TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/24 2005/21/0412

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Veröffentlicht am 24.04.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §15 Abs2;
FrG 1997 §15 Abs3;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
FrG 1997 §7 Abs4 Z1;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/21/0413

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/I, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten

I. vom 4. November 2005, Zl. 2 Fr-125/05, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG (hg. Zl. 2005/21/0412), und II. vom 9. November 2005, Zl. Fr-125/05, betreffend Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 FrG (hg. Zl. 2005/21/0413),

zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, beantragte am 15. Jänner 2002 bei der Österreichischen Botschaft in New Delhi die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Schüler". Er wolle die dreijährige Hotelfachschule Warmbad Villach besuchen. Obgleich bei seiner Befragung am 15. Jänner 2002 festgehalten wurde, dass er "kein Wort Englisch (Anmerkung: eines der Unterrichtsfächer) und kein Wort Deutsch (könne)", er die Ausbildung für einen sechsmonatigen Kochkurs ansehe und er im Rahmen seines (darauf folgenden) rund zweijährigen Schulbesuchs in Österreich keinen Erfolg aufwies, wurden ihm Aufenthaltstitel nach § 7 Abs. 4 Z. 1 des (bis zum 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, erteilt und nach seiner Einreise in Österreich (am 29. Juli 2002) mit Geltung bis zum 30. November 2004 verlängert.

Mit dem erstangefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 4. November 2005 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 25. November 2004 auf Erteilung einer (weiteren) Aufenthaltserlaubnis "zum Zweck Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG" gemäß § 12 Abs. 2b FrG ab.

In ihrer Begründung führte sie - zusammengefasst - aus, der Beschwerdeführer habe zwar eine Schulbesuchsbestätigung der Kärntner Tourismusschule Warmbad Villach vom 17. November 2004 vorgelegt, wonach er die 1. Klasse der Hotelfachschule in der Zeit vom 29. September 2004 bis zum 27. Mai 2005 besuche. Er habe jedoch keinen Schulnachweis (Schulzeugnis) vorgelegt, sondern lediglich das Jahreszeugnis für das Schuljahr 2003/2004 der

1. Klasse, wonach er zum Aufsteigen in die 2. Klasse nicht berechtigt sei. Er habe somit zum dritten Mal die 1. Klasse begonnen, jedoch neuerlich keinen Schulerfolg nachweisen können. Eine Rückfrage bei der Schulleitung habe bestätigt, dass er als Schüler der 1. Klasse seit 3. März 2005 nicht mehr am Unterricht der Hotelfachschule teilgenommen habe. Dazu habe der Beschwerdeführer in einer Stellungnahme am 15. März 2005 lediglich vorgebracht, seine "Deutschkenntnisse zu perfektionieren und die Hotelfachschule ordnungsgemäß zum Abschluss bringen zu wollen". Jedoch habe er sich selbst am 19. April 2005 schriftlich von der genannten Schule mit sofortiger Wirkung abgemeldet.

Da der Beschwerdeführer seit 3. März 2005 den Unterricht nicht mehr besucht und sich mit 19. April 2005 von der Schule abgemeldet habe, sei erkennbar, dass er nicht gewillt sei, eine Schulausbildung ernsthaft zu absolvieren. Die Voraussetzungen für eine weitere Aufenthaltserlaubnis mit dem Aufenthaltszweck "Ausbildung" seien demnach nicht erfüllt.

Mit dem zweitangefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 9. November 2005 wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 iVm § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG aus dem Bundesgebiet aus.

In ihrer Begründung wiederholte die belangte Behörde im Wesentlichen die Argumentation des erstangefochtenen Bescheides. Da der Beschwerdeführer nicht mehr Schüler sei und nunmehr keine Ausbildungsstätte besuche, erfülle er eine wesentliche Voraussetzung für den von ihm begehrten Aufenthaltstitel nicht und verstoße solcherart gegen die für Fremde maßgeblichen Regelungen, deren Einhaltung aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zukomme. Der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels stehe daher der Versagungsgrund des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG entgegen. Damit lägen auch die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Z. 2 FrG vor.

     Sein Privat- und Familienleben betreffend habe der

Beschwerdeführer (im Berufungsverfahren) vor allem mit der durch

die Ausweisung bewirkten Trennung von seinen (in Österreich

lebenden) Eltern argumentiert. Außerdem lebte die Schwester des

Beschwerdeführers seit dem Jahr 2001 in Österreich, "die mit einem

mittlerweile österreichischen Staatsbürger verheiratet und somit

begünstigte Drittstaatsangehörige" sei. In seinem Heimatstaat habe

der Beschwerdeführer dagegen "kaum mehr nähere Verwandte". Während

er in Österreich bereits integriert sei, stünde er im Fall seiner

Ausweisung - so habe der Beschwerdeführer vorgebracht - im

Heimatstaat vollkommen allein und vor dem Nichts. "Auf Grund der

derzeitigen Lage in Indien bestehe im Fall einer Abschiebung die

Gefahr, dass der Einschreiter einer menschenunwürdigen Behandlung

ausgesetzt ... oder auch in seinem Leben oder Gesundheit bedroht

(werde). Eine allfällige Abschiebung ... sei allein deshalb

unzulässig."

Dazu sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2002 in Österreich (Klagenfurt) lebe, volljährig sei und sich seine Eltern und seine Schwester in Österreich aufhielten. Hieraus folge, dass mit der Erlassung einer Ausweisung ein Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden sei.

