TE OGH 2003/6/30 7Ob100/03m

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Veröffentlicht am 30.06.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schenk, Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache August F*****, geboren am *****, Sachwalter Dr. Hans-Peter Neher, Rechtsanwalt, *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs des Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 5. März 2003, GZ 21 R 43/03b-39, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Bad Ischl vom 25. Dezember 2002, GZ 1 P 52/02s-30, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Dem Betroffenen ist es infolge einer Demenz nicht mehr möglich, seine Angelegenheiten des täglichen Lebens selbst zu regeln. Mit Beschluss vom 17. 7. 2002 wurde ihm ein Sachwalter für die Besorgung aller Angelegenheiten bestellt. Bereits im Zuge der Bestellung eines einstweiligen Sachwalters für finanzielle Angelegenheiten wurden mit Beschluss vom 15. 6. 2002 sämtliche Konten und Sparbücher des Betroffenen gesperrt. In seinem Testament vom 12. 8. 1996 erwähnte der Betroffene zwei Sparbücher bei der O*****bank AG, Filiale *****. Die O*****bank AG teilte daraufhin mit, dass der Betroffene bei ihr keine Konten unterhalte. Die Sparbücher sind nicht auffindbar.

Über nochmalige Anfrage erklärte die erwähnte Bank, dass es sich bei den genannten Konten nur Überbringerpapiere handelt und sie zur Auskunftserteilung an die Vorlage der Urkunden gebunden sei, weshalb sie dem Gerichtsersuchen nicht nachkommen könne.

Mit dem angefochtenen Beschluss trug das Erstgericht der O*****bank AG auf, binnen vier Wochen mitzuteilen, wann und durch wen die beiden Sparbücher aufgelöst worden seien und wie hoch das Realisat gewesen sei. Die Kreditinstitute seien nach § 38 Abs 2 Z 4 BWG gegenüber dem Sachwalterschaftsgericht nicht an das Bankgeheimnis gebunden. Da der Betroffene die beiden angeführten Sparbücher in seinem Testament ausdrücklich erwähnt habe, sei davon auszugehen, dass sie zu diesem Zeitpunkt seinem Vermögen zuzurechnen gewesen seien. Das Sachwalterschaftsgericht habe, falls der Betroffene das Geld behoben habe, zu überprüfen, ob zum Zeitpunkt der Auflösung der beiden Konten seine Geschäftsfähigkeit noch gegeben gewesen sei oder nicht, wozu die geforderten Auskünfte im Interesse des Betroffenen erforderlich seien.Mit dem angefochtenen Beschluss trug das Erstgericht der O*****bank AG auf, binnen vier Wochen mitzuteilen, wann und durch wen die beiden Sparbücher aufgelöst worden seien und wie hoch das Realisat gewesen sei. Die Kreditinstitute seien nach Paragraph 38, Absatz 2, Ziffer 4, BWG gegenüber dem Sachwalterschaftsgericht nicht an das Bankgeheimnis gebunden. Da der Betroffene die beiden angeführten Sparbücher in seinem Testament ausdrücklich erwähnt habe, sei davon auszugehen, dass sie zu diesem Zeitpunkt seinem Vermögen zuzurechnen gewesen seien. Das Sachwalterschaftsgericht habe, falls der Betroffene das Geld behoben habe, zu überprüfen, ob zum Zeitpunkt der Auflösung der beiden Konten seine Geschäftsfähigkeit noch gegeben gewesen sei oder nicht, wozu die geforderten Auskünfte im Interesse des Betroffenen erforderlich seien.

Das Rekursgericht behob diesen Beschluss infolge Rekurses der O*****bank AG ersatzlos. Bei den gegenständlichen Vermögenswerten handle es sich offenbar um Inhaberpapiere, die nicht einmal auf den Namen des Betroffenen lauten. Da diese durch bloße Übereignung der Urkunde und auch ohne Wissen des Kreditinstitutes übertragen werden könnten, gelte der jeweilige Repräsentant der Urkunde als verfügungsberechtigt. Die Auskunftserteilung sei sohin an die Vorlage der Urkunde gebunden. Die Verfügungsberechtigung des Betroffenen über die Konten stehe keineswegs fest. Es sei völlig ungewiss, was seit der Erstellung des Testaments mit den Sparurkunden geschehen sei. Das Sachwalterschaftsgericht, dessen Auskunftsrecht an die Kundeneigenschaft des Betroffenen gebunden sei, habe hier daher keine Möglichkeit zu einer weiteren Überprüfung.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zu, da es gerade in Sachwalterschaftsverfahren immer wieder vorkomme, dass sich der Betroffene nicht mehr an sämtliche Vermögenswerte erinnern könne oder Urkunden verlustig würde, weshalb nicht geklärt erscheine, welcher Maßstab bei der Definition eines Bankkunden im Falle von Inhabersparurkunden im Zusammenhang mit der Durchbrechung des Bankgeheimnisses gegenüber dem Sachwalterschaftsgericht anzusetzen sei und zu dieser Frage keine oberstgerichtliche Judikatur existiere.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Betroffenen mit dem Antrag, den erstinstanzlichen Beschluss wiederherzustellen, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes - nicht zulässig.

