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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §512;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des F B in M, vertreten durch Dr. Josef Kaiblinger, Rechtsanwalt in 4623 Gunskirchen, Pichlerstraße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom 21. März 2002, Zl. RV 917/1-6/2000, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1998, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Übergabsvertrag vom 20. Dezember 1993 übergab die Mutter des Beschwerdeführers diesem eine näher bezeichnete Liegenschaft. Als "Gegenleistung" wurde die Einräumung des lebenslänglichen Fruchtniessungsrechtes an der Liegenschaft ausbedungen. Dieses Fruchtniessungsrecht schloss neben dem Recht der Übergeberin, die von ihr bisher genutzte Wohnung weiter zu bewohnen auch das Recht ein, die im Wohnhaus bestehenden Wohneinheiten auf eigene Rechnung zu vermieten. "Analog" § 520 ABGB wurde zur "Sicherstellung der vermieteten Substanz" eine Zahlung der Fruchtgenussberechtigten an den Beschwerdeführer im (wertgesicherten) Betrag von S 15.000,-- jährlich pro Wohneinheit vereinbart.
Hinsichtlich der Grundsteuer, der notwendigen Gebäudeversicherungen und sonstigen öffentlichen Abgaben sowie der Betriebskosten verpflichtete sich die Übergeberin, diese zu tragen. Der Beschwerdeführer verpflichtete sich, die Liegenschaft ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung der Übergeberin weder zu belasten noch zu veräußern.
Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 erfasste das Finanzamt neben Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit auch sonstige Einkünfte in Höhe von S 30.000,-- (für 2 Wohneinheiten) und setzte davon Einkommensteuer fest.
In einer dagegen erhobenen Berufung wandte sich der Beschwerdeführer gegen den Ansatz der sonstigen Einkünfte, bei welchen es sich offensichtlich um das "jährliche Abnützungspauschale für die vermieteten Wohnungen" handle. Bei Erfassung der sonstigen Einkünfte sei übersehen worden, dass diesen Einnahmen auch Werbungskosten in Form der Abnutzung der vermieteten Wohnungen gegenüber stünden, die im Wege der AfA zu berücksichtigen seien. Diese betrage S 37.800,--. Da die jährliche AfA höher sei als die vereinnahmte Entschädigung, liege keine Einkunftsquelle vor.
Nach Erlassung einer Berufungsvorentscheidung, in welcher eine AfA in Höhe von S 12.820,20 anerkannt worden war, und einem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurden mit dem angefochtenen Bescheid abermals sonstige Einkünfte angesetzt, eine AfA aber nicht anerkannt. Begründend ging die belangte Behörde davon aus, dass sich die Mutter des Beschwerdeführers nach dem Übergabsvertrag einerseits ein lebenslängliches Fruchtgenussrecht und ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu ihren Gunsten vorbehalten habe und andererseits sie die Erhaltungspflicht nach §§ 512 f ABGB "(Übergabsvertrag Pkt. Zweitens)" trage. Sie sei daher wirtschaftliche Eigentümerin der Liegenschaft, weshalb sie, nicht aber der Beschwerdeführer berechtigt sei, die AfA geltend zu machen. Die "Zahlung zur Sicherstellung der vermieteten Substanz analog" § 520 ABGB ändere nichts an der AfA - Berechtigung der Fruchtnießerin, da diese nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen dessen ungeachtet weiterhin zum "AfA-Abzug" berechtigt sei. Die Fruchtgenussberechtigte habe sich verpflichtet, die vereinbarten Zahlungen "analog" § 520 ABGB zusätzlich zur Erhaltungspflicht, die vertraglich nicht eingeschränkt worden sei, an den Beschwerdeführer zu leisten. Nach § 520 ABGB könne der Eigentümer vom Fruchtgenussberechtigten "in der Regel die Sicherstellung der Substanz bei einer sich äußernden Gefahr" verlangen. Nach der Judikatur genüge schon die begründete Besorgnis eines künftigen schädigenden Verhaltens des Gebrauchsberechtigten. Diese Zahlung sei also zu leisten, wenn die Gefahr bestehe, dass die Abnutzung des gegenständlichen Wohngebäudes über die normale Abnutzung bei ordnungsgemäßem Gebrauch hinausgehe. Zahlungen gemäß § 520 ABGB seien daher nicht für die normale Abnutzung (steuerlich abgegolten durch die AfA), sondern "zur Sicherstellung der Substanz bei einer sich äußernden Gefahr" zu zahlen. Auch unter diesem Aspekt sei der Abzug der geltend gemachten Abzugspost von den vom Beschwerdeführer empfangenen Zahlungen (analog § 520 ABGB) ausgeschlossen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Im angefochtenen Bescheid ging die belangte Behörde davon aus, dass sich die Mutter des Beschwerdeführers nach dem Übergabsvertrag einerseits ein lebenslängliches Fruchtgenussrecht "(Pkt. Zweitens)" und ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu ihren Gunsten "(Pkt. Drittens)" vorbehalten habe und andererseits sie die Erhaltungspflicht nach §§ 512 f ABGB "(Übergabsvertrag Pkt. Zweitens)" trage.
