TE OGH 2003/6/30 7Ob219/02k

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Veröffentlicht am 30.06.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schenk, Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Nadja K*****, geboren am 24. November 1989, und Tanja K*****, geboren am 14. September 1992, beide ***** beide im Unterhaltsverfahren vertreten durch den Unterhaltssachwalter Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 11, Amt für Jugend und Familie-Rechtsfürsorge Bezirk 11, 1110 Wien, Enkplatz 2, über den Revisionsrekurs des Vaters Ing. Peter K*****, vertreten durch Urbanek-Lind-Schmied-Reisch, Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. Mai 2002, GZ 43 R 263/02y-54, womit infolge Rekurses des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 14. März 2002, GZ 5 P 91/97p-46, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden im Umfang der Anfechtung - ds hinsichtlich der mj Nadja die für Mai 2001 EUR 40,06, Juni bis September 2001 monatlich EUR 258,22, Oktober 2001 bis Jänner 2002 monatlich EUR 131,19 und ab Februar 2002 monatlich EUR 315,63 übersteigenden Beträge sowie hinsichtlich der mj Tanja die für Mai 2001 EUR 3,85, Juni bis September 2001 monatlich 199,19, Oktober 2001 bis Jänner 2002 monatlich EUR 92,22 und ab Februar 2002 monatlich EUR 247,61 übersteigenden Beträge an Geldunterhalt - aufgehoben. Die Pflegschaftssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Im Sinne der Rückleitungsaufträge des Obersten Gerichtshofes laut seinen Beschlüssen vom 30. 10. 2002 (ON 78) und 15. 1. 2003 (ON 84) steht nunmehr nach den diesbezüglichen aktenmäßigen Erhebungen (und Aufklärungen) des Erstgerichtes einerseits (ON 85) samt Übermittlung einer Kopie der in der Kanzlei des Rechtsmittelverfassers seinerzeit eingelangten zweitinstanzlichen Beschlussausfertigung an das Erstgericht andererseits (ON 86) die Rechtzeitigkeit des vorliegenden Revisionsrekurses des Vaters unbedenklich fest, sodass dieser vom Obersten Gerichtshof auch einer inhaltlichen Prüfung unterzogen werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann hiebei zur bisherigen Verfahrenschronologie der Unterhaltsherabsetzungsanträge des Vaters auf den ersten Rückleitungsbeschluss des Obersten Gerichtshofes 7 Ob 219/02k vom 30. 10. 2002 Bezug genommen und hieran angeknüpft werden (ON 78). Demnach besteht derzeit eine titelmäßig aufrechte Verpflichtung des Vaters zur Zahlung von monatlich EUR 484 für Tanja und EUR 555,67 für Nadja.

Im Revisionsrekurs des Vaters - der als Rechtsmittelgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht (und nur die aus dem Spruch als unangefochten ausgeworfenen Teilbeträge für seine beiden Töchter im primären Revisionsrekursabänderungsantrag als zur Leistung verpflichtet ausdrücklich zugesteht, freilich jeweils noch "zuzüglich eines bezogenen Naturalunterhaltes" in unterschiedlichen Höhen [EUR 129,07 für Nadja und EUR 112,93 für Tanja], im Übrigen jedoch weiterhin auf einer Herabsetzung seiner Geldunterhaltsverpflichtungen beharrt) - werden dem Rekursgericht zwei rechtliche Fehlbeurteilungen zur Last gelegt, nämlich

a) im Zusammenhang mit der (nach fristloser Entlassung) bezogenen Abfertigung des früheren Dienstgebers in Höhe von S 282.000 (EUR 20.493,74) sowie

b) Nichtberücksichtigung der Familienbeihilfe im Sinne der einschlägigen Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes zu § 12ab) Nichtberücksichtigung der Familienbeihilfe im Sinne der einschlägigen Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes zu Paragraph 12 a,

FLAG.

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof Folgendes erwogen:

zu a):

