Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Ing. Angelika R*****, vertreten durch Dr. Heinz Buchmayr und Dr. Johannes Buchmayr, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1.) Helmut H***** und 2.) Friederike H*****, vertreten durch Dr. Erwin Wartecker, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen EUR 39.276,03 und EUR 29.168,70 s.A. infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 24. Juni 2002, GZ 3 R 213/01s-77, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Zur Frage der Aktivlegitimation der Klägerin hat das Berufungsgericht zutreffend auf die sich aus § 547 ABGB ergebenden Wirkungen der Annahme der Erbschaft verwiesen. Nach ständiger Rechtsprechung gehen durch die Einantwortung die zur Todeszeit im Besitz des Erblassers befindlichen Rechte auf den Erben über, wobei die Einantwortung alle zum Nachlass gehörigen Vermögensbestandteile umfasst und nicht nur jene, die der Abhandlung unterzogen worden sind (RIS-Justiz RS0013002). Eine anderslautende Regelung für Verlassenschaften nach Notaren besteht nicht und ist auch weder den Bestimmungen der Notariatsordnung (NO) noch jenen des Notariatstarifgesetzes (NTG) zu entnehmen. Gemäß § 14 Abs 1 letzter Satz NTG kann der für einen Notar bestellte Substitut auch die noch nicht entrichteten Gebühren für den substituierten Notar in Empfang nehmen. Mit dieser Bestimmung wurde der frühere § 177 NO, der nur die Befugnis des Substituten vorsah, Gebühren für von ihm selbst vorgenommene Amtshandlungen sowie für von ihm selbst erteilte Aktenauszüge, Abschriften, Zeugnisse und Beurkundungen einzuheben (Wagner, NO [1963]) zum Vorteil der Partei dahingehend erweitert, dass diese nun generell schuldbefreiend an den Substituten leisten kann (Michalek/Tades, Notariatsgebühren, § 14 NTG, Anm 1). Nur in diesem Sinn ist die Entscheidung 2 Ob 13/02d = EvBl 2002/139 = JBl 2002, 590 = RZ 2002, 167 = ecolex 2002, 426 zu verstehen, die zur Vollmacht des mittlerweiligen Stellvertreters aussprach, dass an diesen schuldbefreiend geleistet werden könne. Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch die Entscheidung des erkennenden Senats 1 Ob 198/02b zu nennen, nach der Forderungen aus einem Anderkonto, jedenfalls solange die durch den Zweck der Kanzleiliquidierung gebotene Bindung dieses Treugutes andauert, nicht in die Verfügungsgewalt der Erben falle; um solche Forderungen geht es indes hier nicht.
Die Gesetzeslage zeigt ebenso wie die dazu ergangene Rechtsprechung mit völliger Klarheit, dass, ungeachtet der Möglichkeit der schuldbefreienden Leistung an den Substituten, die Verfügungsmacht des Einantwortungserben auch über Forderungen verstorbener Notare grundsätzlich - Anderkonten sind hier nicht betroffen - nicht eingeschränkt ist, woran auch - wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat - die Bestimmungen der Notariatsordnung über die Geheimhaltungspflicht und die Schlichtungstätigkeit der Kammer nichts zu ändern vermögen. Für allenfalls unter diesen Gesichtspunkten entstehende (Schadenersatz)-Streitigkeiten steht - wie auch zu Lebzeiten des Notars - der ordentlichen Rechtsweg offen. Eine Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO beschriebenen Bedeutung vermag die Revision in Anbetracht der Zweifelsfragen keineswegs aufwerfenden gesetzlichen Regelung nicht aufzuzeigen.
Dies gilt auch für den weiteren Einwand, die die Klagsforderung betreffenden Rechnungen entfalteten keine "Rechtswirkungen", weil sie vom Notar vor seinem Tod nicht genehmigt und unterfertigt worden seien. Nach ständiger Rechtsprechung kommt der Rechnung im allgemeinen nur die deklarative Bedeutung einer Beweisurkunde zu, von deren Existenz der Bestand der Forderung nicht abhängig ist. Selbst eine fehlerhafte Rechnung hinderte den Berechtigten nicht, das Entgelt zu fordern (RIS-Justiz RS0016134; SZ 48/2; 7 Ob 1618/92). Der Einwand mangelnder Fälligkeit wird jedenfalls dann unbeachtlich, wenn allfällige Rechnungsmängel, wie etwa mangelnde Aufschlüsselung, im Zuge des Rechtsstreits behoben werden (RdW 1999, 715).
Den Revisionswerbern ist es verwehrt, sich im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof neuerlich auf die behauptete sachliche Unzuständigkeit des Erstgerichts zu berufen. Die Anfechtungsbeschränkung des § 45 JN, wonach die Bejahung der sachlichen Zuständigkeit nach Eintritt der Streitanhängigkeit unanfechtbar ist, schließt auch die amtswegige Wahrnehmung der sachlichen Unzuständigkeit durch das Rechtsmittelgericht aus (EvBl 1980/14; Mayr in Rechberger ZPO², § 45 JN Rz 2).
Die weiteren Ausführungen zur mangelnden Pasivlegitimation wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 12 NTG und zur Verjährung sind unsubstantiiert, weil sie nicht erkennen lassen, welche der zahlreichen geltend gemachten Forderungen davon betroffen sein sollen. Es ist nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs, zu Rechtsfragen ohne konkrete Fallbezogenheit Stellung zu nehmen. Auch lassen die allgemein gehaltenen Ausführungen der Revisionswerber eine grobe Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht nicht erkennen. Insoweit in der Revision die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts "hilfsweise bekämpft" wird, ist auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO zu verweisen.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Textnummer
E69962European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0010OB00231.02F.0603.000Im RIS seit
03.07.2003Zuletzt aktualisiert am
17.02.2011