TE OGH 2003/5/21 9ObA25/03x

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Veröffentlicht am 21.05.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter ao Univ. Prof. Dr. Michaela Windischgrätz und Dr. Helmut Szongott als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Alfred B*****, Verkaufsleiter, *****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz/Senoner/Celar, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Karl Franz Leutgeb, Dr. Rose-Marie Rath Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen EUR 50.847,86 brutto zuzüglich EUR 11.168,95 netto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. November 2002, GZ 9 Ra 255/02i-39, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 8. April 2002, GZ 30 Cga 99/01z-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.824,16 (darin enthalten EUR 304,03 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht hat zutreffend die Rechtzeitigkeit der Entlassung des Klägers verneint, sodass auf dessen Begründung verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin Folgendes entgegenzuhalten:Das Berufungsgericht hat zutreffend die Rechtzeitigkeit der Entlassung des Klägers verneint, sodass auf dessen Begründung verwiesen werden kann (Paragraph 510, Absatz 3, Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin Folgendes entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Der Grundsatz der Unverzüglichkeit der Entlassung besagt, dass der Arbeitgeber die Entlassung ohne Verzug, das heißt sofort, nachdem ihm der Entlassungsgrund bekannt geworden ist, aussprechen muss, widrigenfalls das Entlassungsrecht erlischt (Krejci in Rummel, ABGB³ § 1162 Rz 158; Kuderna, Entlassungsrecht² 13 f; 9 ObA 141/89; 9 ObA 112/97d; RIS-Justiz RS0029131 ua). Bekannt geworden ist der Entlassungsgrund dann, sobald dem Arbeitgeber die für die Beurteilung des Vorliegens eines Entlassungsgrundes wesentlichen Einzelheiten zur Kenntnis gelangt sind (RIS-Justiz RS0029321, RS0029348), wobei der Arbeitgeber verpflichtet ist, die zur Feststellung des Sachverhalts allenfalls erforderlichen und ihm zumutbaren Erhebungen ohne Verzögerung durchzuführen (Kuderna aaO 15 mwN; 9 ObA 163/01p). Der Grundsatz der Unverzüglichkeit beruht auf dem Gedanken, dass ein Arbeitgeber, der eine Verfehlung seines Arbeitnehmers nicht sofort mit der Entlassung beantwortet, dessen Weiterbeschäftigung nicht als unzumutbar ansieht und auf die Ausübung des Entlassungsrechts im konkreten Fall verzichtet (Kuderna aaO 14 mwN; 9 ObA 163/01p ua). Andererseits darf aber der Unverzüglichkeitsgrundsatz nicht überspannt werden (RIS-Justiz RS0031587). Er ist nach den Erfordernissen des Wirtschaftslebens und den Betriebsverhältnissen, insbesondere der Organisationsform des Unternehmens zu beurteilen (RIS-Justiz RS0031789). Dem Arbeitgeber ist auch eine angemessene Überlegungsfrist sowie die Möglichkeit zur Einholung einer Rechtsauskunft zuzubilligen (RIS-Justiz RS0031587).Der Grundsatz der Unverzüglichkeit der Entlassung besagt, dass der Arbeitgeber die Entlassung ohne Verzug, das heißt sofort, nachdem ihm der Entlassungsgrund bekannt geworden ist, aussprechen muss, widrigenfalls das Entlassungsrecht erlischt (Krejci in Rummel, ABGB³ Paragraph 1162, Rz 158; Kuderna, Entlassungsrecht² 13 f; 9 ObA 141/89; 9 ObA 112/97d; RIS-Justiz RS0029131 ua). Bekannt geworden ist der Entlassungsgrund dann, sobald dem Arbeitgeber die für die Beurteilung des Vorliegens eines Entlassungsgrundes wesentlichen Einzelheiten zur Kenntnis gelangt sind (RIS-Justiz RS0029321, RS0029348), wobei der Arbeitgeber verpflichtet ist, die zur Feststellung des Sachverhalts allenfalls erforderlichen und ihm zumutbaren Erhebungen ohne Verzögerung durchzuführen (Kuderna aaO 15 mwN; 9 ObA 163/01p). Der Grundsatz der Unverzüglichkeit beruht auf dem Gedanken, dass ein Arbeitgeber, der eine Verfehlung seines Arbeitnehmers nicht sofort mit der Entlassung beantwortet, dessen Weiterbeschäftigung nicht als unzumutbar ansieht und auf die Ausübung des Entlassungsrechts im konkreten Fall verzichtet (Kuderna aaO 14 mwN; 9 ObA 163/01p ua). Andererseits darf aber der Unverzüglichkeitsgrundsatz nicht überspannt werden (RIS-Justiz RS0031587). Er ist nach den Erfordernissen des Wirtschaftslebens und den Betriebsverhältnissen, insbesondere der Organisationsform des Unternehmens zu beurteilen (RIS-Justiz RS0031789). Dem Arbeitgeber ist auch eine angemessene Überlegungsfrist sowie die Möglichkeit zur Einholung einer Rechtsauskunft zuzubilligen (RIS-Justiz RS0031587).

