TE OGH 2003/4/29 1Ob75/03s

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Veröffentlicht am 29.04.2003
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. G***** KG, *****, vertreten durch Dr. Theodor Strohal, Dr. Wolfgang G. Kretschmer, Dr. Thomas Buschmann und Mag. Erich Rebasso, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Rudolf Glass KEG, Wien 1., Rotenturmstraße 1, vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Ausstellung einer Rechnung infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 6. Dezember 2002, GZ 5 R 154/02g-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 11. April 2002, GZ 31 Cg 314/01p-6, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

In einem Vorprozess wurde die klagende Partei rechtskräftig verurteilt, 975.671 S an die beklagte Partei zu zahlen. Deren Rechtsvorgängerin hatte für ihre Leistungen die Rechnung vom 26. 7. 1994 über insgesamt 988.688 S gelegt. Ein Teilbetrag des gerichtlichen Zuspruchs von 920.426 S betraf das Entgelt für die in der Kostenaufstellung der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei vom 5. 2. 1994 angeführten Leistungen. Im Vorprozess stellte sich heraus, dass die Rechnung vom 26. 7. 1994 um 68.262 S inklusive 20 % USt überhöht war. Sie enthielt folgende Einzelposten:

Rechnungsbetrag                 837.240 S

+ 10 % USt aus einem Miet-

kostenanteil von 160.000 S       16.000 S

+ 20 % USt aus dem Restbe-

trag von 677.240 S              135.448 S

Summe                           988.688 S

Ein Teilbetrag von 677.240 S bezog sich zu einem Großteil auf Steuerberatungsleistungen der beklagten Partei für ihre Rechtsvorgängerin. Ein kleiner Teil davon entfiel auf Barauslagen. Ein weiterer Teilbetrag verrechneter Steuerberatungsleistungen im Wert von 17.900 S bezog sich auf die 1992 für bestimmte Klienten erbrachten Vorleistungen. Solche Vorleistungen wurden üblicherweise erst mit der "folgenden Jahresabschlussnote" verrechnet. Im Vorprozess wurde eine detaillierte Aufstellung über diese Leistungen vorgelegt. Die gerichtliche Kürzung des Rechungsbetrags um 68.262 S wurde aus folgenden Gründen vorgenommen:

Die Streitteile hatten - für Vorleistungen wie die im Wert von 17.900 S - mündlich vereinbart, dass "kleine Nebenleistungen zu den Jahresabschlüssen wechselseitig als pauschal abgegolten gelten" sollen. Daraus errechnete sich ein Abzug von 21.480 S inklusive USt. Ferner mangelte es für 84,75 Leistungsstunden an einem "expliziten Auftrag" der klagenden Partei. Deshalb wurde nicht der vereinbarte Stundensatz von 920 S, sondern nur ein solcher von 460 S je Leistungsstunde zuerkannt. Dabei handelte es sich um den Aufwand, den sich die klagende Partei erspart hatte. Das ergab eine Reduktion von 46.782 S inklusive USt.

Die klagende Partei begehrte, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, eine "Rechnung mit Umsatzsteuernachweis" über die von deren Rechtsvorgängerin laut der Kostenaufstellung vom 5. 2. 1994 erbrachten Leistungen zu legen. Die von der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei gelegte Rechnung vom 26. 7. 1994 habe sich im Vorprozess als überhöht erwiesen. Sie sei der beklagten Partei daher mit dem Ersuchen retourniert worden, eine dem Ergebnis des Vorprozesses entsprechende berichtigte Rechnung auszustellen. Die beklagte Partei habe eine neuerliche Rechnungslegung abgelehnt. Gemäß § 11 UStG bestehe jedoch ein zivilrechtlicher Anspruch auf Rechnungslegung. Auf Grundlage der ursprünglichen Rechnung sei die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs nicht möglich.Die klagende Partei begehrte, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, eine "Rechnung mit Umsatzsteuernachweis" über die von deren Rechtsvorgängerin laut der Kostenaufstellung vom 5. 2. 1994 erbrachten Leistungen zu legen. Die von der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei gelegte Rechnung vom 26. 7. 1994 habe sich im Vorprozess als überhöht erwiesen. Sie sei der beklagten Partei daher mit dem Ersuchen retourniert worden, eine dem Ergebnis des Vorprozesses entsprechende berichtigte Rechnung auszustellen. Die beklagte Partei habe eine neuerliche Rechnungslegung abgelehnt. Gemäß Paragraph 11, UStG bestehe jedoch ein zivilrechtlicher Anspruch auf Rechnungslegung. Auf Grundlage der ursprünglichen Rechnung sei die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs nicht möglich.

