TE OGH 2003/5/28 7Ob83/03m

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Veröffentlicht am 28.05.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei GE C***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Proksch & Partner OEG, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Karl S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch CMS Strommer Reich-Rohrwig Karasek Hainz, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 18.720,80 samt Anhang, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 21. November 2002, GZ 1 R 201/02i-11, womit das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Handelsgericht vom 29. Juli 2002, GZ 6 Cg 47/02w-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.000,98 (darin enthalten EUR 166,83 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 30. 4. 2001 trat die Leopold und Petra M***** OEG (in der Folge: OEG) der Klägerin ihre Forderungen aus sämtlichen bisher erzielten und in Zukunft zu erzielenden Umsätzen aus der Geschäftsbeziehung mit der Beklagten ab. Die Abtretung sollte der Besicherung der Forderungen der Klägerin gegen die OEG dienen. Die Beklagte wurde von der Zession mit Schreiben der Klägerin vom 3. 5. 2001 verständigt. Bis September 2001 leistete die Beklagte auf Grund der Zession Zahlungen an die Klägerin für durch die OEG durchgeführte Transporte.

Mit Schreiben vom 14. 11. 2001 verständigte die N***** AG (in der Folge: AG) die Beklagte davon, dass die OEG an sie als Leasinggesellschaft sämtliche gegen die Beklagte zustehenden Forderungen zediert habe. Die Zahlungen könnten ab nun nur mehr an sie mit schuldbefreiender Wirkung erfolgen. Die Beklagte hielt sowohl mit der OEG als auch der AG Rücksprache. Am 19. 11. 2001 übersandte ihr die AG den Zessionsvertrag mit der OEG und ersuchte um Überweisung an sie. Die OEG verständigte die Beklagte davon, dass die Zession "ab sofort zu ändern sei". Sie ziehe die Zession zugunsten der Klägerin "ab sofort zurück" und trete die Forderungen an die AG ab. Die Klägerin wurde von dieser Zession weder verständigt noch gab sie hiezu ihre Zustimmung.

Die Beklagte leistete im Oktober 2001 im Hinblick auf die ihr bekanntgegebene Zession an die AG Zahlungen.

Die Klägerin begehrt nun von der Beklagten die Bezahlung der ihr auf Grund der Zession vom 30. 4. 2001 gegen die Beklagte zustehenden Forderungen aus Transportleistungen für Oktober/November 2001. Bei mehrfacher Abtretung derselben Forderungen an verschiedene Übernehmer gehe die zeitlich frühere Abtretung vor, sodass die Beklagte an die AG nicht mit schuldbefreiender Wirkung habe leisten können.

Die Beklagte stellte das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit, beantragte aber Klagsabweisung mit der Begründung, dass sie von der zweiten Zession an die AG verständigt worden sei. Bei Behauptung mehrfacher Abtretung sowie überhaupt in Zweifelsfällen könne der Schuldner an den Altgläubiger mit schuldbefreiender Wirkung leisten. Die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, nach Bekanntgabe der Zession an die Klägerin zu zahlen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt. Mit der Abtretung der Forderungen der OEG an die Klägerin seien diese Rechte auf sie im vollen Umfang übergegangen. Die OEG habe danach nicht mehr rechtswirksam darüber verfügen können. Nach Verständigung des Zessus von der Abtretung könne er an den Zedenten nicht mehr zahlen bzw sich sonst mit ihm abfinden. Werde daher der Zessus von der weiteren Zession verständigt, könne er nur an den ihm zuerst bekannt gegebenen Zessionar mit schuldbefreiender Wirkung bezahlen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es vertrat die Ansicht, dass bei einer Mehrfachzession nur die erste Zession wirksam sei, sodass dem Zedenten eine weitere Vefügung über die abgetretene Forderung mangels Verfügungsmacht unmöglich sei. Es wäre der Beklagten zumutbar gewesen, nach Verständigung der OEG über eine weitere Zession, die ihr bekannte erste Zessionarin zu kontaktieren. Dies sei keine Überspannung der Sorgfalts- und Nachforschungspflichten. Infolge Unterlassung des neuerlichen Kontaktes mit der Klägerin dürfe die Beklagte jedenfalls nicht darauf vertrauen, mit schuldbefreiender Wirkung an die Zweitzessionarin zahlen zu dürfen.

In Abänderung seines ursprünglichen Ausspruches erklärte das Berufungsgericht die ordentliche Revision für zulässig, da der Oberste Gerichtshof außerhalb von Factoringgeschäften zur konkreten Frage der schuldbefreienden Wirkung von durch die Beklagte an den Zweitzessionar geleisteten Zahlungen bisher nicht Stellung genommen habe.

