TE OGH 2003/7/10 15R113/03b

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Veröffentlicht am 10.07.2003
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Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Richter des OLG Dr Rechberger als Vorsitzenden und den SenPräs des OLG UnivProf Dr Ertl sowie den Richter des OLG Mag Samm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *****, Gärtner, H*****, *****, vertrechen durch die *****, *****, wider die beklagte Partei *****, geb 24.2.1962, Dachdecker, *****, *****, vertreten durch *****, Rechtsanwalt in *****, wegen €20.822,34, über den Kostenrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des LG Korneuburg vom 24.3.2003, GZ 6 Cg 136/01g-33, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Es wird dem Rekurs teilweise F o l g e gegeben und der angefochtene Beschluss in seinem Kostenausspruch dahin a b g e ä n d e r t, dass der klagenden Partei ein Betrag von €133,63 (darin €22,27 Ust) zugesprochen und der beklagten Partei zum Ersatz binnen 14 Tagen bei Exekution aufgetragen wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit €98,51 (darin €16,40 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n zu- läss i g (§ 528 Abs 2 Z 3 und 4 ZPO).Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n zu- läss i g (Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 3 und 4 ZPO).

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluss wurde dem Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Verbesserung des Verfahrenshilfeantrages vom 11.11.2002 (ON 23) stattgegeben (Punkt 1), die Verfahrenshilfe jedoch nicht gewährt (Punkt 3) . Gleichzeitig wurde der Antrag der Gegenpartei, die Kosten ihrer Äußerung zum Wiedereinsetzungsantrag mit €1.002,24 zu bestimmen, abgewiesen (Punkt 4).

Gem § 154 ZPO habe die Partei, welche die Wiedereinsetzung beantragt habe, ohne Rücksicht darauf, ob dem Antrag stattgegeben worden sei oder nicht, Anspruch auf Ersatz aller Kosten, welche ihr durch die Versäumung und durch die Verhandlung über den Wiedereinsetzungsantrag verursacht worden seien. Nach der herrschenden Judikatur stehen für eine schriftliche Stellungnahme zu einem Wiedereinsetzungsantrag (mangels Verhandlung) keine Kosten zu, es sei denn diese erfolgte über gerichtliche Aufforderung (vgl MGA 15.Aufl E 1 zu § 154 ZPO).Gem Paragraph 154, ZPO habe die Partei, welche die Wiedereinsetzung beantragt habe, ohne Rücksicht darauf, ob dem Antrag stattgegeben worden sei oder nicht, Anspruch auf Ersatz aller Kosten, welche ihr durch die Versäumung und durch die Verhandlung über den Wiedereinsetzungsantrag verursacht worden seien. Nach der herrschenden Judikatur stehen für eine schriftliche Stellungnahme zu einem Wiedereinsetzungsantrag (mangels Verhandlung) keine Kosten zu, es sei denn diese erfolgte über gerichtliche Aufforderung vergleiche MGA 15.Aufl E 1 zu Paragraph 154, ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Rekurs der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung iSd Zuspruchs eines Kostenbetrages von €1.002,24. Die beklagte Partei hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt. Der Rekurs ist im wesentlichen gerechtfertigt.

§ 154 ZPO spricht nur davon, dass dem Antragsgegner ausschließlich die Kosten zustehen, die ihm durch die Verhandlung über den Wiedereinsetzungsantrag verursacht wurden. Daher gewährt die hM, auf welche sich das Erstgericht stützt, dem Wiedereinsetzungsgegner keinen Kostenersatz für vorbereitende Schriftsätze bzw eine schriftliche Stellungnahme zum Wiedereinsetzungsantrag. Vorbereitende Schriftsätze seien in diesem Verfahren überhaupt unzulässig (Fasching II 752; EvBl 1937/359; EvBl 1947/98 und die vom Erstgericht zitierte Judikatur).Paragraph 154, ZPO spricht nur davon, dass dem Antragsgegner ausschließlich die Kosten zustehen, die ihm durch die Verhandlung über den Wiedereinsetzungsantrag verursacht wurden. Daher gewährt die hM, auf welche sich das Erstgericht stützt, dem Wiedereinsetzungsgegner keinen Kostenersatz für vorbereitende Schriftsätze bzw eine schriftliche Stellungnahme zum Wiedereinsetzungsantrag. Vorbereitende Schriftsätze seien in diesem Verfahren überhaupt unzulässig (Fasching römisch II 752; EvBl 1937/359; EvBl 1947/98 und die vom Erstgericht zitierte Judikatur).

