Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1) Hans M***** und 2) Luise ***** beide vertreten durch Dr. Albin Ortner, Rechtsanwalt in Villach, wider die verpflichteten Parteien 1) Gundi U***** und 2) Ewald U***** , beide vertreten durch Dr. Dieter Clementschitsch und andere Rechtsanwälte in Villach, wegen Exekution zur Erwirkung einer vertretbaren Handlung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 25. Juli 2002, GZ 2 R 202/02m-49, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 13. Juni 2002, GZ 12 E 7725/95f-44, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden als nichtig aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung über den Einstellungsantrag der verpflichteten Parteien zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens über den Einstellungsantrag der verpflichteten Parteien.
Text
Begründung:
Mit Exekutionsbewilligungsbeschluss vom 26. Jänner 1999
(rechtskräftig seit 18. März 1999) wurden die Betreibenden
antragsgemäß und aufgrund eines Urteils des Bezirksgerichts
Klagenfurt als Exekutionstitel gemäß § 353 EO ermächtigt, "durch
einen befugten Gewerbetreibenden auf Kosten der verpflichteten
Parteien die Wasserleitung beginnend von dem Wasserbassin auf der
Parzelle 795/1 (richtig: 789/1) GB ... zum Wasserreservoir auf der
Parzelle 786/1 GB ... wiederherzustellen, sodass Quellwasser
ungehindert zum Wasserreservoir fließen kann, sowie den Anschluss der
Wasserleitung zum Wohnhaus der verpflichteten Parteien ... vom
Wasserbassin auf der Parzelle 795/1 GB ... zu entfernen"
(Ersatzvornahme). Eine Oppositionsklage der Verpflichteten u.a. wegen Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung blieb ebenso erfolglos wie ein Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung. Schließlich beantragten die Verpflichteten - soweit hier von Belang - die Einstellung der Exekution, in eventu ihre Aufschiebung, weil für die "beabsichtigten Wiederherstellungsmaßnahmen eine allein in die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde fallende Bewillligung nach Maßgabe der §§ 38, 98 WRG 1959" erforderlich wäre. Ein Antrag der betreibenden Parteien "auf wasserrechtliche Bewilligung der Wiederherstellung (bzw. Neuverlegung) im Zuge der gerichtlich bewilligten Ersatzvornahme" sei von der Bezirkshauptmannschaft Villach abgewiesen worden. Die betreibenden Parteien hätten daraufhin ihren Bewilligungsantrag zurückgezogen. Infolge rechtlicher Unmöglichkeit des Vollzuges sei die Exekution einzustellen. Das Erstgericht wies den Antrag ohne Anhörung der Betreibenden ab. Der Titel sei auf Wiederherstellung eines vor den Eingriffen der Verpflichteten bestehenden Zustands gerichtet. Wenn der seinerzeitige Zustand mit den behördlichen Vorschriften nicht in Widerspruch gestanden wäre, sei anzunehmen, dass auch die Wiederherstellung nicht gegen die behördlichen Vorschriften verstoße. Sollte der seinerzeitige Zustand gegen das Wasserrecht verstoßen haben, könnten sich die Verpflichteten nicht mit Erfolg darauf berufen. Das Rekursgericht hob infolge Rekurses der Verpflichteten den Beschluss des Erstgerichts auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es ergäben sich nach dem Vorbringen der Verpflichteten Hinweise, dass eine wasserrechtliche Genehmigung erforderlich sein könnte; das Erstgericht hätte diesen nachzugehen. Die in seiner Begründung wiedergegebene Auffassung führe zu einem (unzulässigen) Eingriff in die Entscheidungskompetenz der Verwaltungsbehörde.(Ersatzvornahme). Eine Oppositionsklage der Verpflichteten u.a. wegen Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung blieb ebenso erfolglos wie ein Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung. Schließlich beantragten die Verpflichteten - soweit hier von Belang - die Einstellung der Exekution, in eventu ihre Aufschiebung, weil für die "beabsichtigten Wiederherstellungsmaßnahmen eine allein in die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde fallende Bewillligung nach Maßgabe der Paragraphen 38,, 98 WRG 1959" erforderlich wäre. Ein Antrag der betreibenden Parteien "auf wasserrechtliche Bewilligung der Wiederherstellung (bzw. Neuverlegung) im Zuge der gerichtlich bewilligten Ersatzvornahme" sei von der Bezirkshauptmannschaft Villach abgewiesen worden. Die betreibenden Parteien hätten daraufhin ihren Bewilligungsantrag zurückgezogen. Infolge rechtlicher Unmöglichkeit des Vollzuges sei die Exekution einzustellen. Das Erstgericht wies den Antrag ohne Anhörung der Betreibenden ab. Der Titel sei auf Wiederherstellung eines vor den Eingriffen der Verpflichteten bestehenden Zustands gerichtet. Wenn der seinerzeitige Zustand mit den behördlichen Vorschriften nicht in Widerspruch gestanden wäre, sei anzunehmen, dass auch die Wiederherstellung nicht gegen die behördlichen Vorschriften verstoße. Sollte der seinerzeitige Zustand gegen das Wasserrecht verstoßen haben, könnten sich die Verpflichteten nicht mit Erfolg darauf berufen. Das Rekursgericht hob infolge Rekurses der Verpflichteten den Beschluss des Erstgerichts auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es ergäben sich nach dem Vorbringen der Verpflichteten Hinweise, dass eine wasserrechtliche Genehmigung erforderlich sein könnte; das Erstgericht hätte diesen nachzugehen. Die in seiner Begründung wiedergegebene Auffassung führe zu einem (unzulässigen) Eingriff in die Entscheidungskompetenz der Verwaltungsbehörde.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Auswirkung einer Säumnis des betreibenden Gläubigers mit der Einholung verwaltungsbehördlicher Genehmigungen auf das Exekutionsverfahren höchstgerichtliche Rsp fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der betreibenden Parteien ist im Ergebnis insoweit berechtigt, als er zur Abänderung der zweitinstanzlichen Entscheidung führt.
