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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Csaba-Franz Birinyi in Bad Vöslau, vertreten durch Dr. Martin Koroschetz, Rechtsanwalt in 2540 Bad Vöslau, Hauptstraße 8, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 29. Juni 2006, Zl. RU1-BR-449/001-2005, betreffend baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Bad Vöslau, 2540 Bad Vöslau, Schloßplatz 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 10. August 2005 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 der NÖ Bauordnung 1996 (BO) aufgetragen, binnen einer Frist von 14 Tagen auf einer näher bezeichneten Liegenschaft eine Funkantennenanlage, bestehend aus einem verzinkten Standrohr (Durchmesser 8 cm, ca. 6 m lang), einer Stabantenne (ca. 5 m lang), einer Drahtantenne (ca. 10 m lang), drei Stück Befestigungsseilen (a ca. 8 m lang) und einem Betonständer (Durchmesser ca. 40 cm), zu entfernen sowie nach erfolgter Demontage die Dacheindeckung (Anmerkung: Die Anlage befand sich nach der Aktenlage auf einem Garagendach) wiederherzustellen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei der errichteten Antennenanlage um eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage im Sinne des § 14 Z. 2 BO handle, doch liege keine baubehördliche Bewilligung dafür vor. Der Aufforderung, um Baubewilligung anzusuchen, sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen.
Mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 10. Oktober 2005 wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Auftrag ausreichend konkretisiert sei, da kein Zweifel daran bestehen könne, welche Funkantennenanlage Gegenstand des Verfahrens sei. Im Hinblick auf die standsichere Aufstellung bzw. Abspannung der Antennenanlage seien wesentliche bautechnische Kenntnisse erforderlich. Auch sei die Anlage mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet, öffentliche Interessen zu berühren. Es seien sämtliche Kriterien der Bewilligungspflicht im Sinne des § 14 Z. 2 BO zu bejahen. Der Abbruchauftrag gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 BO sei gerechtfertigt, weil der Beschwerdeführer dem Auftrag der erstinstanzlichen Behörde, um Baubewilligung anzusuchen, nicht nachgekommen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, dass das Aufstellen eines Gartenschirmständers und das Hineinstecken einer Antenne in Form einer Fischergerte nicht unter § 4 BO subsumiert werden könne. Die Aufstellung der gegenständlichen Antenne erfordere keine bautechnischen Kenntnisse. Zudem sei die Antenne auch nicht mit dem Boden kraftschlüssig verbunden, sondern lediglich in einen Gartenschirmständer hineingesteckt worden. Auch komme es durch die gegenständliche Anlage zu keiner Beeinträchtigung des Ortsbildes oder Verletzung der Nachbarrechte nach § 6 BO. Darüber hinaus sei die belangte Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zuständig, da es sich bei der gegenständlichen Antennenanlage weder um ein Bauwerk oder eine bauliche Anlage handle und außerdem Antennenanlagen unter den Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG fallen würden, welcher eine Zuständigkeit des Bundes normiere. Des Weiteren bringt der Beschwerdeführer vor, dass der Grundsatz des Parteiengehörs nicht gewahrt worden sei. Der gegenständliche Sachverhalt bedürfe ferner in wesentlichen Punkten einer Ergänzung. Hätte die belangte Behörde entsprechende Ermittlungen angestellt, so hätte sie zum Ergebnis kommen müssen, dass es sich bei der gegenständliche Antennenanlage um kein Bauwerk bzw. keine bauliche Anlage handle. Zur Beurteilung, ob für die Errichtung der Antennenanlage wesentliche bautechnische Kenntnisse erforderlich seien, hätte dem Verfahren ein Sachverständiger beigezogen werden müssen.
§ 4 BO lautet auszugsweise:
"Im Sinne dieses Gesetzes gelten als
...
3. Bauwerk: ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist;
4. bauliche Anlagen: alle Bauwerke, die nicht Gebäude sind;
..."
§ 14 BO lautet auszugsweise:
"Nachstehende Bauvorhaben bedürfen einer Baubewilligung:
...
2. die Errichtung von baulichen Anlagen, durch welche Gefahren für Personen und Sachen oder ein Widerspruch zum Ortsbild (§ 56) entstehen oder Rechte nach § 6 verletzt werden könnten;
..."
Gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 BO hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerkes anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung oder Anzeige vorliegt und das Bauwerk unzulässig ist oder der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag oder die Anzeige nicht innerhalb einer von der Baubehörde bestimmten Frist eingebracht hat.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handelt es bei der gegenständlichen Antennenanlage um ein Bauwerk bzw. eine bauliche Anlage im Sinn des § 4 BO. Eine kraftschlüssige Verbindung im Sinne von § 4 Z. 3 BO ist schon dadurch hergestellt worden, dass die Antenne mit Seilen befestigt worden ist. Außerdem kann bezüglich der gegenständlichen Anlage davon ausgegangen werden, dass eine kraftschlüssige Verbindung im Sinn des § 4 Z. 3 BO auch bereits durch das Gewicht der Anlage gegeben ist (vgl. Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 7. Auflage, Seite 126).
Die fachgerechte Errichtung einer Funkanlage wie der hier gegebenen bedarf jedenfalls eines wesentlichen Maßes an bautechnischen Kenntnissen, gilt es doch Gefahren, insbesondere durch ein Umstürzen oder durch Schwingungen einer solchen Anlage, etwa auch bei Windstößen, zu vermeiden, weshalb eine Anlage dieser Dimension entsprechend sicher aufgestellt werden muss (vgl. auch z. B. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2005, Zl. 2003/05/0095). Daran ändert es auch nichts, dass zur Aufstellung ein Gartenschirmständer verwendet wurde. Einerseits ist ein solcher bestimmungsgemäß nur für Gartenschirme vorgesehen, andererseits reichte er offenbar faktisch für die Befestigung nicht aus, wurde die Antenne doch auch mit Seilen gesichert.
Die belangte Behörde war zur Erlassung des angefochtenen Bescheides auch zuständig. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass Regelungen über eine Funkanlage nach dem darauf jeweils anzuwendenden Bundesgesetz einer zusätzlichen baurechtlichen Regelung und gegebenenfalls einer derartigen Bewilligungspflicht aus kompetenzrechtlicher Sicht in Bezug auf in die Landeskompetenz fallende Gesichtspunkte nicht entgegenstehen (vgl. das hg Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/05/0223, mwN). Soweit es daher um die Beachtung von in die Landeskompetenz "Baurecht" fallenden Gesichtspunkten geht, kommt eine Zuständigkeit der Baubehörden auch für Fernmeldeanlagen in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 94/05/0352). Solche Gesichtspunkte sind jedenfalls insofern gegeben, als die Standsicherheit der gegenständlichen Anlage betroffen ist.
Der Beschwerdeführer rügt schließlich, die Behörde habe sein Recht auf Parteiengehör verletzt, da sie ihm die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht zur Kenntnis gebracht habe. Die Nichtbeachtung des Parteiengehörs begründet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wenn die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Um dies beurteilen zu können, muss der Beschwerdeführer jene entscheidenden Tatsachen in der Beschwerde bekannt geben, die der Behörde wegen dieser Unterlassung unbekannt geblieben sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2003, Zl. 2003/05/0161). Der Beschwerdeführer zeigt jedoch die damit verlangte Relevanz des von ihm behaupteten Verfahrensmangels nicht auf, da er nicht darlegt, welches konkrete Vorbringen er erstattet hätte, wenn ihm die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens übermittelt worden wären. Der Beschwerdeführer zeigt auch nicht auf, weshalb die Behörde bei den von ihm begehrten weiteren Sachverhaltserhebungen hinsichtlich der Form und der Errichtung der Anlage sowie der Art deren Befestigung zu einem anderslautenden Bescheid hätte kommen können. Des Weiteren ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass ein Sachverständiger dem Verwaltungsverfahren nur beizuziehen ist, wenn es gesetzlich vorgeschrieben ist oder wenn zur Erforschung der materiellen Wahrheit besondere Fachkenntnisse nötig sind. Reichen die allgemeine Lebenserfahrung oder die Fachkenntnisse der Behörde zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes aus, liegt kein Verfahrensmangel darin, dass kein Sachverständigenbeweis eingeholt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2000, Zl. 99/07/0003, mwN). Es ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass im Hinblick auf die Ausmaße der gegenständlichen Anlage die Beiziehung eines Sachverständigen im Sinne der zitierten Judikatur notwendig gewesen wäre und zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (vgl. hierzu die Judikaturnachweise bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren I, 2. Auflage, S. 801ff).
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. April 2007
Schlagworte
Sachverständiger Entfall der BeiziehungBeweismittel Sachverständigenbeweis Besonderes FachgebietBewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitBaupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006050224.X00Im RIS seit
23.05.2007Zuletzt aktualisiert am
31.03.2011