Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Jörg Krainhöfner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Herbert Böhm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache des Klägers Josef K*****, vertreten durch Dr. Werner Steinwender, Dr. Christian Mahringer und Mag. Guido Leitgeb, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich- Hillegeist-Straße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Witwerpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. April 2003, GZ 12 Rs 44/03g-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. Mai 2002, GZ 17 Cgs 159/01k-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Bescheid vom 28. 5. 2001 anerkannte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Anspruch des Klägers auf Witwerpension nach seiner am 6. 1. 2001 verstorbenen Ehefrau ab 1. 2. 2001. Gleichzeitig wurde aber ausgesprochen, dass es aufgrund der Berechnung der Pension zu keinem Auszahlungsbetrag kommt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm ab 1. 2. 2001 eine Witwerpension im gesetzlichen Ausmaß zur Auszahlung zu bringen. Der Kläger stellte außer Streit, dass die Höhe der Witwerpension auf Grund der durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000, BGBl I 2000/92, geschaffenen Rechtslage nach der maßgebenden Bestimmung des § 264 Abs 2 ASVG in seinem Fall zutreffend mit Null berechnet wurde. Er erachtet aber die durch das SRÄG 2000 neu geschaffene Rechtslage für verfassungs- und gemeinschaftsrechtswidrig. Die nunmehr geltenden Anrechnungsbestimmungen seien willkürlich, weil sie sich praktisch ausschließlich an dem Verhältnis der Berechnungsgrundlagen des verstorbenen Ehegatten einerseits und des Witwers (der Witwe) andererseits orientierten, ohne auf die objektiven Einkommensverhältnisse und damit die Notwendigkeit zur Erbringung einer Hinterbliebenenleistung Bedacht zu nehmen.Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm ab 1. 2. 2001 eine Witwerpension im gesetzlichen Ausmaß zur Auszahlung zu bringen. Der Kläger stellte außer Streit, dass die Höhe der Witwerpension auf Grund der durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000, BGBl römisch eins 2000/92, geschaffenen Rechtslage nach der maßgebenden Bestimmung des Paragraph 264, Absatz 2, ASVG in seinem Fall zutreffend mit Null berechnet wurde. Er erachtet aber die durch das SRÄG 2000 neu geschaffene Rechtslage für verfassungs- und gemeinschaftsrechtswidrig. Die nunmehr geltenden Anrechnungsbestimmungen seien willkürlich, weil sie sich praktisch ausschließlich an dem Verhältnis der Berechnungsgrundlagen des verstorbenen Ehegatten einerseits und des Witwers (der Witwe) andererseits orientierten, ohne auf die objektiven Einkommensverhältnisse und damit die Notwendigkeit zur Erbringung einer Hinterbliebenenleistung Bedacht zu nehmen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung es Klagebegehrens, weil die Witwerpension des Klägers gesetzeskonform berechnet worden sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es legte seiner Entscheidung zugrunde, dass die Berechnungsgrundlage der verstorbenen Ehefrau des Klägers 8.398 S betrage, während der Kläger zum Stichtag 1. 2. 2001 über eine Berechnungsgrundlage von 39.489 S verfügt habe. Daraus leitete das Erstgericht in rechtlicher Beurteilung ab, dass die Anwendung der gesetzlichen Berechnungsmethode im Fall des Klägers auf Basis der Berechnungsgrundlagen einen Minusprozentsatz ergebe. Deshalb sei das Klagebegehren abzuweisen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge, weil es die vom Kläger gegen die geltende Rechtslage vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilte. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im klagestattgebenden Sinn abzuändern.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem - das Revisionsgericht nicht bindenden (§ 508a ZPO) - Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes nicht zulässig, weil eine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht vorliegt.Die Revision ist entgegen dem - das Revisionsgericht nicht bindenden (Paragraph 508 a, ZPO) - Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes nicht zulässig, weil eine im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht vorliegt.
Der Kläger zieht auch in seinen Revisionsausführungen nicht in Zweifel, dass nach den für seinen Anspruch auf Witwerpension gemäß § 264 Abs 2, 3 und 4 ASVG in der hier maßgebenden Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000, BGBl I 2000/92 bzw - Abs 3 und 4 der Gesetzesstelle - in der Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1996, BGBl 1996/411, die Berechnung der Witwerpension keinen Auszahlungsbetrag ergibt.Der Kläger zieht auch in seinen Revisionsausführungen nicht in Zweifel, dass nach den für seinen Anspruch auf Witwerpension gemäß Paragraph 264, Absatz 2,, 3 und 4 ASVG in der hier maßgebenden Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000, BGBl römisch eins 2000/92 bzw - Absatz 3 und 4 der Gesetzesstelle - in der Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1996, BGBl 1996/411, die Berechnung der Witwerpension keinen Auszahlungsbetrag ergibt.
Der Kläger wiederholt in seinen Revisionsausführungen jedoch seine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Darauf ist aber inhaltlich nicht weiter einzugehen:
Aufgrund eines Drittelantrags von Nationalratsabgeordneten hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. 6. 2003, G 300/02 ua, § 264 Abs 2 bis 5 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) BGBl 1955/189, idF BGBl 1995/132, BGBl 1996/411, BGBl I 1997/61, BGBl I 1998/138, BGBl I 2000/92 und BGBl I 2001/67 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung dieser Bestimmungen mit Ablauf des 30. Juni 2004 in Kraft tritt und frühere Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.Aufgrund eines Drittelantrags von Nationalratsabgeordneten hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. 6. 2003, G 300/02 ua, Paragraph 264, Absatz 2 bis 5 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) BGBl 1955/189, in der Fassung BGBl 1995/132, BGBl 1996/411, BGBl römisch eins 1997/61, BGBl römisch eins 1998/138, BGBl römisch eins 2000/92 und BGBl römisch eins 2001/67 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung dieser Bestimmungen mit Ablauf des 30. Juni 2004 in Kraft tritt und frühere Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.
Hat der Verfassungsgerichtshof ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben und gemäß Art 140 Abs 5 B-VG eine Frist für das Außerkrafttreten gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist - sei es vor oder nach der Kundmachung der Aufhebung (Art 140 Abs 5 B-VG; Mayer, B-VG² Art 140 V. 3.) - verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalls anzuwenden (Art 140 Abs 7 B-VG). Die vorliegende Rechtssache ist kein "Anlassfall", weil sie nicht tatsächlich "Anlass" für die Einleitung des Normprüfverfahrens war (VfSlg 8.234 ua) und auch nicht bei Beginn der mündlichen Verhandlung, die im Normprüfverfahren stattfand, beim Verfassungsgerichtshof anhängig war (VfSlg 10.616, 14.304 ua).Hat der Verfassungsgerichtshof ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben und gemäß Artikel 140, Absatz 5, B-VG eine Frist für das Außerkrafttreten gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist - sei es vor oder nach der Kundmachung der Aufhebung (Artikel 140, Absatz 5, B-VG; Mayer, B-VG² Artikel 140, römisch fünf. 3.) - verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalls anzuwenden (Artikel 140, Absatz 7, B-VG). Die vorliegende Rechtssache ist kein "Anlassfall", weil sie nicht tatsächlich "Anlass" für die Einleitung des Normprüfverfahrens war (VfSlg 8.234 ua) und auch nicht bei Beginn der mündlichen Verhandlung, die im Normprüfverfahren stattfand, beim Verfassungsgerichtshof anhängig war (VfSlg 10.616, 14.304 ua).
Daraus folgt, dass § 264 Abs 2 bis 4 ASVG in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung in diesem, dem ein Sachverhalt zugrunde liegt, der sich vor dem Außerkrafttreten der präjudiziellen Bestimmungen ereignete, weiterhin anzuwenden ist. Soweit ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz weiterhin anzuwenden ist, ist eine neuerliche Überprüfung dieses Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof ausgeschlossen. Der Verfassungsgerichtshof nimmt an, dass Rechtsvorschriften, die von ihm - allenfalls auch unter Fristsetzung - aufgehoben wurden, für die Vergangenheit unangreifbar geworden sind; ein Feststellungsantrag gemäß Art 140 Abs 4 B-VG ist diesfalls unzulässig (VfSlg 8277, 12.564; VfGH 13. 6. 1995, V 41/95). Der Oberste Gerichtshof kann daher die Frage der Verfassungsmäßigkeit der präjudiziellen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr herantragen. Deshalb hängt die Entscheidung nicht mehr von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) ab.Daraus folgt, dass Paragraph 264, Absatz 2 bis 4 ASVG in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung in diesem, dem ein Sachverhalt zugrunde liegt, der sich vor dem Außerkrafttreten der präjudiziellen Bestimmungen ereignete, weiterhin anzuwenden ist. Soweit ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz weiterhin anzuwenden ist, ist eine neuerliche Überprüfung dieses Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof ausgeschlossen. Der Verfassungsgerichtshof nimmt an, dass Rechtsvorschriften, die von ihm - allenfalls auch unter Fristsetzung - aufgehoben wurden, für die Vergangenheit unangreifbar geworden sind; ein Feststellungsantrag gemäß Artikel 140, Absatz 4, B-VG ist diesfalls unzulässig (VfSlg 8277, 12.564; VfGH 13. 6. 1995, römisch fünf 41/95). Der Oberste Gerichtshof kann daher die Frage der Verfassungsmäßigkeit der präjudiziellen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr herantragen. Deshalb hängt die Entscheidung nicht mehr von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage (Paragraph 502, Absatz eins, ZPO) ab.
Textnummer
E70730European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:010OBS00206.03X.0902.000Im RIS seit
02.10.2003Zuletzt aktualisiert am
06.02.2013