Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Paul Kunsky (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Georg Eberl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ing. Thomas H*****, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Tiroler Gebietskrankenkasse, Klara-Pölt-Weg 2, 6020 Innsbruck, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Ullmann - Geiler & Partner in Innsbruck, wegen Karenzgeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. August 2002, GZ 25 Rs 83/02w-8, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. Juni 2002, GZ 47 Cgs 70/02a-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen. Der Kostenersatzantrag der beklagten Partei wird abgewiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Vater der am 29. 6. 2000 geborenen Elisabeth. Die Gattin des Klägers bezog bis 22. 1. 2001 Karenzgeld. Im Anschluss daran bezog der Kläger bis 22. 1. 2002 Karenzgeld. Seit 1. 3. 2002 steht der Kläger in einem Dienstverhältnis, aus dem er einen Monatslohn von 585 EUR erzielt. Der Kläger vereinbarte am 4. 3. 2002 mit seinem Dienstgeber Karenzurlaub vom 22. 1. 2002 bis 29. 6. 2002. Mit Bescheid vom 2. 4. 2002 widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Karenzgeldes an den Kläger aufgrund seines Antrags vom 22. 1. 2001 mit 1. 3. 2002, weil er seit 1. 3. 2002 in einem Dienstverhältnis stehe, aus dem er ein Entgelt erziele, das die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs 2 ASVG übersteige. Das Erstgericht wies das dagegen erhobene und auf Gewährung des Karenzgeldes in der gesetzlichen Höhe über den 1. 3. 2002 hinaus gerichtete Klagebegehren ab.Der Kläger ist Vater der am 29. 6. 2000 geborenen Elisabeth. Die Gattin des Klägers bezog bis 22. 1. 2001 Karenzgeld. Im Anschluss daran bezog der Kläger bis 22. 1. 2002 Karenzgeld. Seit 1. 3. 2002 steht der Kläger in einem Dienstverhältnis, aus dem er einen Monatslohn von 585 EUR erzielt. Der Kläger vereinbarte am 4. 3. 2002 mit seinem Dienstgeber Karenzurlaub vom 22. 1. 2002 bis 29. 6. 2002. Mit Bescheid vom 2. 4. 2002 widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Karenzgeldes an den Kläger aufgrund seines Antrags vom 22. 1. 2001 mit 1. 3. 2002, weil er seit 1. 3. 2002 in einem Dienstverhältnis stehe, aus dem er ein Entgelt erziele, das die Geringfügigkeitsgrenze des Paragraph 5, Absatz 2, ASVG übersteige. Das Erstgericht wies das dagegen erhobene und auf Gewährung des Karenzgeldes in der gesetzlichen Höhe über den 1. 3. 2002 hinaus gerichtete Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, weil es die in der Berufung ausschließlich geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die geltende Gesetzeslage nicht teilte. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben und den Kläger zum Ersatz der durch Mutwillen und Verschleppen verursachten Kosten des Revisionsverfahrens zu verpflichten.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Revisionswerber wiederholt in seinem Rechtsmittel ausschließlich seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 2 Abs 2 Z 1 KGG iVm § 2 Abs 6 KGG idF BGBl I Nr 103/2001 und regt eine diesbezügliche Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof an. Die Übergangsbestimmung des § 2 Abs 6 KGG idF BGBl I Nr 103/2001 begünstige sachlich nicht gerechtfertigt in Hinsicht auf die anspruchsunschädliche Zuverdienstgrenze nur Eltern von Kindern, die zwischen dem 1. 7. 2000 und 31. 12. 2001 geboren worden seien. Der Gesetzgeber habe dabei jedoch jene Fälle der Elternkarenz außer Acht gelassen, in denen - wie im Fall des Klägers - sich die Eltern die Karenz geteilt und dadurch einen Karenzgeldbezug über den 31. 12. 2001 hinaus verlängert hätten.Der Revisionswerber wiederholt in seinem Rechtsmittel ausschließlich seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des Paragraph 2, Absatz 2, Ziffer eins, KGG in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz 6, KGG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 103 aus 2001, und regt eine diesbezügliche Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof an. Die Übergangsbestimmung des Paragraph 2, Absatz 6, KGG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 103 aus 2001, begünstige sachlich nicht gerechtfertigt in Hinsicht auf die anspruchsunschädliche Zuverdienstgrenze nur Eltern von Kindern, die zwischen dem 1. 7. 2000 und 31. 12. 2001 geboren worden seien. Der Gesetzgeber habe dabei jedoch jene Fälle der Elternkarenz außer Acht gelassen, in denen - wie im Fall des Klägers - sich die Eltern die Karenz geteilt und dadurch einen Karenzgeldbezug über den 31. 12. 2001 hinaus verlängert hätten.
