TE OGH 2003/6/26 6Ob98/03k

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Veröffentlicht am 26.06.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei vormals E***** AG, nunmehr I***** AG, ***** vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich, 1060 Wien, Windmühlgasse 28, vertreten durch Dr. Albert Laimer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 37 Cg 238/00d des Handelsgerichtes Wien (37 Cg 14/02s des Handelsgerichtes Wien), hier wegen Ablehnung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 24. März 2003, GZ 13 Nc 6/03m-6, mit dem der Ablehnungsantrag der klagenden Partei gegen die im Senat 4 tätigen Richter des Oberlandesgerichtes Wien (Senatspräsident Dr. D*****, Dr. J***** und Laienrichter KR Dkfm W*****) zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Im wieder aufzunehmenden Verfahren 37 Cg 238/00d des Handelsgerichtes Wien wurde das auf § 1330 ABGB gestützte Begehren der Klägerin teilweise, nämlich insoweit abgewiesen, als es die Behauptungen der Beklagten betraf, bei Gewinnspielen der Klägerin a) würden nur der Reiseveranstalter und "Friedrich M*****" gewinnen, der Konsument zahle nur, und b) schnitten zwei Firmen kräftig mit und der Konsument würde nur als "quasi Melkkuh" gesehen. Das Erstgericht kam auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens zu dem Ergebnis, dass diese beiden Aussagen im Kern der Wahrheit entsprächen. Der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin gab der hiefür zuständige Senat 4 des Oberlandesgerichtes Wien nicht Folge. Er übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte zur Beweisrüge unter anderem aus, dass keine Bedenken bestünden, dass die Urkunde Beilage 9 (eine "Test-/Gewinn-Anforderung" der klagenden Partei) an eine vom Erstgericht vernommene Zeugin im Zuge eines Gewinnspieles, bei dem eine Parisreise zu gewinnen gewesen sei, zugemittelt worden sei. Mit Beschluss vom 20. 6. 2002 wies der Oberste Gerichtshof die außerordentliche Revision der Klägerin mangels erheblicher Rechtsfrage zurück (6 Ob 116/02f). Das Ersturteil im wieder aufzunehmenden Verfahren datiert vom 7. 9. 2001, Schluss der Verhandlung erster Instanz war am 13. Juni 2001. Das Urteil des Berufungsgerichtes erging am 18. 2. 2002.Im wieder aufzunehmenden Verfahren 37 Cg 238/00d des Handelsgerichtes Wien wurde das auf Paragraph 1330, ABGB gestützte Begehren der Klägerin teilweise, nämlich insoweit abgewiesen, als es die Behauptungen der Beklagten betraf, bei Gewinnspielen der Klägerin a) würden nur der Reiseveranstalter und "Friedrich M*****" gewinnen, der Konsument zahle nur, und b) schnitten zwei Firmen kräftig mit und der Konsument würde nur als "quasi Melkkuh" gesehen. Das Erstgericht kam auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens zu dem Ergebnis, dass diese beiden Aussagen im Kern der Wahrheit entsprächen. Der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin gab der hiefür zuständige Senat 4 des Oberlandesgerichtes Wien nicht Folge. Er übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte zur Beweisrüge unter anderem aus, dass keine Bedenken bestünden, dass die Urkunde Beilage 9 (eine "Test-/Gewinn-Anforderung" der klagenden Partei) an eine vom Erstgericht vernommene Zeugin im Zuge eines Gewinnspieles, bei dem eine Parisreise zu gewinnen gewesen sei, zugemittelt worden sei. Mit Beschluss vom 20. 6. 2002 wies der Oberste Gerichtshof die außerordentliche Revision der Klägerin mangels erheblicher Rechtsfrage zurück (6 Ob 116/02f). Das Ersturteil im wieder aufzunehmenden Verfahren datiert vom 7. 9. 2001, Schluss der Verhandlung erster Instanz war am 13. Juni 2001. Das Urteil des Berufungsgerichtes erging am 18. 2. 2002.

Ihre auf den Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gestützte Wiederaufnahmsklage begründete die Klägerin damit, dass die genannte Zeugin in einem anderen Gerichtsverfahren am 21. 3. 2002 ausgesagt habe, dass sie schon seit langem ständig Zusendungen der Klägerin erhalten habe. Damit sei die der strittigen Feststellung im wieder aufzunehmenden Verfahren zugrunde gelegte Voraussetzung widerlegt, dass die Zeugin von der Klägerin nur zweimal angeschrieben worden sei, wovon sie nur einmal reagiert habe (sodass die Gewinnanforderung im Zuge des ersten Anschreibens zugemittelt worden sein müsse).Ihre auf den Wiederaufnahmegrund des Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer 7, ZPO gestützte Wiederaufnahmsklage begründete die Klägerin damit, dass die genannte Zeugin in einem anderen Gerichtsverfahren am 21. 3. 2002 ausgesagt habe, dass sie schon seit langem ständig Zusendungen der Klägerin erhalten habe. Damit sei die der strittigen Feststellung im wieder aufzunehmenden Verfahren zugrunde gelegte Voraussetzung widerlegt, dass die Zeugin von der Klägerin nur zweimal angeschrieben worden sei, wovon sie nur einmal reagiert habe (sodass die Gewinnanforderung im Zuge des ersten Anschreibens zugemittelt worden sein müsse).