Das Rekursgericht hat die Rechtslage und auch die Judikatur des Obersten Gerichtshofes zutreffend dargestellt. Dem Revisionsrekurs ist im Sinne der §§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO zu erwidern:Das Rekursgericht hat die Rechtslage und auch die Judikatur des Obersten Gerichtshofes zutreffend dargestellt. Dem Revisionsrekurs ist im Sinne der Paragraphen 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO zu erwidern:

Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen dürfen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich aufgrund der Geschäftsverbindungen mit Kunden oder aufgrund des § 75 Abs 3 BWG anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten (Bankgeheimnis; § 38 Abs 1 BWG). Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses besteht nicht dem Vormundschafts- oder Pflegschaftsgericht gegenüber, wenn der Kunde minderjährig oder sonst pflegebefohlen ist (§ 38 Abs 2 Z 4 BWG).Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen dürfen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich aufgrund der Geschäftsverbindungen mit Kunden oder aufgrund des Paragraph 75, Absatz 3, BWG anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten (Bankgeheimnis; Paragraph 38, Absatz eins, BWG). Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses besteht nicht dem Vormundschafts- oder Pflegschaftsgericht gegenüber, wenn der Kunde minderjährig oder sonst pflegebefohlen ist (Paragraph 38, Absatz 2, Ziffer 4, BWG).

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Auskunftspflicht der Bank gegenüber dem Gericht jedenfalls nicht weitergehen kann als jene gegenüber dem Kunden selbst (4 Ob 36/01z, 10 Ob 322/98w = SZ 71/203, 7 Ob 610/95; RIS-Justiz RS0111076). Wie sich allein schon aus dem Sinn und Zweck des verfassungsrechtlich geschützten (§ 38 Abs 5 BWG) Bankgeheimnisses ergibt, obliegt der Beweis der Kundeneigenschaft demjenigen, der sich darauf gegenüber der Bank beruft und Auskunft erhalten will (7 Ob 610/95 mwN). Eine Auskunftspflicht der Bank kann daher nur in Betracht kommen, soweit ein Konto ausreichend individualisiert ist und im Besitz des Betroffenen steht (vgl zu Anfragen des Abhandlungsgerichtes: 6 Ob 58/97s, 8 Ob 71/70, 7 Ob 610/95).Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Auskunftspflicht der Bank gegenüber dem Gericht jedenfalls nicht weitergehen kann als jene gegenüber dem Kunden selbst (4 Ob 36/01z, 10 Ob 322/98w = SZ 71/203, 7 Ob 610/95; RIS-Justiz RS0111076). Wie sich allein schon aus dem Sinn und Zweck des verfassungsrechtlich geschützten (Paragraph 38, Absatz 5, BWG) Bankgeheimnisses ergibt, obliegt der Beweis der Kundeneigenschaft demjenigen, der sich darauf gegenüber der Bank beruft und Auskunft erhalten will (7 Ob 610/95 mwN). Eine Auskunftspflicht der Bank kann daher nur in Betracht kommen, soweit ein Konto ausreichend individualisiert ist und im Besitz des Betroffenen steht vergleiche zu Anfragen des Abhandlungsgerichtes: 6 Ob 58/97s, 8 Ob 71/70, 7 Ob 610/95).

Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass keine Verpflichtung der Bank auf Auskunftserteilung besteht, weil die Kundeneigenschaft des Betroffenen im Hinblick auf die beiden Sparbücher, die er in seinem Testament vor rund sechs Jahren erwähnt hatte, nicht ausreichend bewiesen ist, hält sich im Rahmen der oben dargelegten Judikatur. Es besteht kein Hinweis darauf, dass nach dieser langen Zeit der Betroffene noch über die noch dazu als Inhaberpapier (vgl 7 Ob 610/95 mwN; 1 Ob 2309/96g) geführten Spareinlagen verfügungsberechtigt ist.Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass keine Verpflichtung der Bank auf Auskunftserteilung besteht, weil die Kundeneigenschaft des Betroffenen im Hinblick auf die beiden Sparbücher, die er in seinem Testament vor rund sechs Jahren erwähnt hatte, nicht ausreichend bewiesen ist, hält sich im Rahmen der oben dargelegten Judikatur. Es besteht kein Hinweis darauf, dass nach dieser langen Zeit der Betroffene noch über die noch dazu als Inhaberpapier vergleiche 7 Ob 610/95 mwN; 1 Ob 2309/96g) geführten Spareinlagen verfügungsberechtigt ist.

Da sich die Entscheidung des Rekursgerichtes im Rahmen der oben dargelegten Judikatur hält, lag keine erhebliche Rechtsfrage zur Entscheidung vor, sodass der Revisionsrekurs zurückzuweisen war.

Textnummer

E70196

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0070OB00100.03M.0630.000

Im RIS seit

30.07.2003

Zuletzt aktualisiert am

17.10.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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