In Anwendung dieser Grundsätze der ständigen Rechtsprechung gelangte das Berufungsgericht zur Auffassung, dass sich der Geschäftsführer der Beklagten mit dem Ausspruch der Entlassung des Klägers zu lange Zeit ließ, sodass sie letztlich verspätet erfolgte. Eine dabei unterlaufene unrichtige rechtliche Beurteilung vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen. So weist sie selbst zutreffend darauf hin, dass sich die Frage, ob eine Entlassung rechtzeitig oder verspätet vorgenommen wurde, letztlich nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls richtig beurteilen lässt (Krejci aaO § 1162 Rz 162; 4 Ob 81/82; 8 ObA 29/97s; 9 ObA 163/01p; RIS-Justiz RS0031571 ua). Aus der bloßen Zahl der Tage, die in Vorentscheidungen zwischen dem Bekanntwerden des Entlassungsgrundes und dem Ausspruch der Entlassung lagen und in einzelnen Fällen noch ausreichten, um die Rechtzeitigkeit der Entlassung zu bejahen, in anderen Fällen aber bereits ein zu langes Zuwarten des Arbeitgebers mit dem Ausspruch der Entlassung bedeuteten, ist daher für den Standpunkt der Revisionswerberin nichts zu gewinnen.In Anwendung dieser Grundsätze der ständigen Rechtsprechung gelangte das Berufungsgericht zur Auffassung, dass sich der Geschäftsführer der Beklagten mit dem Ausspruch der Entlassung des Klägers zu lange Zeit ließ, sodass sie letztlich verspätet erfolgte. Eine dabei unterlaufene unrichtige rechtliche Beurteilung vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen. So weist sie selbst zutreffend darauf hin, dass sich die Frage, ob eine Entlassung rechtzeitig oder verspätet vorgenommen wurde, letztlich nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls richtig beurteilen lässt (Krejci aaO Paragraph 1162, Rz 162; 4 Ob 81/82; 8 ObA 29/97s; 9 ObA 163/01p; RIS-Justiz RS0031571 ua). Aus der bloßen Zahl der Tage, die in Vorentscheidungen zwischen dem Bekanntwerden des Entlassungsgrundes und dem Ausspruch der Entlassung lagen und in einzelnen Fällen noch ausreichten, um die Rechtzeitigkeit der Entlassung zu bejahen, in anderen Fällen aber bereits ein zu langes Zuwarten des Arbeitgebers mit dem Ausspruch der Entlassung bedeuteten, ist daher für den Standpunkt der Revisionswerberin nichts zu gewinnen.

