Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle und Gerhard Prochaska als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Arpi B*****, Musikschullehrerin, *****, vertreten durch Dr. Kurt Janek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Land Tirol, 6020 Innsbruck, Landhaus, vertreten durch Benko & Anker, Rechtsanwältepartnerschaft in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert EUR 7.267,28), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Oktober 2002, GZ 9 Ra 316/02k-18, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 27. Mai 2002, GZ 26 Cga 173/01b-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 499,39 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 83,23 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 11. 9. 1995 als Musikschullehrerin an der Landesmusikschule S***** für Klavier (Unterstufe) und Gesang beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis kommt laut Punkt 25 des Dienstvertrages vom 31. 10. 1995 das VBG 1948 in der jeweils geltenden Fassung zur Anwendung.
Die Klägerin hat während des Dienstverhältnisses ihren Hauptwohnsitz in Wien beibehalten.
Vorerst wurde das Dienstverhältnis für 20 Wochenstunden und auf bestimmte Zeit (bis 31. 8. 1996) abgeschlossen. In der Folge wurde der Dienstvertrag mit Nachträgen vom 29. 7. 1996 und vom 20. 8. 1997 bis 10. 9. 1997 bzw bis 19. 9. 1998 verlängert. Als die Beklagte der Klägerin mitteilte, dass das Dienstverhältnis per 10. 9. 1998 durch Zeitablauf ende, brachte die Klägerin zu 13 Cga 160/98p des Erstgerichtes eine Klage auf Feststellung des aufrechten Fortbestandes ihres Dienstverhältnisses im Beschäftigungsausmaß von 20 Wochenstunden ein. Dieser Klage wurde mit Urteil vom 16. 3. 1999 (zugestellt im Juni 1999) unter Hinweis auf das Vorliegen unzulässiger Kettenverträge rechtskräftig stattgegeben.
Mit Schreiben vom 11. 10. 1999 forderte die Beklagte die Klägerin auf, Korrepetitionsstunden zu halten, was die Klägerin mangels Ausbildung als nicht zu ihren Pflichten gehörig ablehnte. Darauf sprach die Beklagte mit Schreiben vom 14. 10. 1999 die Entlassung der Klägerin gemäß § 34 Abs 1 lit d VBG aus. Einer daraufhin von der Klägerin erhobenen Klage auf Feststellung des aufrechten Fortbestandes des Dienstverhältnisses im Ausmaß von 27 Wochenstunden wurde mit Urteil des Erstgerichtes vom 12. 2. 2001 (zugestellt am 28. 2. bzw am 1. 3. 2001) zu 8 Cga 198/99s rechtskräftig stattgegeben. Dies wurde damit begründet, dass die Klägerin zu der ihr aufgetragenen Tätigkeit nicht ausgebildet und nach dem Dienstvertrag auch nicht verpflichtet sei. Zwischen den Streitteilen sei eine Ergänzung des Vertrages im Sinne einer Beschäftigung der Klägerin im Ausmaß von 7 weiteren Wochenstunden zustande gekommen.Mit Schreiben vom 11. 10. 1999 forderte die Beklagte die Klägerin auf, Korrepetitionsstunden zu halten, was die Klägerin mangels Ausbildung als nicht zu ihren Pflichten gehörig ablehnte. Darauf sprach die Beklagte mit Schreiben vom 14. 10. 1999 die Entlassung der Klägerin gemäß Paragraph 34, Absatz eins, Litera d, VBG aus. Einer daraufhin von der Klägerin erhobenen Klage auf Feststellung des aufrechten Fortbestandes des Dienstverhältnisses im Ausmaß von 27 Wochenstunden wurde mit Urteil des Erstgerichtes vom 12. 2. 2001 (zugestellt am 28. 2. bzw am 1. 3. 2001) zu 8 Cga 198/99s rechtskräftig stattgegeben. Dies wurde damit begründet, dass die Klägerin zu der ihr aufgetragenen Tätigkeit nicht ausgebildet und nach dem Dienstvertrag auch nicht verpflichtet sei. Zwischen den Streitteilen sei eine Ergänzung des Vertrages im Sinne einer Beschäftigung der Klägerin im Ausmaß von 7 weiteren Wochenstunden zustande gekommen.