Die Klägerin lehnte den zur Verhandlung und Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage zuständigen Richter des Erstgerichtes mit der Begründung ab, dieser habe im wieder aufzunehmenden Verfahren Feststellungen zu ihren Lasten getroffen, die durch den Akteninhalt nicht gedeckt gewesen seien. Der für Ablehnungssachen zuständige Senat des Handelsgerichtes Wien wies den Ablehnungsantrag ab. Mit ihrem dagegen erhobenen Rekurs verband die Klägerin den Ablehnungsantrag gegen die dem Senat 4 des Oberlandesgerichtes Wien angehörenden Richter. Diese hätten sich in ihrem Berufungsurteil im wieder aufzunehmenden Verfahren bereits auf die aktenwidrige Feststellung über den Zeitpunkt des Zukommens des Schreibens an die Zeugin festgelegt, sodass eine unvoreingenommene Beurteilung des bereits gebilligten Fehlers des Erstgerichtes nach menschlichem Ermessen zumindest fraglich erscheine. Darüber hinaus habe der Senat in seiner damaligen Besetzung zur Stützung dieser aktenwidrigen Feststellungen die aktenwidrige und nicht nachvollziehbare Schlussfolgerung gezogen, dass die Zeugin eine solche Zusendung nur einmal, nämlich anlässlich der Parisreise, erhalten habe. Diese Schlussfolgerung könne nur auf einem grundlegenden Irrtum oder einer einseitigen Betrachtung beruhen. Beides sei geeignet, die Unvoreingenommenheit nicht nur der damals entscheidenden, sondern auch der übrigen Mitglieder des Senates 4 in Zweifel zu ziehen.

Die Richter Senatspräsident Dr. D*****, Dr. J***** und KR Dkfm W***** erklärten in ihren Stellungnahmen, nicht befangen zu sein.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies der für diesen Ablehnungsantrag zuständige Senat des Oberlandesgerichtes Wien den Ablehnungsantrag zurück. Die Ablehnung der Mitglieder des Senates 4 beziehe sich ausschließlich auf deren Entscheidung im wieder aufzunehmenden Verfahren. Der erstmals anlässlich des Wiederaufnahmsverfahrens gestellte Ablehnungsantrag sei daher verspätet. Im Übrigen zeige die Klägerin auch keine Umstände auf, die darauf schließen ließen, dass sich die abgelehnten Senatsmitglieder bei ihrer Entscheidung von unsachlichen Motiven leiten ließen. Der Ablehnungsantrag sei daher auch inhaltlich nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs der Klägerin ist nicht berechtigt.

