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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. des Reinhart Hagn und 2. des Dipl. Ing. Fritz Brucker, beide in Wien, beide vertreten durch Mag. Stefan Lehner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mahlerstraße 13, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 21. Juni 2004, Zl. MA 64 - EE 18/1/2000, betreffend Enteignung (mitbeteiligte Partei:
Dipl. Ing. Dr. Andreas Lindmaier in Wien, vertreten durch Dr. Friedrich H. Knöbl, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Pilgramgasse 22/1/9), zu Recht erkannt.
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Spruchpunkte I., II. und III. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Erstbeschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes 609/52 in EZ 1311 der KG Pötzleinsdorf. Westlich davon befindet sich das Grundstück 609/68 in EZ 1312 der KG Pötzleinsdorf, welches im Eigentum des Zweitbeschwerdeführers steht. An den nördlichen Grundgrenzen dieser beiden Grundstücke erstrecken sich die Liegenschaften EZ. 1317 und EZ. 1318 des Mitbeteiligten. Die beiden Grundstücke der Beschwerdeführer trennt eine 2 m breite Fahne (wobei je 1 m zu EZ. 1317 und zu EZ. 1318 gehört), die den Anschluss der beiden Liegenschaften des Mitbeteiligten an das südlich verlaufende derzeitige öffentliche Gut bildet.
Die Liegenschaften des Mitbeteiligten wurden im Jahre 1933 als Kleingärten genehmigt. Nach dem nunmehr geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument 7001, sind diese Liegenschaften, ebenso wie jene der Beschwerdeführer, als "Bauland-Gartensiedlungsgebiet" ausgewiesen. Mit demselben Plandokument wurde im Süden quer über die Grundstücke der Beschwerdeführer und die Fahne ein in nordöstlicher Richtung verlaufender 3 m breiter (nicht öffentlicher) Durchgang festgesetzt.
Der Mitbeteiligte beantragte mit Schreiben vom 16. Oktober 2000 die Enteignung hinsichtlich in einem Teilungsplan näher ausgewiesener Teilflächen der Liegenschaften der Beschwerdeführer zur Verbreiterung der zuvor beschriebenen Fahne zwecks Schaffung von Baulosen. Die Teilflächen betreffen zunächst einen jeweils 50 cm breiten Streifen der Grundstücke der Beschwerdeführer zur Verbreiterung der bereits vorhandenen 2 m breiten Fahne. Die neu geplante Fahne verläuft weiters jedoch nicht gerade nach Süden, sondern an der Schnittstelle mit dem 3 m breiten Durchgang wird ein "Knick" in westliche Richtung vollzogen, sodass die zu enteignende Fläche hinsichtlich des Grundstückes des Zweitbeschwerdeführers auch jenen Teil umfasst, der den genannten Durchgang im Bereich der Liegenschaft des Zweitbeschwerdeführers bildet. (Im weiteren Verlauf soll die Fahne dann an die neu festgelegte Baulinie und somit an das öffentliche Gut anschließen). Insgesamt soll vom Grundstück des Erstbeschwerdeführers eine Fläche von 13 m2 und vom Grundstück des Zweitbeschwerdeführers eine Fläche von 21 m2 enteignet werden.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens einschließlich einer Enteignungs- und Entschädigungsverhandlung wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO) die Enteignung der im Antrag der mitbeteiligten Partei als Teilstücke 9, 6 und 7 bezeichneten (oben umschriebenen) Teilflächen der Beschwerdeführer zwecks Schaffung von zwei Baulosen des Mitbeteiligten verfügt (Spruchpunkt I.). Spruchpunkt II. betrifft die Entschädigung. Des Weiteren wurde den Beschwerdeführern mit Spruchpunkt III. aufgetragen, die in Spruchpunkt I. bezeichneten Enteignungsobjekte nach Auszahlung oder gerichtlichem Erlag der Entschädigung unverzüglich zu räumen und die Besitznahme durch den Enteignungswerber zu dulden. Mit Spruchpunkt IV. wurden dem Mitbeteiligten Kommissionsgebühren vorgeschrieben.