Mit Schreiben vom 26. 3. 2001 forderte die Beklagte die Klägerin zum Dienstantritt am 30. 3. 2001 auf; gleichzeitig wurde der Klägerin mitgeteilt, dass sie der Landesmusikschule S***** dienstzugeteilt sei und ihr Aufgabengebiet ausschließlich die Hospitation laut angeschlossenem Dienstplan für 20 Wochenstunden in S***** sowie in den Exposituren K*****, F***** und W***** umfasse.
Es ist unstrittig, dass die Klägerin in der Folge nur mehr zur Hospitation eingeteilt wurde, sodass ihre einzige Tätigkeit darin bestand, an den genannten Musikschulstandorten (gleich einem Berufsanfänger im Rahmen seiner Ausbildung) bei Musikstunden anderer Lehrer anwesend zu sein.
Den dazu getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes ist zu entnehmen, dass die Klägerin - weil die Diensteinteilung zum Zeitpunkt ihres Obsiegens im zweiten Vorprozess bereits festgestanden ist - nicht mehr als alleinige Musiklehrerin eingesetzt werden konnte. Ferner wurde festgestellt, dass sich die Klägerin mehrmals schriftlich gegen ihre nunmehrige Verwendung und gegen die für sie nicht nachvollziehbare Diensteinteilung wendete. Zudem ist den Feststellungen zu entnehmen, dass die Klägerin seit Anfang April wiederholt den Dienst verspätet antrat oder vorzeitig verließ, weil mit der strikten Einhaltung der Diensteinteilung wegen der schlechten öffentlichen Verkehrsverbindungen lange Wartezeiten oder Nachtfahrten verbunden gewesen wären. Daran änderte sich auch nach einer Ermahnung durch den Dienstgeber nichts.
Mit Schreiben vom 29. 6. 2001 entschuldigte sich die Klägerin vom Dienst in der letzten Schulwoche. Sie begründete dies damit, dass die meisten Schüler bereits in Urlaub gefahren seien und sich die anderen Lehrer mit ihren Schülern auf ein Eis oder einen Kaffee zusammensetzten, sodass es für sie nicht notwendig sei, zum Dienst zu erscheinen. Als die Klägerin daraufhin trotz einer mündlichen Weisung des Direktors der Landesmusikschule an drei Tagen nicht zum Dienst erschien, kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis gemäß § 32 Abs 2 Z 1 und 6 VBG per 31. 10. 2001 auf. Die Klägerin habe trotz Abmahnung seit April 2001 beharrlich die Dienstzeit nicht eingehalten und damit ihre Dienstpflichten gröblich verletzt. Dadurch sei der Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 Z 1 VBG verwirklicht. Darüber hinaus habe die Klägerin gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unberechtigte Vorwürfe erhoben und durch ihr Verhalten den Unterricht gestört und Schüler verunsichert bzw demotiviert. Darin seien dienstwidrige Handlungen iSd § 32 Abs 2 Z 6 VBG zu sehen.Mit Schreiben vom 29. 6. 2001 entschuldigte sich die Klägerin vom Dienst in der letzten Schulwoche. Sie begründete dies damit, dass die meisten Schüler bereits in Urlaub gefahren seien und sich die anderen Lehrer mit ihren Schülern auf ein Eis oder einen Kaffee zusammensetzten, sodass es für sie nicht notwendig sei, zum Dienst zu erscheinen. Als die Klägerin daraufhin trotz einer mündlichen Weisung des Direktors der Landesmusikschule an drei Tagen nicht zum Dienst erschien, kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis gemäß Paragraph 32, Absatz 2, Ziffer eins und 6 VBG per 31. 10. 2001 auf. Die Klägerin habe trotz Abmahnung seit April 2001 beharrlich die Dienstzeit nicht eingehalten und damit ihre Dienstpflichten gröblich verletzt. Dadurch sei der Kündigungsgrund des Paragraph 32, Absatz 2, Ziffer eins, VBG verwirklicht. Darüber hinaus habe die Klägerin gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unberechtigte Vorwürfe erhoben und durch ihr Verhalten den Unterricht gestört und Schüler verunsichert bzw demotiviert. Darin seien dienstwidrige Handlungen iSd Paragraph 32, Absatz 2, Ziffer 6, VBG zu sehen.