Die beklagte Partei wendete ein, sie sei zur neuerlichen Rechnungslegung nicht verpflichtet, habe doch ihre Rechtsvorgängerin der klagenden Partei bereits 1994 eine den Vorschriften des § 11 UStG entsprechende Rechnung ausgestellt. Damit sei die klagende Partei in die Lage versetzt worden, den Vorsteuerabzug in Anspruch zu nehmen. Stelle sich erst nach der Rechnungslegung heraus, dass "Abschläge von fakturierten (tatsächlich erbrachten!) Leistungen zu tätigen" seien, so habe die zum Vorsteuerabzug berechtigte Leistungsempfängerin die darauf entfallende anteilige Vorsteuer gemäß § 16 Abs 1 Z 2 UStG "ohne weitere Maßnahmen seitens des Rechnungsausstellers dem Finanzamt zu refundieren".Die beklagte Partei wendete ein, sie sei zur neuerlichen Rechnungslegung nicht verpflichtet, habe doch ihre Rechtsvorgängerin der klagenden Partei bereits 1994 eine den Vorschriften des Paragraph 11, UStG entsprechende Rechnung ausgestellt. Damit sei die klagende Partei in die Lage versetzt worden, den Vorsteuerabzug in Anspruch zu nehmen. Stelle sich erst nach der Rechnungslegung heraus, dass "Abschläge von fakturierten (tatsächlich erbrachten!) Leistungen zu tätigen" seien, so habe die zum Vorsteuerabzug berechtigte Leistungsempfängerin die darauf entfallende anteilige Vorsteuer gemäß Paragraph 16, Absatz eins, Ziffer 2, UStG "ohne weitere Maßnahmen seitens des Rechnungsausstellers dem Finanzamt zu refundieren".

