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L4 Innere VerwaltungNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags eines Liegenschaftseigentümers auf Aufhebung der Prostitutionsverordnung der Gemeinde Kleblach-Lind vom 28.05.02 aufgrund zumutbaren Umwegs über die iSd §4 Krnt ProstitutionsG zu erstattende Anzeige betreffend die beabsichtigte Nutzung von Räumlichkeiten zur erwerbsmäßigen Prostitution (Bordell)Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1.1. Der Antragsteller ist - nach eigenen Angaben - Eigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft mit der Anschrift Kleblach Nr. 17. Dem Antragsvorbringen zufolge beabsichtigt er, auf dieser Liegenschaft u.a. ein Bordell zu betreiben. Im März 2002 habe der Rechtsvertreter des Antragstellers den Bürgermeister der Gemeinde Kleblach-Lind über dieses Vorhaben informiert und um Stellungnahme ersucht, ob die Gemeinde einem Antrag auf Bordellgenehmigung positiv gegenüber stehe. Der Bürgermeister habe sich dazu aber nicht geäußert; mehrere Versuche, ihn telefonisch zu erreichen, seien erfolglos geblieben. In der Sitzung des Gemeinderates vom 28.5.2002 sei sodann die nunmehr bekämpfte Verordnung erlassen worden.
1.2. Mit dem vorliegenden, auf Art139 B-VG gestützten Antrag begehrt der Einschreiter die Aufhebung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Kleblach-Lind vom 28.5.2002, Zl. 139-2/2002, mit der "[d]ie Hingabe des eigenen Körpers zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken im Haus Kleblach Nr. 17, 9753 Lind/Drau, [...] verboten" wird.
Diese Verordnung ziele darauf ab, die vom Einschreiter angekündigte Antragstellung auf Erteilung einer Bordellgenehmigung zu unterbinden, "ohne das hierfür gesetzlich vorgesehene Verfahren durchführen zu müssen, welches mit anfechtbarem Bescheid zu erledigen wäre". Dadurch werde er "in seinem Recht auf Erteilung einer Bordellgenehmigung bzw. Durchführung des hierfür vorgesehenen, ordnungsgemäßen Verfahrens und Erlassung eines Bescheides von vorne herein beschränkt". Es sei ihm unzumutbar, zunächst einen Antrag auf Erlassung einer Genehmigung nach dem Kärntner Prostitutionsgesetz zu stellen, weil dieser unter Hinweis auf die Verordnung zweifellos abgewiesen werden würde. Der Antrag sei daher zulässig.
In der Sache bringt der Antragsteller vor, dass die Verordnung ohne entsprechende gesetzliche Grundlage und ohne Einhaltung des erforderlichen Verfahrens erlassen worden sei, wodurch er in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Erwerbsfreiheit "sowie auf Durchführung eines gesetzlich vorgesehenen Verfahrens" verletzt worden sei.
2.1. Die angefochtene Verordnung lautet:
"VERORDNUNG
des Gemeinderates der Gemeinde Kleblach-Lind vom 28. Mai 2002, Zahl: 139-2/2002, betreffend das Verbot der Hingabe des eigenen Körpers zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken.
Aufgrund des §12 der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung 1998, LGBl. Nr. 68, in Verbindung mit §12 des Kärntner Prostitutionsgesetzes LGBl. Nr. 58/1990, i.d.F. des LGBl. Nr. 84/1990, wird verordnet:
§1
Gebietsweise Beschränkung
Die Hingabe des eigenen Körpers zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken im Haus Kleblach Nr. 17, 9753 Lind/Drau, ist verboten.
§2
Strafbestimmungen
Wer diesem Verbot zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu ATS 50.000,- zu bestrafen.
§3
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft.
[...]"
2.2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Kärntner Prostitutionsgesetzes, LGBl. 58/1990 idF LGBl. 84/1990, lauten auszugsweise:
"§4
Antrag
(1) Ein Bordell darf nur mit Bewilligung der Behörde (Bordellbewilligung) betrieben werden.
(2) Die Erteilung der Bordellbewilligung ist schriftlich bei der Behörde zu beantragen.
(3) ...
§5
Bordellbewilligung
(1) Die Behörde hat eine Bordellbewilligung zu erteilen, wenn die persönlichen (§6) und die sachlichen (§7) Voraussetzungen erfüllt sind. ...
§7
Sachliche Voraussetzungen
Die Bordellbewilligung darf nur erteilt werden, wenn
a) für den Standort, an dem die Prostitution ausgeübt werden soll, kein Verbot der Gemeinde (§12) erlassen wurde;
b) ...
§12
Gebietsweise Beschränkung
Der Gemeinderat kann durch Verordnung die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden im Gemeindegebiet zum Zweck der Anbahnung oder der Ausübung der Prostitution durch Verordnung untersagen, wenn durch diese Tätigkeit die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt oder das örtliche Gemeinschaftsleben gestört wird oder sonstige öffentliche Interessen, wie insbesondere im Rahmen der örtlichen Sicherheitspolizei Interessen der Ruhe, Ordnung und Sicherheit, Interessen des Jugendschutzes oder Interessen des Fremdenverkehrs
verletzt werden."
II. Der Antrag ist nicht zulässig.
1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheids wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffs zur Verfügung steht (VfSlg. 10.511/1985, 11.726/1988).
2. Ob der Antragsteller durch die angefochtene Verordnung unmittelbar in seiner Rechtssphäre betroffen ist, kann im vorliegenden Fall dahinstehen, weil ihm jedenfalls ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des behaupteten Eingriffs zur Verfügung steht: Wer beabsichtigt, ein Gebäude oder Gebäudeteile für Zwecke der erwerbsmäßigen Prostitution zu nutzen, hat hiefür gemäß §4 des Kärntner Prostitutionsgesetzes, LGBl. 58/1990, eine Bewilligung einzuholen. Die Erteilung der Bordellbewilligung ist schriftlich bei der Behörde zu beantragen. Der Antragsteller hat sohin die Möglichkeit, einen Bescheid zu erwirken, den er nach Ausschöpfung des administrativen Instanzenzugs beim Verfassungsgerichtshof bekämpfen kann (vgl. zuletzt VfGH vom 26.2.2002, V120/01).
Der Individualantrag war daher mangels Legitimation zurückzuweisen.
3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Polizeirecht, Prostitution, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:V48.2002Dokumentnummer
JFT_09978991_02V00048_00