TE OGH 2003/8/7 8Ob73/03y

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Veröffentlicht am 07.08.2003
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Kuras, Dr. Neumayr und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Witt & Partner, Rechtsanwälte KEG in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Volkan A*****, 2. Serkan A*****, beide ***** beide vertreten durch Dr. Bernhard Steiner, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, wegen EUR 58.771,42 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 27. März 2003, GZ 1 R 34/03g-60, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Wurde ein Verfahrensmangel erster Instanz in der Berufung nicht geltend gemacht, dann durfte das Berufungsgericht diesen Mangel nicht wahrnehmen. In diesem Fall kann ein behaupteter Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens nicht mehr als Revisionsgrund geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger² § 503 ZPO Rz 3; JBl 1998, 643, RIS-Justiz RS0074223).Wurde ein Verfahrensmangel erster Instanz in der Berufung nicht geltend gemacht, dann durfte das Berufungsgericht diesen Mangel nicht wahrnehmen. In diesem Fall kann ein behaupteter Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens nicht mehr als Revisionsgrund geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger² Paragraph 503, ZPO Rz 3; JBl 1998, 643, RIS-Justiz RS0074223).

Seit der Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 544/95 = JBl 1995, 651 = SZ 68/64 entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass rechtsgeschäftliche Haftungserklärungen volljähriger Familienangehöriger wegen Sittenwidrigkeit (teil)nichtig sind, wenn neben dem hier von den Vorinstanzen ohnedies bejahten krassen Missverhältnis zwischen Haftungsumfang und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Interzedenten kumulativ die weiteren Voraussetzungen der Missbilligung der Umstände des Zustandekommens des Interzessionsvertrages ("verdünnte Willensfreiheit") und die Kenntnis oder fehlende Unkenntnis dieser Faktoren durch den Kreditgeber verwirklicht sind (RIS-Justiz RS0048300; ÖBA 2001/998; vgl auch die Nachweise bei Gamerith in Rummel³ vor § 1360 ABGB Rz 5a).Seit der Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 544/95 = JBl 1995, 651 = SZ 68/64 entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass rechtsgeschäftliche Haftungserklärungen volljähriger Familienangehöriger wegen Sittenwidrigkeit (teil)nichtig sind, wenn neben dem hier von den Vorinstanzen ohnedies bejahten krassen Missverhältnis zwischen Haftungsumfang und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Interzedenten kumulativ die weiteren Voraussetzungen der Missbilligung der Umstände des Zustandekommens des Interzessionsvertrages ("verdünnte Willensfreiheit") und die Kenntnis oder fehlende Unkenntnis dieser Faktoren durch den Kreditgeber verwirklicht sind (RIS-Justiz RS0048300; ÖBA 2001/998; vergleiche auch die Nachweise bei Gamerith in Rummel³ vor Paragraph 1360, ABGB Rz 5a).

An der Voraussetzung der der Klägerin anzulastenden "verdünnten Willensfreiheit" fehlt es hier jedoch, weil weder der Hauptschuldner (Vater der Beklagten und Komplementär der Kreditnehmerin) noch die klagende Bank die Beklagten überrumpelten oder das Risiko der Haftungsübernahme verharmlosten (ÖBA 2001/998; ÖBA 2001/936). Vielmehr steht fest, dass die Beklagten zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Bürgschaftsverträge die wirtschaftliche Lage der KEG kannten und insbesondere Kenntnis von den Schulden und den anhängigen Exekutionen hatten. Sie hätten auch bei einer entsprechenden Warnung der Klägerin die Bürgschaft übernommen. Beide Beklagten arbeiteten damals für die KEG, waren jedoch nicht bei der Sozialversicherung angemeldet.

Damit haben die für alle die Sittenwidrigkeit der Haftung begründenden Umstände behauptungs- und beweispflichtigen Beklagten (Gamerith aaO; ÖBA 2001/998; ecolex 2000/119; ÖBA 2000/884 uva) nicht bewiesen, dass sie aus Geschäftsunerfahrenheit ohne wesentliches Eigeninteresse am Zustandekommen des Vertrages (vgl 8 Ob 2315/96s; 9 Ob 132/99y) gehandelt haben. In der Anwendung der aufgezeigten und von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze durch die Vorinstanzen auf den Einzelfall liegt keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (1 Ob 240/97v ua).Damit haben die für alle die Sittenwidrigkeit der Haftung begründenden Umstände behauptungs- und beweispflichtigen Beklagten (Gamerith aaO; ÖBA 2001/998; ecolex 2000/119; ÖBA 2000/884 uva) nicht bewiesen, dass sie aus Geschäftsunerfahrenheit ohne wesentliches Eigeninteresse am Zustandekommen des Vertrages vergleiche 8 Ob 2315/96s; 9 Ob 132/99y) gehandelt haben. In der Anwendung der aufgezeigten und von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze durch die Vorinstanzen auf den Einzelfall liegt keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO (1 Ob 240/97v ua).

