Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling, Dr. Kuras und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 22. April 1991 geborenen mj. Michelle W*****, über den Rekurs des Vaters Mag. Christian T*****, vertreten durch Mag. Thomas Burkowski, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. September 2002, GZ 45 R 541/02w-48, womit der Rekurs des Vaters gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 21. März 2001, GZ 1 P 73/01i-29, zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluss unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung:
Über Antrag der Kindesmutter verpflichtete das Erstgericht den Vater, zusätzlich zu der ihm aufgrund des Scheidungsvergleiches auferlegten Unterhaltsleistung von bisher S 2.000 beginnend ab 1. 9. 1999 bis 31. 3. 2000 einen weiteren Betrag von monatlich S 1.700 und ab 1. 4. 2000 einen weiteren Betrag von monatlich S 2.000 an Unterhaltszahlungen zu leisten.
Nachdem dieser Beschluss des Erstgerichtes an der zuletzt aktuellen Adresse des Vaters (B***** 4/2, *****) nicht zugestellt werden konnte, weil dieser laut Auskunft des Postamtes ohne Hinterlassung einer Adresse ins Ausland verzogen war, bestellte das Erstgericht mit Beschluss vom 21. 5. 2002 RA Dr. Georgia Alince gemäß § 6 AußStrG, § 116 ZPO zum Zustellkurator. Die Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses an die Zustellkuratorin erfolgte am 24. 6. 2002.Nachdem dieser Beschluss des Erstgerichtes an der zuletzt aktuellen Adresse des Vaters (B***** 4/2, *****) nicht zugestellt werden konnte, weil dieser laut Auskunft des Postamtes ohne Hinterlassung einer Adresse ins Ausland verzogen war, bestellte das Erstgericht mit Beschluss vom 21. 5. 2002 RA Dr. Georgia Alince gemäß Paragraph 6, AußStrG, Paragraph 116, ZPO zum Zustellkurator. Die Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses an die Zustellkuratorin erfolgte am 24. 6. 2002.
Am 12. 8. 2002 konnte schließlich die Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses an den Vater an der nun aktuellen Adresse M***** 28/4, ***** Wien, durch Hinterlegung bewirkt werden.
Den am 22. 8. 2002 vom Vater gegen den erstgerichtlichen Beschluss erhobenen Rekurs wies das Rekursgericht als verspätet zurück. Über Abänderungsantrag des Vaters änderte das Rekursgericht seinen Ausspruch über die Zulässigkeit des weiteren Rekurses dahin ab, dass es diesen mit der Begründung für zulässig erklärte, dass keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Rechtsfrage vorliege, ob trotz rechtswirksamer Bestellung einer Zustellkuratorin der Unterhaltspflichtige nach Verstreichen der ab Zustellung an die Kuratorin gerechneten Rekursfrist rechtzeitig Rekurs gegen den Unterhaltserhöhungsbeschluss erheben könne.
Rechtlich begründete das Rekursgericht seinen Zurückweisungsbeschluss damit, dass maßgeblich für den Beginn der 14-tägigen Rechtsmittelfrist die Zustellung des angefochtenen Beschlusses an die Zustellkuratorin sei.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen vom Vater erhobene Rekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist. Er ist auch berechtigt.
