TE Vfgh Beschluss 2002/10/9 B555/99

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.10.2002
beobachten
merken

Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Gegenstandslosigkeit
B-VG Art139 Abs2
VfGG §19 Abs3 Z3
Krnt BauO 1992 §51

Leitsatz

Einstellung eines amtswegigen Verordnungsprüfungsverfahrens nach Zurückziehung der Beschwerde im Anlassfall

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Velden am Wörther See wies das Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Zweifamilienhauses auf den Grundstücken Nr. .429 und 775/1, KG Velden, mit den "Widmungen" "Bauland - Kurgebiet", "Gewässer" und "Grünland am Gewässer" mit Bescheid vom 3. November 1994 gemäß §11 Kärntner Bauordnung 1992 ab. Der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Velden wies die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid vom 13. August 1998 ab. Die Kärntner Landesregierung wies die Vorstellung mit Bescheid vom 16. Februar 1999 als unbegründet ab, da das Bauvorhaben im Widerspruch zu der Widmung "Grünland an Gewässern" gemäß §5 Gemeindeplanungsgesetz 1995 stehe.

2. Aus Anlass einer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 14. März 2002 gemäß Art139 Abs1 B-VG beschlossen, die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Velden am Wörther See vom 8. Juni 1978, genehmigt mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 21. Dezember 1978, kundgemacht in der Kärntner Landeszeitung Nr. 1 vom 4. Jänner 1979, zuletzt geändert durch die Verordnungen des Gemeinderates der Marktgemeinde Velden am Wörther See vom 16. Oktober 1997, 25. Juli 1996 und 29. Juli 1996, sowie vom 16. Juni 1994, beide genehmigt mit Bescheiden der Kärntner Landesregierung vom 2. Juni 1998, beide kundgemacht in der Kärntner Landeszeitung Nr. 23 vom 12. Juni 1998, soweit damit entlang des nordöstlichen als Gewässer ersichtlich gemachten Abflusses des Bäckerteiches (Grundstück Nr. 827/2) im Bereich zwischen den beiden dem Bäckerteich zunächst liegenden Verkehrsflächen die Widmung "Grünland - Grünanlage an der Straße und an Gewässern, nicht allgemein zugängliche Parkanlage" festgelegt wird, von Amts wegen zu prüfen.

3. Gemäß einem im Verordnungsprüfungsverfahren, V29/02, vorgelegten Grundbuchsauszug wurde mit Rang vom 28. September 1999 (Kaufvertrag) - nach Einbringung der Beschwerde - das Eigentumsrecht an den Grundstücken Nr. .429 und 775/1, KG Velden, für P. R. und J. F. einverleibt.

4. Die neuen Liegenschaftseigentümer erklärten über Ersuchen des Verfassungsgerichtshofs binnen offener Frist, das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht fortsetzen zu wollen.

5. Die früheren, die Beschwerde einbringenden Liegenschaftseigentümer erstatteten eine Äußerung, in der sie um die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens ersuchen, da die Beschwerdegründe nach wie vor vorlägen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist die auch zum Zeitpunkt seiner Entscheidung erforderliche Beschwerdelegitimation nur dann gegeben, wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei verletzt worden sein kann, mithin, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen oder Feststellungen die subjektive Rechtssphäre berühren, der Bescheid also subjektive Rechte (oder Pflichten) begründet, verändert oder feststellt (VfSlg. 8746/1980 mwH). Gerade davon kann bei den Beschwerdeführern seit der - erst nach der Beschwerdeeinbringung - erfolgten Übertragung ihres Liegenschaftseigentums nicht mehr gesprochen werden.

§51 Kärntner Bauordnung 1992 (nunmehr §53 Kärntner Bauordnung 1996) ordnet eine dingliche Bescheidwirkung an. "Die sich aus den Bescheiden nach diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten haften auf dem Grundstück und gehen auf den Rechtsnachfolger über." Aus dieser Anordnung folgt für die Beschwerdesache, dass die Bescheidwirkungen nicht mehr die ursprünglichen Beschwerdeführer sondern ausschließlich die nunmehrigen Liegenschaftseigentümer treffen, der Bescheid also die Rechtssphäre der Voreigentümer nicht mehr berührt. Wenn die früheren Liegenschaftseigentümer vermeinen, dass sie im Fall einer Baulandwidmung ihres Grundstückes einen höheren Kaufpreis erzielen hätten können, so legen sie keine Verletzung ihrer Rechtssphäre sondern nur eine Betroffenheit in ihrer wirtschaftlichen Sphäre dar. Daraus ergibt sich weiters für das verfassungsgerichtliche Beschwerdeverfahren, dass die prozessualen Rechte der beschwerdeführenden Parteien nicht mehr den bisherigen Beschwerdeführern sondern den Rechtsnachfolgern im Grundeigentum zukommen. Die neuen Liegenschaftseigentümer sind befugt, den Rechtsstreit in der gegebenen Verfahrenslage als beschwerdeführende Parteien fortzusetzen (vgl. VfSlg. 13.728/1994). Ob es hiezu - im Hinblick auf die angeordnete sinngemäße Anwendung von Bestimmungen der ZPO (§35 Abs1 VerfGG 1953) - einer besonderen Prozesshandlung der neuen Grundstückseigentümer bedürfte oder ob deren Eintritt in das Verfahren ex lege anzunehmen wäre, kann dahinstehen, da die abgegebene Erklärung der neuen Eigentümer, das vor dem Verfassungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren nicht fortsetzen zu wollen, im ersten Fall als Weigerung, in das Verfahren einzutreten, im anderen Fall aber als Zurückziehung der Beschwerde zu werten wäre (VfSlg. 9423/1982).

Das Verfahren war daher einzustellen.

2. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z3 VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Bescheid in rem-Wirkung, Bescheid dinglicher, VfGH / Gegenstandslosigkeit, VfGH / Klaglosstellung, VfGH / Zurücknahme, VfGH / Anlassverfahren, Auslegung eines Antrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B555.1999

Dokumentnummer

JFT_09978991_99B00555_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten