TE Vfgh Beschluss 2002/10/9 V17/02

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Veröffentlicht am 09.10.2002
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0030 Bezüge, Bürgermeisterentschädigung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Nö Landes- und GemeindebezügeG 1997 §15 Abs3
Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Gerasdorf bei Wien vom 13.12.00 über die Bezüge der Mitglieder des Gemeinderates und der Ortsvorsteher §5

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags eines Gemeinderatsmitgliedes auf Aufhebung einer Verordnungsbestimmung über die den Vorsitzenden von Gemeinderatsausschüssen gebührende monatliche Entschädigung infolge Zumutbarkeit der Erwirkung eines Feststellungsbescheides

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit dem vorliegenden, beim Verfassungsgerichtshof am 14. Februar 2002 eingelangten Individualantrag nach Art139 Abs1 B-VG begehrt der Einschreiter, §5 der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Gerasdorf bei Wien vom 13. Dezember 2000 über die Bezüge der Mitglieder des Gemeinderates und der Ortsvorsteher wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben.

2. Der Antragsteller ist als Mitglied des Gemeinderates der Stadtgemeinde Gerasdorf seit dem Jahr 1995 Obmann des gemeindeamtlichen Prüfungsausschusses. Mit der angefochtenen Verordnungsbestimmung wurde die für Vorsitzende von Gemeinderatsausschüssen gebührende monatliche Entschädigung von zuvor 9 % auf nunmehr 5 % des monatlichen Bezuges des Bürgermeisters herabgesetzt. Der Beschwerdeführer vermutet hinter dieser Novellierung die Zielsetzung, ihn zu veranlassen, die Funktion als Vorsitzender des gemeindeamtlichen Prüfungsausschusses aus finanziellen Gründen zurückzulegen.

Obgleich - wie der Einschreiter auch zugesteht - die der gegenständlichen Verordnung zu Grunde liegende gesetzliche Bestimmung des §15 Abs3 NÖ Landes- und Gemeindebezügegesetz 1997 nur Obergrenzen für die Entschädigungen der einzelnen Gemeindefunktionäre festsetzt, vermeint der Einschreiter im Hinblick auf die gleiche Höhe der festgesetzten Obergrenze der Entschädigung für Vorsitzende der Gemeinderatsausschüsse einerseits und Umweltgemeinderäte andererseits aus dieser Gesetzesbestimmung ableiten zu können, dass die Gemeinde in der entsprechenden Ausführungsverordnung zwar entscheiden könne, inwieweit sie den ihr - durch die bloße Festsetzung einer Obergrenze - eingeräumten Spielraum ausschöpft, dann aber für beide Gruppen von Gemeindefunktionären eine gleich hohe Quote festzusetzen habe. Indem die angefochtene Verordnung für Umweltgemeinderäte weiterhin eine Entschädigung in der Höhe von 9 % des monatlichen Bezuges des Bürgermeisters vorsehe, wohingegen den Vorsitzenden von Gemeinderatsausschüssen bloß eine Entschädigung von 5 % gebühre, verstoße die angefochtene Regelung nicht nur gegen das ihr zu Grunde liegende Gesetz, sondern auch gegen den Gleichheitsgrundsatz.

II. Der Antrag ist nicht zulässig.

1. Voraussetzung der Legitimation zur Einbringung eines Individualantrages auf Verordnungskontrolle gemäß Art139 Abs1 B-VG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist (vgl. für viele VfSlg. 8404/1978). Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist eine grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Der Verfassungsgerichtshof vertritt seit dem Beschluss VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 B-VG und Art140 Abs1 B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art139 Abs1 und Art140 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (vgl. VfSlg. 11.684/1988, 13.870/1994 u.a.).

2. Der Verfassungsgerichtshof ist nun der Ansicht, dass dem Antragsteller im vorliegenden Fall durch das Begehren eines Feststellungsbescheides ein anderer zumutbarer Weg der Rechtsverfolgung zur Verfügung steht.

Meint der Antragsteller zusammenfassend nämlich, er habe - entgegen dem Wortlaut der Verordnung - sowohl von Gesetzes als auch von Verfassungs wegen (unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgrundsatzes) einen Anspruch auf Zuerkennung einer monatlichen Entschädigung in derselben Höhe wie ein Umweltgemeinderat, so wäre hierüber von der zuständigen Behörde mit einem Feststellungsbescheid zu entscheiden, weil ein rechtliches Interesse des Antragstellers an der Feststellung gegeben ist, in welcher Höhe sein Anspruch zu Recht besteht. Der Antrag auf eine solche Feststellung durch Bescheid wäre ein taugliches Mittel der Rechtsverfolgung und der Antragsteller hätte daher Anspruch auf Erlassung eines solchen Feststellungsbescheides, der innerhalb der gesetzlich hiefür vorgeschriebenen Frist zu erlassen ist und vom Antragsteller mit Beschwerde an den Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof bekämpft werden könnte. Das Verfahren über dieses Feststellungsbegehren kann weder als aufwändig bezeichnet werden, noch wäre eine längere Dauer des Verfahrens anzunehmen. Die Erhebung von Beweisen käme im Hinblick auf den von vornherein feststehenden Sachverhalt praktisch nicht in Betracht. Die Beschwerde an den Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof böte dem Antragsteller sodann die Möglichkeit, sämtliche gegen die Gesetzes- bzw. Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Verordnungsvorschrift sprechenden Argumente darzulegen und die Prüfung der Gesetzes- bzw. Verfassungsmäßigkeit der Verordnungsstelle anzuregen (vgl. dazu jüngst VfSlg. 15.927/2000, VfGH 3.10.2001 G72/01, V11-13/01).

3. Der Antrag war daher mangels Legitimation des Einschreiters zur Stellung eines (Individual-)Antrages als unzulässig zurückzuweisen.

4. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren und in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.

Schlagworte

Feststellungsbescheid, Bezüge für Mandatare, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:V17.2002

Dokumentnummer

JFT_09978991_02V00017_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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