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach dessen Ansicht ist ein Unternehmer, der steuerpflichtige Leistungen für einen anderen Unternehmer erbringt, nach § 11 Abs 1 UStG 1994 verpflichtet, auf dessen Verlangen Rechnungen mit einer Ausweisung der Steuer zu legen. Ändere sich die Bemessungsgrundlage eines steuerpflichtigen Umsatzes, so seien gemäß § 16 Abs 1 UStG 1994 der geschuldete Steuerbetrag und der dafür in Anspruch genommene Vorsteuerabzug zu berichtigen. Nach § 16 Abs 3 UStG 1994 sei die Uneinbringlichkeit des Entgelts einer Minderung der Bemessungsgrundlage gleichzuhalten. Uneinbringlichkeit sei als Uneintreibbarkeit zu verstehen. Diese könne sich auch aus einem Gerichtsurteil oder aus einem gerichtlichen Vergleich ergeben. Eine Belegerteilungspflicht bestehe gemäß § 16 Abs 5 UStG 1994 nur für im Anlassfall nicht verwirklichte Ausnahmen. Hier habe sich die Entgeltminderung nur auf Leistungen bezogen, die mit 20 % Umsatzsteuer zu versteuern gewesen seien.Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach dessen Ansicht ist ein Unternehmer, der steuerpflichtige Leistungen für einen anderen Unternehmer erbringt, nach Paragraph 11, Absatz eins, UStG 1994 verpflichtet, auf dessen Verlangen Rechnungen mit einer Ausweisung der Steuer zu legen. Ändere sich die Bemessungsgrundlage eines steuerpflichtigen Umsatzes, so seien gemäß Paragraph 16, Absatz eins, UStG 1994 der geschuldete Steuerbetrag und der dafür in Anspruch genommene Vorsteuerabzug zu berichtigen. Nach Paragraph 16, Absatz 3, UStG 1994 sei die Uneinbringlichkeit des Entgelts einer Minderung der Bemessungsgrundlage gleichzuhalten. Uneinbringlichkeit sei als Uneintreibbarkeit zu verstehen. Diese könne sich auch aus einem Gerichtsurteil oder aus einem gerichtlichen Vergleich ergeben. Eine Belegerteilungspflicht bestehe gemäß Paragraph 16, Absatz 5, UStG 1994 nur für im Anlassfall nicht verwirklichte Ausnahmen. Hier habe sich die Entgeltminderung nur auf Leistungen bezogen, die mit 20 % Umsatzsteuer zu versteuern gewesen seien.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige, und die ordentliche Revision zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts. Streitentscheidend sei, ob der maßgebende Sachverhalt als Änderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 16 UStG 1994 aufzufassen sei. Bei den fakturierten Nebenleistungen im Wert von 17.900 S sei bloß maßgebend, dass solche Nebenleistungen nach den getroffenen Vereinbarungen "wechselseitig als pauschal abgegolten gelten sollten". Damit sei aber nach dem Ergebnis des Vorprozesses von einer Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 16 UStG 1994 auszugehen. Eine solche Änderung sei auch die durch ein Gerichtsurteil bewirkte Entgeltminderung. Die Revision sei zulässig, weil die Bedeutung der Beurteilung der Rechnungslegungspflicht nach Gerichtsurteilen über den Einzelfall hinausreiche.Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige, und die ordentliche Revision zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts. Streitentscheidend sei, ob der maßgebende Sachverhalt als Änderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des Paragraph 16, UStG 1994 aufzufassen sei. Bei den fakturierten Nebenleistungen im Wert von 17.900 S sei bloß maßgebend, dass solche Nebenleistungen nach den getroffenen Vereinbarungen "wechselseitig als pauschal abgegolten gelten sollten". Damit sei aber nach dem Ergebnis des Vorprozesses von einer Änderung der Bemessungsgrundlage nach Paragraph 16, UStG 1994 auszugehen. Eine solche Änderung sei auch die durch ein Gerichtsurteil bewirkte Entgeltminderung. Die Revision sei zulässig, weil die Bedeutung der Beurteilung der Rechnungslegungspflicht nach Gerichtsurteilen über den Einzelfall hinausreiche.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

1. Die klagende Partei befasst sich nur mehr mit jenen "kleinen Nebenleistungen", deren Wert mit 17.900 S netto fakturiert wurde. Insofern vertritt sie erst im Revisionsverfahren die Ansicht, bei diesen Leistungen habe es sich um einen tauschähnlichen Umsatz nach § 3a Abs 2 UStG 1994 gehandelt, der "nicht Bestandteil derjenigen Vereinbarung" gewesen sei, die den Streitgegenstand des Vorprozesses gebildet und die Zahlung eines Geldbetrags - demnach nicht einen tauschähnlichen Umsatz - betroffen habe.1. Die klagende Partei befasst sich nur mehr mit jenen "kleinen Nebenleistungen", deren Wert mit 17.900 S netto fakturiert wurde. Insofern vertritt sie erst im Revisionsverfahren die Ansicht, bei diesen Leistungen habe es sich um einen tauschähnlichen Umsatz nach Paragraph 3 a, Absatz 2, UStG 1994 gehandelt, der "nicht Bestandteil derjenigen Vereinbarung" gewesen sei, die den Streitgegenstand des Vorprozesses gebildet und die Zahlung eines Geldbetrags - demnach nicht einen tauschähnlichen Umsatz - betroffen habe.

