der Beschwerde und auch das verletzte Recht sehr wohl erkannt. Der Inhalt der Beschwerde sei demnach nicht unbestimmt gewesen. Auch einem in Aufenthaltsverfahren erfahrenen Rechtsanwalt könne es passieren, dass er das verletzte Recht nicht exakt nach den strengen Formalvorgaben des Verwaltungsgerichtshofes bezeichne.
II.
1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshof-Gesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, haben folgenden Wortlaut:
"§ 28. (1) Die Beschwerde hat zu enthalten
...
4. die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte),
...
§ 34. (1) Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Behandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, sind ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
(2) Beschwerden, denen keiner der im Abs. 1 bezeichneten Umstände entgegensteht, bei denen jedoch die Vorschriften über die Form und den Inhalt (§§ 23, 24, 28, 29) nicht eingehalten wurden, sind zur Behebung der Mängel unter Anberaumung einer kurzen Frist zurückzustellen; die Versäumung dieser Frist gilt als Zurückziehung. Dem Beschwerdeführer steht es frei, einen neuen, dem Mängelbehebungsauftrag voll Rechnung tragenden Schriftsatz unter Wiedervorlage der zurückgestellten unverbesserten Beschwerde einzubringen.
§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
..."
2. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nur in Betracht, wenn vom Wiedereinsetzungswerber eine Frist versäumt worden ist. Es ist daher zunächst zu untersuchen, ob der Beschwerdeführer eine Frist versäumt hat:
Der Beschwerdeführer hat gegen den seinen Niederlassungsbewilligungsantrag zurückweisenden Bescheid der Bundesministerin für Inneres rechtzeitig die zur hg. Zl. 2006/18/0511 protokollierte Beschwerde erhoben. Diese Beschwerde wurde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen, weil der Antragsteller durch den angefochtenen Bescheid in den ausdrücklich als Beschwerdepunkte gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG geltend gemachten Rechten nicht verletzt sein konnte. Die Beschwerde litt nicht an einem gemäß § 34 Abs. 2 VwGG verbesserbaren Form- oder Inhaltsmangel, wie etwa dem Fehlen der Bezeichnung von Beschwerdepunkten, vielmehr ergab schon der Inhalt des behördlichen Abspruches, dass der Beschwerdeführer in den ausdrücklich als Beschwerdepunkte geltend gemachten Rechten keinesfalls verletzt sein konnte.
Im Unterlassen der Geltendmachung eines erfolgversprechenden Beschwerdepunktes kann jedoch - ebenso wie beim Unterbleiben eines bestimmten Vorbringens im Rahmen der Beschwerdegründe (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 664, letzter Absatz, wiedergegebene hg. Judikatur) - keine Fristversäumung erblickt werden.
Der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag ist daher schon mangels Fristversäumung nicht zulässig, weshalb er - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen war.
3. Hinzugefügt sei, dass mit hg. Beschluss vom 4. Oktober 2006, Zl. 2006/18/0294, eine vom selben Beschwerdevertreter eingebrachte Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Niederlassungsbewilligungsantrages mit der Begründung zurückgewiesen worden ist, dass die dort beschwerdeführende Partei durch die Zurückweisung ihres Antrages nicht in den ausdrücklich als Beschwerdepunkte bezeichneten Rechten auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen, Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen, Feststellung von humanitären Gründen, Zulassung der Inlandsantragstellung und Zustimmung der Bundesministerin zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen verletzt sein konnte. Im Hinblick darauf könnte die Bezeichnung von Rechten als Beschwerdepunkte, in denen der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid gar nicht verletzt sein konnte, im vorliegenden Parallelfall - entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers - nicht als bloß minderer Grad des Versehens des Beschwerdevertreters angesehen werden.
4. Die mit dem Wiedereinsetzungsantrag "nachgeholte" Beschwerde war - ebenfalls in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen, weil der Beschwerdeführer sein Beschwerderecht bereits mit Einbringung der zur hg. Zl. 2006/18/0511 protokollierten Beschwerde verbraucht hat und überdies die gemäß § 26 Abs. 1 VwGG sechswöchige Beschwerdefrist längst abgelaufen ist.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 24. April 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007180191.X00Im RIS seit
04.07.2007