Das Rekursgericht kann sich dieser Auffassung nicht anschließen, da sie nicht im Einklang mit dem in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer strikter gehandhabten Grundsatz des beiderseitigen rechtlichen Gehörs (Art 6 MRK) steht und keine konkrete gesetzliche Basis für eine Ausnahmsregelung ersichtlich ist. Es darf hier nur daran erinnert werden, dass Kosten einer Gegenschrift zur Berufung seit zwei Jahrzehnten auch dann zugesprochen werden, wenn eine Berufungsverhandlung angesetzt ist, und dass der Kostenrekurs nunmehr ein zweiseitiges Rechtsmittel ist. Gegenschriften sind seit einigen Jahren auch nach dem GebAG vorgesehen. In dieser sich wandelnden gesetzlichen Umgebung kann die bisherige Judikatur zu den Kosten vorbereitender Schriftsätze im Wiedereinsetzungsverfahren nicht mehr aufrechterhalten werden, vielmehr sind diese dann zu gewähren, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder –verteidigung notwendig sind (§ 41 Abs 1 ZPO).Das Rekursgericht kann sich dieser Auffassung nicht anschließen, da sie nicht im Einklang mit dem in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer strikter gehandhabten Grundsatz des beiderseitigen rechtlichen Gehörs (Artikel 6, MRK) steht und keine konkrete gesetzliche Basis für eine Ausnahmsregelung ersichtlich ist. Es darf hier nur daran erinnert werden, dass Kosten einer Gegenschrift zur Berufung seit zwei Jahrzehnten auch dann zugesprochen werden, wenn eine Berufungsverhandlung angesetzt ist, und dass der Kostenrekurs nunmehr ein zweiseitiges Rechtsmittel ist. Gegenschriften sind seit einigen Jahren auch nach dem GebAG vorgesehen. In dieser sich wandelnden gesetzlichen Umgebung kann die bisherige Judikatur zu den Kosten vorbereitender Schriftsätze im Wiedereinsetzungsverfahren nicht mehr aufrechterhalten werden, vielmehr sind diese dann zu gewähren, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder –verteidigung notwendig sind (Paragraph 41, Absatz eins, ZPO).

Die in der Rechtsprechung teilweise gemachten Ausnahmen, auf welche sich der Kläger beruft, sind hier keineswegs ausreichend. Ob der Richter dem Wiedereinsetzungsgegner einen ausdrücklichen Auftrag zur Äußerung erteilt (so AnwBl 1976, 317 und anders NBlRA 1960, 98), kann schon deshalb nicht entscheidend sein, weil das Gericht meist nicht weiß, ob dieser zur Klärung der Sach- und Rechtslage etwas beitragen kann und hängt daher von Zufälligkeiten ab. Besonders fragwürdig wird diese Ausnahme, wenn der Richter die Wiedereinsetzungsschrift dem Gegner zur „allfälligen" Äußerung zusendet.

Nicht weniger bedenklich ist die zweite Ausnahme, bei welcher dem Wiedereinsetzungsgegner die Kosten eines vorbereitenden Schriftsatzes zugestanden werden, nämlich die Anordnung einer Verhandlung über den Wiedereinsetzungsantrag (WR 648). Gegen eine solche Ausnahme spricht schon ein Größenschluss: Wird ein Schriftsatz des Wiedereinsetzungsgegners zugesprochen und honoriert, obwohl er seinen Standpunkt grundsätzlich in der Verhandlung darlegen kann, so muss das erst recht gelten, wenn er dies mangels einer solchen Verhandlung nicht kann.

