TE OGH 2003/5/28 7Ob81/03t

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Veröffentlicht am 28.05.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann S*****, vertreten durch Dr. Clemens Michael Schnelzer, Rechtsanwalt in Zwettl, gegen die beklagte Partei Wilhelm H***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Josef Lechner und Dr. Ewald Wirleitner, Rechtsanwälte in Steyr, wegen EUR 7.267,28 samt Anhang, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Berufungsgericht vom 17. September 2002, GZ 1 R 123/02k-15, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Enns vom 24. Dezember 2001, GZ 1 C 875/01p-8, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 499,39 (darin enthalten EUR 83,23 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Ohne dass die Parteien bereits in Geschäftsbeziehung gestanden wären, schlossen sie am 9. 7. 1998 einen Kaufvertrag über einen Mähdrescher. Bei Lieferung sollte der Kläger eine Anzahlung von S 100.000 leisten und in der Folge S 421.440 bis 30. 11. 1998 und S 335.000 bis 15. 10. 1999 je zinsen- und spesenfrei zahlen. Nach den zu Grunde liegenden Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen Punkt III, sollte die beklagte Verkäuferin berechtigt sein, vom Vertrag zurückzutreten, wenn ihr nach Rechtswirksamkeit des Auftrages und noch vor dessen Erfüllung Umstände bekannt werden, welche die wirtschaftlichen Verhältnisse des Käufers bzw Auftraggebers nicht mehr ausreichend gesichert erscheinen lassen. Liefertermin sollte eine Woche nach Vertragsabschluss am 9. 7. 1998 sein. Der Kläger trat als seriöser Geschäftspartner auf. Die Beklagte sah keinen Anlass, seine Bonität zu prüfen.Ohne dass die Parteien bereits in Geschäftsbeziehung gestanden wären, schlossen sie am 9. 7. 1998 einen Kaufvertrag über einen Mähdrescher. Bei Lieferung sollte der Kläger eine Anzahlung von S 100.000 leisten und in der Folge S 421.440 bis 30. 11. 1998 und S 335.000 bis 15. 10. 1999 je zinsen- und spesenfrei zahlen. Nach den zu Grunde liegenden Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen Punkt römisch III, sollte die beklagte Verkäuferin berechtigt sein, vom Vertrag zurückzutreten, wenn ihr nach Rechtswirksamkeit des Auftrages und noch vor dessen Erfüllung Umstände bekannt werden, welche die wirtschaftlichen Verhältnisse des Käufers bzw Auftraggebers nicht mehr ausreichend gesichert erscheinen lassen. Liefertermin sollte eine Woche nach Vertragsabschluss am 9. 7. 1998 sein. Der Kläger trat als seriöser Geschäftspartner auf. Die Beklagte sah keinen Anlass, seine Bonität zu prüfen.

Am 24. 7. 1998 wollte der Kläger den Mähdrescher abholen, hatte aber die Anzahlung von S 100.000 nicht in bar, wie es im Landmaschinenhandel üblich ist, sondern übergab der Beklagten einen Scheck. Vor Ausfolgung des Mähdrescher reichte die Beklagte den Scheck bei ihrer Hausbank ein. Es stellte sich heraus, dass der Scheck nicht gedeckt war. Die bezogene Bank teilte mit, dass die finanzielle Situation des Klägers nicht gut sei. Nicht fest steht, welcher Geldbetrag sich am 24. 7. 1998 tatsächlich auf dem Konto des Klägers befunden hatte. Der Mähdrescher wurde dem Kläger nicht ausgefolgt, sondern ihm aufgetragen, die vereinbarte Anzahlung in bar zu übergeben. Der Kläger meldete sich bei der Beklagten nicht mehr. Als die Mitarbeiter der Beklagten den Kläger erreichten, teilten sie ihm mit, dass er den Mähdrescher nur bei Beibringung weiterer Sicherheiten erhalte. Der Kläger sicherte die Beibringung von Sicherheiten zu. Am 18. 9. 1998 leistete der Kläger die Anzahlung in bar, brachte aber keine Sicherheiten bei, weshalb die Beklagte die Herausgabe des Mähdreschers verweigerte.