Wird ein Antrag auf Einstellung der Exekution gestellt, so sind vor
der Entscheidung darüber die Parteien dann zu vernehmen, wenn der
Antrag nicht vom betreibenden Gläubiger selbst gestellt wird (§ 45
Abs 3 EO) oder wenn schon eine rechtskräftige Entscheidung über die
Einstellung oder Einschränkung der Exekution vorliegt (Jakusch in
Angst, EO, § 39 Rz 80). Wurde die Vernehmung der betreibenden Partei
unterlassen, so begründet dies eine von Amts wegen wahrzunehmende
Nichtigkeit (Jakusch aaO Rz 83; Deixler-Hübner in
Burgsteller/Deixler-Hübner, EO, § 45 Rz 3) iSd § 477 Abs 1 Z 4 ZPO
iVm § 78 EO (vgl. 3 Ob 256/98p = RpflSlgE 1999/78; 3 Ob 28/99k = SZ
71/108 = JBl 2002, 43 mwN). Wenn auch in § 477 ZPO von der
Verhinderung an der Teilnahme an der Verhandlung die Rede ist, muss für den Bereich der EO dasselbe für eine vorgeschriebene Einvernehmung gelten, die nach Wahl des Exekutionsgerichts mündlich oder schriftlich erfolgen kann (vgl. 4 Ob 82/97f = EvBl 1997/192). Da es bei Nichtigkeitsgründen nicht darauf ankommt, wie sich diese auf das Verfahren auswirken, erweisen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen als nichtig.Verhinderung an der Teilnahme an der Verhandlung die Rede ist, muss für den Bereich der EO dasselbe für eine vorgeschriebene Einvernehmung gelten, die nach Wahl des Exekutionsgerichts mündlich oder schriftlich erfolgen kann vergleiche 4 Ob 82/97f = EvBl 1997/192). Da es bei Nichtigkeitsgründen nicht darauf ankommt, wie sich diese auf das Verfahren auswirken, erweisen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen als nichtig.
Die der erstinstanzlichen Entscheidung anhaftende und nun von Amts wegen zu berücksichtigende Nichtigkeit wurde vom Rekursgericht nicht erkannt. Die Nichtigkeit des Verfahrens kann daher auch noch im Revisionsrekurs geltend gemacht werden (sie müsste sogar von Amts wegen berücksichtigt werden; vgl. RZ 1995/66; JBl 1995, 532; Kodek in Rechberger2 § 503 ZPO Rz 2). Sie muss zur Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse führen.Die der erstinstanzlichen Entscheidung anhaftende und nun von Amts wegen zu berücksichtigende Nichtigkeit wurde vom Rekursgericht nicht erkannt. Die Nichtigkeit des Verfahrens kann daher auch noch im Revisionsrekurs geltend gemacht werden (sie müsste sogar von Amts wegen berücksichtigt werden; vergleiche RZ 1995/66; JBl 1995, 532; Kodek in Rechberger2 Paragraph 503, ZPO Rz 2). Sie muss zur Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse führen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO iVm § 78 EO. § 51 EO kam nicht zur Anwendung, weil lediglich die Entscheidungen der Vorinstanzen, nicht aber ein Verfahren als nichtig aufgehoben wurde.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, ZPO in Verbindung mit Paragraph 78, EO. Paragraph 51, EO kam nicht zur Anwendung, weil lediglich die Entscheidungen der Vorinstanzen, nicht aber ein Verfahren als nichtig aufgehoben wurde.
Anmerkung
E70313 3Ob264.02yEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0030OB00264.02Y.0717.000Dokumentnummer
JJT_20030717_OGH0002_0030OB00264_02Y0000_000