TE Vwgh Beschluss 2007/4/25 2007/08/0024

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Veröffentlicht am 25.04.2007
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §412 Abs1;
ASVG §415 Abs2a;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art103 Abs4;
B-VG Art132;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, in der Beschwerdesache des A in O, vertreten durch Dr. Rudolf Schaller, Rechtsanwalt in 7350 Oberpullendorf, Hauptplatz 9/2/13, gegen das "Amt der Burgenländischen Landesregierung" wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend Beitragshaftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit der vorliegenden, am 31. Jänner 2007 zur Post gegebenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht durch das "Amt der Burgenländischen Landesregierung" mit dem Vorbringen geltend, die Burgenländische Gebietskrankenkasse habe gegen ihn mit Bescheid vom 21. Dezember 1995, Zl. BE 74/95/III/Wi/3575/95, gemäß § 67 Abs. 10 ASVG einen Haftungsbescheid über S 1,075.643,57 erlassen. Gegen diesen Bescheid, der ihm "nicht korrekt zugestellt" worden sei, habe er am 13. Mai 1996 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, einen Einspruch und einen Antrag auf neuerliche Zustellung (des Haftungsbescheides) eingebracht. Mit Schreiben vom 17. November 2006 habe die belangten Behörde angekündigt, den Wiedereinsetzungsantrag abweisen und der Berufung größtenteils stattgeben zu wollen. Sie habe somit zehneinhalb Jahre für die Behandlung eines nicht besonders komplexen Antrages benötigt.

Mit dem genannten Schreiben vom 17. November 2006, welches der Beschwerde angeschlossen ist, hatte der Landeshauptmann von Burgenland dem Beschwerdeführer mitgeteilt, er gehe davon aus, dass der erwähnte Einspruch gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vom 21. Dezember 1995 fristgerecht erfolgt sei. Daher werde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vom 18. Juni 1996, mit dem sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vom 13. Mai 1996) zurückgewiesen worden sei, keine Folge zu geben sein. Infolge näher erläuterter Gründe werde dem Einspruch des Beschwerdeführers teilweise Folge zu geben sein und der Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse (vom 21. Dezember 1995) mit der Maßgabe abgeändert werden, dass der Haftungsbetrag EUR 6.998,96 betrage.

2. Mit Schreiben vom 20. Februar 2007 teilte der Beschwerdeführer dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass "die belangte Behörde endlich reagiert hat und mit Bescheid vom 2.2.2007 ... den angefochtenen Haftungsbescheid ... ersatzlos behoben hat." Der Beschwerdeführer sei klaglos gestellt. Dennoch halte er seinen Antrag auf Ersatz seiner Aufwendungen aufrecht.

3. Wie dem Beschwerdepunkt und dem Beschwerdeantrag der vorliegenden Säumnisbeschwerde entnommen werden kann, richtet sich die Beschwerde sowohl gegen die Verletzung der Entscheidungspflicht im Wiedereinsetzungsverfahren als auch gegen die Verletzung der Entscheidungspflicht im Einspruchsverfahren (wobei der Beschwerdeführer in seinem Beschwerdevortrag nicht erwähnt hat, dass sein Antrag auf Wiedereinsetzung mit Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vom 18. Juni 1996 bereits zurückgewiesen worden ist und er dagegen bereits Berufung an den Landeshauptmann von Burgenland erhoben hat).

Gemäß § 27 Abs. 1 erster Satz VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat.

Demnach setzt die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde voraus, dass der Beschwerdeführer die höchste sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Weg eines Antrages gemäß § 73 Abs. 2 AVG vergeblich angerufen hat. Die Möglichkeit, nach dieser Gesetzesstelle den Übergang der Zuständigkeit auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zu erwirken, steht der durch die Säumnis der zuständigen Behörde verletzten Partei auch dann offen, wenn gegen die Entscheidung der säumigen Behörde nach den jeweils den Instanzenzug regelnden Vorschriften ein ordentliches Rechtsmittel ausgeschlossen ist (vgl. den hg. Beschluss vom 13. Juni 1995, Zl. 95/08/0141). Gemäß § 412 Abs. 1 ASVG können Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen binnen einem Monat nach der Zustellung durch Einspruch an den zuständigen Landeshauptmann angefochten werden.

§ 415 Abs. 2a ASVG stellt klar, dass das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (nunmehr: Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) in allen Verwaltungssachen (d.h. für sämtliche Versicherungszweige) im Fall der Devolution als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde bei Säumigkeit des Landeshauptmannes (und in den Fällen des Art. 103 Abs. 4 B-VG als zweite Instanz bei Säumigkeit des Versicherungsträgers) gilt.

4. Der Beschwerdeführer hat es unterlassen, den Bundesminister als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinn des § 73 Abs. 2 AVG iVm § 415 Abs. 2a ASVG anzurufen, weshalb seine Beschwerde schon deshalb (und ohne Einleitung eines Verbesserungsverfahrens in Ansehung der Bezeichnung der nicht existierenden belangten Behörde "Amt der Burgenländischen Landesregierung") mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen war.

Wien, am 25. April 2007

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete ASVG KOVG Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007080024.X00

Im RIS seit

29.08.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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