Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ignaz S*****, 2. Maria S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Haymo Modelhart, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1. Franz H*****, 2. Theresia H*****, 3. Johann S*****, 4. Anneliese L*****, 5. DI Friedrich L*****, und 6. Roman E*****, die erst- bis viertbeklagte und die sechstbeklagte Partei vertreten durch Dr. Jürgen Nowotny, Rechtsanwalt in Linz, die fünftbeklagte Partei vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in Traun, wegen EUR 14.389,22 sA und Rechnungslegung (Streitwert EUR 1.453,46) infolge von Rekursen der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 24. März 2003, GZ 3 R 146/02i-25, womit Anträge der beklagten Parteien zurückgewiesen wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Rekurse werden zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom 25. 2. 2003 (ON 21) hob das Gericht zweiter Instanz aus Anlass der Berufung der Kläger das deren Begehren abweisende Ersturteil als nichtig auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens durch Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung auf. Das Erstgericht habe dadurch gegen den Grundsatz der Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verstoßen, dass es nach Schluss der Verhandlung gemäß § 193 Abs 3 ZPO die nach diesem Zeitpunkt ergangenen Entscheidungen in einem Verwaltungsverfahren seinem Urteil zugrunde gelegt habe, ohne dass den Parteien die Möglichkeit einer Stellungnahme eröffnet worden wäre.
Mit Anträgen vom 18. 3. und 19. 3. 2003 (ON 22 und ON 23) begehrten die Beklagten, das Berufungsgericht möge "in Bezug auf den Beschluss vom 25. 2. 2003" gemäß § 479 Abs 1 ZPO aussprechen, dass das Verfahren in erster Instanz erst nach eingetretener Rechtskraft der Berufungsentscheidung fortzusetzen sei.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht die Anträge der Beklagten zurück. Der nachträgliche Ausspruch eines Rechtskraftvorbehalts gemäß § 479 Abs 1 ZPO sei unzulässig. Der Rechtskraftvorbehalt müsse gleichzeitig mit dem Aufhebungsbeschluss gefasst werden. Die nachträgliche Anordnung bleibe wirkungslos, außer es lägen die - hier nicht gegebenen - Voraussetzungen für eine Berichtigung gemäß §§ 419, 430 ZPO vor.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobenen Rekurse der Beklagten sind unzulässig.
Hat das Berufungsgericht - wie im vorliegenden Fall - das Ersturteil wegen Nichtigkeit aufgehoben, nicht aber auch die Klage zurückgewiesen, dann ist dieser Beschluss nur anfechtbar, wenn das Berufungsgericht gemäß § 479 Abs 1 ZPO ausgesprochen hat, dass das Verfahren in erster Instanz erst nach eingetretener Rechtskraft der Berufungsentscheidung aufzunehmen oder fortzusetzen sei (9 ObA 120/89; 2 Ob 2317/96s je mwH). Gemäß dem vorletzten Halbsatz dieser Gesetzesstelle kann ein solcher Ausspruch von Amts wegen oder auf Antrag erfolgen. Auf die in den Rekursen relevierte Frage, ob das Berufungsgericht durch die - abweichend von § 519 Abs 2 ZPO - eingeräumte Möglichkeit der Antragstellung in die Lage versetzt werden sollte, einen ursprünglich bewusst unterlassenen Ausspruch nachzutragen, muss hier nicht näher eingegangen werden, weil die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz in keinem Fall einem Rechtszug an den Obersten Gerichtshof unterliegt:
Entgegen der vom Fünftbeklagten in seinem Rekurs vertretenen Ansicht ergibt sich die Zulässigkeit eines Rechtsmittels nicht bereits aus einem Umkehrschluss aus § 479 Abs 1 letzter Halbsatz ZPO. Danach ist gegen den bereits beschriebenen Ausspruch des Berufungsgerichts ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. Dazu bemerkt Kodek (in Rechberger ZPO2 § 479 Rz 1) zutreffend, dass es sich bei dem Gesetzeswortlaut offenbar um einen Redaktionsfehler handle, weil der Ausspruch in Wahrheit nur in der Rekursbeantwortung (§ 521a Abs 1 Z 2) gerügt werden könne. Ist aber gegen einen solchen Ausspruch ein Rechtsmittel nicht zulässig, so gebietet es schon der Grundsatz der Waffengleichheit, auch der Verweigerung eines derartigen Ausspruchs die Anfechtbarkeit zu verwehren. In diesem Sinne lehrt Fasching (LB2 Rz 1822), dass der Ausspruch oder die Verweigerung der Rekurszulassung durch kein Rechtsmittel angefochten werden könne.
