TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/24 2007/18/0151

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.2007
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §39 Abs3;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des D T, geboren 1960, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. Februar 2007, Zl. SD 904/06, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. Februar 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei laut seinen Angaben zuletzt im April 2003 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe am 22. April 2003 beim Bundesasylamt einen Asylantrag gestellt, über den am 4. Juli 2005 rechtskräftig negativ entschieden worden sei. Schon zuvor, nämlich am 15. März 2005, habe er die österreichische Staatsbürgerin K. geheiratet und zwei Tage später einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung eingebracht, in dem er sich auf diese Ehe berufen habe.

Am 14. November 2005 bzw. 3. April 2006 seien beide Ehegatten getrennt voneinander zu ihrem gemeinsamen Eheleben befragt worden. Dabei sei es zu zahlreichen widersprüchlichen Angaben gekommen. So habe der Beschwerdeführer als Trauzeugen ein befreundetes Ehepaar namens T. und J. genannt, während seine Ehegattin von einem jungen Paar gesprochen und nur mehr gewusst habe, dass der Mann C. geheißen habe. Gleiches ergebe sich für den Tag vor der Hochzeit. Der Beschwerdeführer wolle bei den obgenannten Trauzeugen geschlafen haben, seine Gattin spreche davon, dass er erstmals bei ihr übernachtet hätte. Sie habe weiters deponiert, dass sie der Beschwerdeführer im Jahr 2004 gefragt hätte, ob sie ihn heiraten wollte, und sie hätte sogleich zugestimmt. Dagegen habe der Beschwerdeführer ausgesagt, es hätte keinen Heiratsantrag gegeben, vielmehr hätten seine Gattin und er gemeinsam beschlossen, zu heiraten. Gänzlich widersprüchliche Angaben hätten die beiden zur Frage gemacht, wann der erste sexuelle Kontakt zwischen ihnen stattgefunden habe bzw. wann der Beschwerdeführer in die Wohnung seiner Ehegattin eingezogen sei. Die Ehegattin habe hiezu angegeben, dass sie den Beschwerdeführer ca. eine Woche nach dem Kennenlernen das erste Mal geküsst hätte und es etwa sechs Monate danach zum ersten sexuellen Kontakt gekommen wäre. Dem widersprechend habe der Beschwerdeführer deponiert, dass der erste Kuss erst Monate nach dem Kennenlernen und der erste sexuelle Kontakt nach ca. vier Monaten erfolgt wären.

Nicht weniger unterschiedlich seien die Antworten der beiden Ehegatten bezüglich der Frage, wann die leiblichen Kinder der Ehegattin zuletzt auf Besuch gekommen seien, gewesen. In diesem Zusammenhang habe der Beschwerdeführer ausgesagt, dass der älteste Sohn seiner Gattin im Jahr 2005 und die beiden Töchter vor ca. einem Monat (also im Oktober 2005) in der (angeblich) gemeinsamen Wohnung zu Besuch gewesen wären. Seine Ehegattin hingegen habe deponiert, dass ihr ältester Sohn bereits seit drei Jahren nicht mehr in Österreich gewesen wäre und ihre beiden Töchter zuletzt Ende 2004 auf Besuch gewesen wären. Seit diesem Zeitpunkt hätten ihr Ehegatte und sie keinerlei Besuche, weder von Verwandten noch von Freunden, gehabt. Die Ehegattin des Beschwerdeführers sei weiters am 14. November 2005 nicht in der Lage gewesen, genau anzugeben, was ihr Mann arbeitete bzw. verdiente. Während sie davon gesprochen habe, dass er zwischen EUR 800,-- und E 900,-- netto im Monat als Maler verdiente, habe dieser gegenüber der Behörde angegeben, als Maurer EUR 1.400,-- zu verdienen, wobei dieser Lohn immer gleich bliebe.

Letztlich habe sich auch in Bezug auf den zuletzt erfolgten Besuch der Ehegattin des Beschwerdeführers "in ihr Heimatland" gravierende Unterschiede ergeben. Der Beschwerdeführer habe ausgeführt, seine Gattin wäre im August 2005 mit einem Kleinbus (eines Privatunternehmens) gegen ein Entgelt von EUR 70,-- nach Hause gefahren. Seine Gattin hingegen habe angegeben, dass sie Anfang Oktober 2005 im PKW eines Bekannten mitgefahren wäre.