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Zu Recht ist zwischen den Parteien nicht strittig, dass die Zession künftiger ausreichend nach Rechtsverhältnis und Person individualisierter Forderungen an die Klägerin rechtswirksam war (vgl 1 Ob 406/97f mwN). Zwischen den Parteien ist nur strittig, ob bei einer Doppelzession, wobei der Zessus sowohl von der ersten Zession als auch von der zweiten Zession verständigt wurde, mit schuldbefreiender Wirkung an den Zweitzessionar bezahlen kann.Zu Recht ist zwischen den Parteien nicht strittig, dass die Zession künftiger ausreichend nach Rechtsverhältnis und Person individualisierter Forderungen an die Klägerin rechtswirksam war vergleiche 1 Ob 406/97f mwN). Zwischen den Parteien ist nur strittig, ob bei einer Doppelzession, wobei der Zessus sowohl von der ersten Zession als auch von der zweiten Zession verständigt wurde, mit schuldbefreiender Wirkung an den Zweitzessionar bezahlen kann.

Nach ständiger Rechtsprechung geht bei einer Mehrfachzession derselben Forderung an verschiedene Personen die zeitlich älteste Abtretung - vorausgesetzt, dass sie rechtswirksam ist - allen anderen vor. Maßgebend ist, welcher Abtretungsvertrag zuerst geschlossen wurde. Gleichgültig ist hingegen, von welcher Abtretung der Schuldner zuerst verständigt wurde. Durch die zeitlich erste Abtretung scheidet nämlich die Forderung aus dem Vermögen des Überträgers aus und geht in das Vermögen des Übernehmers über, womit sich die Rechtszuständigkeit ändert. Der Zedent ist nach der ersten Abtretung nicht mehr Inhaber der Forderung, sie ist auch nicht mehr in seiner Rechtszuständigkeit, weshalb der Zedent sie nicht noch einmal wirksam übertragen kann. Der zweite Zessionar kann also kein Recht an der Forderung erwerben (6 Ob 604/81 = SZ 54/104; 8 Ob 534/85 = JBl 1986, 235, 8 Ob 512/95 = JBl 1996, 251; RIS-Justiz RS0032538; RS0032531; Honsell/Haidinger in Schwimann, ABGB, § 1394, Rz 12; Ertl in Rummel II3, § 1394 ABGB, Rz 2).Nach ständiger Rechtsprechung geht bei einer Mehrfachzession derselben Forderung an verschiedene Personen die zeitlich älteste Abtretung - vorausgesetzt, dass sie rechtswirksam ist - allen anderen vor. Maßgebend ist, welcher Abtretungsvertrag zuerst geschlossen wurde. Gleichgültig ist hingegen, von welcher Abtretung der Schuldner zuerst verständigt wurde. Durch die zeitlich erste Abtretung scheidet nämlich die Forderung aus dem Vermögen des Überträgers aus und geht in das Vermögen des Übernehmers über, womit sich die Rechtszuständigkeit ändert. Der Zedent ist nach der ersten Abtretung nicht mehr Inhaber der Forderung, sie ist auch nicht mehr in seiner Rechtszuständigkeit, weshalb der Zedent sie nicht noch einmal wirksam übertragen kann. Der zweite Zessionar kann also kein Recht an der Forderung erwerben (6 Ob 604/81 = SZ 54/104; 8 Ob 534/85 = JBl 1986, 235, 8 Ob 512/95 = JBl 1996, 251; RIS-Justiz RS0032538; RS0032531; Honsell/Haidinger in Schwimann, ABGB, Paragraph 1394,, Rz 12; Ertl in Rummel II3, Paragraph 1394, ABGB, Rz 2).

Die Frage, an wen der übernommene Schuldner schuldbefreiend zahlen kann, wird im § 1395 ABGB beantwortet. Danach ist der Zessus, solang ihm der Zessionar nicht bekannt wird, berechtigt, den ersten Gläubiger zu bezahlen oder sich sonst mit ihm abzufinden. Wird also der Schuldner von der Zession nicht verständigt, so kann er mit schuldbefreiender Wirkung an den bisherigen Gläubiger leisten. Da das Gesetz eine bestimmte Form der Benachrichtigung des Schuldners nicht vorsieht, kann diese sowohl durch den Zedenten als auch durch den Zessionar erfolgen. Die Mitteilung von der Zession muss deutlich und verständlich sein und über den Umfang der Zession und die Person des Zessionars Klarheit geben (6 Ob 591/85, 6 Ob 607/95 wmN). Dass die Beklagte eindeutig und zweifelsfrei von der erfolgten (ersten) Zession an die Klägerin verständigt wurde, ist zwischen den Parteien nicht strittig und ergibt sich auch zwanglos daraus, dass die Beklagte ja zunächst an die Klägerin Zahlungen leistete. Nur für den Fall, dass der Zedent, der seine Forderung mehrfach abtritt, den Schuldner nicht von der ersten, sondern von einer späteren Abtretung verständigt, wurde bereits mehrfach ausgesprochen, dass der Schuldner an den ihm bekanntgegebenen Gläubiger mit schuldbefreiender Wirkung leisten kann (5 Ob 627/79 = SZ 52/110; 4 Ob 513/88 = ÖBA 1989/131 = EvBl 1977/168; 4 Ob 583/76 = SZ 50/1; RIS-Justiz RS0019879).Die Frage, an wen der übernommene Schuldner schuldbefreiend zahlen kann, wird im Paragraph 1395, ABGB beantwortet. Danach ist der Zessus, solang ihm der Zessionar nicht bekannt wird, berechtigt, den ersten Gläubiger zu bezahlen oder sich sonst mit ihm abzufinden. Wird also der Schuldner von der Zession nicht verständigt, so kann er mit schuldbefreiender Wirkung an den bisherigen Gläubiger leisten. Da das Gesetz eine bestimmte Form der Benachrichtigung des Schuldners nicht vorsieht, kann diese sowohl durch den Zedenten als auch durch den Zessionar erfolgen. Die Mitteilung von der Zession muss deutlich und verständlich sein und über den Umfang der Zession und die Person des Zessionars Klarheit geben (6 Ob 591/85, 6 Ob 607/95 wmN). Dass die Beklagte eindeutig und zweifelsfrei von der erfolgten (ersten) Zession an die Klägerin verständigt wurde, ist zwischen den Parteien nicht strittig und ergibt sich auch zwanglos daraus, dass die Beklagte ja zunächst an die Klägerin Zahlungen leistete. Nur für den Fall, dass der Zedent, der seine Forderung mehrfach abtritt, den Schuldner nicht von der ersten, sondern von einer späteren Abtretung verständigt, wurde bereits mehrfach ausgesprochen, dass der Schuldner an den ihm bekanntgegebenen Gläubiger mit schuldbefreiender Wirkung leisten kann (5 Ob 627/79 = SZ 52/110; 4 Ob 513/88 = ÖBA 1989/131 = EvBl 1977/168; 4 Ob 583/76 = SZ 50/1; RIS-Justiz RS0019879).