Mit Schreiben vom 24. 9. 1998 forderte die Beklagte den Kläger neuerlich auf, Sicherheiten beizubringen, widrigenfalls die "Bestellung" storniert werde und eine Stornogebühr fällig sei. Der Kläger erklärte nunmehr seinerseits wegen der Leistungsverweigerung der Beklagten seinen Rücktritt und forderte die Rückzahlung der geleisteten S 100.000. Die Beklagte verwies weiterhin auf die Notwendigkeit, entsprechende Sicherstellungen zu leisten, widrigenfalls der Mähdrescher nicht ausgefolgt würde. Letztlich beharrten beide Parteien auf ihrem Rücktritt vom Vertrag und ihrem Rechtsstandpunkt. Die Beklagte verkaufte letztlich den Mähdrescher am 15. 3. 2000 an einen Dritten. Es konnte nur ein geringerer Kaufpreis erzielt werden.

Der Kläger begehrt die Rückzahlung des geleisteten Betrages, da die Beklagte grundlos die Auslieferung des Mähdreschers verweigert habe. Eine Vermögensverschlechterung des Klägers nach Vertragsabschluss sei nicht eingetreteten. Die Vermögensverhältnisse des Klägers hätten der Beklagten bei gehöriger Sorgfalt bekannt sein müssen. Die Unsicherheitseinrede sei zu Unrecht erhoben worden. Die Beklagte wendet compensando gegen die Klagsforderung eine Gegenforderung bis zur Höhe des Klagsbetrages mit der Begründung ein, dass die Beklagte auf Grund der offensichtlich massiven Zahlungsschwierigkeiten des Klägers die Ausfolgung des Mähdreschers ohne Sicherstellung gemäß § 1052 ABGB zu Recht verweigert habe. Durch den Vertragsrücktritt des Klägers, zu dem er nicht berechtigt gewesen sei, sei der Beklagten ein Schaden entstanden, der als Gegenforderung eingewendet werde.Der Kläger begehrt die Rückzahlung des geleisteten Betrages, da die Beklagte grundlos die Auslieferung des Mähdreschers verweigert habe. Eine Vermögensverschlechterung des Klägers nach Vertragsabschluss sei nicht eingetreteten. Die Vermögensverhältnisse des Klägers hätten der Beklagten bei gehöriger Sorgfalt bekannt sein müssen. Die Unsicherheitseinrede sei zu Unrecht erhoben worden. Die Beklagte wendet compensando gegen die Klagsforderung eine Gegenforderung bis zur Höhe des Klagsbetrages mit der Begründung ein, dass die Beklagte auf Grund der offensichtlich massiven Zahlungsschwierigkeiten des Klägers die Ausfolgung des Mähdreschers ohne Sicherstellung gemäß Paragraph 1052, ABGB zu Recht verweigert habe. Durch den Vertragsrücktritt des Klägers, zu dem er nicht berechtigt gewesen sei, sei der Beklagten ein Schaden entstanden, der als Gegenforderung eingewendet werde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es bejahte die Voraussetzungen für die Unsicherheitseinrede durch die Beklagte. Es könne der Beklagten nicht zum Nachteil gereichen, dass sie die Bonität des Klägers nicht vorweg ausreichend mittels Bankauskunft geprüft habe, da der Anschein des Klägers, den dieser bei der Beklagten hinterlassen habe, keinen Anlass geboten habe, vorweg die Kreditwürdigkeit in Frage zu stellen.