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass gemäß § 16 Abs. 2 BO Baulose mit der Verkehrsfläche durch einen Verbindungsstreifen (Fahne) verbunden werden dürften, wenn der Bebauungsplan die Bebauung der als Verbindungsstreifen vorgesehenen Grundflächen nicht zwingend vorschreibe. Die Breite des Verbindungsstreifens müsse mindestens 3 m betragen. Die beiden Liegenschaften des Mitbeteiligten seien derzeit mit einer 2 m breiten Fahne mit der öffentlichen Verkehrsfläche verbunden. Für die Schaffung von Baulosen habe die Breite dieser Fahne aber nach § 16 Abs. 2 BO mindestens 3 m zu betragen, sodass die Verbreiterung des Verbindungsstreifens um mindestens 1 m erforderlich sei. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer sei Art. V Abs. 2 BO, der nur eine Mindestbereite von 2 m oder eine rechtlich und tatsächlich sichergestellte Zugänglichkeit durch eine entsprechende Dienstbarkeit verlange, nicht anwendbar, da es sich dabei um eine Übergangsbestimmung handle und darüber hinaus um eine Ausnahmebestimmung, die restriktiv auszulegen sei. Sie dürfe nur angewendet werden, wenn es nicht möglich sei, die vollen Verpflichtungen zu erfüllen. Nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens liege aber eine Unmöglichkeit, die bestehende Fahne um 1 m zu verbreitern, nicht vor. Da die betroffenen Liegenschaften der Beschwerdeführer bislang nicht als Baulose genehmigt worden seien, würden die enteignungsgegenständlichen Grundflächen Ergänzungsflächen im Sinn des § 16 Abs. 2 BO darstellen. Sie seien unbebaut und selbständig nicht bebaubar. Gemäß § 42 Abs. 1 BO könnten Ergänzungsflächen von dem, der zur Einbeziehung verpflichtet sei, durch Enteignung in Anspruch genommen werden. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Enteignung der gegenständlichen Grundflächen lägen vor, da diese als Ergänzungsflächen im Sinn des § 16 Abs. 1 BO anzusehen und zwecks Schaffung zweier Baulose in diese einzubeziehen seien.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 10. Oktober 2005, B 905/04-10, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird begehrt, den Bescheid - nach dem Beschwerdeinhalt: soweit die Enteignung ausgesprochen wurde - wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer bringen vor dem Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen vor, dass ihre Liegenschaften weder ganz noch teilweise Restflächen im Sinn des § 16 Abs. 1 BO seien, sodass sich die Anwendung des § 42 Abs. 1 BO als verfehlt erweise. Da die Kleingärten als Baulose nicht genehmigt worden seien, würden allenfalls beide enteignungsbetroffenen Kleingärten in ihrer Gesamtheit je eine Ergänzungsfläche darstellen, nicht aber die willkürlich mit der Enteignung herausgetrennten Teile davon, da sonst noch weitere Nachbarn Stücke aus den Liegenschaften der Beschwerdeführer "herausschneiden" könnten. Die Kleingärten der Beschwerdeführer seien jedoch auch nach der neuen Widmung als Gartensiedlungsgebiet selbständig bebaubar. Der quer durch das Gartensiedlungsgebiet gelegte Durchgang sei hinsichtlich seiner rechtlichen Eigenart nicht geregelt und sei insbesondere kein öffentlicher Durchgang im Sinn des § 5 Abs. 4 lit. g BO, der von jeder Bebauung freizuhalten wäre und nach § 39 BO enteignet werden könnte. Die Enteignung von als Durchgang gewidmeten Flächen in Form eines willkürlich gewählten "Knickes" (und Einbeziehung der Flächen des Durchganges wiederum nur in eine andere Privatliegenschaft, nämlich jene des Mitbeteiligten) statt einer geraden Durchziehung der Fahne bis zum öffentlichen Gut erscheine rechtlich