Das Erstgericht hat für den Vater gemäß § 116 ZPO iVm § 6 AußStrG einen Kurator bestellt, ohne dass die Voraussetzungen für eine solche Maßnahme vorgelegen wären. Gemäß dem nach § 6 AußStrG auch im Verfahren außer Streitsachen anzuwendenden § 116 ZPO hat das Gericht für Personen nur dann einen Kurator zu bestellen, wenn die Zustellung wegen deren unbekannten Aufenthaltes nur durch öffentliche Bekanntmachung geschehen könnte. Gemäß § 25 Abs 1 ZustG sind solche Zustellungen ua nur dann vorzunehmen, wenn nicht gemäß § 8 ZustG vorzugehen ist (RZ 1986, 9).Das Erstgericht hat für den Vater gemäß Paragraph 116, ZPO in Verbindung mit Paragraph 6, AußStrG einen Kurator bestellt, ohne dass die Voraussetzungen für eine solche Maßnahme vorgelegen wären. Gemäß dem nach Paragraph 6, AußStrG auch im Verfahren außer Streitsachen anzuwendenden Paragraph 116, ZPO hat das Gericht für Personen nur dann einen Kurator zu bestellen, wenn die Zustellung wegen deren unbekannten Aufenthaltes nur durch öffentliche Bekanntmachung geschehen könnte. Gemäß Paragraph 25, Absatz eins, ZustG sind solche Zustellungen ua nur dann vorzunehmen, wenn nicht gemäß Paragraph 8, ZustG vorzugehen ist (RZ 1986, 9).
Gemäß § 8 Abs 1 ZustG - der auch im Verfahren außer Streitsachen anzuwenden ist (vgl 9 Ob 296/00w; Gitschthaler in Rechberger ZPO² § 87 ZPO [§ 8 ZustG] Rz 4), hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Bei Unterlassen dieser Mitteilung ist gemäß § 8 Abs 2 ZustG die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, ZustG - der auch im Verfahren außer Streitsachen anzuwenden ist vergleiche 9 Ob 296/00w; Gitschthaler in Rechberger ZPO² Paragraph 87, ZPO [§ 8 ZustG] Rz 4), hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Bei Unterlassen dieser Mitteilung ist gemäß Paragraph 8, Absatz 2, ZustG die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.
Diese Voraussetzungen lagen hier vor.
Das Erstgericht hätte daher, nachdem es festgestellt hatte, dass der Vater von der bisherigen Abgabestelle ohne Hinterlassung einer neuen Anschrift verzogen war, alle weiteren Zustellungen im Verfahren nicht an einen Kurator, sondern gemäß § 8 Abs 2 ZustG (durch Hinterlegung ohne vorhergehenden Zustellversuch gemäß § 23 ZustG) vornehmen müssen. Das Erstgericht hat somit bei dieser Verfahrenslage zu Unrecht die Zustellkuratorin bestellt. Ihre Bestellung und die an sie bewirkte Zustellung ist demnach nichtig. Mangels wirksamer Bestellung des Kurators ist die Rechtsmittelfrist erst mit Zustellung der Beschlussausfertigung an den Vater in Gang gesetzt worden (§ 7 ZustG; vgl dazu RZ 1986, 9; 6 Ob 601/86).Das Erstgericht hätte daher, nachdem es festgestellt hatte, dass der Vater von der bisherigen Abgabestelle ohne Hinterlassung einer neuen Anschrift verzogen war, alle weiteren Zustellungen im Verfahren nicht an einen Kurator, sondern gemäß Paragraph 8, Absatz 2, ZustG (durch Hinterlegung ohne vorhergehenden Zustellversuch gemäß Paragraph 23, ZustG) vornehmen müssen. Das Erstgericht hat somit bei dieser Verfahrenslage zu Unrecht die Zustellkuratorin bestellt. Ihre Bestellung und die an sie bewirkte Zustellung ist demnach nichtig. Mangels wirksamer Bestellung des Kurators ist die Rechtsmittelfrist erst mit Zustellung der Beschlussausfertigung an den Vater in Gang gesetzt worden (Paragraph 7, ZustG; vergleiche dazu RZ 1986, 9; 6 Ob 601/86).
Der Rekurs des Vaters ist daher rechtzeitig.
Im fortgesetzten Verfahren wird das Rekursgericht die vom Erstgericht vorgenommene Unterhaltserhöhung inhaltlich zu überprüfen haben.
Textnummer
E69644European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0080OB00048.03X.0522.000Im RIS seit
21.06.2003Zuletzt aktualisiert am
26.11.2012