Besonders nachdrücklich für die vom Rekursgericht vertretene strikte Handhabung des Grundsatzes des beiderseitigen rechtlichen Gehörs spricht die Vorschrift des § 153 ZPO, wonach gegen eine Entscheidung, wodurch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt wird, ein Rechtsmittel nicht zulässig ist. Ein Ausschluss des Wiedereinsetzungsgegners vom Verfahren erster Instanz kann somit nicht durch ein Rechtsmittel wieder behoben werden. Das Rekursgericht folgt somit der Auffassung Finks, Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Zivilprozessrecht (1994) 197 f, wonach dem Wiedereinsetzungswerber die Kosten seiner Äußerung zuzuerkennen sind, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder –verteidigung dienen, mögen sie letztlich auch nicht erfolgreich gewesen sein (§ 154 ZPO). Die vorliegende Äußerung des Wiedereinsetzungsgegners (ON 31) setzt sich jedenfalls ausführlich mit der Sach- und Rechtslage auseinander. Die angefochtene Kostenentscheidung war somit spruchgemäß abzuändern. Ob bei der Bestimmung der Kosten hier vom Streitwert der Hauptsache oder vom Nebengebührenstreitwert des § 12 Abs 4 RATG auszugehen ist, wird in der Rechtsprechung verschieden beantwortet (MGA15 E 15 einerseits und E 16 andererseits zu § 72 ZPO). M.Bydlinski spricht sich in Fasching² II/1 Rz 12 zu § 73 ZPO vorsichtig für den zweiten Lösungsvorschlag in rechtspolitischer Hinsicht aus, zweifelt allerdings daran, ob die erforderliche Analogiegrundlage (de lege lata) in ausreichendem Maße gegeben sei. Die Schwierigkeit liegt darin, dass das gesetzliche Ziel, der wirtschaftlich schwachen Partei die zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder -verteidigung zu ermöglichen, nicht durch das Risiko vereitelt werden soll, der Gegenpartei die auf Basis des vollen Streitwertes der Hauptsache möglicherweise erheblichen Kosten der Gegenäußerung bzw des Rechtsmittels in diesem Verfahren bezahlen zu müssen. Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Rekursgegner Verfahrenshilfe lediglich für die Pauschalkosten des Revisionsverfahrens begehrt hat (ON23), somit für einen Betrag von EU 161,--. Der Streitwert der Hauptsache beträgt EU20.822,34, die auf dieser Basis berechneten Kosten einer einzigen Gegenschrift belaufen sich somit auf EU 751,68. Ein solches Missverhältnis sucht der Gesetzgeber in anderen Fällen in mehrfacher Weise zu vermeiden, so etwa durch die bereits genannte Vorschrift des § 12 Abs 4 RATG, aber auch durch die Bestimmung des § 11 RATG. Auch wenn man grundsätzlich vom Streitwert der Hauptsache als Berechnungsbasis ausgehen wollte, führt im vorliegenden Fall eine teleologische Reduktion zur Anwendung des § 12 Abs 4 RATG.Besonders nachdrücklich für die vom Rekursgericht vertretene strikte Handhabung des Grundsatzes des beiderseitigen rechtlichen Gehörs spricht die Vorschrift des Paragraph 153, ZPO, wonach gegen eine Entscheidung, wodurch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt wird, ein Rechtsmittel nicht zulässig ist. Ein Ausschluss des Wiedereinsetzungsgegners vom Verfahren erster Instanz kann somit nicht durch ein Rechtsmittel wieder behoben werden. Das Rekursgericht folgt somit der Auffassung Finks, Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Zivilprozessrecht (1994) 197 f, wonach dem Wiedereinsetzungswerber die Kosten seiner Äußerung zuzuerkennen sind, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder –verteidigung dienen, mögen sie letztlich auch nicht erfolgreich gewesen sein (Paragraph 154, ZPO). Die vorliegende Äußerung des Wiedereinsetzungsgegners (ON 31) setzt sich jedenfalls ausführlich mit der Sach- und Rechtslage auseinander. Die angefochtene Kostenentscheidung war somit spruchgemäß abzuändern. Ob bei der Bestimmung der Kosten hier vom Streitwert der Hauptsache oder vom Nebengebührenstreitwert des Paragraph 12, Absatz 4, RATG auszugehen ist, wird in der Rechtsprechung verschieden beantwortet (MGA15 E 15 einerseits und E 16 andererseits zu Paragraph 72, ZPO). M.Bydlinski spricht sich in Fasching² II/1 Rz 12 zu Paragraph 73, ZPO vorsichtig für den zweiten Lösungsvorschlag in rechtspolitischer Hinsicht aus, zweifelt allerdings daran, ob die erforderliche Analogiegrundlage (de lege lata) in ausreichendem Maße gegeben sei. Die Schwierigkeit liegt darin, dass das gesetzliche Ziel, der wirtschaftlich schwachen Partei die zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder -verteidigung zu ermöglichen, nicht durch das Risiko vereitelt werden soll, der Gegenpartei die auf Basis des vollen Streitwertes der Hauptsache möglicherweise erheblichen Kosten der Gegenäußerung bzw des Rechtsmittels in diesem Verfahren bezahlen zu müssen. Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Rekursgegner Verfahrenshilfe lediglich für die Pauschalkosten des Revisionsverfahrens begehrt hat (ON23), somit für einen Betrag von EU 161,--. Der Streitwert der Hauptsache beträgt EU20.822,34, die auf dieser Basis berechneten Kosten einer einzigen Gegenschrift belaufen sich somit auf EU 751,68. Ein solches Missverhältnis sucht der Gesetzgeber in anderen Fällen in mehrfacher Weise zu vermeiden, so etwa durch die bereits genannte Vorschrift des Paragraph 12, Absatz 4, RATG, aber auch durch die Bestimmung des Paragraph 11, RATG. Auch wenn man grundsätzlich vom Streitwert der Hauptsache als Berechnungsbasis ausgehen wollte, führt im vorliegenden Fall eine teleologische Reduktion zur Anwendung des Paragraph 12, Absatz 4, RATG.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EW00448 15R113-03b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2003:01500R00113.03B.0710.000

Dokumentnummer

JJT_20030710_OLG0009_01500R00113_03B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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