Dessen ungeachtet sei der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet jedoch wegen Gefährdung der öffentlichen Interessen (§ 8 Abs. 3 Z. 2 FrG) zu versagen, weil dieser - sei der Beschwerdeführer doch nicht gewillt, ernsthaft eine Schulausbildung zu absolvieren - die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde. Die Bindung zu den Eltern und der Schwester werde durch den Umstand, dass der Beschwerdeführer bereits volljährig sei, relativiert. Auch sei ihm die Einreise im Jahr 2002 nur auf Grund der angestrebten Ausbildung gestattet worden.

Im Hinblick auf das einem geordneten Fremdenwesen zukommende besondere Gewicht habe auch von dem im § 34 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht werden können. Dafür böten auch die geltend gemachten und festgestellten privaten und familiären Interessen keine ausreichende Grundlage.

Über die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte

Behörde erwogen:

Zur Ausweisung:

Die Begründung der belangten Behörde, dass auf Grund des jahrelangen Fehlens jedes Schulerfolges der Ausweisungsgrund des § 34 Abs. 1 Z. 2 FrG erfüllt sei (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. September 2005, Zl. 2005/18/0059), ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Der Beschwerdeführer vertritt vor allem den Standpunkt, dass seine Ausweisung im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG nicht zulässig sei. Im Rahmen des dazu im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringens (das sich aus der obigen Darstellung der Berufungsausführungen ergibt) macht er in der Beschwerde jedoch lediglich geltend, seine Eltern seien "wieder nach Indien zurückgekehrt". Auch das damit im Zusammenhang stehende Vorbringen (zusammengefasst: seine Schwester leide "an einer komplexen Autoimmunerkrankung" und darüber hinaus seit dem Jahr 2005 an insulinpflichtigem Diabetes mellitus; ihre Eltern seien deshalb im März 2004 vorübergehend in das Bundesgebiet eingereist; mittlerweile sei der Beschwerdeführer die einzige Person, die die ganztägige Pflege seiner kranken Schwester besorge sowie sich um deren zwei Kinder und den gemeinsamen Haushalt kümmere, zumal sein Schwager während des ganzen Tages, zeitweise auch in der Nacht, arbeiten müsse) wurde erstmals in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erstattet und stellt daher eine unzulässige Neuerung dar.

Dasselbe gilt für sein Vorbringen, er habe am 21. September 2005 "einen Antrag auf Erteilung einer quotenfreien Erstniederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen bei der dafür zuständigen Niederlassungsbehörde", der für die vorliegende Entscheidung überdies inhaltlich ohne Bedeutung ist, gestellt. In beiden Fällen wäre er, zumal er anwaltlich vertreten war, nicht gehindert gewesen, die belangte Behörde im Berufungsverfahren von dieser (Änderung der) Sachlage in Kenntnis zu setzen.

Was die - bei Darstellung des Berufungsvorbringens wiedergegebenen - allgemeinen Ausführungen des Beschwerdeführers über die ungünstige Situation in seinem Heimatland betrifft, macht er damit nichts geltend, was die belangte Behörde zu einer anderen Ermessensentscheidung hätte veranlassen müssen. Das Vorbringen ist somit nicht geeignet, die Relevanz der in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängel darzutun (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2006, Zl. 2005/18/0206).

Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde die Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers seit dem 29. Juli 2002 und das Zusammenleben mit seinen Angehörigen berücksichtigt. Die daraus ableitbaren persönlichen Interessen des Beschwerdeführers werden in ihrem Gewicht jedoch durch seine Volljährigkeit sowie dadurch entscheidend gemindert, dass sein Aufenthalt von vornherein nur vorübergehend - zu Ausbildungszwecken - vorgesehen war und er im gesamten Ausbildungszeitraum ohne Studienerfolg geblieben ist.

Den somit insgesamt nur schwach ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers steht die von der belangten Behörde zutreffend dargestellte gewichtige Beeinträchtigung öffentlicher Interessen durch seinen weiteren Aufenthalt gegenüber. Von daher begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 FrG), keinen Bedenken.

Zur Abweisung des Antrages nach § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG:

Festzuhalten ist, dass die belangte Behörde den mit Berufung bekämpften Bescheid der Erstbehörde, die im Grunde des § 15 Abs. 2 FrG zunächst nur über die Ausweisung zu entscheiden und nach der Rechtskraft dieser Entscheidung das vorliegende Verfahren über den Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels gemäß § 15 Abs. 3 FrG formlos einzustellen gehabt hätte (vgl. dazu ausführlich das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2006, Zl. 2003/21/0183), wegen deren Unzuständigkeit zu beheben gehabt hätte.

Da die Ausweisung jedoch - wie eben dargestellt - fehlerfrei erlassen wurde und in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. dazu weiters etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 1999, Zl. 99/19/0102), wurde der Beschwerdeführer angesichts der gleichzeitigen Zustellung beider Berufungsbescheide (am 11. November 2005) auch durch die zusätzliche (meritorische) Abweisung seines Antrages nach § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG nicht in dem in diesem Zusammenhang als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht auf Aufenthalt in Österreich verletzt.

Seine Beschwerde war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 24. April 2007

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005210412.X00

Im RIS seit

12.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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