Die Rekurswerber sind auch insoweit nicht im Recht, als sie die Rechtsmittelzulässigkeit auf § 519 Abs 1 Z 1 ZPO stützen wollen. Die Zurückweisung ihrer Anträge kann nicht der Zurückweisung von Klage oder Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen gleichgehalten werden. Nach der Absicht des Gesetzgebers soll durch die genannte Bestimmung lediglich die Anfechtung jener berufungsgerichtlichen Beschlüsse, die die weitere Prozessführung abschneiden, zugelassen werden. Nur in diesem Sinn wurde die Ausnahme vom Anfechtungsausschluss bislang von der Rechtsprechung in restriktiver Weise auch auf andere als in § 519 Abs 1 Z 1 ZPO genannte Beschlüsse analog angewendet (vgl RIS-Justiz RS0043819; RS0102655). Davon, dass der angefochtene Beschluss das Rechtsschutzbegehren der Beklagten im gleichen Sinn wie die Zurückweisung von Klage oder Berufung unmittelbar träfe, kann hier keine Rede sein, wird doch das Verfahren keineswegs beendet und steht dem Beklagten die Möglichkeit offen, die nun dem Erstgericht überbundene Rechtsansicht in Bekämpfung eines späteren Berufungsurteils an den Obersten Gerichtshof heranzutragen.Die Rekurswerber sind auch insoweit nicht im Recht, als sie die Rechtsmittelzulässigkeit auf § 519 Abs 1 Z 1 ZPO stützen wollen. Die Zurückweisung ihrer Anträge kann nicht der Zurückweisung von Klage oder Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen gleichgehalten werden. Nach der Absicht des Gesetzgebers soll durch die genannte Bestimmung lediglich die Anfechtung jener berufungsgerichtlichen Beschlüsse, die die weitere Prozessführung abschneiden, zugelassen werden. Nur in diesem Sinn wurde die Ausnahme vom Anfechtungsausschluss bislang von der Rechtsprechung in restriktiver Weise auch auf andere als in § 519 Abs 1 Z 1 ZPO genannte Beschlüsse analog angewendet vergleiche RIS-Justiz RS0043819; RS0102655). Davon, dass der angefochtene Beschluss das Rechtsschutzbegehren der Beklagten im gleichen Sinn wie die Zurückweisung von Klage oder Berufung unmittelbar träfe, kann hier keine Rede sein, wird doch das Verfahren keineswegs beendet und steht dem Beklagten die Möglichkeit offen, die nun dem Erstgericht überbundene Rechtsansicht in Bekämpfung eines späteren Berufungsurteils an den Obersten Gerichtshof heranzutragen.
Vom Berufungsgericht im Berufungsverfahren gefasste Beschlüsse, die im § 519 ZPO nicht aufgezählt sind, können überhaupt nicht angefochten werden (Kodek aaO § 519 Rz 2 mit zahlreichen Fallbeispielen). Die Rechtsmittelbeschränkung umfasst somit auch Unterbrechungsbeschlüsse, Urteilsberichtigungsbeschlüsse, Entscheidungen über Klagsänderungen, die Richtigstellung der Parteienbezeichnung sowie die Zurückweisung unzulässiger Schriftsätze (RIS-Justiz RS0043763). Gerade wenn man den Argumenten der Rekurswerber, ein Ausspruch gemäß § 479 Abs 1 ZPO könne über Antrag auch nach Fällung der Entscheidung des Berufungsgerichts nachgetragen werden, folgt, kann es nicht zweifelhaft sein, dass der angefochtene Beschluss im Berufungsverfahren erging. Die damit zurückgewiesenen Anträge der Beklagten bezogen sich ebenso wie etwa ein Antrag auf Urteilsberichtigung jedenfalls unmittelbar auf die im Berufungsverfahren ergangene Entscheidung. Die Rekurse der Beklagten wären daher, selbst wenn man den Rechtsmittelausschluss des § 479 Abs 1 letzter Halbsatz ZPO nicht im bereits dargestellten Sinn verstünde, jedenfalls gemäß § 519 ZPO unzulässig.
Die Rekurse sind zurückzuweisen.
Textnummer
E69564European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0010OB00103.03H.0527.000Im RIS seit
26.06.2003Zuletzt aktualisiert am
14.01.2011