unhaltbar. Diesbezüglich von einer Ergänzungsfläche auszugehen, sei nicht nachvollziehbar. Die Bestimmung des Art. V Abs. 2 BO sei zu beachten und treffe auf den vorliegenden Sachverhalt zu. Zudem habe die belangte Behörde im gleichen Gebiet für zwei andere Grundstücke Baulose mit einer 2 m breiten Fahne genehmigt. Hinsichtlich der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Beschwerdeführer, dass sich die Behörde nicht mit der Tatsache auseinandergesetzt habe, dass nach der Entstehungsgeschichte des jetzt geltenden Plandokuments ein Sanierungsgebiet für Schwarzbauten vorliege, bei welchem die Aufschließungsbestimmungen großzügig handzuhaben seien. Die Anwendbarkeit des Art. V Abs. 2 BO läge daher vor. Des Weiteren habe sich die Behörde nicht mit der Frage der rechtlichen Qualität des neu im Plandokument gewidmeten Durchganges auseinandergesetzt.
§ 42 BO lautet auszugsweise:
"(1) Ergänzungsflächen nach § 16 Abs. 1 können von dem, der zur Einbeziehung verpflichtet ist, durch Enteignung in Anspruch genommen werden;
..."
§ 16 BO lautet auszugsweise:
"(1) Bei Schaffung und Veränderung von Bauplätzen, Baulosen oder Kleingärten oder Teilen von solchen (§ 13 Abs. 2 lit. a und b) sind die Bestimmungen des Bebauungsplanes einzuhalten. Bauplätze müssen unmittelbar, Baulose unmittelbar oder mittelbar über Aufschließungswege an eine vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche angrenzen und eine solche Gestalt und Größe erhalten, daß auf ihnen und auf den angrenzenden Liegenschaften den Anforderungen dieses Gesetzes und des Bebauungsplanes entsprechende Gebäude errichtet werden können. Bleiben bei der Schaffung der Bauplätze oder Baulose einzelne oder in ihrer Summe selbständig nicht bebaubare Restflächen bestehen (Ergänzungsflächen), ist der Antragsteller verpflichtet, diese Ergänzungsflächen in seinen beabsichtigten Bauplatz oder in sein beabsichtigtes Baulos einzubeziehen, und der Eigentümer dieser Flächen verpflichtet, sie gegen Entschädigung abzutreten. Diese Flächen müssen dann nicht oder nicht zur Gänze vom Antragsteller einbezogen werden, wenn ihre Einbeziehung in einen künftig zu schaffenden Bauplatz oder in ein künftig zu schaffendes Baulos sichergestellt ist. Soweit nach den Bestimmungen des Bebauungsplanes Gebäude an die seitlichen Grundgrenzen anzubauen sind, muß möglichst rechtwinkelig an diese Grundgrenzen angebaut werden können.
(2) Die Größe eines Bauplatzes soll unbeschadet einer Festsetzung im Bebauungsplan nach § 5 Abs. 4 lit. v mindestens 500 m2, die eines Bauloses mindestens 250 m2 betragen. Die den Baulosen vorgelagerten Teilflächen der Aufschließungswege (Trennstücke) sind der Einlage des angrenzenden Bauloses zuzuschreiben, dürfen aber dem Flächenausmaß der Baulose nicht zugerechnet wer- den; über Antrag der Eigentümer der Baulose ist es auch zulässig, diese Trennstücke in ein oder mehrere Grundstücke zu vereinigen und einer eigenen Einlage zuzuschreiben. Bauplätze und Baulose dürfen mit der Verkehrsfläche beziehungsweise einem Aufschließungsweg auch durch einen Verbindungsstreifen (Fahne) verbunden werden, wenn der Bebauungsplan die Bebauung der als Verbindungsstreifen vorgesehenen Grundfläche nicht zwingend vorschreibt. Die Breite des Verbindungsstreifens muß mindestens 3 m betragen. Ein mindestens 1 m breiter Teil des Verbindungsstreifens muß zu jedem der Bauplätze oder Baulose gehören. Die Herstellung und Erhaltung des Verbindungsstreifens (der Fahne) obliegt den Eigentümern; diese haben die Benützung sowie die Herstellung und Erhaltung sämtlicher Ver- und Entsorgungsleitungen der zugehörigen Bauplätze oder Baulose auf der Fahne gegenseitig zu dulden. ...