Die von der Revisionswerberin zitierte Entscheidung SZ 52/110 = 5 Ob 627/79 kann den von ihr vertretenen Rechtsstandpunkt, dass nach erfolgter Verständigung sowohl von der ersten als auch einer späteren Zession der Zessus mit schuldbefreiender Wirkung auch an den späteren Zessionar zahlen könnte, nicht stützen. In diesem Verfahren, dem eine Klage des ersten Zessionars gegen den zweiten Zessionar zugrundelag, findet sich eine Feststellung der Verständigung des Zessus von der ersten Abtretung nicht. Vielmehr wird durch das Zitat EvBl 1977/168 deutlich, dass nur von der zweiten Zession (nicht jedoch wie hier auch von der ersten) eine Verständigung erfolgte (diesbezüglich missverständlich RIS-Justiz RS0025938).

Soweit sich die Beklagte auf die Entscheidung SZ 53/33 = 1 Ob 538/80 beruft, ist ihr entgegenzuhalten, dass Gegenstand dieses Verfahrens ebenfalls eine andere Rechtsfrage war, nämlich ob der Schuldner eindeutig und unzweifelhaft von der Zession verständigt wurde. Ein sich ergebender Zweifel solle bewirken, dass der Schuldner seinem ursprünglichen Gläubiger mit schuldbefreiender Wirkung zahlen dürfe.

Ausgehend von dem oben Dargelegten ergibt sich also für den vorliegenden Rechtsfall Folgendes:

Die Beklagte wurde von der Zession an die Klägerin (erste Zessionarin) eindeutig und zweifelsfrei verständigt. Sie konnte daher ab diesem Zeitpunkt nur mehr an diese mit schuldbefreiender Wirkung zahlen. Die Verständigung von einer späteren zweiten Zession änderte daran nichts. Der Zessus darf hier nach Verständigung von der ersten Zession im Sinne des § 1395 ABGB nicht mehr an den usprünglichen Gläubiger (Zedenten) oder an eine von ihm aus welchem späteren Rechtstitel immer als Gläubiger präsentierte andere Person (hier an den zweiten Zessionar) bezahlen oder sich sonst mit ihm abfinden. Auf Grund dieser Rechtslage stellt sich die Frage über eine Nachforschungspflicht über die Wirksamkeit einer weiteren Zession nicht.Die Beklagte wurde von der Zession an die Klägerin (erste Zessionarin) eindeutig und zweifelsfrei verständigt. Sie konnte daher ab diesem Zeitpunkt nur mehr an diese mit schuldbefreiender Wirkung zahlen. Die Verständigung von einer späteren zweiten Zession änderte daran nichts. Der Zessus darf hier nach Verständigung von der ersten Zession im Sinne des Paragraph 1395, ABGB nicht mehr an den usprünglichen Gläubiger (Zedenten) oder an eine von ihm aus welchem späteren Rechtstitel immer als Gläubiger präsentierte andere Person (hier an den zweiten Zessionar) bezahlen oder sich sonst mit ihm abfinden. Auf Grund dieser Rechtslage stellt sich die Frage über eine Nachforschungspflicht über die Wirksamkeit einer weiteren Zession nicht.

Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 50,, 41 ZPO.

Textnummer

E69706

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0070OB00083.03M.0528.000

Im RIS seit

27.06.2003

Zuletzt aktualisiert am

17.10.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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