Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl K*****, vertreten durch Dr. August Rogler, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, gegen die beklagten Parteien 1.) Siegfried M*****, 2.) Susanne M*****, beide vertreten durch Dr. Alois Nussbaumer und andere Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen Feststellung und Unterlassung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 2. Dezember 2002, GZ 21 R 306/02b-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 17. Juni 2002, GZ 13 C 891/01g-10, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 439,72 (darin EUR 73,29 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat die Zulassung der ordentlichen Revision damit begründet, dass der Entscheidung SZ 56/60 nicht eindeutig entnommen werden könne, ob dann, wenn das herrschende Gut ein Baugrundstück mit einem Vielfachen der Fläche eines ortsüblichen Baugrundstückes ist, generell mit dessen künftiger Teilung in Baugrundstücke ortsüblicher Größe gerechnet werden müsse, oder eine künftige Parzellierungsabsicht des Eigentümers des herrschenden Gutes bereits im Zeitpunkt der Dienstbarkeitsbestellung konkret vorhersehbar seien müsse; das Höchstgericht habe sich bislang auch noch nicht näher mit der wesentlichen Rechtsfrage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen bei einem unbeschränkten Wegerecht eine Steigerung der Benützungsfälle im Rahmen der baulichen Erschließung und nachfolgenden Nutzung eines Teilgrundstückes für Wohnzwecke zu einer unzulässigen Erweiterung der Dienstbarkeit führe, insbesondere ob hiefür allein das Hinzukommen weiterer Wegebenützer (hier: die Eigentümer des neu gebildeten Teilgrundstückes und deren Besucher) genügen könne.
Zu den §§ 484 und 844 ABGB liegt eine umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor, die vom Berufungsgericht ausführlich dargestellt wurde. Diese Darstellung bedarf keiner Wiederholung, Änderung oder wesentlichen Ergänzung. Hervorzuheben ist, dass die Dienstbarkeit (hier: des Fahrtweges) durch eine Teilung des herrschenden Grundstückes nicht erweitert oder beschwerlicher gemacht werden darf; eine Mehrbelastung des dienenden Grundstückes ist aber zulässig, wenn bei der Bestellung der Dienstbarkeit an eine durch Teilung des herrschenden Grundstückes künftig entstehende Mehrbelastung gedacht wurde oder daran nach den Umständen zu denken war (RIS-Justiz RS0011815, RS0011660).
Aus SZ 56/60 geht - entgegen den Zweifeln des Berufungsgerichtes - hinreichend deutlich hervor, dass im Bestellungszeitpunkt noch keine konkrete Teilungsabsicht des damaligen Eigentümers absehbar sein musste; es genügt vielmehr, dass nach objektiven Gesichtspunkten, nämlich Größe und Lage des Grundstückes, schon bei der Bestellung der Dienstbarkeit damit zu rechnen war, dass es (etwa durch Rechtsnachfolger) in Baugrundstücke ortsüblicher Größe weiter geteilt würde, deren Eigentümer dann keinen anderen Zugang zum öffentlichen Wegenetz als über den Dienstbarkeitsweg haben konnten.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein im Ortszentrum gelegenes langgezogenes Grundstück mit einem Vielfachen der Fläche eines ortsüblichen Baugrundstückes. Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umständen angenommen hat, mit einer Teilung sei zu rechnen gewesen, so hat es damit die Grenzen des ihm bei der Beurteilung des Einzelfalles im Rahmen der Grundsätze der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zustehenden Beurteilungsspielraumes nicht überschritten.
Es entspricht auch der Judikatur, dass eine Steigerung der Zahl der Benützungsfälle für sich allein noch keine unzulässige Erweiterung der Servitut bedeutet (RIS-Justiz RS0011748). Ob eine Erweiterung der Servitut wegen Unzumutbarkeit unzulässig ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Auch insoweit - und zwar sowohl für die Zeit der baulichen Erschließung als auch für die Zeit der nachfolgenden Nutzung eines Teilgrundstückes für Wohnzwecke - liegt keine auffallende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes vor, die der Oberste Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit wahrnehmen müsste.
Auch in der Revision wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt, weshalb das Rechtsmittel - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Textnummer
E69351European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0020OB00088.03K.0508.000Im RIS seit
07.06.2003Zuletzt aktualisiert am
19.04.2011