Träfe diese Auffassung zu, so wäre nicht zweifelhaft, dass sich durch

die im Vorprozess ausgesprochene Entgeltminderung die

Steuerbemessungsgrundlage nach § 16 Abs 3 Z 1 UStG 1994 geändert

hätte, läge doch dann auf der Hand, dass die nach dem

Streitgegenstand des Vorprozesses allein maßgebenden Leistungen wegen

überhöhter Verrechnung gerichtlich zu kürzen waren. Der von der

klagenden Partei nunmehr ins Treffen geführte tauschähnliche Umsatz

aufgrund einer nicht den Streitgegenstand des Vorprozesses bildenden Vereinbarung hätte daher nach § 11 Abs 1 iVm § 3a Abs 1 und 2 sowie § 4 Abs 6 UStG 1994 einer gesonderten Verrechnung bedurft. Die nach einer anderen Vereinbarung verrechenbaren Leistungen wären somit - entgegen dem Klagebegehren - nicht in eine Rechnung über Leistungen aufgrund der den Gegenstand des Vorprozesses bildenden Vereinbarung zu integrieren. Demzufolge könnte das Ergebnis des Vorprozesses nicht Anlass für eine neuerliche Rechnungslegung durch die beklagte Partei sein, wenn die dafür ins Treffen geführten Leistungen gerade nicht auf der den Streitgegenstand des Vorprozesses bildenden Vereinbarung beruhten.aufgrund einer nicht den Streitgegenstand des Vorprozesses bildenden Vereinbarung hätte daher nach Paragraph 11, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 3 a, Absatz eins und 2 sowie Paragraph 4, Absatz 6, UStG 1994 einer gesonderten Verrechnung bedurft. Die nach einer anderen Vereinbarung verrechenbaren Leistungen wären somit - entgegen dem Klagebegehren - nicht in eine Rechnung über Leistungen aufgrund der den Gegenstand des Vorprozesses bildenden Vereinbarung zu integrieren. Demzufolge könnte das Ergebnis des Vorprozesses nicht Anlass für eine neuerliche Rechnungslegung durch die beklagte Partei sein, wenn die dafür ins Treffen geführten Leistungen gerade nicht auf der den Streitgegenstand des Vorprozesses bildenden Vereinbarung beruhten.

2. Aus allen bisherigen Erwägungen folgt, dass die klagende Partei in der Revision keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt, von deren Lösung die Entscheidung abhinge. Deshalb bedarf auch die Frage, ob die Kürzung eines Rechnungsbetrags für umsatzsteuerpflichtige Leistungen durch Gerichtsurteil eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 16 Abs 3 Z 1 UStG 1994 bewirkt, keiner näheren Erörterung. Insofern zieht die klagende Partei die Ansicht der Vorinstanzen im Grundsätzlichen überdies nicht in Zweifel. Die Revision ist somit mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung gemäß §§ 40, 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO selbst zu tragen, weil sie auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hinwies und deren Schriftsatz daher einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht dienlich war.2. Aus allen bisherigen Erwägungen folgt, dass die klagende Partei in der Revision keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt, von deren Lösung die Entscheidung abhinge. Deshalb bedarf auch die Frage, ob die Kürzung eines Rechnungsbetrags für umsatzsteuerpflichtige Leistungen durch Gerichtsurteil eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach Paragraph 16, Absatz 3, Ziffer eins, UStG 1994 bewirkt, keiner näheren Erörterung. Insofern zieht die klagende Partei die Ansicht der Vorinstanzen im Grundsätzlichen überdies nicht in Zweifel. Die Revision ist somit mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückzuweisen. Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung gemäß Paragraphen 40,, 41 in Verbindung mit Paragraph 50, Absatz eins, ZPO selbst zu tragen, weil sie auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hinwies und deren Schriftsatz daher einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht dienlich war.

Anmerkung

E69478 1Ob75.03s

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0010OB00075.03S.0429.000

Dokumentnummer

JJT_20030429_OGH0002_0010OB00075_03S0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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