Der Vater war nach den maßgeblichen Feststellungen nach seiner Entlassung aus seinem Arbeitsverhältnis am 4. 2. 2001 bis 31. 1. 2002 arbeitslos und bezog in dieser Zeit Arbeitslosengeld und (ab 1. 10. 2001) Notstandshilfe. Seit 1. 2. 2002 ist er wieder beschäftigt und bezieht ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 2.991,49 inklusive Sonderzahlungen. Die Vorinstanzen haben die Abfertigung von EUR 20.493,74 (S 282.000) in den Monaten (di vom 2. Juni 2001 bis 31. 1. 2002) der durch die Entlassung unterbrochenen Erwerbstätigkeit anteilig in Anrechnung und demgemäß die Bemessungsgrundlage mit (gerundet) S 41.000 (EUR 2.979,59) durchgehend in Ansatz gebracht (im Zeitpunkt der letzten Unterhaltsvereinbarung per 1. 1. 2001 hatte diese noch S 64.000 = EUR 4.651,06 betragen). Der Rechtsmittelwerber hält dem - zusammengefasst - bloß entgegen, die Abfertigung hätte nur mit restlich EUR 13.867,42 in Anrechnung gebracht werden dürfen, weil der Rest für "anwaltliche und sonstige Interventionsleistungen" (zur Durchsetzung der Abfertigung gegenüber dem früheren Dienstgeber) aufgegangen sei. Wieso dies jedoch - nach seinem Ansinnen - letztlich (ebenso wie die nunmehrige wesentlich reduzierte Einkommenssituation) zu Lasten der beiden minderjährigen Kinder gehen soll, bleibt er in seinem Rechtsmittel stichhaltig zu argumentieren schuldig; sollte ihm die - der Höhe nach ohnedies nicht weiter bestrittene - Abfertigung mit gesetzwidrigen Argumenten vom ehemaligen Dienstgeber streitig gemacht worden sein, wäre es an ihm gelegen gewesen, diese erforderlichenfalls unter Anrufung der Gerichte durchzusetzen und im Falle des Obsiegens auch seine hiefür zweckentsprechend aufgewendeten "Interventionskosten" (insbesondere jene der notwendigen anwaltlichen Vertretung) ersetzt zu verlangen. So ist die auch bei Einbeziehung einer Abfertigung vom Obersten Gerichtshof jeweils einzelfallbezogen (RIS-Justiz RS0009667; zuletzt und ausführlich etwa 7 Ob 211/02h) vorgenommene Einberechnung aber nicht zu beanstanden und verstieße jedes andere vom Revisionswerber eigennützig angestrebte Ergebnis den Grundsätzen des Kindeswohls im Sinne des § 178a iVm § 140 ABGB.Der Vater war nach den maßgeblichen Feststellungen nach seiner Entlassung aus seinem Arbeitsverhältnis am 4. 2. 2001 bis 31. 1. 2002 arbeitslos und bezog in dieser Zeit Arbeitslosengeld und (ab 1. 10. 2001) Notstandshilfe. Seit 1. 2. 2002 ist er wieder beschäftigt und bezieht ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 2.991,49 inklusive Sonderzahlungen. Die Vorinstanzen haben die Abfertigung von EUR 20.493,74 (S 282.000) in den Monaten (di vom 2. Juni 2001 bis 31. 1. 2002) der durch die Entlassung unterbrochenen Erwerbstätigkeit anteilig in Anrechnung und demgemäß die Bemessungsgrundlage mit (gerundet) S 41.000 (EUR 2.979,59) durchgehend in Ansatz gebracht (im Zeitpunkt der letzten Unterhaltsvereinbarung per 1. 1. 2001 hatte diese noch S 64.000 = EUR 4.651,06 betragen). Der Rechtsmittelwerber hält dem - zusammengefasst - bloß entgegen, die Abfertigung hätte nur mit restlich EUR 13.867,42 in Anrechnung gebracht werden dürfen, weil der Rest für "anwaltliche und sonstige Interventionsleistungen" (zur Durchsetzung der Abfertigung gegenüber dem früheren Dienstgeber) aufgegangen sei. Wieso dies jedoch - nach seinem Ansinnen - letztlich (ebenso wie die nunmehrige wesentlich reduzierte Einkommenssituation) zu Lasten der beiden minderjährigen Kinder gehen soll, bleibt er in seinem Rechtsmittel stichhaltig zu argumentieren schuldig; sollte ihm die - der Höhe nach ohnedies nicht weiter bestrittene - Abfertigung mit gesetzwidrigen Argumenten vom ehemaligen Dienstgeber streitig gemacht worden sein, wäre es an ihm gelegen gewesen, diese erforderlichenfalls unter Anrufung der Gerichte durchzusetzen und im Falle des Obsiegens auch seine hiefür zweckentsprechend aufgewendeten "Interventionskosten" (insbesondere jene der notwendigen anwaltlichen Vertretung) ersetzt zu verlangen. So ist die auch bei Einbeziehung einer Abfertigung vom Obersten Gerichtshof jeweils einzelfallbezogen (RIS-Justiz RS0009667; zuletzt und ausführlich etwa 7 Ob 211/02h) vorgenommene Einberechnung aber nicht zu beanstanden und verstieße jedes andere vom Revisionswerber eigennützig angestrebte Ergebnis den Grundsätzen des Kindeswohls im Sinne des Paragraph 178 a, in Verbindung mit Paragraph 140, ABGB.

Zu b:

Diesbezüglich liefert der Rechtsmittelwerber bzw Rechtsmittelverfasser ausdrücklich mehrere "Berechnungsvarianten" mit unterschiedlichen Rechenergebnissen, die sich zueinander in als Eventualanträge formulierten Rechtsmittelanträgen entsprechend unterschiedlich (und auch einander letztlich ausschließend) niederschlagen. Dies ziffernmäßig präzise nachzuvollziehen, ist dem Obersten Gerichtshof jedoch schon aus folgenden Erwägungen verwehrt:

Im Sinne der nunmehr herrschenden (und auch bereits mehrfach

veröffentlichten) Judikatur diverser zivilrechtlicher Senate des

Obersten Gerichtshofes zur Frage der steuerlich gebotenen Entlastung

eines Geldunterhaltspflichtigen bei einem - wie hier -

überdurchschnittlich hohen Einkommen lässt sich die maßgebliche

Berechnungsmethode auf folgende Formel bringen (vgl etwa 7 Ob 167/02p

= JBl 2003, 107; 7 Ob 193/02m = JBl 2003, 113; 3 Ob 141/02k = JBl

2003, 174; 4 Ob 52/02d = EvBl 2003/45; weitere Nachweise in

RIS-Justiz RS0117023, RS0117015, RS0117016):

Der (wie bisher nach der Prozentwertmethode berechnete und) zu leistende Geldunterhalt dividiert durch 2 mal verminderter Grenzsteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (höchstens 40 %) minus Unterhaltsabsetzbetrag ergibt jenen (Teil-)Betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist (wobei es keinen Unterschied macht, wenn die Halbierung statt beim Unterhalt erst beim abgesenkten Grenzsteuersatz vorgenommen wird, also zunächst der [ganze] Geldunterhalt mit dem halben abgesenkten Grenzsteuersatz [höchstens 20 %] multipliziert wird: 2 Ob 201/02a uva). Der jeweilige Grenzsteuersatz ist jeweils um ca 20 % abzusenken, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % zu einem solchen von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem solchen von 25 % (Nachweise wie vor).

Im vorliegenden Fall erzielt der Vater - für die nunmehr maßgeblichen Zeiträume - ein Nettoeinkommen von (laut Feststellungen der Vorinstanzen) rund S 41.000 bzw rund EUR 3.000; sein Bruttoeinkommen ist jedoch nicht festgestellt. Von diesem (ohne 13. und 14. Gehalt: 2 Ob 201/02a; 4 Ob 266/02z; 4 Ob 12/03g; 6 Ob 15/02b uva) hängt aber ab, wie hoch der auf das Einkommen des Vaters angewandte Grenzsteuersatz ist. Die Einkommensteuer beträgt für ein Einkommen von mtl EUR 3.640 0 %, für die nächsten EUR 3.630 21 %, für die nächsten EUR 14.530 31 %, für die nächsten EUR 29.070 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Da der Kindesunterhalt jeweils den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist (2 Ob 201/02a; 4 Ob 46/02x), muss bei der Berechnung der notwendigen Steuerentlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen nicht unerheblichen Teilbetrag der nächst niedrigere Grenzsteuersatz maßgeblich ist (4 Ob 46/02x; 5 Ob 36/02h). Bei mehreren Kindern ist der gesamte Unterhaltsabsetzbetrag für alle Kinder pro Kind nach Kopfteilen zu berücksichtigen; differiert die Höhe der Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder wesentlich, so ist die ermittelte Gesamtentlastung jedem der Kinder proportional zuzurechnen (5 Ob 36/02h; 7 Ob 306/02d). Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich, dass die vorliegende Unterhaltssache noch nicht spruchreif ist. Zur Berechnung der im vorliegenden Fall nach den dargestellten Maßstäben in Betracht kommenden Unterhaltsberechnung (Unterhaltsherabsetzung) im Wege einer (teilweisen) Anrechnung der Familienbeihilfe zum Zwecke der steuerlichen Entlastung ist neben den festgestellten Umständen auch die Kenntnis des Grenzsteuersatzes des Vaters erforderlich. In diesem Sinne wird das Erstgericht das Verfahren bzw seine Feststellungen zu ergänzen haben, um sodann die notwendige steuerliche Entlastung nach den dargestellten Grundsätzen ermitteln zu können.

Dem Revisionsrekurs war daher (nur) in diesem Bereich Folge zu geben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung im Sinne der aufgezeigten Judikaturgrundsätze aufzutragen. Dabei wird auch Gelegenheit bestehen, die vom Rechtsmittelwerber großteils nicht nachvollziehbar zugrunde gelegten (teilweise zugestandenen, überwiegend jedoch bestrittenen) monatlichen Unterhaltsgeldleistungsbeträge rechnerisch aufzuschlüsseln und mit den - ebenfalls nicht rechnerisch nachvollziehbaren - (behaupteten) Naturalunterhaltsleistungen in Relation zu bringen. Angesichts der von ihm behaupteten Unterhaltsreduktionen für die einelnen Monate liegt es an ihm, diesbezüglich nicht nur (zumeist nicht nachvollziehbare) Behauptungen und irgendwelche Ziffernbeträge zu nennen bzw aufzustellen, sondern diese auch in nachvollziehbarer Weise unter Beweis zu stellen.

Anmerkung

E70203 7Ob219.02k-3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0070OB00219.02K.0630.000

Dokumentnummer

JJT_20030630_OGH0002_0070OB00219_02K0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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