Grundsätzlich richtig ist der Hinweis, dass es Sache des Arbeitnehmers ist, eine Verspätung der Entlassung zu behaupten und zu beweisen (9 ObA 163/01p; RIS-Justiz RS0029249); er geht jedoch im vorliegenden Fall ins Leere. Denn während der Kläger ohnedies seiner Behauptungs- und Beweislast nachkam, beschränkte sich die Beklagte in erster Instanz auf eine bloß unsubstantiierte Bestreitung des diesbezüglichen Klagevorbringens (ON 19, AS 81). So brachte der Kläger ausdrücklich vor (und stellte dies in den tatsächlichen Aspekten auch erfolgreich unter Beweis), dass die Entlassung verspätet ausgesprochen worden sei, weil die Beklagte durch ihr Verhalten, den Kläger trotz Kenntnis des Entlassungssachverhaltes bei wichtigen Kunden weiterarbeiten zu lassen, zum Ausdruck gebracht habe, dass ihr eine Weiterbeschäftigung des Klägers für die Dauer der Kündigungsfrist durchaus zumutbar gewesen wäre (vgl zuletzt 8 ObA 212/02p).Grundsätzlich richtig ist der Hinweis, dass es Sache des Arbeitnehmers ist, eine Verspätung der Entlassung zu behaupten und zu beweisen (9 ObA 163/01p; RIS-Justiz RS0029249); er geht jedoch im vorliegenden Fall ins Leere. Denn während der Kläger ohnedies seiner Behauptungs- und Beweislast nachkam, beschränkte sich die Beklagte in erster Instanz auf eine bloß unsubstantiierte Bestreitung des diesbezüglichen Klagevorbringens (ON 19, AS 81). So brachte der Kläger ausdrücklich vor (und stellte dies in den tatsächlichen Aspekten auch erfolgreich unter Beweis), dass die Entlassung verspätet ausgesprochen worden sei, weil die Beklagte durch ihr Verhalten, den Kläger trotz Kenntnis des Entlassungssachverhaltes bei wichtigen Kunden weiterarbeiten zu lassen, zum Ausdruck gebracht habe, dass ihr eine Weiterbeschäftigung des Klägers für die Dauer der Kündigungsfrist durchaus zumutbar gewesen wäre vergleiche zuletzt 8 ObA 212/02p).

Soweit die Revisionswerberin argumentiert, dass der Kläger nur "schwerst" zu erreichen gewesen sei, dass der Geschäftsführer der Beklagten so "schockiert" gewesen sei, dass er den Entlassungsgrund erst habe verdauen müssen, dass man den Kläger weiterarbeiten lassen habe, um nicht die Aufstellung von Geräten und die Einschulung von Kunden zu gefährden, dass der Kläger bezüglich der Aufstellung der Geräte und Einschulung der einzige Mitarbeiter der Beklagten gewesen sei, dass der Geschäftsführer der Beklagten zunächst ein Gespräch in aller Ruhe mit dem Kläger gesucht habe, dass bei dem "leicht verzögerten" Ausspruch der Entlassung das Alter des Klägers, die mit der Entlassung verbundene soziale und finanzielle Härte und die emotionale Enttäuschung des Geschäftsführers der Beklagten eine Rolle gespielt haben, worin gerade sich die "hohe soziale Kompetenz" des Geschäftsführers der Beklagten widerspiegle, und dass der Kläger einem Gespräch "ausgewichen" sei, handelt es sich durchwegs um im Revisionsverfahren unzulässige Neuerungen (§ 504 Abs 2 ZPO), auf die nicht eingegangen werden kann.Soweit die Revisionswerberin argumentiert, dass der Kläger nur "schwerst" zu erreichen gewesen sei, dass der Geschäftsführer der Beklagten so "schockiert" gewesen sei, dass er den Entlassungsgrund erst habe verdauen müssen, dass man den Kläger weiterarbeiten lassen habe, um nicht die Aufstellung von Geräten und die Einschulung von Kunden zu gefährden, dass der Kläger bezüglich der Aufstellung der Geräte und Einschulung der einzige Mitarbeiter der Beklagten gewesen sei, dass der Geschäftsführer der Beklagten zunächst ein Gespräch in aller Ruhe mit dem Kläger gesucht habe, dass bei dem "leicht verzögerten" Ausspruch der Entlassung das Alter des Klägers, die mit der Entlassung verbundene soziale und finanzielle Härte und die emotionale Enttäuschung des Geschäftsführers der Beklagten eine Rolle gespielt haben, worin gerade sich die "hohe soziale Kompetenz" des Geschäftsführers der Beklagten widerspiegle, und dass der Kläger einem Gespräch "ausgewichen" sei, handelt es sich durchwegs um im Revisionsverfahren unzulässige Neuerungen (Paragraph 504, Absatz 2, ZPO), auf die nicht eingegangen werden kann.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO.

Textnummer

E69735

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:009OBA00025.03X.0521.000

Im RIS seit

20.06.2003

Zuletzt aktualisiert am

17.12.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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