Diese Widersprüchlichkeiten verdeutlichten augenfällig, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin offensichtlich kein Eheleben im Sinn des Art. 8 EMRK führe. Hinzu komme, dass anlässlich einer am 28. März 2006 durchgeführten Hauserhebung an der angeblich gemeinsamen Wohnadresse in Wien hervorgekommen sei, dass der Beschwerdeführer einer dort befragten, im selben Haus wohnenden Person trotz Vorlage eines Lichtbildes völlig unbekannt gewesen sei. Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin hätten bei der Erhebung nicht angetroffen werden können. Viehmehr habe sich der jüngere Sohn der "Berufungswerberin" (offensichtlich gemeint: der Ehegattin des Beschwerdeführers) gemeinsam mit seiner Freundin in der Wohnung befunden. Dieser habe jedoch über den Verbleib des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin keine Auskünfte geben können.

Bei den wenig später am 3. April 2006 neuerlich getrennt durchgeführten Vernehmungen hätten sich neuerlich wesentliche Widersprüche in den Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin ergeben. So habe der Beschwerdeführer ausgesagt, zum Zeitpunkt der Wohnungskontrolle bei der Tochter seiner Ehegattin und ihren beiden Kindern gewesen zu sein, er habe jedoch nicht sagen können, wie die beiden Kinder hießen. Seine Gattin wiederum habe davon gesprochen, dass er gemeinsam mit ihr an diesem Tag bei ihrer Tochter geschlafen hätte. Am nächsten Tag wäre er um 7.00 Uhr arbeiten gegangen und erst um 20.00 Uhr oder 21.00 Uhr nach Hause gekommen. Dem widersprechend habe der Beschwerdeführer deponiert, am nächsten Tag bis 10.00 Uhr gemeinsam mit der Gattin "bei der Schwester" gewesen und zwischen 13.00 Uhr und 14.00 Uhr gemeinsam mit seiner Frau zur Wohnung zurückgekommen zu sein. Erst danach wäre er auf Arbeitssuche gegangen.

In rechtlicher Hinsicht erachtete die belangte Behörde die im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Tatbestände als erfüllt. In Bezug auf ihre Beweiswürdigung führte sie aus, dass sämtliche oben aufgezeigten Widersprüche (in den Aussagen der Ehegatten) nur den einen zwingenden Schluss zuließen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin kein Eheleben im Sinn des Art. 8 EMRK führe. Auch habe sich der Beschwerdeführer im Grunde damit begnügt, das Bestehen einer Scheinehe unsubstanziiert zu bestreiten. Lediglich den Umstand, dass ihn eine Hauspartei nicht kenne, habe er damit zu erklären versucht, dass er täglich sehr früh wegginge und erst spät am Abend in die Wohnung zurückkehrte. Nach Ansicht der belangten Behörde könne dies allerdings nur als Schutzbehauptung gewertet werden. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass jemand, der nach seinen Angaben im Februar 2005 bei seiner Ehegattin eingezogen sei, mehr als ein Jahr später einem Nachbarn völlig unbekannt sei, während die Wohnungsinhaberin (Ehegattin des Beschwerdeführers) immer wieder im Haus gesehen werde.

In weiterer Folge begründete die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ihre Beurteilung in Bezug auf die Interessenabwägung nach § 66 Abs. 1 und 2 FPG sowie hinsichtlich einer Ermessensübung und der festgesetzten Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die vorliegende Beschwerde wird vom Beschwerdeführer wie folgt begründet:

"Wie bereits in meiner Berufung ausgeführt, ist es durchaus möglich, dass die anderen Hausparteien oder die Hausbesorgerin mich nicht kennen, da ich untertags einer Berufstätigkeit nachgehe und mit Hausparteien überhaupt keinen Kontakt pflege. Eine Scheinehe liegt nicht vor. Ich habe auch ausdrücklich die neuerliche Einvernahme meiner Ehefrau beantragt. Die belangte Behörde ist diesem Antrag aber nicht nachgekommen. Das Verfahren ist daher aus diesem Grund mangelhaft geblieben."

2. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, Bedenken gegen die umfassende Beweiswürdigung der belangten Behörde zu erwecken, geht die Beschwerde doch nicht auf die zahlreichen Widersprüche in den Aussagen des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin ein. Die Verfahrensrüge, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers entgegen seinem ausdrücklichen Antrag nicht erneut vernommen worden sei, ist bereits deshalb nicht zielführend, weil die Beschwerde nicht darlegt, welche neuen entscheidungswesentlichen Tatsachen im Sinn des § 39 Abs. 3 zweiter Satz AVG durch eine neuerliche Vernehmung hätten bewiesen werden sollen.

In Anbetracht der oben (I.1.) angeführten eklatanten Widersprüche zwischen den Angaben der beiden Ehegatten begegnet die Beweiswürdigung der belangten Behörde im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Kontrollbefugnis (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken.

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 24. April 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007180151.X00

Im RIS seit

24.05.2007

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten