TE OGH 2003/5/27 1Ob85/03m

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Veröffentlicht am 27.05.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Korn - Frauenberger Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei W*****gesellschaft m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen 23.057,07 EUR sA infolge ordentlicher Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 11.528,53 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 16. Dezember 2002, GZ 2 R 109/02t-15, womit infolge Berufung beider Streitteile das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 12. März 2002, GZ 40 Cg 147/00v-8, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 686,88 EUR (darin 114,48 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Begründung:

Die klagende Aktiengesellschaft ist die Rechtsnachfolgerin einer GmbH, die mit Generalversammlungsbeschluss vom 30. 4. 1996 ihr gesamtes Betriebs- und Beteiligungsvermögen - ausgenommen das Liegenschaftsvermögen - zur Gründung der klagenden Partei abgespaltet hatte. Die Klageforderung bezieht sich auf den übertragenen Betrieb. Sie wurde mitübertragen. Die übertragende GmbH war ihrerseits - kraft Verschmelzung - 1994 Gesamtrechtsnachfolgerin einer anderen GmbH geworden. Diese Gesellschaft hatte aufgrund des Vertrags vom 19./24.

6. 1991 die Herausgabe der amtlichen Telefonbücher für sechs Jahre übernommen. Sie betraute mit Vertrag vom 24. 4. 1992 - ergänzt durch den Agenturvertrag vom 4. 8. 1992 - eine Rechtsvorgängerin der beklagten Gesellschaft mit der Akquisition von Anzeigen für die Telefonbücher. Dieses Rechtsverhältnis wurde mit Vertrag vom 6. 7. 1994 beendet. Für diese Vertragsauflösung erhielt die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei ein Entgelt von 26 Mio S. Seither besorgte die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei die Akquisition von Anzeigen für die Telefonbücher selbst. In der Folge behaupteten einige Arbeitnehmer der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei, die erwähnte Vertragsauflösung sei einem Betriebsübergang nach Bestimmungen des AVRAG gleichzuhalten. Sie klagten deshalb die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei und begehrten die Feststellung des Bestands aufrechter Dienstverhältnisse sowie die Zahlung des dienstvertraglichen Entgelts. Mit Urteil vom 21. 10. 1999 sprach der Oberste Gerichtshof zu 8 ObA 143/98g aus, die Auflösungsvereinbarung vom 6. 7. 1994 sei als Betriebsübergang nach dem AVRAG zu qualifizieren. Eine Ausfertigung dieser Entscheidung wurde der klagenden Partei am 30. 11. 1999 zugestellt.

Am 1. 12. 1994 kam ein Vergleich zustande, der das rechtliche Schicksal der anderen im Bereich der Anzeigenakquisition beschäftigten Arbeitnehmer der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei mittels eines Sozialplans einer Lösung zuführte. Eine der Arbeitnehmerinnen war damals von 1993 bis 1997 in Karenz. Diese klagte am 17. 10. 1997 die klagende Partei dieses Verfahrens auf Feststellung des Bestehens eines aufrechten Dienstverhältnisses. Dass diese karenzierte Mitarbeiterin bei der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei in der Anzeigenakquisition beschäftigt war, erfuhr die klagende Partei aus einem Schreiben der Wiener Kammer für Arbeiter und Angestellte vom 11. 8. 1997.

Die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei hatte es anlässlich der Auflösungsvereinbarung vom 6. 7. 1994 unterlassen, der Rechtsvorgängerin der klagenden Partei vollständige Personalakten über die bei ihr (in der Anzeigenakquisition) beschäftigen Arbeitnehmer zu überlassen. Die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei äußerte auch kein derartiges Verlangen. Beide Vertragsparteien bedachten bei Abschluss der Auflösungsvereinbarung vom 6. 7. 1994 das allfällige Vorliegen eines Betriebsübergangs nicht. Die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei hatte nur eine Mitarbeiterliste übergeben, in der die karenzierte Arbeitnehmerin nicht aufschien. Der Sozialplan vom 1. 12. 1994 enthielt jedoch eine Klausel, nach der das Dienstverhältnis dieser Mitarbeiterin aufrecht bleibt und von diesem Vergleich nicht berührt wird. Davon erfuhr die klagende Partei im Zuge des Verfahrens über die am 17. 10. 1997 eingebrachte Klage. Die klagende Partei, deren Rechtsvorgängerin einige Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei übernommen hatte, hatte für diese Mitarbeiterin - "trotz Bemühungen" - keine Beschäftigungsmöglichkeit und schloss mit ihr um den 31. 5. 2000 einen (außergerichtlichen) Vergleich. Danach wurde das Dienstverhältnis durch eine Arbeitgeberkündigung zum 31. 12. 1997 aufgelöst. Die klagende Partei verpflichtete sich zu Leistungen an diese (ehemalige) Mitarbeiterin. Sie übernahm ferner die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge und der Prozesskosten. Dafür musste sie - unter Einschluss der eigenen Prozesskosten - insgesamt 23.057,07 EUR aufwenden.

Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von 23.057,07 EUR sA und brachte vor, der beklagten Partei sei die Verletzung von Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten zuzurechnen, weil deren Rechtsvorgängerin bei Abschluss der Auflösungsvereinbarung vom 6. 7. 1994 verschwiegen habe, dass auch eine karenzierte Arbeitnehmerin in dem zu übertragenden Betrieb beschäftigt gewesen sei. Sie habe von diesem Umstand erst mit Schreiben der Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien vom 11. 8. 1997 erfahren und keine betriebliche Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung der karenzierten Arbeitnehmerin gehabt, weil wegen des Betriebsübergangs schon eine andere Arbeitnehmerin übernommen worden sei, die eigentlich bloß als Karenzvertreterin beschäftigt gewesen sei. Davon habe die klagende Partei keine Kenntnis gehabt.

Die beklagte Partei wendete ein, die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei habe über die karenzierte Arbeitnehmerin im Personalstand des übergegangenen Betriebs Bescheid gewusst. Eine allfällige Unkenntnis habe die klagende Partei selbst verschuldet, hätte sie sich doch bei sorgfältigem Verhalten über den Personalstand des übernommenen Betriebs Kenntnis verschaffen müssen. Die klagende Partei habe überdies die Folgen ihres Rechtsirrtums über die Frage nach dem Vorliegen eines Betriebsübergangs selbst zu tragen. Die mangelnde Weiterbeschäftigung der einst karenzierten Arbeitnehmerin falle in die Sphäre der klagenden Partei. Sie hätte auch den entbehrlichen Prozess gegen jene Arbeitnehmerin nicht führen dürfen. Deshalb falle der klagenden Partei auch der geltend gemachte Kostenschaden selbst zur Last.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 11.528,53 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren ab. Nach dessen Ansicht ist ein Verhandlungspartner im redlichen Geschäftsverkehr über Umstände aufzuklären, deren Verschweigung den Vertragszweck - aus dessen Sicht - gefährden oder eine Schadenersatzpflicht begründen könnte. Offenlegungspflichten seien insbesondere auch beim Unternehmenskauf zu erfüllen. Die Überlassung vollständiger Personalakten sei ein wesentlicher Bestandteil der Erfüllung dieser Offenlegungspflicht. Der beklagten Partei sei eine Verletzung bestehender Aufklärungspflichten zuzurechnen, sei doch deren Rechtsvorgängerin dem vorwerfbaren Rechtsirrtum unterlegen, dass die Auflösungsvereinbarung vom 6. 7. 1994 keinen Betriebsübergang bewirke. Bei einem Rechtsgeschäft dieser Größenordnung wäre die Inanspruchnahme einer juristischen Beratung erforderlich gewesen. Das gelte auch für die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei, die über die Rechtsfolgen der erörterten Auflösungsvereinbarung gleichfalls in vorwerfbarer Weise geirrt habe. Bei einer solchen Beratung hätten die Rechtsvorgänger der Streitteile Kenntnis über die Rechtslage nach dem AVRAG und die deshalb erforderlichen Maßnahmen erlangt. Hätten ohnehin beigezogene Rechtsberater geirrt, so wäre deren Rechtsirrtum den Streitteilen zuzurechnen. Der beiden Streitteilen anzulastende Rechtsirrtum habe gleiches Gewicht. Die klagende Partei habe daher die Hälfte des geltend gemachten Schadens selbst zu tragen. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die ordentliche Revision zu. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, dass der Verkäufer dem Käufer beim Verkauf eines Unternehmens jene Unterlagen übergeben müsse, aus denen dieser die für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens wesentlichen Tatsachen erkennen könne. Trotz der in § 2 ABGB getroffenen Regelung sei nicht jede Unkenntnis der Gesetze schuldhaft. Die Verschuldensprüfung unterliege jedoch einem strengen Maßstab. Ein Rechtsirrtum sei vorwerfbar, wenn ein Durchschnittsmensch bei Anwendung gehöriger Sorgfalt die erforderliche Rechtskenntnis in zumutbarer Weise hätte erlangen können. Das Erstgericht habe eine Verletzung der zumutbaren Sorgfalt durch die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei zutreffend darin erblickt, dass bei der Auflösungsvereinbarung vom 6. 7. 1994, einem Geschäft von erheblicher Größenordnung, ein Rechtsbeistand nicht beigezogen worden sei oder ein allfälliger Rechtsberater die Rechtslage - dem Vertretenen zurechenbar - verkannt habe. Die beklagte Partei unterstelle unzutreffend, der maßgebende Rechtsirrtum sei für den eingeklagten Schaden nicht kausal gewesen. Hätte die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei rechtzeitig von der Existenz der karenzierten Mitarbeiterin erfahren, so hätte das Dienstverhältnis mit der an deren Stelle aufgenommenen Vertreterin "unproblematisch" beendet und die karenzierte Mitarbeiterin weiterbeschäftigt werden können. Damit wäre der geltend gemachte Schaden zur Gänze vermieden worden. Es müsse sich aber auch die klagende Partei die vorwerfbare Sorglosigkeit ihrer Rechtsvorgängerin in eigenen Angelegenheiten, sich nicht über die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitsverhältnisse informiert zu haben, nach § 1304 ABGB zurechnen lassen. Die erstgerichtliche Verschuldensteilung sei nicht zu beanstanden. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof noch nicht zur Frage Stellung genommen habe, "ob ein Rechtsirrtum eine Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflichten bewirken" könne.Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 11.528,53 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren ab. Nach dessen Ansicht ist ein Verhandlungspartner im redlichen Geschäftsverkehr über Umstände aufzuklären, deren Verschweigung den Vertragszweck - aus dessen Sicht - gefährden oder eine Schadenersatzpflicht begründen könnte. Offenlegungspflichten seien insbesondere auch beim Unternehmenskauf zu erfüllen. Die Überlassung vollständiger Personalakten sei ein wesentlicher Bestandteil der Erfüllung dieser Offenlegungspflicht. Der beklagten Partei sei eine Verletzung bestehender Aufklärungspflichten zuzurechnen, sei doch deren Rechtsvorgängerin dem vorwerfbaren Rechtsirrtum unterlegen, dass die Auflösungsvereinbarung vom 6. 7. 1994 keinen Betriebsübergang bewirke. Bei einem Rechtsgeschäft dieser Größenordnung wäre die Inanspruchnahme einer juristischen Beratung erforderlich gewesen. Das gelte auch für die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei, die über die Rechtsfolgen der erörterten Auflösungsvereinbarung gleichfalls in vorwerfbarer Weise geirrt habe. Bei einer solchen Beratung hätten die Rechtsvorgänger der Streitteile Kenntnis über die Rechtslage nach dem AVRAG und die deshalb erforderlichen Maßnahmen erlangt. Hätten ohnehin beigezogene Rechtsberater geirrt, so wäre deren Rechtsirrtum den Streitteilen zuzurechnen. Der beiden Streitteilen anzulastende Rechtsirrtum habe gleiches Gewicht. Die klagende Partei habe daher die Hälfte des geltend gemachten Schadens selbst zu tragen. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die ordentliche Revision zu. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, dass der Verkäufer dem Käufer beim Verkauf eines Unternehmens jene Unterlagen übergeben müsse, aus denen dieser die für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens wesentlichen Tatsachen erkennen könne. Trotz der in Paragraph 2, ABGB getroffenen Regelung sei nicht jede Unkenntnis der Gesetze schuldhaft. Die Verschuldensprüfung unterliege jedoch einem strengen Maßstab. Ein Rechtsirrtum sei vorwerfbar, wenn ein Durchschnittsmensch bei Anwendung gehöriger Sorgfalt die erforderliche Rechtskenntnis in zumutbarer Weise hätte erlangen können. Das Erstgericht habe eine Verletzung der zumutbaren Sorgfalt durch die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei zutreffend darin erblickt, dass bei der Auflösungsvereinbarung vom 6. 7. 1994, einem Geschäft von erheblicher Größenordnung, ein Rechtsbeistand nicht beigezogen worden sei oder ein allfälliger Rechtsberater die Rechtslage - dem Vertretenen zurechenbar - verkannt habe. Die beklagte Partei unterstelle unzutreffend, der maßgebende Rechtsirrtum sei für den eingeklagten Schaden nicht kausal gewesen. Hätte die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei rechtzeitig von der Existenz der karenzierten Mitarbeiterin erfahren, so hätte das Dienstverhältnis mit der an deren Stelle aufgenommenen Vertreterin "unproblematisch" beendet und die karenzierte Mitarbeiterin weiterbeschäftigt werden können. Damit wäre der geltend gemachte Schaden zur Gänze vermieden worden. Es müsse sich aber auch die klagende Partei die vorwerfbare Sorglosigkeit ihrer Rechtsvorgängerin in eigenen Angelegenheiten, sich nicht über die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitsverhältnisse informiert zu haben, nach Paragraph 1304, ABGB zurechnen lassen. Die erstgerichtliche Verschuldensteilung sei nicht zu beanstanden. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof noch nicht zur Frage Stellung genommen habe, "ob ein Rechtsirrtum eine Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflichten bewirken" könne.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

1. Die beklagte Partei meint in Auslegung der Klageerzählung, der Klageanspruch hätte schon deshalb scheitern müssen, weil ihr die klagende Partei vorgeworfen habe, eine Aufklärungspflicht trotz "Kenntnis der wahren Rechtslage" verletzt zu haben. Als Klagegrund wurde indes geltend gemacht, die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei habe "im Zuge der Verhandlungen über die Auflösungsvereinbarung vom 6. 7. 1994 verschwiegen", dass "in der vertragsgegenständlichen wirtschaftlichen Einheit auch eine zum damaligen Zeitpunkt karenzierte Arbeitnehmerin beschäftigt" gewesen sei. Die Rechtsausführungen in der Klageerzählung, die die beklagte Partei zur Stützung ihrer Ansicht heranzieht, sind abstrakt gehalten und referieren bloß, welche Rechtsfolgen nach dem Gesetz mit dem Übergang eines Unternehmens, Betriebs oder Betriebsteils verknüpft sind. Aus diesen Erörterungen ist nicht ableitbar, die klagende Partei habe die beklagte Partei nur wegen einer vorwerfbaren Verletzung von Aufklärungspflichten trotz Kenntnis der wahren Rechtslage in Anspruch nehmen wollen.

Im Übrigen soll - nach Ansicht der Revisionswerberin - die auf einem Rechtsirrtum beruhende Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht durch die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei schon deshalb nicht "haftungsbegründend" sein, weil die klagende Partei bzw deren Rechtsvorgängerin über die wesentliche Rechtsfrage selbst geirrt habe. Somit sei aber das Verhalten der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei weder rechtswidrig noch schuldhaft gewesen. Eine Begründung für diesen Standpunkt, die einer Erörterung wert wäre, bleibt die beklagte Partei allerdings schuldig. Soweit sie weiterhin daran festhält, deren Rechtsvorgängerin habe den Irrtum der Rechtsvorgängerin der klagenden Partei nicht veranlasst, ist sie auf die zutreffende Ausführung des Berufungsgerichts, eine Irrtumsanfechtung sei nicht Gegenstand des Rechtsstreits, zu verweisen.

Die Revisionswerberin setzt sich auch gegen die Ansicht der Vorinstanzen, der für die Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht ursächliche Rechtsirrtum sei vorwerfbar, zur Wehr. Ihre Ausführungen entbehren jedoch einer plausiblen Begründung für die Verneinung eines Verschuldens. Deren Gründe verfehlen einerseits das entscheidungswesentliche Thema - Schadenersatz wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflicht -, andererseits kann die Hervorhebung der Sorglosigkeit der Rechtsvorgängerin der klagenden Partei in eigenen Angelegenheiten das für die Haftung der beklagten Partei maßgebende Verschulden deren Rechtsvorgängerin nicht verdrängen.

Die beklagte Partei hält weiter daran fest, das als Klagegrund geltend gemachte Verhalten der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei sei für den geltend gemachten Schaden nicht kausal gewesen, weil die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei selbst geirrt habe und deshalb ein "Wissen über das aufrechte Dienstverhältnis" der karenzierten Arbeitnehmerin "völlig ignoriert" hätte. In diesem Kontext wendet sich die beklagte Partei gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, mangels Vorlage aller Personalakten habe die klagende Partei nicht gewusst, dass eine bereits vor dem Auftreten der karenzierten Mitarbeiterin - offenkundig dauerhaft - weiterbeschäftigte Dienstnehmerin zunächst lediglich als Karenzvertreterin beschäftigt gewesen sei und dass die Auflösung deren Dienstverhältnis zur Vermeidung des eingeklagten Schadens "unproblematisch" möglich gewesen wäre. Insofern zieht die beklagte Partei aus den getroffenen Feststellungen indes nur den nicht näher begründeten, aber auch gar nicht begründbaren Schluss, die klagende Partei habe allein durch die Weiterbeschäftigung der Karenzvertreterin zum Ausdruck gebracht, diese Vertreterin "nicht durch Kündigung verlieren" zu wollen, sodass sie die karenzierte Mitarbeiterin jedenfalls hätte kündigen müssen. Schließlich verficht die beklagte Partei noch den Standpunkt, der Zuspruch von Prozesskosten sei verfehlt, weil die klagende Partei die Aussichtslosigkeit eines Prozesses mit der karenzierten Mitarbeiterin hätte erkennen können und müssen. Diese hätte sich daher auf eine Prozessführung nicht einlassen dürfen. Die beklagte Partei verschweigt jedoch, auf Grund welcher konkreter Tatsachen der Betriebsübergang und die damit verknüpfte Übernahme der karenzierten Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei vor dem Hintergrund der Auflösungsvereinbarung vom 6. 7. 1994 nicht vernünftig bestreitbar gewesen sei. Sie beruft sich insoweit nur auf die allgemein gehaltenen Rechtsausführungen in der Klageerzählung, wonach bei einem Betriebsübergang "die in der betreffenden wirtschaftlichen Einheit beschäftigten Arbeitnehmer automatisch ex lege auf den Erwerber dieser Einheit übergehen". Allein daraus ist jedoch nicht ableitbar, dass die klagende Partei die Frage nach der Anwendbarkeit des AVRAG keiner prozessualen Klärung zuführen durfte.

2. Die bisherigen Erwägungen belegen, dass die beklagte Partei keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigte, von deren Lösung die Entscheidung abhinge. Sie zieht im Grundsätzlichen nicht einmal in Zweifel, dass eine vorvertragliche Aufklärungspflicht auch als Folge eines vorwerfbaren Rechtsirrtums verletzt werden kann. § 502 Abs 1 ZPO setzt für die Zulässigkeit der Revision die Lösungsbedürftigkeit einer erheblichen Rechtsfrage voraus. Demnach ist die Anfechtung des Berufungsurteils nur möglich, wenn im Rechtsmittel die unrichtige Lösung (zumindest) einer erheblichen Rechtsfrage geltend gemacht wird. Selbst wenn das Berufungsgericht die Revision zu Recht zuließ, der Revisionswerber dann aber - wie hier - nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision zurückzuweisen (1 Ob 71/02a; siehe überdies die Rechtssatzkette zu RIS-Justiz RS0048272). Im Anlassfall muss daher auch nicht erörtert werden, ob die Rechtsfrage, derentwegen das Berufungsgericht die ordentliche Revision zuließ, nach § 502 Abs 1 ZPO erheblich gewesen wäre. Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an einen Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Die Revision der beklagten Partei ist somit zurückzuweisen.2. Die bisherigen Erwägungen belegen, dass die beklagte Partei keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigte, von deren Lösung die Entscheidung abhinge. Sie zieht im Grundsätzlichen nicht einmal in Zweifel, dass eine vorvertragliche Aufklärungspflicht auch als Folge eines vorwerfbaren Rechtsirrtums verletzt werden kann. Paragraph 502, Absatz eins, ZPO setzt für die Zulässigkeit der Revision die Lösungsbedürftigkeit einer erheblichen Rechtsfrage voraus. Demnach ist die Anfechtung des Berufungsurteils nur möglich, wenn im Rechtsmittel die unrichtige Lösung (zumindest) einer erheblichen Rechtsfrage geltend gemacht wird. Selbst wenn das Berufungsgericht die Revision zu Recht zuließ, der Revisionswerber dann aber - wie hier - nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision zurückzuweisen (1 Ob 71/02a; siehe überdies die Rechtssatzkette zu RIS-Justiz RS0048272). Im Anlassfall muss daher auch nicht erörtert werden, ob die Rechtsfrage, derentwegen das Berufungsgericht die ordentliche Revision zuließ, nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO erheblich gewesen wäre. Gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO ist der Oberste Gerichtshof an einen Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Die Revision der beklagten Partei ist somit zurückzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die Kosten der Revisionsbeantwortung sind zuzuerkennen, weil die klagenden Partei im Interesse einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Prozessgegnerin hinwies.3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 41, in Verbindung mit Paragraph 50, Absatz eins, ZPO. Die Kosten der Revisionsbeantwortung sind zuzuerkennen, weil die klagenden Partei im Interesse einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Prozessgegnerin hinwies.

Anmerkung

E69630 1Ob85.03m

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0010OB00085.03M.0527.000

Dokumentnummer

JJT_20030527_OGH0002_0010OB00085_03M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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