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil mit der Maßgabe, dass es die Klagsforderung mit S 100.000 als zu Recht bestehend und die Gegenforderung bis zur Höhe des Klagsbetrages als zu Recht bestehend erkannte und daher das Klagebegehren abwies. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass es die Entscheidungsgründe des Erstgerichtes für zutreffend erachte. Es habe für die Beklagte kein Anlass bestanden, an der Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit des Klägers zu zweifeln, wobei erfahrungsgemäß im täglichen Geschäftsleben die Bonität von Kunden üblicherweise ohne Verdachtsmomente nicht näher geprüft werde. Der Beklagten sei daher eine Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten nicht anzulasten, weshalb sie Anspruch auf Ersatz ihres Nichterfüllungsschadens habe. Das Berufungsgericht erklärte über Antrag des Klägers in Abänderung seines Ausspruches im Urteil die ordentliche Revision für zulässig, weil in Lehre und Rechtsprechung der Vorausleistungspflichtige nicht schlechthin bei Gefährdung seiner Gegenleistung geschützt sei, sondern nur dann, wenn er vor der Eingehung seiner Verpflichtung mit der gebotenen Sorgfalt die Kreditwürdigkeit seines Partners geprüft habe. Insoweit könnte der Standpunkt des Klägers vertretbar sein, dass die Entscheidung des Berufungsgerichtes von der oberstgerichtlichen Judikatur abweiche.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers mit einem Abänderungsantrag, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes - nicht zulässig. Die behauptete Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit des Berufungsverfahrens liegt - wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat - nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).Die Revision ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes - nicht zulässig. Die behauptete Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit des Berufungsverfahrens liegt - wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat - nicht vor (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Einzig im Revisionsverfahren relevierte Rechtsfrage ist, ob die Beklagte die Unsicherheitseinrede des § 1052 ABGB zu Recht oder zu Unrecht erhoben hat, wenn sie sich nicht vor Vertragsabschluss über die Vermögensverhältnisse des Vertragspartners erkundigt habe.Einzig im Revisionsverfahren relevierte Rechtsfrage ist, ob die Beklagte die Unsicherheitseinrede des Paragraph 1052, ABGB zu Recht oder zu Unrecht erhoben hat, wenn sie sich nicht vor Vertragsabschluss über die Vermögensverhältnisse des Vertragspartners erkundigt habe.

