TE OGH 2003/6/26 6Ob88/03i

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Veröffentlicht am 26.06.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred G*****, Arbeiter, ***** vertreten durch Dr. Johannes Dörner und Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. Franz U*****, Pensionist, 2. Maria U*****, Lehrerin, ***** beide vertreten durch Dr. Helwig Keber, Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung und Unterlassung (Streitwert 4.360,37 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 3. Dezember 2002, GZ 6 R 267/02g-64, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Stainz vom 4. Juli 2002, GZ 1 C 114/98t-56, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Parteien auf Zuspruch der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Revision des Klägers ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes - nicht zulässig:

Rechtliche Beurteilung

Nach den - den Obersten Gerichtshof bindenden - Feststellungen der Vorinstanzen war der über die Grundstücke des Klägers führende und als solcher erkennbare Weg von den Beklagten und ihren Rechtsvorgängern seit 1963 ungehindert benützt worden. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, die Beklagten hätten eine nicht verbücherte Wegedienstbarkeit ersessen, ist somit nicht zu beanstanden. Das Erstgericht hatte weiters festgestellt, der Zeuge Dr. F***** habe den Kläger noch vor Erwerb der Grundstücke auf die Wegebenutzung aufmerksam gemacht. Die dagegen erhobene Beweisrüge des Klägers hatte das Berufungsgericht im ersten Rechtsgang aus der aktenwidrigen Überlegung, diese Feststellung sei unbekämpft geblieben, nicht behandelt. Im zweiten Rechtsgang hat nun das Erstgericht neuerlich festgestellt, dass der Zeuge Dr. F***** den Kläger noch vor der am 9. 12. 1994 stattgefundenen Vermessung (und somit vor Abschluss des Kaufvertrags über die zunächst gekaufte Liegenschaft Nr 106) über die Wegebenutzung informiert hat. Das Erstgericht hat diese Feststellung mit den Ergebnissen des Beweisverfahrens ausführlich begründet. Das Berufungsgericht hat nunmehr - über Berufung des Klägers - die Behandlung der Beweisrüge nachgeholt und ausgeführt, diese Feststellung sei durch die bestimmte und unzweideutige Aussage des Zeugen Dr. F***** gedeckt. Auf die in der Revision geltend gemachte Aktenwidrigkeit des Aufhebungsbeschlusses im ersten Rechtsgang sowie darauf, ob sich der Kläger (trotz Unterlassens eines auch ihm möglichen Rekurses gegen den Aufhebungsbeschluss) noch darauf berufen kann, kommt es daher nicht mehr an.

Von den dargelegten Feststellungen (Benutzung des als solchen feststellbaren Weges seit 1963 und ausdrückliche Information des Klägers über die Benutzung vor Ankauf der damit belasteten Grundstücke) ausgehend steht die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger sei in seinem guten Glauben auf die Vollständigkeit des Grundbuchstandes nicht geschützt, mit Lehre und Rechtsprechung in Einklang. Danach schützt das Vertrauen auf das öffentliche Gut nur die unverschuldete Unkenntnis der Abweichung des Buchstandes von der außerbücherlichen Rechtslage; auch bloß leicht fahrlässige Unkenntnis wird nicht geschützt (M. Bydlinski in Rummel ABGB³ § 1500 Rz 1 und 3 mwN; NZ 2002/29, 77; RIS-Justiz RS0034803). In Bezug auf Dienstbarkeiten besteht nach Lehre und Rechtsprechung überdies eine Nachforschungspflicht im weiteren Umfang, weil die Verbücherung von Dienstbarkeiten vielfach unterbleibt (M. Bydlinski aaO Rz 3; NZ 2002/29, 77).Von den dargelegten Feststellungen (Benutzung des als solchen feststellbaren Weges seit 1963 und ausdrückliche Information des Klägers über die Benutzung vor Ankauf der damit belasteten Grundstücke) ausgehend steht die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger sei in seinem guten Glauben auf die Vollständigkeit des Grundbuchstandes nicht geschützt, mit Lehre und Rechtsprechung in Einklang. Danach schützt das Vertrauen auf das öffentliche Gut nur die unverschuldete Unkenntnis der Abweichung des Buchstandes von der außerbücherlichen Rechtslage; auch bloß leicht fahrlässige Unkenntnis wird nicht geschützt (M. Bydlinski in Rummel ABGB³ Paragraph 1500, Rz 1 und 3 mwN; NZ 2002/29, 77; RIS-Justiz RS0034803). In Bezug auf Dienstbarkeiten besteht nach Lehre und Rechtsprechung überdies eine Nachforschungspflicht im weiteren Umfang, weil die Verbücherung von Dienstbarkeiten vielfach unterbleibt (M. Bydlinski aaO Rz 3; NZ 2002/29, 77).