Der erkennende Senat vermag sich der Argumentation des Revisionswerbers nicht anzuschließen.
Durch das Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG), BGBl I Nr 103/2001, wurde mit dem Kinderbetreuungsgeld als Ergänzung der Familienbeihilfe eine neue umfassend konzipierte Sozialleistung geschaffen. Es ist für Geburten nach dem 31. 12. 2001 anzuwenden und am 1. 1. 2002 in Kraft getreten (§ 49 Abs 1 KBGG). Das KGG gilt für Ansprüche aufgrund von Geburten vor dem 1. 1. 2002 (§ 60 KGG), wobei diese Bestimmungen für Geburten zwischen dem 1. 7. 2000 und dem 31. 12. 2001 jedoch mit dem BGBl I Nr 103/2001 durch die Schaffung von Übergangsbestimmungen entsprechend den Bestimmungen des KBGG geändert wurden. Nach diesen Übergangsbestimmungen entsprechen Anspruchshöhe und Anspruchsdauer sowie die zu beachtenden Zuverdienstgrenzen neben dem Karenzgeld für diese Anspruchsberechtigten ab dem 1. 1. 2002 jenen des KBGG (vgl §§ 2 Abs 6, 7, 11 Abs 3 und 17 Abs 4 KGG idF BGBl I Nr 103/2001). Aus den Materialien erhellt, dass der Gesetzgeber eine Anpassung der für den Anspruch auf Karenzgeld unschädlichen Zuverdienstgrenze analog dem Kinderbetreuungsgeld (14.600 EUR) bewusst nur für Geburten ab 1. 7. 2000 getroffen hat (ErläutRV 620 BlgNR 21. GP 52, 55, 71 und 72). Für Geburten vor dem 1. 7. 2000 sollen die Geringfügigkeitsgrenzen wie bisher gelten. Dass der Gesetzgeber für die Anpassung der Karenzgeldleistungen in Hinsicht auf die Zuverdienstgrenze analog dem KBGG der Sache nach auf das Regelhöchstausmaß des Anspruchs auf Karenzgeld (§ 11 Abs 1 KGG) abstellte, erscheint dem erkennenden Senat verfassungsrechtlich nicht bedenklich. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte, steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum insofern zu, als er in seinen rechts- und wirtschaftspolitischen Zielsetzungen frei ist. Gerade im Sozialversicherungsbereich sind Stichtagsregelungen in Anpassung an die wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten unvermeidlich, mögen sie auch in Einzelfällen Härten mit sich bringen. Es wurde daher bereits mehrfach ausgesprochen, dass eine zeitliche Differenzierung durch eine Stichtagsregelung nicht grundsätzlich gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz verstößt, weil es im Wesen einer Änderung materiellrechtlicher Bestimmungen liegt, dass Rechtsfälle je nach dem für maßgeblich erklärten zeitlichen Sachverhaltselement unterschiedlich nach der alten oder neuen Rechtslage behandelt werden. Es steht daher grundsätzlich auch in der rechtspolitischen Freiheit des Gesetzgebers festzulegen, wann eine neue, den Versicherten begünstigende Bestimmung zu gelten hat (SSV-NF 2/88; 6/54; 7/56; 10 ObS 197/94; 10 ObS 223/95; 10 ObS 300/02v; jüngst 10 ObS 128/03a zu § 11 Abs 3 KGG; vgl VfSlg 14.960). Der erkennende Senat sieht daher für die vom Revisionswerber angeregte Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof keine Veranlassung.Durch das Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 103 aus 2001,, wurde mit dem Kinderbetreuungsgeld als Ergänzung der Familienbeihilfe eine neue umfassend konzipierte Sozialleistung geschaffen. Es ist für Geburten nach dem 31. 12. 2001 anzuwenden und am 1. 1. 2002 in Kraft getreten (Paragraph 49, Absatz eins, KBGG). Das KGG gilt für Ansprüche aufgrund von Geburten vor dem 1. 1. 2002 (Paragraph 60, KGG), wobei diese Bestimmungen für Geburten zwischen dem 1. 7. 2000 und dem 31. 12. 2001 jedoch mit dem Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 103 aus 2001, durch die Schaffung von Übergangsbestimmungen entsprechend den Bestimmungen des KBGG geändert wurden. Nach diesen Übergangsbestimmungen entsprechen Anspruchshöhe und Anspruchsdauer sowie die zu beachtenden Zuverdienstgrenzen neben dem Karenzgeld für diese Anspruchsberechtigten ab dem 1. 1. 2002 jenen des KBGG vergleiche Paragraphen 2, Absatz 6,, 7, 11 Absatz 3 und 17 Absatz 4, KGG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 103 aus 2001,). Aus den Materialien erhellt, dass der Gesetzgeber eine Anpassung der für den Anspruch auf Karenzgeld unschädlichen Zuverdienstgrenze analog dem Kinderbetreuungsgeld (14.600 EUR) bewusst nur für Geburten ab 1. 