Dem ist im Sinne des § 510 Abs 3 ZPO zu erwidern:Dem ist im Sinne des Paragraph 510, Absatz 3, ZPO zu erwidern:

Der Vorleistungspflichtige kann seine Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern, wenn diese durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet ist, die ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mussten (§ 1052 ABGB).Der Vorleistungspflichtige kann seine Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern, wenn diese durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet ist, die ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mussten (Paragraph 1052, ABGB).

Die Gefährdung der Gegenleistung setzt nicht gerade die Zahlungsunfähigkeit voraus. Sie ist auch dann anzunehmen, wenn der zahlungsfähige Schuldner infolge unwirtschaftlicher Gebarung oder aus anderen Gründen über die zur Deckung seiner Schulden notwendigen Geldmittel nicht verfügt, sodass der Vorleistungspflichtige mit einer unverhältnismäßigen Verzögerung der Gegenleistung, wenn nicht mit deren Erzwingung im Exekutionsweg rechnen muss oder sich so verhält, dass der Vorleistungspflichtige mit einer solchen Gefährdung rechnen muss (1 Ob 506/85 mwN).

Der Kläger hat im Verfahren nie behauptet, dass seine Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Bestellung schlecht gewesen seien (er bringt nur vor, dass seine Vermögenslage nach Vertragsabschluss nicht schlechter geworden sei). Wird aber nicht einmal behauptet, dass die Vermögensverhältnisse des Käufers schlecht waren oder sind, ist die Verkäuferin nicht gehalten zu beweisen, dass sie mit gehöriger Sorgfalt vor Vertragsabschluss die Vermögenslage der Beklagten überprüft habe (1 Ob 506/85), wozu sie nach Lehre und Rechtsprechung gehalten wäre (vgl 7 Ob 113/01w, RIS-Justiz RS0021112, Aicher in Rummel I3, § 1052 ABGB, Rz 30, Wimmer, Die Einrede der Unsicherheit in Zielschuldverhältnissen, JBl 1972, 320). Auf Grund vollständiger objektiver Beurteilung der gesamten Sachlage aus der Sicht des Vorleistungspflichtigen (1 Ob 506/85 mwN) ergibt sich, dass die Beklagte mit einer Gefährdung ihrer Restkaufpreisforderung auf Grund der vereinbarungswidrig nicht geleisteten Anzahlung rechnen musste.Der Kläger hat im Verfahren nie behauptet, dass seine Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Bestellung schlecht gewesen seien (er bringt nur vor, dass seine Vermögenslage nach Vertragsabschluss nicht schlechter geworden sei). Wird aber nicht einmal behauptet, dass die Vermögensverhältnisse des Käufers schlecht waren oder sind, ist die Verkäuferin nicht gehalten zu beweisen, dass sie mit gehöriger Sorgfalt vor Vertragsabschluss die Vermögenslage der Beklagten überprüft habe (1 Ob 506/85), wozu sie nach Lehre und Rechtsprechung gehalten wäre vergleiche 7 Ob 113/01w, RIS-Justiz RS0021112, Aicher in Rummel I3, Paragraph 1052, ABGB, Rz 30, Wimmer, Die Einrede der Unsicherheit in Zielschuldverhältnissen, JBl 1972, 320). Auf Grund vollständiger objektiver Beurteilung der gesamten Sachlage aus der Sicht des Vorleistungspflichtigen (1 Ob 506/85 mwN) ergibt sich, dass die Beklagte mit einer Gefährdung ihrer Restkaufpreisforderung auf Grund der vereinbarungswidrig nicht geleisteten Anzahlung rechnen musste.

Im übrigen ergibt sich auf Grund des außer Streit gestellten (beide Parteien berufen sich darauf) Punktes III der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, dass die Parteien kein unbedingtes Vorleistungsrecht der Beklagten von vornherein vereinbarten. Die Beklagte sollte vom Vertrag zurücktreten können, wenn die Gegenleistung nicht gesichert erscheinen sollte. Dies ist wohl der Fall, wenn der Vertragspartner bereits die Anzahlung nicht vereinbarungsgemäß leistet und der übergebene Scheck nicht gedeckt ist. Eine besondere Nachforschungspflicht der Beklagten ist dazu nicht vereinbart.Im übrigen ergibt sich auf Grund des außer Streit gestellten (beide Parteien berufen sich darauf) Punktes römisch III der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, dass die Parteien kein unbedingtes Vorleistungsrecht der Beklagten von vornherein vereinbarten. Die Beklagte sollte vom Vertrag zurücktreten können, wenn die Gegenleistung nicht gesichert erscheinen sollte. Dies ist wohl der Fall, wenn der Vertragspartner bereits die Anzahlung nicht vereinbarungsgemäß leistet und der übergebene Scheck nicht gedeckt ist. Eine besondere Nachforschungspflicht der Beklagten ist dazu nicht vereinbart.

Nach den Feststellungen kam es auch durch die Forderung der Beklagten nach Beibringung von Sicherheiten vor Ausfolgung des Mähdreschers und dem festgestellten Einverständnis des Klägers (so ausdrücklich vom Berufungsgericht geprüft) jedenfalls zu einer einvernehmlichen Vertragsabänderung, nach der die Vorleistungspflicht der Beklagten modifiziert wurde.

Auch wegen der besonderen Vertragslage kann sich die als erheblich genannte Rechtsfrage nicht stellen.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E69638 7Ob81.03t

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0070OB00081.03T.0528.000

Dokumentnummer

JJT_20030528_OGH0002_0070OB00081_03T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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