(3) Aufschließungswege im Gartensiedlungsgebiet müssen mindestens 3 m breit sein und mit der öffentlichen Verkehrsfläche unmittelbar verbunden sein. Befahrbare Aufschließungswege im Gartensiedlungsgebiet müssen mindestens 6 m breit sein und bei Richtungsänderungen einen äußeren Radius von mindestens 10 m zulassen. Die Herstellung, Erhaltung, Beleuchtung und Reinigung der Aufschließungswege obliegt den Anrainern; die Abs. 2 und 3 des § 53 gelten sinngemäß. Die Anrainer haben auf diesen Aufschließungswegen den öffentlichen Verkehr sowie die Herstellung, Erhaltung und Benützung von Aufschließungsleitungen im Bereich derselben zu dulden. Die seitlichen Grundgrenzen von Baulosen müssen möglichst senkrecht zur Achse der Aufschließungswege verlaufen. Die Grenzen der Baulose gegenüber den Aufschließungswegen müssen aufeinander so abgestimmt sein, daß sich eine geordnete Gestaltung der Anlage des Aufschließungsweges ergibt; diese muß die zweckmäßige Benützung des Aufschließungsweges und die zweckmäßige Herstellung, Erhaltung und Benützung von Aufschließungsleitungen sicherstellen.
..."
Art. V Abs. 2 BO lautet:
"(2) Für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bauordnungsnovelle 1989 bereits bestehende Gebäude sind in Gartensiedlungsgebieten Abteilungsbewilligungen für Baulose auch dann zu erteilen, wenn Aufschließungswege nicht die im § 16 Abs. 3 geforderten Breiten erreichen; eine lichte Breite von 2,50 m dürfen sie nicht unterschreiten. Die Abteilungsbewilligung darf auch für solche Baulose erteilt werden, die über einen Verbindungsstreifen mit einem Aufschließungsweg verbunden sind (Fahnenbaulose), wenn dieser Verbindungsstreifen eine Mindestbreite von 2 m aufweist oder wenn deren Zugänglichkeit durch eine entsprechende Dienstbarkeit rechtlich und tatsächlich sichergestellt ist."