Strittig ist im Revisionsverfahren nur mehr, ob die Klägerin durch Dienstverweigerung bzw. Nichteinhaltung der Dienstzeit den Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 Z 1 VBG verwirklicht hat.Strittig ist im Revisionsverfahren nur mehr, ob die Klägerin durch Dienstverweigerung bzw. Nichteinhaltung der Dienstzeit den Kündigungsgrund des Paragraph 32, Absatz 2, Ziffer eins, VBG verwirklicht hat.
Das Berufungsgericht erachtete die Kündigung als nicht berechtigt und daher als unwirksam, weil die Klägerin zur Einhaltung der degradierenden und für die Beklagte wertlosen Diensteinteilung nicht verpflichtet gewesen sei und daher keine Pflichtverletzung zu vertreten habe. Die Klägerin habe der unzulässigen Versetzungsanordnung auch nicht zugestimmt.
Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodass es ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodass es ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:
Der Vorwurf, das Berufungsgericht habe "wesentliche Feststellungen übergangen sowie nicht bestehende Feststellungen einfach ergänzt und als festgestellt angenommen bzw getroffene Feststellungen falsch ausgelegt" ist unzutreffend. Der vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt ist durch die erstgerichtlichen Feststellungen gedeckt bzw unstrittig. Die Feststellung, die Klägerin habe - weil die Diensteinteilung bereits am Anfang des Semesters vorgenommen worden sei - nicht mehr als alleinige Musiklehrerin eingeteilt werden können, hat das Berufungsgericht berücksichtigt; die "Feststellung" des Erstgerichtes, die Klägerin habe "im Rahmen ihres Dienstvertrages" hospitieren müssen, ist keine Tatsachenfeststellung sondern eine rechtliche Wertung, die das Berufungsgericht - wie noch auszuführen sein wird - zu Recht nicht gebilligt hat.
In rechtlicher Hinsicht ist dem Berufungsgericht beizupflichten, dass die der Klägerin aufgetragene Tätigkeit - sie musste wie ein Berufsanfänger in Ausbildung den von anderen Musiklehrern gehaltenen Musikstunden als Zuhörerin beiwohnen - nicht nur ganz wesentlich von der von ihr nach dem Dienstvertrag zu erbringenden Tätigkeit abweicht, sondern vor allem auf eine erniedrigende Degradierung hinausläuft. Dazu kommt, dass durch die Streuung der angeordneten "Dienste" auf verschiedene, nur zweitaufwendig mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbare Standorte die Lage der Klägerin noch erschwert wurde und ein rechtliches Interesse der beklagten Partei an dieser Art der Verwendung der Klägerin bzw ein damit verbundener Nutzen in keiner Weise erkennbar ist. Die Anordnung dieser Tätigkeit durch die beklagte Partei ist daher als wesentliche Verletzung des Arbeitsvertrages zu werten (zur degradierenden Versetzung als Verletzung des Arbeitsvertrages: RIS-Justiz RS0029219; 9 ObA 32/98s), sodass die teilweise Nichtbefolgung der entsprechenden Anordnungen des Dienstgebers keine die Kündigung rechtfertigende gröbliche Pflichtverletzung iSd § 32 Abs 2 Z 1 VBG darstellt.In rechtlicher Hinsicht ist dem Berufungsgericht beizupflichten, dass die der Klägerin aufgetragene Tätigkeit - sie musste wie ein Berufsanfänger in Ausbildung den von anderen Musiklehrern gehaltenen Musikstunden als Zuhörerin beiwohnen - nicht nur ganz wesentlich von der von ihr nach dem Dienstvertrag