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass hinsichtlich des Erstbeklagten kein unbilliges Missverhältnis im Sinne des § 25d KSchG vorliege und dass hinsichtlich des Zweitbeklagten eine Mäßigung der Haftung auf 50 % angemessen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und vermag keine erhebliche Rechtsfrage zu bilden (RIS-Justiz RS0112840). Dabei ist das Berufungsgericht entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung auch nicht davon ausgegangen, dass das Unternehmen der Beklagten bereits derzeit liquide ist: Vielmehr verwies das Berufungsgericht ausdrücklich auf die Feststellungen des Erstgerichtes, wonach die von den Beklagten gegründete KEG mit dem Erstbeklagten als persönlich haftendem Gesellschafter und dem Zweitbeklagten als Kommanditisten, die das Unternehmen der Hauptschuldnerin vom Masseverwalter erworben hat, zwar derzeit noch nicht liquid ist, jedoch bei stabilem Geschäftsbetrieb zu erwarten ist, dass die Gesellschaft jährlich einen Gewinn von rund 85.000 EUR erzielen wird und sämtliche Verbindlichkeiten innerhalb von zwei Jahren abgebaut sein werden. Bei der Frage, ob ein unbilliges Missverhältnis im Sinne des § 25d KSchG vorliegt, ist zwar grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Eingehens der Verbindlichkeit des Interzedenten abzustellen; § 25d KSchG sollte aber diejenigen Fälle nicht erfassen, in denen der ursprüngliche einkommens- und vermögenslose Mithaftende später doch zu Einkommen oder Vermögen gelangt (RIS-Justiz RS0113938).Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass hinsichtlich des Erstbeklagten kein unbilliges Missverhältnis im Sinne des Paragraph 25 d, KSchG vorliege und dass hinsichtlich des Zweitbeklagten eine Mäßigung der Haftung auf 50 % angemessen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und vermag keine erhebliche Rechtsfrage zu bilden (RIS-Justiz RS0112840). Dabei ist das Berufungsgericht entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung auch nicht davon ausgegangen, dass das Unternehmen der Beklagten bereits derzeit liquide ist: Vielmehr verwies das Berufungsgericht ausdrücklich auf die Feststellungen des Erstgerichtes, wonach die von den Beklagten gegründete KEG mit dem Erstbeklagten als persönlich haftendem Gesellschafter und dem Zweitbeklagten als Kommanditisten, die das Unternehmen der Hauptschuldnerin vom Masseverwalter erworben hat, zwar derzeit noch nicht liquid ist, jedoch bei stabilem Geschäftsbetrieb zu erwarten ist, dass die Gesellschaft jährlich einen Gewinn von rund 85.000 EUR erzielen wird und sämtliche Verbindlichkeiten innerhalb von zwei Jahren abgebaut sein werden. Bei der Frage, ob ein unbilliges Missverhältnis im Sinne des Paragraph 25 d, KSchG vorliegt, ist zwar grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Eingehens der Verbindlichkeit des Interzedenten abzustellen; Paragraph 25 d, KSchG sollte aber diejenigen Fälle nicht erfassen, in denen der ursprüngliche einkommens- und vermögenslose Mithaftende später doch zu Einkommen oder Vermögen gelangt (RIS-Justiz RS0113938).

Da bei der Anwendung des richterlichen Mäßigungsrechtes nach § 25d KSchG auch das Interesse des Gläubigers an der Begründung der Haftung des Interzedenten, das Verschulden des Interzedenten an den Umständen, die das angeführte Missverhältnis begründet oder herbeigeführt haben, der Nutzen des Interzedenten aus der Leistung des Gläubigers und der Leichtsinn, die Zwangslage, die Unerfahrenheit, die Gemütsaufregung oder die Abhängigkeit des Interzedenten vom Schuldner bei Begründung der Verbindlichkeit zu berücksichtigen ist, kann in der Beurteilung der Vorinstanzen, dass hinsichtlich des Zweitbeklagten eine Mäßigung der Verbindlichkeit auf 50 % gerechtfertigt ist, auch im Hinblick auf die derzeit gegebene Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Zweitbeklagten keine erhebliche Verkennung der Rechtslage erblickt werden.Da bei der Anwendung des richterlichen Mäßigungsrechtes nach Paragraph 25 d, KSchG auch das Interesse des Gläubigers an der Begründung der Haftung des Interzedenten, das Verschulden des Interzedenten an den Umständen, die das angeführte Missverhältnis begründet oder herbeigeführt haben, der Nutzen des Interzedenten aus der Leistung des Gläubigers und der Leichtsinn, die Zwangslage, die Unerfahrenheit, die Gemütsaufregung oder die Abhängigkeit des Interzedenten vom Schuldner bei Begründung der Verbindlichkeit zu berücksichtigen ist, kann in der Beurteilung der Vorinstanzen, dass hinsichtlich des Zweitbeklagten eine Mäßigung der Verbindlichkeit auf 50 % gerechtfertigt ist, auch im Hinblick auf die derzeit gegebene Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Zweitbeklagten keine erhebliche Verkennung der Rechtslage erblickt werden.

Die Interzession der beiden im Unternehmen des Vaters beschäftigten Söhne war, wie der vorliegende Fall deutlich zeigt, aus der Sicht des Gläubigers geboten, um einen Wechsel des Unternehmensträgers im Rahmen der Familie zu Lasten des Gläubigers zu begegnen; aus dieser Sicht erscheint sogar die Mäßigung der Verbindlichkeit des Zweitbeklagten eher problematisch.

Textnummer

E70413

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0080OB00073.03Y.0807.000

Im RIS seit

06.09.2003

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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