7. 2000 getroffen hat (ErläutRV 620 BlgNR 21. GP 52, 55, 71 und 72). Für Geburten vor dem 1. 7. 2000 sollen die Geringfügigkeitsgrenzen wie bisher gelten. Dass der Gesetzgeber für die Anpassung der Karenzgeldleistungen in Hinsicht auf die Zuverdienstgrenze analog dem KBGG der Sache nach auf das Regelhöchstausmaß des Anspruchs auf Karenzgeld (Paragraph 11, Absatz eins, KGG) abstellte, erscheint dem erkennenden Senat verfassungsrechtlich nicht bedenklich. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte, steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum insofern zu, als er in seinen rechts- und wirtschaftspolitischen Zielsetzungen frei ist. Gerade im Sozialversicherungsbereich sind Stichtagsregelungen in Anpassung an die wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten unvermeidlich, mögen sie auch in Einzelfällen Härten mit sich bringen. Es wurde daher bereits mehrfach ausgesprochen, dass eine zeitliche Differenzierung durch eine Stichtagsregelung nicht grundsätzlich gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz verstößt, weil es im Wesen einer Änderung materiellrechtlicher Bestimmungen liegt, dass Rechtsfälle je nach dem für maßgeblich erklärten zeitlichen Sachverhaltselement unterschiedlich nach der alten oder neuen Rechtslage behandelt werden. Es steht daher grundsätzlich auch in der rechtspolitischen Freiheit des Gesetzgebers festzulegen, wann eine neue, den Versicherten begünstigende Bestimmung zu gelten hat (SSV-NF 2/88; 6/54; 7/56; 10 ObS 197/94; 10 ObS 223/95; 10 ObS 300/02v; jüngst 10 ObS 128/03a zu Paragraph 11, Absatz 3, KGG; vergleiche VfSlg 14.960). Der erkennende Senat sieht daher für die vom Revisionswerber angeregte Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof keine Veranlassung.
Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.
Der von der beklagten Partei nach § 77 Abs 3 ASGG begehrte Kostenzuspruch ist unbegründet, weil der Kläger weder durch Mutwillen noch durch Verschleppung die Kosten der Revisionsbeantwortung verursachte, lag doch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den von ihm geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen präjudizielle Bestimmungen vor. Es stand ihm die Möglichkeit offen, im Rahmen der Revision seine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der präjudiziellen Bestimmungen an das Revisionsgericht heranzutragen und anzuregen, einen Antrag auf Gesetzesprüfung gemäß Art 140 Abs 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Das Revisionsgericht wäre gemäß Art 89 Abs 2 B-VG, sofern es Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit hegen sollte, zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofs verpflichtet gewesen (vgl zB VfSlg 8552/1979; 11.480/1987).Der von der beklagten Partei nach Paragraph 77, Absatz 3, ASGG begehrte Kostenzuspruch ist unbegründet, weil der Kläger weder durch Mutwillen noch durch Verschleppung die Kosten der Revisionsbeantwortung verursachte, lag doch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den von ihm geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen präjudizielle Bestimmungen vor. Es stand ihm die Möglichkeit offen, im Rahmen der Revision seine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der präjudiziellen Bestimmungen an das Revisionsgericht heranzutragen und anzuregen, einen Antrag auf Gesetzesprüfung gemäß Artikel 140, Absatz eins, B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Das Revisionsgericht wäre gemäß Artikel 89, Absatz 2, B-VG, sofern es Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit hegen sollte, zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofs verpflichtet gewesen vergleiche zB VfSlg 8552/1979; 11.480/1987).
Anmerkung
E69947 10ObS394.02tEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:010OBS00394.02T.0617.000Dokumentnummer
JJT_20030617_OGH0002_010OBS00394_02T0000_000