zu erbringenden Tätigkeit abweicht, sondern vor allem auf eine erniedrigende Degradierung hinausläuft. Dazu kommt, dass durch die Streuung der angeordneten "Dienste" auf verschiedene, nur zweitaufwendig mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbare Standorte die Lage der Klägerin noch erschwert wurde und ein rechtliches Interesse der beklagten Partei an dieser Art der Verwendung der Klägerin bzw ein damit verbundener Nutzen in keiner Weise erkennbar ist. Die Anordnung dieser Tätigkeit durch die beklagte Partei ist daher als wesentliche Verletzung des Arbeitsvertrages zu werten (zur degradierenden Versetzung als Verletzung des Arbeitsvertrages: RIS-Justiz RS0029219; 9 ObA 32/98s), sodass die teilweise Nichtbefolgung der entsprechenden Anordnungen des Dienstgebers keine die Kündigung rechtfertigende gröbliche Pflichtverletzung iSd Paragraph 32, Absatz 2, Ziffer eins, VBG darstellt.
Der Einwand der beklagten Partei, sie habe angesichts der bereits zu Semesterbeginn erfolgten Diensteinteilung die Klägerin nicht als alleinige Musikschullehrerin beschäftigen können, sei aber nicht verpflichtet (und könne dies wegen der drohenden "negativen Meinungsbildung auch nicht vertreten), die Klägerin bei vollen Bezügen nicht zu beschäftigen, vermag ihrem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass sich die beklagte Partei durch den Ausspruch einer unberechtigten Entlassung selbst in die von ihr nunmehr ins Treffen geführte Situation gebracht hat und dass diese Situation daher nicht zu Lasten des Arbeitnehmers gehen kann, sondern von der beklagten Partei zu vertreten ist. Abgesehen davon wurde nicht einmal behauptet, dass eine nachträgliche Änderung der (in Kenntnis des anhängigen Verfahrens über die Bekämpfung der Entlassung getroffenen) Diensteinteilung unmöglich gewesen wäre; ebenso wenig steht fest, dass die beklagte Partei nicht über andere Möglichkeiten verfügt hätte, die Klägerin in zumutbarer Weise zu beschäftigen. Das Interesse, die Zahlung eines arbeitslosen Einkommens zu vermeiden, kann es jedenfalls nicht rechtfertigen, die Klägerin zu einer absolut sinnlosen Tätigkeit zu verpflichten und diese "Dienstleistung" (in örtlicher und zeitlicher Hinsicht) noch dazu in belastender Weise auszugestalten.
Dass die Klägerin Leistungsbereitschaft habe vermissen lassen, trifft ebenfalls nicht zu. Zur Leistungsbereitschaft in dem von der beklagten Partei gemeinten Sinn - also im Sinne der Bereitschaft, der vertragswidrigen Anordnung Folge zu leisten - war die Klägerin nicht verpflichtet. Tatsächlich hat die Klägerin durch den Versuch, den Anordnungen der beklagten Partei in für sie zumutbarer Weise Folge zu leisten, ihre Leistungsbereitschaft hinreichend dokumentiert.
Einen Verzicht der Klägerin auf das Recht, die vertragsverletzenden Anordnungen der beklagten Partei nicht zu befolgen, hat das Berufungsgericht zu Recht verneint. Dass die Klägerin versucht hat, den Wünschen des Arbeitgebers in einer für sie erträglichen Weise Rechnung zu tragen, kann nicht im Sinne eines solchen Verzichtes gewertet werden.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO.
Textnummer
E70183European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:009OBA00020.03M.0625.000Im RIS seit
25.07.2003Zuletzt aktualisiert am
17.12.2012