Zum Vorbringen der Beschwerdeführer, dass keine Ergänzungsflächen im Sinn des § 16 Abs. 1 BO vorlägen, ist zunächst auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof zwar ausgesprochen hat, dass die für die Enteignung gemäß § 42 BO in Anspruch genommenen Flächen eigenständig auf ihre Eigenschaft als Ergänzungsflächen zu überprüfen sind, unbeschadet der übrigen, teilweise verbauten Flächen der Liegenschaft (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. August 1996, Zl. 96/05/0027). Dies bezog sich aber auf einen Fall, in dem zwei Grundstücke (nn/1 und nn/2) eine Liegenschaft (EZ XXX KG Mauer) bildeten, wobei das Grundstück nn/1 bandartig langgestreckt mit einer Breite von 5 bis 6 m für sich allein nicht bebaubar war. Insofern war es zulässig, einen Teil des Grundstückes nn/1 zur Ergänzung eines Bauplatzteiles zu einem vollständigen Bauplatz zu enteignen. Das gesamte Grundstück nn/1 war, wie sich aus dem Erkenntnis eindeutig ergibt, als Ergänzungsfläche im Sinn des § 16 Abs. 1 BO anzusehen. Damit wurde aber nicht gesagt, dass § 42 BO eine Grundlage dafür bietet, aus vorhandenen und bebaubaren Grundstücken, die an sich keine Ergänzungsflächen sind, Teile "herauszutrennen" und damit in der Folge enteignungsfähige Ergänzungsflächen erst neu zu schaffen. Diese Frage kann aber im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil nicht feststeht, dass die gegenständliche Enteignung zur Schaffung von Baulosen des Mitbeteiligten notwendig ist:
Baulose müssen gemäß § 16 Abs. 1 BO nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar über Aufschließungswege an das öffentliche Gut grenzen. Es genügt daher, wenn Baulose über eine Fahne im Sinne des § 16 Abs. 2 BO mit einem Aufschließungsweg verbunden sind, wobei auch mehrere Baulose über eine gemeinsame Fahne aufgeschlossen werden können, wenn zu jedem Baulos mindestens 1 m Fahnenbreite gehört. Aufschließungswege werden nicht durch den Bebauungsplan, sondern durch Abteilungen geschaffen. Im vorliegenden Fall ist aber durch den Bebauungsplan vorgegeben, dass der mit dem öffentlichen Gut verbundene 3 m breite Durchgang die Funktion eines Aufschließungsweges zu haben hat. Es genügt daher, wenn die Fahne der künftigen Baulose des Mitbeteiligten bis zu diesem Durchgang reicht. Flächen, die zu diesem Durchgang gehören, sind folglich keinesfalls zur Aufschließung der Baulose des Mitbeteiligten zwingend in diese einzubeziehen.
Hinsichtlich der Breite der Fahne ist auszuführen, dass sich aus dem Wortlaut des Art. V Abs. 2 BO und aus dessen Systematik sowie aus der Systematik der BO (Art. V Abs. 2 und § 16) ergibt, dass Art. V Abs. 2 BO für zu schaffende Baulose gilt, wenn auf der Grundfläche, die ein zu schaffendes Baulos bilden soll, am 1. Jänner 1990 (dem Tag des Inkrafttretens der Bauordnungsnovelle 1989, LGBl. Nr. 7/1990) ein Gebäude bestanden hat. Sowohl nach der Beschwerde als auch nach der Gegenschrift des Mitbeteiligten ist diese Voraussetzung hinsichtlich der Liegenschaften des Mitbeteiligten erfüllt. Die belangte Behörde hat dazu jedoch keine Feststellungen getroffen. Nach dem Wortlaut des Art. V Abs. 2 BO kommt es weder darauf an, ob künftig auf den Baulosen andere Gebäude errichtet werden sollen, noch darauf, ob die am 1. Jänner 1990 vorhandenen Gebäude nach diesem Stichtag abgerissen worden sind.
Es ergibt sich bereits aus der Verfassung, dass eine Enteignung die "ultima ratio" und zudem das gelindeste Mittel zur Erreichung des angestrebten Zieles darstellen muss (vgl. Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 9. Auflage, Rz 1374; in diesem Sinne auch § 38 Abs. 1 BO). Wenn man also als Ziel der Enteignung die Baulosschaffung auf den Liegenschaften des Mitbeteiligten ansieht, ist die gegenständliche Enteignung zur Ereichung dieses Zieles im vorliegenden Fall, in dem eine 2 m breite Fahne bis zum oben genannten Durchgang bereits vorhanden ist, wobei zu jeder der beiden Liegenschaften ein 1 m breiter Streifen gehört, nicht erforderlich, wenn die Voraussetzungen des Art. V Abs. 2 BO (Bebauung am 1. Jänner 1990) erfüllt sind, wozu aber von der belangten Behörde keine Feststellungen getroffen wurden.
Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Spruchpunkte I., II. und III. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. April 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005050331.X00Im RIS seit
23.05.2007