Gemäß § 19 Z 2 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, weil ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Nach Lehre und Rechtsprechung genügt dabei schon die Besorgnis, dass bei der Entscheidung dieses Richters andere als rein sachliche Motive eine Rolle spielen könnten. Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive (SZ 43/104 ua). Bei der Prüfung der Unbefangenheit ist im Interesse des Ansehens der Justiz ein strenger Maßstab anzulegen: Es genügt, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte (9 ObA 135, 136/89 = JBl 1990, 122 [Schumacher] = RdW 1990, 166 ua). Andererseits soll die Ablehnung aber auch nicht die Möglichkeit bieten, dass sich Parteien ihnen nicht genehmer Richter entledigen können. Es kann auch nicht Aufgabe des zur Beurteilung eines aus der Entscheidung eines Richters abgeleiteten Ablehnungsantrages berufenen gerichtlichen Organes sein, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen; nur bei schwerwiegenden Verstößen gegen Verfahrensgrundsätze, insbesondere bei auffallender und damit bedenklicher Verletzung von Grundsätzen zum Schutz des Parteiengehörs und bei vergleichbaren Fällen, die die Objektivität des Richters mit Grund bezweifeln lassen, wird sich die Ablehnung im Allgemeinen als berechtigt erweisen (4 Ob 36/89 = RZ 1989/110 [282]). Ein solcher schwerwiegender Verstoß gegen Grundsätze eines fairen Verfahrens wirft die Klägerin den im wieder aufzunehmenden Verfahren erkennenden Richtern des Berufungsgerichtes aber nicht vor. Sie meint vielmehr im Wesentlichen, die Richter hätten aus einer vorgelegten Urkunde im Zusammenhang mit der Aussage einer Zeugin falsche Schlüsse gezogen, womit der Vorwurf der unrichtigen Beweiswürdigung, allenfalls der Aktenwidrigkeit erhoben wird. Die Kommentierung oder gar Überprüfung der Rechtsprechung eines anderen Senates ist jedoch nicht Aufgabe des Ablehnungssenates (4 N 524/95). Ob die Beweiswürdigung des Berufungssenates richtig oder unrichtig ist, kann nicht Gegenstand eines Ablehnungsverfahrens sein. Bei pflichtgemäßer Ausübung des Richteramtes stellt nämlich selbst ein allfälliger und im weiteren Instanzenzug nicht mehr korrigierbarer Entscheidungsfehler keinen Ablehnungsgrund dar, sondern es verwirklicht sich darin vielmehr ein Prozessrisiko der Parteien, die außerstande waren, ihren Streitfall ohne Zuhilfenahme der Gerichte privatautonom beizulegen (1 Ob 70/97k). Die Beweiswürdigung des Berufungssenates im wieder aufzunehmenden Verfahren lässt jedenfalls keine Gedankenführung oder Diktion erkennen, die eine Hemmung einer unparteiischen Entscheidung über die hier anstehende Frage der Befangenheit des Erstrichters im wieder aufzunehmenden Verfahren nahelegen könnte.Gemäß Paragraph 19, Ziffer 2, JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, weil ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Nach Lehre und Rechtsprechung genügt dabei schon die Besorgnis, dass bei der Entscheidung dieses Richters andere als rein sachliche Motive eine Rolle spielen könnten. Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive (SZ 43/104 ua). Bei der Prüfung der Unbefangenheit ist im Interesse des Ansehens der Justiz ein strenger Maßstab anzulegen: Es genügt, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte (9 ObA 135, 136/89 = JBl 1990, 122 [Schumacher] = RdW 1990, 166 ua). Andererseits soll die Ablehnung aber auch nicht die Möglichkeit bieten, dass sich Parteien ihnen nicht genehmer Richter entledigen können. Es kann auch nicht Aufgabe des zur Beurteilung eines aus der Entscheidung eines Richters abgeleiteten Ablehnungsantrages berufenen gerichtlichen Organes sein, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen; nur bei schwerwiegenden Verstößen gegen Verfahrensgrundsätze, insbesondere bei auffallender und damit bedenklicher Verletzung von Grundsätzen zum Schutz des Parteiengehörs und bei vergleichbaren Fällen, die die Objektivität des Richters mit Grund bezweifeln lassen, wird sich die Ablehnung im Allgemeinen als berechtigt erweisen (4 Ob 36/89 = RZ 1989/110 [282]). Ein solcher schwerwiegender Verstoß gegen Grundsätze eines fairen Verfahrens wirft die Klägerin den im wieder aufzunehmenden Verfahren erkennenden Richtern des Berufungsgerichtes aber nicht vor. Sie meint vielmehr im Wesentlichen, die Richter hätten aus einer vorgelegten Urkunde im Zusammenhang mit der Aussage einer Zeugin falsche Schlüsse gezogen, womit der Vorwurf der unrichtigen Beweiswürdigung, allenfalls der Aktenwidrigkeit erhoben wird. Die Kommentierung oder gar Überprüfung der Rechtsprechung eines anderen Senates ist jedoch nicht Aufgabe des Ablehnungssenates (4 N 524/95). Ob die Beweiswürdigung des Berufungssenates richtig oder unrichtig ist, kann nicht Gegenstand eines Ablehnungsverfahrens sein. Bei pflichtgemäßer Ausübung des Richteramtes stellt nämlich selbst ein allfälliger und im weiteren Instanzenzug nicht mehr korrigierbarer Entscheidungsfehler keinen Ablehnungsgrund dar, sondern es verwirklicht sich darin vielmehr ein Prozessrisiko der Parteien, die außerstande waren, ihren Streitfall ohne Zuhilfenahme der Gerichte privatautonom beizulegen (1 Ob 70/97k). Die Beweiswürdigung des Berufungssenates im wieder aufzunehmenden Verfahren lässt jedenfalls keine Gedankenführung oder Diktion erkennen, die eine Hemmung einer unparteiischen Entscheidung über die hier anstehende Frage der Befangenheit des Erstrichters im wieder aufzunehmenden Verfahren nahelegen könnte.

Der angefochtene Beschluss, der aus diesen Gründen eine Befangenheit der abgelehnten Richter zu Recht verneint hat, war daher zu bestätigen, ohne dass auf die Frage, ob die Ablehnung verspätet geltend gemacht wurde, eingegangen werden muss.

Textnummer

E70397

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0060OB00098.03K.0626.000

Im RIS seit

26.07.2003

Zuletzt aktualisiert am

26.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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