Vor dem Hintergrund näher zitierter Literatur und Rechtsprechung leitete die belangte Behörde daraus ab, dass die Fruchtgenussberechtigte "daher laut Übergabsvertrag" wirtschaftliche Eigentümerin der Liegenschaft sei, weshalb sie, nicht aber der Beschwerdeführer berechtigt sei, die AfA geltend zu machen.
Diese Beurteilung ist schon deshalb nicht geeignet, den Spruch des angefochtenen Bescheides zu tragen, weil der "Übergabsvertrag Pkt. Zweitens" keine Vereinbarung zur Erhaltungspflicht nach § 512 f ABGB enthält.
Punkt Zweitens des Übergabsvertrages enthält (neben der Einräumung des Fruchtgenussrechtes) vielmehr eine Vereinbarung, dass "analog" § 520 ABGB zur "Sicherstellung der vermieteten Substanz von der Fruchtgenussberechtigten pro vermieteter Wohneinheit eine Entschädigung jährlich im Nachhinein als Abnützungspauschale" im (wertgesicherten) Betrag von S 15.000,-- "zu bezahlen sein" wird.
Gemäß § 520 ABGB kann in der Regel der Eigentümer von dem Fruchtgenussberechtigten oder Fruchtnießer nur bei einer sich äußernden Gefahr die Sicherstellung der Substanz verlangen. Im Anschluss enthält § 520 leg.cit. eine Regelung für den Fall, dass eine Sicherstellung nicht geleistet wird.
Vor diesem Hintergrund lässt der angefochtene Bescheid - auch im Hinblick auf die Beurteilung, ob es sich bei den vereinbarten Zahlungen um Einkünfte des Beschwerdeführers im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1988 oder allenfalls nur um eine Kaution handelt - Feststellungen der belangten Behörde vermissen, was konkret mit dem Hinweis auf die "analoge" Anwendung des § 520 ABGB und die daran anschließende Formulierung einerseits einer "Sicherstellung" und andererseits eines "Abnützungspauschales" vereinbart werden sollte. Erst nach entsprechenden Feststellungen könnte auch die Frage geprüft werden, ob die Vereinbarung entsprechender Zahlungen einem Fremdvergleich standhält.
Es ist daher auch die zusätzliche Bescheidbegründung, wonach auch unter dem Aspekt, dass Zahlungen gemäß § 520 ABGB nicht für die normale Abnutzung, sondern zur Sicherstellung der Substanz "bei einer sich äußernden Gefahr" - Feststellungen hinsichtlich einer solchen, im Beschwerdefall bestehenden Gefahr hat die belangte Behörde im Übrigen nicht getroffen - zu zahlen seien, der Abzug der geltend gemachten Abzugspost ausgeschlossen sei, ungeeignet, den angefochtenen Bescheid in tauglicher Weise zu begründen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. April 2007
Schlagworte
Begründung BegründungsmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2002140063.X00Im RIS seit
04.06.2007