Der Kläger macht noch geltend, eine Zustimmungserklärung der Beklagten als Miteigentümer der angrenzenden Grundstücke zum Verlauf der Grenze von noch nicht im Grenzkataster enthaltenen Grundstücken nach § 43 Z 6 VermG habe nicht nur Auswirkungen auf den Grenzverlauf an sich, sondern auch auf eine unverbücherte Dienstbarkeit, sodass diese - wenn nicht gleichzeitig um ihre Verbücherung angesucht werde - erlösche. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich die Zustimmungserklärung der Eigentümer angrenzender Grundstücke nach § 43 Z 6 VermG auf den Grenzverlauf und nicht auch auf im Grundbuch eingetragene Rechte bezieht. Eine gesetzliche Anordnung, wonach offenkundige Dienstbarkeiten mangels Eintragung anlässlich der Umstellung des Grundsteuerkatasters auf den Grenzkataster erlöschen, fehlt. Abgesehen davon war in Bezug auf die vom Kläger erworbenen Liegenschaften eine Umwandlung vom Grundsteuer- auf den Grenzkataster nach den Bestimmungen des Vermessungsgesetzes schon deshalb unterblieben, weil die dafür erforderliche Zustimmungserklärung der Zweitbeklagten fehlte. Es kann daher unerörtert bleiben, ob - wie das Berufungsgericht offenbar meint - eine außerbücherliche Wegedienstbarkeit anlässlich der Umstellung auf den Grenzkataster mangels gleichzeitiger Eintragung im Grundbuch erlischt. Wollte man das im Zusammenhang mit der geforderten Zustimmungserklärung unterlassene Ansuchen um Verbücherung der Wegedienstbarkeit unter dem Blickwinkel eines Verzichts auf das ersessene Recht beurteilen, führte dies gleichfalls nicht zu dem vom Kläger angestrebten Ergebnis. Der Kläger behauptet selbst nicht mehr, dass die Zweitbeklagte dem Grenzverlauf ausdrücklich zugestimmt habe. Selbst wenn man - wie er meint - eine konkludente Zustimmung zum Grenzverlauf annehmen wollte, könnte aus der Sicht der Erklärungsempfänger keineswegs davon ausgegangen werden, dass die Zweitbeklagte zugleich (und stillschweigend) auch auf das ersessene Wegerecht hätte verzichten wollen, zumal ein Zusammenhang zwischen Grenzverlauf und Wegerecht nicht hergestellt wurde und die Festlegung der Grundstücksgrenzen die bisherige Wegenutzung nicht berührte. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO). Mangels einer erheblichen Rechtsfrage wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.Der Kläger macht noch geltend, eine Zustimmungserklärung der Beklagten als Miteigentümer der angrenzenden Grundstücke zum Verlauf der Grenze von noch nicht im Grenzkataster enthaltenen Grundstücken nach Paragraph 43, Ziffer 6, VermG habe nicht nur Auswirkungen auf den Grenzverlauf an sich, sondern auch auf eine unverbücherte Dienstbarkeit, sodass diese - wenn nicht gleichzeitig um ihre Verbücherung angesucht werde - erlösche. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich die Zustimmungserklärung der Eigentümer angrenzender Grundstücke nach Paragraph 43, Ziffer 6, VermG auf den Grenzverlauf und nicht auch auf im Grundbuch eingetragene Rechte bezieht. Eine gesetzliche Anordnung, wonach offenkundige Dienstbarkeiten mangels Eintragung anlässlich der Umstellung des Grundsteuerkatasters auf den Grenzkataster erlöschen, fehlt. Abgesehen davon war in Bezug auf die vom Kläger erworbenen Liegenschaften eine Umwandlung vom Grundsteuer- auf den Grenzkataster nach den Bestimmungen des Vermessungsgesetzes schon deshalb unterblieben, weil die dafür erforderliche Zustimmungserklärung der Zweitbeklagten fehlte. Es kann daher unerörtert bleiben, ob - wie das Berufungsgericht offenbar meint - eine außerbücherliche Wegedienstbarkeit anlässlich der Umstellung auf den Grenzkataster mangels gleichzeitiger Eintragung im Grundbuch erlischt. Wollte man das im Zusammenhang mit der geforderten Zustimmungserklärung unterlassene Ansuchen um Verbücherung der Wegedienstbarkeit unter dem Blickwinkel eines Verzichts auf das ersessene Recht beurteilen, führte dies gleichfalls nicht zu dem vom Kläger angestrebten Ergebnis. Der Kläger behauptet selbst nicht mehr, dass die Zweitbeklagte dem Grenzverlauf ausdrücklich zugestimmt habe. Selbst wenn man - wie er meint - eine konkludente Zustimmung zum Grenzverlauf annehmen wollte, könnte aus der Sicht der Erklärungsempfänger keineswegs davon ausgegangen werden, dass die Zweitbeklagte zugleich (und stillschweigend) auch auf das ersessene Wegerecht hätte verzichten wollen, zumal ein Zusammenhang zwischen Grenzverlauf und Wegerecht nicht hergestellt wurde und die Festlegung der Grundstücksgrenzen die bisherige Wegenutzung nicht berührte. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO). Mangels einer erheblichen Rechtsfrage wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die beklagten Parteien haben auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen, sodass ihre Rechtsmittelbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht dienlich war.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 41 und 50 Absatz eins, ZPO. Die beklagten Parteien haben auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen, sodass ihre Rechtsmittelbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht dienlich war.

Anmerkung

E70395 6Ob88.03i

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0060OB00088.03I.0626.000

Dokumentnummer

JJT_20030626_OGH0002_0060OB00088_03I0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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